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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 16 Ta 637/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 II
ZPO § 114
Die Verweigerung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung fehlender hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung in einem Rechtsstreit mit einem Streitwert von nicht mehr als EUR 600,00 ist auch dann nicht mit der sofortigen Beschwerde angreifbar, wenn das Arbeitsgericht im Hauptsacheverfahren die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 22. November 2005 - 1 Ca 48/05 - wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Gründe:

I

Der Kläger wendet sich mit seiner am 29. Dezember 2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihm am 02. Dezember 2005 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, durch den sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung (PKH) für eine Klage auf Zahlung einer Entschädigung von Urlaubsabgeltungsansprüchen in Höhe von EUR 529,71 zurückgewiesen worden ist.

Im Hauptverfahren hat das Arbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 13. September 2005 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger mittlerweile Berufung eingelegt. Den im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens vom Kläger gestellten PKH-Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22. November 2005 unter Verweis auf die Urteilsgründe mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen, der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II

Die Beschwerde ist unzulässig.

Zwar können Entscheidungen über die Ablehnung von PKH mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden ( § 11 a Abs.3 ArbGG iVm § 127 Abs.2 S.2 I. Hs ZPO). Das gilt jedoch nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag (EUR 600,00) nicht übersteigt, soweit das Gericht nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse für die PKH verneint hat ( § 11a Abs.3 ArbGG iVm § 127 Abs.2 S.2 2. Hs ZPO).

So ist es hier. Der Streitwert der Hauptsache übersteigt nicht den Betrag von EUR 600,00, weil er sich nach dem Wert des Klagebegehrens des Klägers bestimmt und dieser einen Betrag von EUR 529,71 fordert. Das Arbeitsgericht hat den klägerischen PKH-Antrag auch allein mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abgelehnt. Damit ist eine sofortige Beschwerde nicht zulässig.

Eine Beschwerdemöglichkeit ist auch nicht deshalb eröffnet, weil die arbeitsgerichtliche Entscheidung offenkundig fehlerhaft und deshalb die Möglichkeit einer außerordentlichen Beschwerde eröffnet ist.

Dem Beschwerdegericht ist es im vorliegenden Fall auch bei einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit der Entscheidung über die Verweigerung von PKH verwehrt, den arbeitsgerichtlichen Beschluss zu korrigieren. Denn gegen diesen ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung kein Rechtsmittel gegeben. Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das ZPO-Reformgesetz ist es auch ausgeschlossen, in Ausnahmefällen die Zulässigkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels zu bejahen (vgl. BGH 07. März 2002 NJW 2002,1577; vgl. auch BAG 05. November 2003 AP Nr. 15 zu § 78 ArbGG 1979). Insoweit bleibt dem Betroffenen nur die Möglichkeit einer entsprechend § 321a ZPO fristgebundenen Gegenvorstellung, soweit Verfahrensgrundrechte verletzt worden sein sollten.

Selbst wenn man dies anders sehen und unbeschadet der vorstehenden Ausführungen auch weiterhin die Möglichkeit einer außerordentlichen Beschwerde bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung bejahen wollte, ist hier die sofortige Beschwerde unzulässig. Denn greifbare Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses liegt nicht vor.

Zutreffend ist, dass es zweifelhaft ist, ob die arbeitsgerichtliche Entscheidung richtig ist.. Das Arbeitsgericht war, wie die Zulassung der Berufung belegt, der Ansicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat In einem solchen Fall ist in der Regel, bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen, PKH zu bewilligen (vgl. BGH 21. November 2002 NJW 2003, 1126 und 27. Februar 2003 AGS 2003, 213). Das gebietet nämlich die in Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit. Denn das Hauptverfahren eröffnet erheblich bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes. Das nur einer summarischen Prüfung unterliegende Prozesskostenhilfeverfahren hat demgegenüber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden

Die arbeitsgerichtliche Entscheidung ist jedoch nicht greifbar gesetzeswidrig. Von greifbarer Gesetzeswidrigkeit kann nur dann gesprochen werden, wenn eine Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (vgl. BAG 21. April 1998 NZA 1998, 1357; BGH 14, Dezember 1989 NJW 1990, 1794, 1795). Davon kann hier keine Rede sein. Das Arbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung von den gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH, nämlich hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung, ausgegangen und hat insoweit lediglich u.U. zu hohe Anforderungen gestellt. Das mag fehlerhafte Rechtsanwendung sein, greifbar gesetzeswidrig ist die Entscheidung damit nicht.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 S. 2 iVm § 72 Abs. 2 ArbGG) war nicht ersichtlich. Damit ist dieser Beschluss unanfechtbar (§ 78 S. 1 ArbGG iVm § 574 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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