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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 20.11.2006
Aktenzeichen: 19 SaGa 1832/06
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 8
Klägerin begehrt in beiden Instanzen erfolglos Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 7,8 Stunden / Woche (2 Vormittage), nach dem die Beklagte ihre Bereitschaft zu einer Reduzierung auf 5 Vormittage / Woche erklärt hat und bereit ist, die Kinder in den Betriebskindergarten aufzunehmen.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Oktober 2006 - Az. 19 Ga 214/06 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ist nicht gegeben.

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin begehrt im einstweiligen Verfügungsverfahren eine einstweilige Reduzierung ihrer Arbeitszeit.

Die Verfügungsklägerin ist seit dem 01.01.1999 bei der Verfügungsbeklagten, die mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, in verschiedenen Projekten vollzeitbeschäftigt. Die Verfügungsklägerin, die am 22. Mai 2003 Zwillinge geboren hat, befindet sich bis zum 22. November 2006 in Elternzeit. Die Kinder der Verfügungsklägerin A und B besuchen gegenwärtig den katholischen Kindergarten C in D. Sie werden zur Zeit von der Verfügungsklägerin um 9.00 Uhr in den Kindergarten gebracht und um 12.00 Uhr von dort abgeholt. Die Öffnungszeit dieses Kindergartens ist von Montag bis Freitag von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr.

Einer Bitte der Verfügungsklägerin, sie ab Februar oder März 2005 während der Elternzeit mit einer Teilzeittätigkeit von 10 - 15 Stunden zu beschäftigten, lehnte die Verfügungsbeklagte am 17. Januar 2005 ab (Bl. 18 d.A.). Mit Schreiben vom 27.03.2006 (Bl. 20 d.A.) beantragte die Verfügungsklägerin ab 22.11.2006 eine Teilzeitstelle in Höhe von 40% der Normalarbeitszeit, davon 50% auf einem Telearbeitsplatz (Heimarbeitsplatz), und zwar als 4 halbe Arbeitstage in der Woche vormittags, davon 2 halbe Arbeitstage zu Hause. Diesen Antrag wiederholte die Verfügungsklägerin mit E-Mail vom 06.06.2006 (Bl. 23 d.A.). Nach verschiedenen Gesprächen zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten lehnte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 07. September 2006 (Bl. 34 d.A.) die von der Verfügungsklägerin gewünschte Teilzeitarbeit ab und bot ihr jedoch eine Teilzeitbeschäftigung von 50% an bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Vormittage montags bis freitags von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr an.

Mit einem beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main am 21. September 2006 eingegangenen Schriftsatz begehrte die Verfügungsklägerin nach dem Ende der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von 7,8 Stunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf Dienstag und Donnerstag von 7.40 Uhr bis 11.34 Uhr. Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, dass nach der bei der Verfügungsbeklagten geltenden Betriebsvereinbarung "Beruf und Familie" (Bl. 36 - 44 d.A.) ein Teilzeitanspruch nicht aus betrieblichen Gründen abgelehnt werden könne. Sie hat behauptet, eine Betreuung ihrer Kinder ließe sich bei einer anderen Arbeitszeit nicht bewerkstelligen, da sie für die tägliche Fahrt zur Arbeit von D nach E 2 x 1 3/4 Stunden Fahrzeit benötige und der Kindergarten nur in der Zeit von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr geöffnet sei. Ihr Ehemann habe zwar zu 50% einen Heimarbeitsplatz, er müsse jedoch in dieser Zeit arbeiten.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

die Verfügungsbeklagte zu verpflichten, sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ab dem 22. November 2006 mit einer Wochenarbeitszeit von 7,8 Stunden bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf Dienstag und Donnerstag, jeweils 3,9 Stunden von 7.40 Uhr bis 11.34 Uhr zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat behauptet, die Beschäftigung der Verfügungsklägerin im Bereich F lege ein Personalkonzept zugrunde, das einen regelmäßigen persönlichen Austausch der Mitarbeiter im Rahmen des täglichen Workflow erfordere. Insofern müsse die Verfügungsklägerin an jedem Werktag im Betrieb anwesend sein. Sie hat darüber hinaus die Ansicht vertreten, ein Verfügungsgrund liege nicht vor, da dem Vortrag der Verfügungsklägerin nicht zu entnehmen sei, warum dringende familiäre Gründe ihre Anwesenheit zu Hause an den Tagen Montag, Mittwoch und Freitag erfordere und warum eine anderweitige Betreuung der Kinder nicht in Betracht komme.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 65 - 67 d.A.).

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag durch Urteil vom 19. Oktober 2006 zurückgewiesen. Es hat einen Verfügungsgrund verneint, da aus dem Vortrag der Verfügungsklägerin nicht ersichtlich geworden sei, ob eine Fremdbetreuung außerhalb der Öffnungszeiten des Kindergartens in Betracht gezogen worden sei und warum eine Betreuung der Kinder durch den Ehemann ausscheide, obwohl dieser aufgrund seines Teilzeit-Heimarbeitsplatzes über eine erhöhte Arbeitszeitflexibilität verfüge. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 67 - 69 d.A. verwiesen.

Gegen das der Verfügungsklägerin am 25.10.2006 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 27. Oktober 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Die Verfügungsklägerin vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie behauptet, sie und ihr Ehemann würden bei einer Vollzeitbeschäftigung in einen Betreuungsnotstand im Hinblick auf ihre zwei Kinder geraten. Ihre Eltern seien beide über 70 und gebrechlich und zur Kinderbetreuung nicht mehr in der Lage. Ihre Schwiegereltern kämen für eine Betreuung der Kinder trotz des Lebens auf dem gleichen Grundstück nicht in Betracht, da zwischen diesen ein Ehestreit bestehe und darüber hinaus Rechtsstreitigkeiten zwischen ihr und ihrem Ehemann und den Schwiegereltern. Andere Verwandte oder Nachbarn stünden am Wohnort nicht zur Verfügung. Wenn sie erkranke, müsse ihr Mann Urlaub nehmen. Dem Ehemann, der bei der Verfügungsbeklagten als Projektmanager beschäftigt sei, sei zwar eine 50%ige Heimarbeitsoption ab September 2006 gewährt worden, ohne dass die technischen Voraussetzungen hierfür bislang von der Verfügungsbeklagten vollständig geschaffen worden wären.

Die Verfügungsklägerin behauptet weiterhin, sie oder ihr Ehemann könnten die Kinder nicht vor 9.00 Uhr in den Kindergarten in D bringen. Eine frühere Aufstehenszeit für die Kinder sei aus medizinischen Gründen nicht möglich. Hierzu verweist sie auf die Bescheinigung der Praxis für traditionelle chinesische Medizin G (Bl. 152 d.A.). Selbst wenn ihr Ehemann die Kinder um 9.00 Uhr in dem Kindergarten abgebe, müsse sie um 5.55 Uhr aus dem Haus, um um 7.45 Uhr auf ihrem Arbeitsplatz in E erscheinen zu können. Sie müsse ihren Arbeitsplatz um 11.40 Uhr verlassen, um die Kinder zwischen 13.15 Uhr und 13.25 Uhr vom Kindergarten abholen zu können. Dies liege an den öffentlichen Verkehrsverbindungen zwischen D und H (vgl. die Fahrplanauskünfte Bl. 93 - 96 d.A.). Ein Auto könne sie nicht wegen eines Schleudertraumas benutzen (vgl. die Bescheinigung der Praxis für traditionelle chinesische Medizin G, Bl. 153 d.A.). Ein Wechsel des Kindergartens würde sich negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken (vgl. die Bescheinigungen des katholischen Kindergartens C, Bl. 154 d.A. des Sozialpädagogischen Zentrums I, Bl. 155 d.A.). Ein Personalkonzept, das einen regelmäßigen persönlichen Austausch der Mitarbeiter im Rahmen des täglichen Workflow erfordere, gebe es bei der Verfügungsbeklagten nicht. Einer ihrer Kolleginnen sei eine Teilzeitstelle mit Heimarbeitsoption angeboten worden.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19.10.2006, Az.: 19 Ga 214/06, wird geändert.

2. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ab dem 22. November 2006 mit einer Wochenarbeitszeit von 7,8 Stunden bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf Dienstag und Donnerstag, jeweils 3,9 Stunden von 7.40 Uhr bis 11.34 Uhr, zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ihr Vorbringen. Ein Betreuungsnotstand sei bei der Verfügungsklägerin nicht gegeben, allenfalls sei die Beibehaltung des bisherigen Tagesablaufs gefährdet. Die fehlende Möglichkeit der Betreuung der Kinder durch Verwandte und Nachbarn werde mit Nichtwissen bestritten; ebenso die gesundheitliche Situation der Eltern. Auf die Ablehnung einer Fremdbetreuung könne die Verfügungsklägerin sich nicht berufen, weil sie Fremdbetreuung durch einen Kindergarten in Anspruch nehme. Die Öffnungszeiten des Kindergartens C in D ermöglichten dem Ehemann der Verfügungsklägerin, spätestens um 9.00 Uhr in seinem Büro in J zu sein. Außerdem gäbe es in der Nähe des Betriebs, in dem die Verfügungsklägerin arbeite, zwei Kindertagesstätten mit Öffnungszeiten zwischen 7.00 Uhr und 16.30 Uhr; außerdem stünden in ihrem eigenen Betriebskindergarten in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes Plätze für zwei Kinder zur Verfügung. Im Falle einer familiären Ausnahmesituation könnte die Verfügungsklägerin Urlaub oder Sonderurlaub beantragen, notfalls auch unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Angesichts ihres Angebots an den Ehemann der Antragstellerin, seinen Arbeitsplatz zu 50% als Heimarbeitsplatz einzurichten, könne er auch an der Kinderbetreuung mitwirken. Die notwendigen Telekommunikationsanschlüsse seien gelegt. Ein Verfügungsanspruch sei nicht gegeben, da ein Teilzeitarbeitsplatz zu 50% angeboten worden sei und eine weitere Reduzierung der Arbeitszeit nicht möglich sei, da die Verfügungsklägerin im täglichen Workflow eingebunden werden müsse. Die Mitarbeiterin K müsse aufgrund ihrer Tätigkeit nicht in den täglichen Workflow eingebunden werden. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze vom 27.10. und 10.11.2006 sowie das Verhandlungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Verfügungsklägerin ist statthaft (§§ 64 Abs. 1 und 2 b, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

Die Berufung der Verfügungsklägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Erlass der einstweiligen Verfügung zu Recht daran scheitern lassen, dass die Verfügungsklägerin keinen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht hat. Das Berufungsgericht folgt der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Bezug (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf den ergänzenden Vortrag der Parteien im Berufungsrechtszug ist Folgendes hinzuzufügen:

Grundsätzlich kann der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Hierzu ist neben dem glaubhaft zu machenden Verfügungsanspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung gem. § 8 TzBfG ein Verfügungsgrund glaubhaft zu machen. Dabei wird der Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin nach § 8 TzBfG nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass die Verfügungsklägerin eine besonders starke Reduzierung ihrer Arbeitszeit von einer Vollzeitbeschäftigung auf 7,8 Stunden wöchentlich begehrt. § 8 TzBfG kennt insoweit keine Untergrenze, bis zu der eine Verringerung der Arbeitszeit begehrt werden kann (Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rn. 59 m.w.N.). Bis zu welcher Untergrenze eine Teilzeitbeschäftigung eines Arbeitnehmers sinnvoll ist, lässt sich nur im Einzelfall bestimmen und wird im Rahmen der möglicherweise entgegenstehenden betrieblichen Gründe gem. § 8 Abs. 4 TzBfG und der vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen sein. Ob dem Teilzeitwunsch der Verfügungsklägerin betriebliche Gründe entgegenstehen, die sich aus der Notwendigkeit eines täglichen Workflow ergeben, kann die Kammer unentschieden lassen, da es für die einstweilige Verfügung an einem Verfügungsgrund fehlt. Ebenso kann es die Kammer offen lassen, welche Auswirkungen der im Laufe des Verfahrens veränderte Wunsch der Verfügungsklägerin auf Verringerung ihrer Arbeitszeit auf den Teilzeitanspruch vor dem Hintergrund der Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG hat (zur Bindungswirkung der Geltendmachung einerseits und zur Nicht-in-Gang-Setzung der 2-Jahresfrist bei unberechtigter Ablehnung andererseits siehe ErfK/Preis, 7. Aufl., § 8 TzBfG Rn 12 u. 48).

Ein Verfügungsgrund für die begehrte einstweilige Verfügung besteht nicht. Bei der Reduzierung der Arbeitszeit im Wege der einstweiligen Verfügung handelt es sich nicht um ein Verfahren, das der bloßen Sicherung einer nach Entscheidung der Hauptsache stattfindenden Befriedigung dient, sondern sie ist auf eine teilweise Anspruchserfüllung gerichtete Leistungs- oder Befriedigungsverfügung. An eine solche Befriedigungsverfügung sind besonders strenge Anforderungen zu stellen, da hier die Hauptsache zumindest teilweise vorweggenommen wird. Vorausgesetzt wird hierfür, dass der Anspruchsteller auf die sofortige Anspruchserfüllung dringend angewiesen ist bzw. die Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im normalen Klageverfahren nicht möglich ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 940 Rn 6). Die einstweilig verfügte Maßnahme muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig sein. Für die Verringerung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers gem. § 8 TzBfG im Wege der einstweiligen Verfügung wird von der Rechtsprechung mittlerweile überwiegend gefordert, dass die Verringerung der Arbeitszeit aus familiären Gründen dringend und unumgänglich sein muss (LAG Düsseldorf 04.12.2003 - 11 Sa 1507/03 - NZA-RR 2004, 181; Hess. LAG 14.04.2005 - 9 SaGa 485/05; LAG Köln 23.12.2005 - 9 Ta 397/05 - LAGE Nr. 16 zu § 8 TzBfG; ähnlich LAG Rheinland-Pfalz 12.04.2002 - 3 Sa 161/02 - NZA 2002, 856; LAG Berlin 20.02.2002 - 4 Sa 2243/91 - NZA 2002, 858; ArbG Nürnberg 28.11.2003 - 14 Ga 114/03 - AR-Blattei ES 1560 Nr. 83). Soweit nur gefordert wird, dass das Obsiegen in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, weil derzeit keine entgegenstehenden betrieblichen Gründe ersichtlich sind (in diese Richtung LAG Hamburg 06.09.2001 - 8 Sa 59/01 - AfP 2001, 533), verkennt dies die notwendige Prüfung eines Verfügungsgrundes neben der Prüfung eines Verfügungsanspruchs. Auch wenn in Literatur und Rechtsprechung teilweise wesentlich engere Formulierungen gewählt werden ("zur Abwehr wesentlicher Nachteile dringend erforderlich", vgl. z.B. LAG Köln 05.03.2002 - 10 Ta 50/02 - LAG-Report 2002, 336; ähnlich auch Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rn 264), so besteht zumindest in der herrschenden Meinung insoweit Einigkeit, dass bei einer zwingend erforderlich gewordenen Betreuung minderjähriger Kinder, die nur bei einer Teilzeittätigkeit erfolgen kann, grundsätzlich ein Verfügungsgrund bejaht werden kann (Tiedemann, ArbRB 2006, 284, 286; Mengel, a.a.O.; ErfK/Preis, 7. Aufl., § 8 TzBfG Rn 52, m.w.N.; HWK/Schmalenberg, 2. Aufl., § 8 TzBfG Rn 60). Auch die Kammer geht davon aus, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer ohne eine Reduzierung seiner Arbeitszeit ein Kind nicht betreuen kann und auch eine anderweitige Betreuung ausgeschlossen ist, grundsätzlich ein Verfügungsgrund gegeben ist. Der vollzeitbeschäftigte Elternteil steht hier in einer Pflichtenkollision, die einen wesentlichen Nachteil im Sinne des § 940 ZPO darstellt (Tiedemann, a.a.O.). Auch die grundgesetzlich garantierte Entscheidung der Eltern, für die Erziehung ihrer Kinder selbst zu sorgen und dies nicht Dritten zu überlassen, kann zu einer entsprechenden Pflichtenkollision führen und damit zu einem Verfügungsgrund (vgl. LAG Düsseldorf 04.12.2003 - 11 Sa 1507/03 - NZA-RR 2004, 181; LAG Hamm 06.05.2002 - 8 Sa 641/02 - NZA-RR 2003, 178).

Im vorliegenden Fall mag eine Reduzierung der Arbeitszeit der Verfügungsklägerin durchaus notwendig sein, da auch bei einem 50%igen Heimarbeitsplatz des Ehemanns der Verfügungsklägerin eine Betreuung der Kinder sichergestellt sein muss, soweit sie nicht von einem Kindergarten übernommen werden kann. Allerdings hat die Verfügungsklägerin keine Notwendigkeit dargelegt, dass die Arbeitszeitreduzierung in dem weitgehenden Ausmaß erfolgen muss, wie sie die Verfügungsklägerin in diesem Verfahren begehrt. Würde die Verfügungsbeklagte sich grundsätzlich weigern, der Verfügungsklägerin einen Teilzeitarbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ließe sich angesichts der von der Verfügungsklägerin vorgetragenen Zwangslage möglicherweise ein Verfügungsgrund bejahen. Hier ist jedoch bei der Beurteilung des Verfügungsgrundes stets zu berücksichtigen, dass die Verfügungsbeklagte bereit ist, die Verfügungsklägerin von montags bis freitags halbtags an Vormittagen zu beschäftigen - in einer Zeit, in der der Kindergarten, in der die beiden Kinder der Verfügungsklägerin derzeit betreut werden, geöffnet ist. Erforderlich für den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu einer Arbeitszeitreduzierung in dem Ausmaß, wie von der Verfügungsklägerin beantragt, ist jedoch gerade, dass hierfür ein Verfügungsgrund besteht und nicht für eine Teilzeitbeschäftigung überhaupt (zur notwendigen Korrelation von Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch siehe Tiedemann, ArbRB 2006, 287). Eine Notwendigkeit, dass die Verfügungsklägerin nur an zwei Vormittagen in der Woche arbeitet statt an 5 Tagen, hat die Verfügungsklägerin jedoch in ihren Schriftsätzen nicht begründet. Soweit sie dies mit den Verkehrsverbindungen des öffentlichen Nahverkehrs zwischen D und H begründet, vermag dies nicht zu erklären, warum der Verfügungsklägerin und ihrem Ehemann das Bringen und Abholen der Kinder an zwei Vormittagen in der Woche möglich ist, an den anderen Tagen jedoch nicht. Die Verfügungsbeklagte hat insoweit darauf hingewiesen, dass es dem Ehemann der Verfügungsklägerin ohne weiteres möglich wäre, die Kinder in den Kindergarten zu bringen und trotzdem - soweit erforderlich - um 9.00 Uhr im Büro zu sein. Soweit die Verfügungsklägerin gemeint hat, die Kinder dürften nicht früher als 9.00 Uhr im Kindergarten sein, weil dies sonst zu physischen oder psychischen Entwicklungsstörungen führen würde, wird dies durch die vorgelegte Bescheinigung des Arztes nicht bestätigt. Hier wird lediglich davon geredet, dass die Kinder unter Schlafstörungen litten, was zu physischen und psychischen Entwicklungsstörungen beitragen würde. Dass ein früheres Aufstehen der Kinder zu nicht verantwortbaren Gesundheitsschäden führen würde, wird jedoch in der Bescheinigung nicht bestätigt. Sie geht insofern kaum über das hinaus, was jeder auch nicht medizinisch vorgebildete Mensch nach einem längeren Urlaub sagen könnte: gesundheitlich besser wäre es bestimmt, auch weiterhin nicht früh aufstehen zu müssen. Dass die Kinder aus gesundheitlichen Gründen nur spät aufstehen dürften, ergibt sich aus der Bescheinigung nicht und dürfte für die Eltern auch später zu einigen Schwierigkeiten beim Schulbesuch ihrer Kinder führen.

Soweit die Verfügungsklägerin - und auch ihr Ehemann in seiner eidesstattlichen Versicherung - behaupten, sie lehnten eine Fremdbetreuung aus pädagogischen Gründen kategorisch ab, ist dieser Einwand gerade deshalb unbeachtlich, weil beide bereits entschieden haben, ihre Kinder in eine Fremdbetreuung zu geben, nämlich in den Kindergarten C in D. Insoweit ist der Vortrag der Verfügungsklägerin widersprüchlich, da sie sich entgegen ihrem Vortrag bereits zu einer Fremdbetreuung entschieden hat (zu einem vergleichbaren Fall siehe LAG Düsseldorf 04.12.2003 - 11 Sa 1507/03 - NZA-RR 2004, 181).

Eine Verringerung der Arbeitszeit der Verfügungsklägerin auf zwei Vormittage in der Woche im Umfang von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden ist darüber hinaus deshalb nicht aus familiären Gründen dringend und unumgänglich, weil die Verfügungsbeklagte dargelegt hat und die Verfügungsklägerin dies in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten hat, dass die Verfügungsbeklagte selbst über einen Betriebskindergarten verfügt, in der die Kinder der Verfügungsklägerin ohne weiteres sogar ganztägig betreut werden könnten während ihrer Arbeitszeit. Weshalb die Verfügungsklägerin diese Möglichkeit nicht in Anspruch nimmt, hat sie zu keinem Zeitpunkt plausibel begründet. Die Verfügungsbeklagte hat darüber hinaus sogar auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Kinder der Verfügungsklägerin in H einen katholischen Kindergarten besuchen könnten, falls die Verfügungsklägerin auf eine konfessionell gebundene Kindererziehung im Kindergarten Wert legt. Dass die Verfügungsklägerin es für sich und ihre Kinder als zu anstrengend empfindet, die Kinder mit nach I zu nehmen, begründet dagegen keine Notwendigkeit, der Verfügungsklägerin vorläufigen Rechtsschutz für die Reduzierung ihrer Arbeitszeit in dem beantragten Ausmaß zu gewähren.

Da ein Verfügungsgrund für den gestellten Antrag nicht ersichtlich ist, ist die Berufung der Verfügungsklägerin zurückzuweisen. Eine anderweitige als die von der Verfügungsklägerin begehrte Reduzierung der Arbeitszeit vermag die Kammer der Verfügungsklägerin nicht zuzusprechen. Zwar bestimmt gem. § 938 Abs. 1 ZPO das Gericht nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind. Insofern reicht es aus, wenn die in der einstweiligen Verfügung getroffene Anordnung sich im Rahmen der gestellten Anträge hält. Hier hat jedoch die Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass sie nur zu einer Tätigkeit an zwei Vormittagen in der Woche zu den angegebenen Zeiten bereit ist, allenfalls noch zu drei Vormittagen. Insofern hat sie zulässigerweise in ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag deutlich eingegrenzt, so dass das Gericht an diesen Antrag gem. § 308 ZPO gebunden ist (MünchKom, ZPO/Heinze, § 938 Rn 7). Von einer derartigen Bindung an den gestellten Antrag ist bei einer begehrten Leistungsverfügung ohnehin auszugehen (Dunkl/ Moeller/Baur/Feldmeier, Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, 3. Aufl., A. Rn 560).

Die Verfügungsklägerin hat als unterlegene Partei gem. § 97 ZPO die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, § 72 Abs. 4 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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