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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 18.07.2003
Aktenzeichen: 17/12 Sa 829/02
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
1. Läuft die unternehmerische Entscheidung nur auf den Abbau von Arbeitsplätzen hinaus und wird dies verbunden mit einer Neuverteilung der den betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Arbeitsaufgaben, so hat der Arbeitgeber zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung darzulegen, welche konkreten Arbeitsaufgaben mit welchem Arbeitszeitvolumen auf andere Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt übertragen werden, (im Anschluss an BAG vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 -; BAG vom 27. September 2001 - 2 AZR 176/00 -; BAG vom 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01-)

2. Weiterhin hat der Arbeitgeber darzulegen, welche Arbeitsaufgaben mit welchen Arbeitszeitvolumina bisher die Arbeitnehmer durchgeführt haben, auf die durch die Neuverteilung neue Arbeitsaufgaben übertragen werden, damit die bisherige und zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge ohne überobligationsmäßige Leistungen des verbliebenen Personals festgestellt werden kann.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 17/12 Sa 829/02

Verkündet laut Protokoll am 18. Juli 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2003

durch Richter am Arbeitsgericht Dr. Becker als Vorsitzender und den ehrenamtlicher Richter Mangold und die ehrenamtliche Richterin Jacek als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 26. März 2002 - 8 Ca 546/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wehrt sich gegen die Kündigung der Insolvenzschuldnerin vom 21. Dezember 2000, sie begehrt Weiterbeschäftigung.

Die Insolvenzschuldnerin ist eine GmbH, deren Gründung am 01. August 1984 erfolgt ist. Gegenstand des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin ist der Betrieb einer Großbuchbinderei und die Ausübung aller damit verbundenen und ähnlichen Geschäfte. Bei der Insolvenzschuldnerin waren zum Zeitpunkt der hier streitigen Kündigung 77 Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs 56 Jahre alt, sie ist verheiratet. Die Klägerin ist bei der Insolvenzschuldnerin seit dem 15. August 1984 zunächst auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29. Juni 1984 beschäftigt. Dieser Arbeitsvertrag wurde von der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin unter dem 04. Mai 1998 in einen Vollzeitarbeitsvertrag geändert. Wegen des Inhalts dieses Anstellungsvertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 5 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin war zuletzt als Sachbearbeiterin beschäftigt. Ihr obliegt im Zuge dieser Arbeitsaufgabe die Zeiterfassung für die gewerblich Beschäftigten. Darüber hinaus hat sie Angebote geschrieben und Auftragsbestätigungen erstellt. Auch die Materialbestellungen, die Terminierungen des Speditionsversandes und die Zusammenstellungen hierzu wurden von der Klägerin durchgeführt. Die Klägerin hat zuletzt ein Monatsbruttogehalt in Höhe von DM 4.938,--, zuzüglich eines 13. Monatsgehalts bezogen.

Im Zuge der Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan wurde dem Betriebsrat weitere Informationen über die zu Kündigenden Arbeitnehmer unter dem 05. Dezember 2000 zugeleitet. Unter den hierbei aufgeführten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern war auch die Klägerin. Wegen des Inhalts dieser Informationen wird auf die Anlage B b 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 17. Juni 2002 (Bl. 84 ff. d. A.) Bezug genommen. Unter dem 22. Dezember 2000 haben der bei der Insolvenzschuldnerin gebildete Betriebsrat und die damaligen Vertreter der Insolvenzschuldnerin einen Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart. Wegen des Inhalts dieser betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen wird auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19. April 2001 (Bl. 25 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2000 hat die damalige Geschäftsleitung der Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Wegen des Inhalts dieses Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 6 d. A.) Bezug genommen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 08. Januar 2001 mit ihrer beim Arbeitsgericht Darmstadt eingegangenen Klage.

Mit Beschluss vom 20. Februar 2001 ist über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden, wobei der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde. Wegen des Inhalts dieses Beschlusses wird auf die Beschlussausfertigung des Amtsgerichts Darmstadt vom 20. Februar 2001 (Bl. 14 f. d. A.) Bezug genommen. Mit Beschluss vom 01. Mai 2001 des Amtsgerichts Darmstadt wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Wegen des Inhalts dieses Beschlusses wird auf die Beschlussausfertigung des Amtsgerichts Darmstadt vom 01. Mai 2001 (Bl. 33 f. d. A.) Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 03. Dezember 2001 ließ der Beklagte mitteilen, dass er in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter den Rechtsstreit aufnehmen wird. Wegen des Inhalts dieser Erklärung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 03. Dezember 2001 (Bl. 38 d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte hat mittlerweile im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin die Masseunzulänglichkeit angezeigt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sich die Kündigung als unwirksam erweise, weil sie sozialwidrig sei, die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt worden sei, und die Betriebsratsanhörung ebenfalls fehlerhaft sei.

Die Klägerin hat behauptet, dass ihr Arbeitsplatz bzw. ihre Arbeitsaufgaben nicht weggefallen seien. Insbesondere, so hat die Klägerin behauptet, hätten bei der Insolvenzschuldnerin keine überflüssigen und unproduktiven Arbeitsplätze bestanden.

Die Klägerin hat weiter behauptet, dass die von dem Beklagten angeführten Mitarbeiter auf Grund des Arbeitsanfalls nicht in der Lage seien, noch zusätzliche Aufgaben und Arbeiten zu übernehmen.

Zur Sozialauswahl hat die Klägerin behauptet, dass sämtliche Sachbearbeiter bei der Insolvenzschuldnerin untereinander vergleichbar seien. Von daher sei der vergleichbare Mitarbeiterkreis fehlerhaft ermittelt worden.

Zur Fehlerhaftigkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Anhörungsverfahrens hat die Klägerin behauptet, dass die ihr Arbeitsverhältnis betreffende Kündigung bereits vor Abschluss des Interessenausgleichs ausgesprochen worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der ... GmbH vom 21. Dezember 2000 nicht aufgelöst wurde;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Sachbearbeiterin weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, dass die betriebsbedingte Kündigung erforderlich gewesen sei, um das Unternehmen zu retten. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens habe eine personelle Umstrukturierung verlangt. Die Entlassung von Mitarbeitern zur Reduzierung der Personalkosten, so hat der Beklagte behauptet, sei dringend erforderlich.

Der Beklagte hat weiter behauptet, dass die Tätigkeiten der Klägerin zukünftig entfallen würden. Sie würden auf die sog. Sachbearbeitung übertragen. Hier seien der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, H, sowie die Außendienstmitarbeiter F und W beschäftigt.

Zur Erforderlichkeit der Sozialauswahl hat der Beklagte behauptet, dass kein anderer Mitarbeiter mit der Klägerin vergleichbar sei.

Zur durchgeführten Betriebsratsanhörung hat der Beklagte behauptet, die Anhörung sei in der zweiten Dezemberwoche 2000 parallel zu den Verhandlungen über den Interessenausgleich und den Sozialplan erfolgt. Der Betriebsrat sei dabei erschöpfend über die Kündigungsgründe unterrichtet worden.

Das Arbeitsgericht in Darmstadt hat mit seinem am 26. März 2002 verkündeten, dem Beklagten am 03. Mai 2002 zugestellten Urteil - 8 Ca 546/01 (Bl. 57 -64 d. A.) - der Klage stattgegeben. Zu dem Inhalt des angefochtenen Urteils im Übrigen und im Einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte am 03. Juni 2002 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 17. Juni 2002, bei Gericht eingegangen am 18. Juni 2002, begründet.

Der Beklagte behauptet in Auseinandersetzung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil, dass die von der Klägerin durchgeführten Tätigkeiten nunmehr durch den Betriebsleiter Q alleine durchgeführt würden.

Weiter behauptet der Beklagte, der Außendienstmitarbeiter F habe nach der Kündigung der Klägerin deren Tätigkeiten übernommen. Auch habe Herr E die Tätigkeiten von der Klägerin übernommen. Insgesamt könnten nämlich die Tätigkeiten von den vorgenannten Mitarbeitern miterledigt werden.

Zum durchgeführten betriebsverfassungsrechtlichen Anhörungsverfahren behauptet der Beklagte, dass der Interessenausgleich am 22. Dezember 2000 vormittags abgeschlossen worden sei, während die Kündigung der Klägerin erst am Nachmittag übergeben worden sei. Der Beklagte behauptet weiter, dass dem Betriebsrat am 05. Dezember 2000 weiteres umfangreiches Informationsmaterial über das durchzuführende Sanierungskonzept überreicht worden sei. Der Beklagte behauptet, dass die Sozialdaten dem Betriebsrat aus den Verhandlungen über den Interessenausgleich bekannt gewesen seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 26.03.2002, AZ.: 8 Ca 546/01, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 26.03.2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen das angefochtene Urteil.

Die Klägerin behauptet, dass die Übertragung der Tätigkeiten ohne überobligatorische Leistungen der verbliebenen Mitarbeiter nicht möglich sei.

Zum betriebsverfassungsrechtlichen Anhörungsverfahren behauptet die Klägerin, dass die Anhörungsfrist am 21. Dezember 2000, dem Kündigungsdatum, noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Zur Sozialauswahl behauptet die Klägerin, dass dem Betriebsrat hierzu nichts mitgeteilt worden sei.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 26. März 2001 - 8 Ca 546/01 - ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, §§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG, und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520, 522 ZPO.

II.

In der Sache kann die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet ist. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage in allen Anträgen stattgegeben. Die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Insolvenzschuldnerin vom 21. Dezember 2000 erweist sich als unwirksam, weil sie nicht sozial gerechtfertigt ist, § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 KSchG. Wegen der Unwirksamkeit der Kündigung ist dem Weiterbeschäftigungsbegehren der Klägerin ebenfalls stattzugeben.

1.

Die Kündigung der Insolvenzschuldnerin vom 21. Dezember 2000 erweist sich als unwirksam, weil sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die die ordentliche Kündigung sozial rechtfertigenden, einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehenden dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entfallen ist. Dies kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen. Eine solche Entscheidung unterliegt nur einer Missbrauchskontrolle. Sie ist lediglich dahingehend zu überprüfen, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist und ob sie tatsächlich ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Beschäftigungswegfall ist (BAG vom 10.11.1994 - 2 AZR 242/94 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 55 zu B I 1 d. Gr.; BAG vom 05.10.1995 - 2 AZR 269/95 - BAGE 81, 86, 97; BAG vom 18.10.2000 - 2 AZR 465/99 - BAGE 96, S. 95; BAG vom 10.10.2002 - 2 AZR 598/01, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122 unter C. I. 2. d. Gr.).

Von diesen Grundsätzen ist auch das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgegangen und hat festgehalten, dass der Beklagte durch die Neuorganisation bzw. den Personalabbau eine unternehmerische Entscheidung getroffen haben könnte. Das Arbeitsgericht hat sodann weiterhin zu Recht darauf abgestellt, dass der Arbeitgeber, hier der Beklagte als Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin, darzulegen gehabt hätte, dass und wie die von ihm getroffene Maßnahme durchgeführt werden soll. Die sich daraus für das Arbeitsgericht ergebenden Folgerungen im Hinblick auf die Darlegungslast des Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Läuft nämlich die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene oder von Arbeitsplätzen hinaus und wird dies verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61; BAG vom 27.09.2001 - 2 AZR 176/00 EzA § 14 KSchG Nr. 6 unter B. I. 2. b) d. Gr.; BAG vom 10.10.2002 - 2 AZR 598/01 EzA § 1 KSchG betriebsbedingte Kündigung Nr. 122 C. I. 4. d. Gr.). Der Arbeitgeber muss insbesondere darlegen, in welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss auf Grund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge an Hand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (BAG vom 27.09.2001 - 2 AZR 176/00 EzA § 14 KSchG Nr. 6; BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61; BAG vom 10.10.2002 - 2 AZR 598/01, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122, C. I. 4. d. Gr.).

2.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist aus seinem tatsächlichen Vorbringen schon nicht ersichtlich, in welchem Umfang die bisher von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen und wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. An einer solchen konkreten Darlegung des Beklagten fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat. Es ist schon nicht hinreichend dargelegt, wann der Beklagte bzw. die Insolvenzschuldnerin die konkrete Organisationsentscheidung zur Umgestaltung im Bereich Sachbearbeitung getroffen haben könnte. Erstinstanzlich hat der Beklagte in seinem tatsächlichen Vorbringen darauf abgestellt, dass die Tätigkeiten der Klägerin zukünftig entfallen würden. Aus diesem tatsächlichen Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, warum dies der Fall sein könnte, wie sich die Arbeitszeit volumina in Beziehung zur Arbeitsaufgabe in der Vergangenheit entwickelt haben bzw. in der Zukunft entwickeln werden. Gleichzeitig hat der Beklagte erstinstanzlich dargelegt, dass die Tätigkeiten der Klägerin auf die sog. Sachbearbeitung übertragen werden sollte, nämlich auf den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und die Außendienstmitarbeiter F und W. Nimmt man dieses tatsächliche Vorbringen hinzu, so bleibt ungeklärt, ob nun die Tätigkeiten der Klägerin entfallen sind bzw. entfallen werden oder ob diese Tätigkeiten auf andere Arbeitnehmer übertragen worden sein könnten. Schon im Ausgangspunkt ist nicht ersichtlich, durch welchen Organisationsakt mit welcher Wirkung diese Übertragungen geschehen sein könnten bzw. wie die angesprochenen Mitarbeiter bzw. der Geschäftsführer dies unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Aufgaben erledigen könnten. Insbesondere geht aus dem tatsächlichen Vorbringen des Beklagten insoweit nicht hervor, welche Arbeitsaufgaben mit welchen Arbeitszeitvolumina die Außendienstmitarbeiter F und ... zu bewerkstelligen hatten bzw. ob und warum der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin die Aufgaben der Klägerin noch übernehmen könnte.

Aber auch wenn man das zweitinstanzliche Vorbringen des Beklagten im Hinblick auf die von der Rechtsprechung geforderte und näher zu konkretisierende Prognose würdigt, rechtfertigt sich kein anderes Ergebnis bzw. die Angriffe gegen das erstinstanzliche Urteil dringen nicht durch. Nunmehr heißt es nämlich im tatsächlichen Vorbringen des Beklagten, dass die von der Klägerin durchgeführten Tätigkeiten durch den Betriebsleiter Q alleine durchgeführt werden. Darüber hinaus legt der Beklagte dar, dass der Außendienstmitarbeiter F sowie der Mitarbeiter E. die Tätigkeiten der Klägerin miterledigen würden. Ganz abgesehen davon, dass sich dieses tatsächliche Vorbringen von dem erstinstanzlich abgeleisteten Vorbringen deutlich unterscheidet, Fragen der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung dadurch aufgeworfen worden sind, lässt sich auch aus diesem Vorbringen kein dringendes betriebliches Erfordernis, insbesondere keine konkretisierte Prognose entnehmen. Auch in diesem Zusammenhang geht nicht deutlich genug hervor, warum der Betriebsleiter Q neben seinen Aufgaben als Betriebsleiter noch die Tätigkeiten der Klägerin übernehmen könnte. Gleichfalls geht aus dem tatsächlichen Vorbringen des Beklagten auch insoweit nicht hervor, was der Außendienstmitarbeiter F in der Vergangenheit an Arbeitsaufgaben durchgeführt haben könnte, um nunmehr auch noch die Tätigkeiten der Klägerin, in welchem Ausmaß auch immer, mitübernehmen zu können. Die gleiche richterliche Bewertung ergibt sich auch in Bezug auf das tatsächliche Vorbringen, Herr E könne die Tätigkeiten der Klägerin mitübernehmen, wobei schon im Ausgangspunkt aus dem tatsächlichen Vorbringen des Beklagten nicht hervorgeht, welche Tätigkeiten der Mitarbeiter E vor der etwaigen Organisationsentscheidung denn durchgeführt haben könnte.

3.

Da sich die Kündigung der Insolvenzschuldnerin vom 21. Dezember 2002 bereits deshalb als unwirksam erweist, weil ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG nicht ersichtlich ist, kommt es auf die weiterhin von der Klägerin geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe der fehlerhaften Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 KSchG, sowie einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung, § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, nicht mehr an.

4.

Die Berufung des Beklagten hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie sich gegen die Klagestattgabe im Hinblick auf den Weiterbeschäftigungsanspruch richtet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Beklagten zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Kündigungsschutzrechtsstreits verurteilt. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 611 BGB i. V. m. § 242 BGB in Verbindung mit den Artikeln 1 und 2 GG. Danach überwiegen nach einem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess die Interessen der Klägerin an der Weiterbeschäftigung gegenüber den entgegenstehenden Interessen an der Nichtbeschäftigung des Beklagten (BAG - GS - vom 27.02.1985, NZA 1985, S. 702 ff.). Der Beklagte hat auch zweitinstanzlich nicht eigens gegen diesen Weiterbeschäftigungsantrag gerichtete Berufungsangriffe ausgeführt. Die Kammer hat daher keine Anhaltspunkte, die Einwendungen gegenüber dem Weiterbeschäftigungsanspruch ergeben könnten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, weil die Berufung des Beklagten erfolglos bleibt.

Für die Zulassung der Revision ist kein gesetzlicher Grund ersichtlich, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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