Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 09.10.2003
Aktenzeichen: 16 Ta 414/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Bei einem Beschluss nach § 888 ZPO ist auch dann, wenn der Gläubiger lediglich die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt, von Amts wegen für den Fall der Nichtbeitreibung des Zwangsgeldes Zwangshaft festzusetzen.
Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss

Aktenzeichen: 16 Ta 414/03

In dem Beschwerdeverfahren

hat die Kammer 16 des Hessischen Landesarbeitsgerichts auf die sofortige Beschwerde d. Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 8. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hattesen als Vorsitzenden

am 9. Oktober 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 8. September 2003 - 10 Ca 1598/03 - wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf € 8.513,48 festgesetzt.

Gründe:

I

Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer am 22. September 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am 15. September 2003 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, durch den sie auf Antrag des Gläubigers, gegen die Schuldnerin wegen Nichtbeschäftigung entgegen der im arbeitsgerichtlichen Urteil vom 28. Mai 2003 enthaltenen Verpflichtung, den Gläubiger als »Manager Central Europe« zu beschäftigen, ein Zwangsgeld festzusetzen, durch Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft angehalten worden ist.

Sie meint, im Hinblick darauf, dass der Gläubiger lediglich die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt habe, sei es unzulässig gewesen, auch Zwangshaft festzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 62 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten 2-Wochen-Frist eingelegt.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Denn der Beschluss des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden.

Der Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln ist nach § 888 ZPO gerechtfertigt. Das arbeitsgerichtliche Urteil vom 28. Mai 2003 ist ein Vollstreckungstitel, eine Vollstreckungsklausel (§ 724 ZPO) ist erteilt worden, das Urteil wurde der Beklagten zugestellt (§ 750 ZPO).

Bei der titulierten Verurteilung zur Weiterbeschäftigung handelt es sich auch um die Verurteilung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung nach § 888 ZPO. Denn bei der Verurteilung zur Beschäftigung geht es um die Verpflichtung des Schuldners zu einer Handlung, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann und deren Durchsetzung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt. Das entspricht mittlerweile nahezu einhelliger Ansicht, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht (vgl. statt vieler: Kammerbeschluss v.14.03.2002 - 16 Ta 41/02 - LAG München 11.09.1993 und LAG Berlin 14.06.2001 LAGE § 888 ZPO Nr. 34 u 46).

Der arbeitsgerichtliche Titel ist auch zur Vollstreckung geeignet, weil die Leistungspflicht des Schuldnerin hinreichend deutlich bestimmt ist. Zwar ist zweifelhaft, ob die Beschreibung der von der Schuldnerin geschuldeten Beschäftigung im Urteilstenor hinreicht (vgl. dazu zB Kammerbeschluss v. 15.05.2003 - 16 Ta 142/03 -). Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils können zur Auslegung herangezogen werden. Das gilt im vorliegenden Fall unbeschadet des Umstandes, dass der Gläubiger zur Zwangsvollstreckung eine abgekürzte Ausfertigung nach § 317 Abs. 2 S. 2 ZPO benutzt. Denn jedenfalls dann, wenn vor Erlass des arbeitsgerichtlichen Zwangsmittelbeschlusses das vollständige Urteil zugestellt worden ist, steht nichts entgegen, dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe bei der Auslegung zu Rate zu ziehen. Hier wurde das vollständige Urteil am 24. Juli 2003 zugestellt, dieses enthält im Tatbestand eine ausdrückliche Bezugnahme auf eine dem Gläubiger zugeleitete Tätigkeitsbeschreibung, die auch Gegenstand der Akte ist. Damit kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, in welcher Funktion der Gläubiger zu beschäftigen ist.

Die Einwände der Schuldnerin sind unerheblich. Die von ihr vor Erlass des angefochtenen Beschlusses geltend gemachten Gesichtspunkte hat das Arbeitsgericht zutreffend gewürdigt, dem setzt die Schuldnerin mit der Beschwerde auch nichts entgegen.

Dass das Arbeitsgericht die Schuldnerin auch ohne entsprechenden Antrag des Gläubigers für den Fall der Nichtbeitreibung des titulierten Zwangsgeldes Zwangshaft festgesetzt hat, ist, entgegen der mit der Beschwerde vertretenen Ansicht, nicht zu beanstanden. Denn dies hatte, entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO von Amts wegen auch ohne entsprechenden Antrag zu geschehen (vgl. LAG Frankfurt am Main 15.01.1993 - 9 Ta 470/92 - DB 1993, 1248; Musielak/Lackmann ZPO 3. Aufl. 2002 § 888 Rz11; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 61. Aufl. 2003 § 888 Rz10; Putzo in Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. 2003 § 888 Rz 12; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht 7. Aufl. 2003 Rz 1086). Wenn es in § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO heißt, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft anzuhalten sei, so kann das allein bedeuten, dass, soweit Zwangsgeld festgesetzt wird, immer auch Zwangshaft festgesetzt werden muss, die freilich nur unter der gesetzlich genannten Voraussetzung zu vollstrecken ist. Die von der Schuldnerin für ihre Ansicht herangezogene Literaturstelle (Zöller/Stöber ZPO 23. Aufl. 2002 § 888 Rz4) besagt nichts anderes (a.A OLG Frankfurt/M. 14.12.2000 RIW 2001, 379). § 308 ZPO behält nämlich insoweit Bedeutung, als dann, wenn Zwangsgeld beantragt worden ist, nicht ausschließlich Zwangshaft angeordnet werden kann.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen sofortigen Beschwerde zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO und orientiert sich an dem mit einer Monatsvergütung anzusetzenden Interesse an der zu erzwingenden Handlung.

Einen Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 S. 2 iVm § 72 Abs. 2 ArbGG) war nicht ersichtlich. Damit ist dieser Beschluss unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück