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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 1689/08
Rechtsgebiete: BAT, AGG, ZPO


Vorschriften:

BAT § 27 A
AGG § 1
AGG § 3
AGG § 7
ZPO § 256
Eine tarifliche Regelung, in der die Grundvergütung der Höhe nach nach Lebensaltersstufen gestaffelt wird, ist wegen unmittelbarer Benachteiligung wegen des Alters i.S.d. §§ 1, 3 AGG unwirksam.

Die hierdurch eintretende unmittelbare Benachteiligung ist nicht im Sinne des AGG gerechtfertigt.

Folge dieses Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters ist, dass die leistungsgewährenden, nicht benachteiligenden Tarifvertragsbestimmungen auf diejenigen Personen zu erstrecken sind, die entgegen den Benachteiligungsverboten von den tariflichen Leistungen ausgeschlossen wurden.

Der Arbeitgeber kann sich im Hinblick auf den Verstoß gegen das gesetzliche Diskriminierungsverbot nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 26. September 2008 - 2 Ca 183/08 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst.

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger Grundvergütung gemäß der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT nach der Lebensaltersstufe "nach vollendetem 45. Lebensjahr" für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 zu zahlen.

Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin um die Höhe des dem Kläger zustehenden Gehaltes.

Der am 29. Januar 1976 geborene Kläger, der nicht Mitglied der Gewerkschaft ist, arbeitete zunächst aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 27. Juli 2005 (Bl. 5-7 d.A.) bei dem beklagten Land in der Universität A befristet für den Zeitraum 1. August 2005 bis 31. Juli 2007. Einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag schlossen die Parteien unter dem 27. Juni 2007 für den Befristungszeitraum 1. August 2007 bis 31. Dezember 2008. Wegen des Wortlauts dieses Vertrags wird auf die Kopie Bl. 8 f. d.A. Bezug genommen. Durch ein Versehen der Bezügestelle des beklagten Landes erfolgte ab August 2007 die Abrechnung des Gehaltes des Klägers ab August 2007 in der Lebensaltersstufe 45 Jahre statt in der altersmäßig zutreffenden Lebensaltersstufe 31. Statt der Zahlung von € 1.317,83 brutto wie im Juli 2007 erhielt der Kläger ab August 2007 bis Februar 2008 daher monatlich € 1.709,96. Er ließ seinen Mercedes SLK 230 K bei der Firma B tunen, wofür ausweislich der Rechnung vom 19. Februar 2008 ein Betrag inklusive TÜV-Begutachtung von € 2.189,60 anfiel. Nachdem beim beklagten Land die falsche Berechnung der Gehaltszahlung ab August 2007 aufgefallen war, forderte es den Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 2008 auf, die von August 2007 bis einschließlich Januar 2008 erfolgte Überzahlung von € 2.148,46 netto zurückzuzahlen. Die Rückzahlung erfolgte sodann aufgrund Einbehalt von der dem Kläger ausgezahlten Vergütung durch das beklagte Land.

Der Kläger hat in seiner dem beklagten Land am 19. August 2008 zugestellten Klage zunächst die Feststellung begehrt, das beklagte Land sei nicht berechtigt, von seinem Lohn € 2.148,46 einzubehalten. Er hat die Auffassung vertreten, dem beklagten Land stehe ein Rückforderungsanspruch aus Bereicherungsrecht nicht zu und sich im Übrigen unstreitig auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Er hat behauptet, er sei sich nicht bewusst gewesen, dass er rechtlich zuviel Vergütung erhalten habe. Vielmehr habe er gedacht, dass ihm die höhere Vergütung wegen des neuen Vertrags zustehe. Da er aufgrund der erhöhten Zahlungen auch für die Zukunft mehr Geld erwartet habe als üblicherweise in der Vergangenheit gezahlt worden sei, habe er sich im Februar 2008 dazu entschlossen, an seinem Fahrzeug ein Auto-Tuning durchzuführen. Er hat behauptet, die Tuning-Maßnahme stelle eine Luxusausgabe dar, die er sich ohne die Überzahlung nicht hätte leisten können. Auch habe das Tuning den Wert des Fahrzeuges nicht erhöht, denn der Wiederverkaufswert sei durch eine zu erwartende höhere Beanspruchung geringer als vorher. Zuletzt hat der Kläger - mit seiner dem beklagten Land am 26. September 2008 zugestellten Klageerweiterung - außerdem die Ansicht vertreten, die Lebensaltersstufen des BAT stellten eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Deshalb sei die differenzierte Bezahlung nach Lebensaltersstufen rechtswidrig und das beklagte Land schulde ihm für den gesamten Befristungszeitraum Vergütung nach der Lebensaltersstufe 45. Hilfsweise hat er gemeint, das beklagte Land sei nur berechtigt, den tatsächlichen Nettoüberzahlungsbetrag zurückzufordern, den er auch erhalten habe. Bei der Klageforderung handele es sich um einen Bruttobetrag mit Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag, den er in diesem Umfang nicht erhalten habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Land nicht berechtigt ist, vom seinem Lohn € 2.148,46 einzubehalten,

festzustellen, dass sich seine von dem beklagten Land geschuldete Grundvergütung gemäß Vergütungsgruppe II a der Anlage 1a zu §§ 22 Abs. 1, 27 Abschn. A Bundes-Angestelltentarifvertrag für die Monate März bis Dezember 2008 nach der "Lebensaltersstufe nach vollendetem 45. Lebensjahr" bemisst.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Ansicht vertreten, dass der Einbehalt zu Recht erfolgt sei. Der Kläger sei verpflichtet, die versehentlich geleistete Überzahlung zurückzuzahlen. Er sei bei Erhalt der Überzahlung böswillig gewesen, zumal er in den ihm erteilten Abrechnungen die Einordnung in die falsche Lebensaltersstufe hätte ersehen können und müssen. Unter "persönliche Daten" sei die Lebensaltersstufe ausgewiesen. Außerdem habe der Kläger auch nicht den Wegfall der Bereicherung nachgewiesen. Hinsichtlich der Höhe der geforderte Rückzahlung hat es behauptet, in dem Betrag sei die Lohnsteuer enthalten, da nur der Arbeitnehmer die Rückzahlung der Lohnsteuer im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleiches verlangen könne bzw. dem Kläger nach der Neuberechnung ab März 2008 entsprechend geringere Steuern von der späteren Vergütung abgezogen worden seien. Das beklagte Land hat im Übrigen gemeint, die unterschiedliche Vergütung des BAT nach Lebensaltersstufen sei rechtens.

Das Arbeitsgericht Marburg hat durch Urteil vom 26. September 2008 die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Es hat insoweit angenommen, die Klageerweiterung seit wegen des Widerspruchs der Beklagtenseite sowie wegen fehlender Sachdienlichkeit nach § 263 ZPO nicht zuzulassen. Im Übrigen hat es die Feststellungsklage zwar als zulässig, jedoch im Wesentlichen als unbegründet angesehen. Der Kläger habe von August 2007 ab monatlich eine erhöhte Zahlung von € 173,18 netto erhalten, ohne dass für diese erhöhte Zahlung ein Rechtsgrund gegeben war. Nach dem Tarifvertrag könne der Kläger lediglich Bezahlung auf der Grundlage der Lebensaltersstufe 31 verlangen. Somit fehle es für die darüber hinaus geleitsteten Beträge auf der Basis der Lebensaltersstufe 45 an einer Rechtsgrundlage. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht stelle die unterschiedliche Vergütungszahlung nach Lebensaltersstufen im BAT auch keine Diskriminierung dar. Ziel des AGG sei es, unter anderem Benachteiligungen aus Gründen des Alters zu verhindern oder zu beseitigen. Aus diesem Grunde sei eine Benachteiligung aus einem in § 1 genannten Grund gemäß § 2 AGG unzulässig, soweit es um die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt gehe. Die Lebensaltersstufen des BAT behandelten Mitarbeiter in Vergütungsfragen alleine wegen des Alters unterschiedlich. Ältere Arbeitnehmer erhielten eine höhere Vergütung, als jüngere Arbeitnehmer bei gleicher Arbeitsleistung. Insoweit liege zwar eine Diskriminierung im Sinne der §§ 1 und 2 AGG vor. Diese unterschiedliche Behandlung sei jedoch nach § 10 AGG nicht zu beanstanden, da sie durch ein angemessenes und legitimes Ziel der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt sei. § 10 Abs. 1 AGG sehe vor, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters dann gerechtfertigt und zulässig sei, wenn diese unterschiedliche Behandlung objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel begründet sei. Die Lebensaltersstufen des BAT seien von den Tarifvertragsparteien mit unterschiedlichen Vergütungen deshalb gebildet und versehen worden, weil die Tarifvertragsparteien zum einen die unterschiedliche Berufs- und Lebenserfahrung der Mitarbeiter bewerten wollten. Zum anderen würden diesen unterschiedlichen Lebensaltersstufen soziale Gründe zugrunde liegen. Ältere Mitarbeiter mit erhöhten familiären Kosten und Anforderungen sollten im Rahmen der Alimentationspflichten des öffentlichen Arbeitgebers mit einem erhöhten Vergütungsbetrag bedacht werden. Diese sachlichen Gründe der Tarifvertragsparteien seien objektiv gegeben und angemessen. Die insoweit verfolgten Ziele seien legitim und gerechtfertigt. Aus diesem Grunde sei die unterschiedliche Behandlung der Mitarbeiter aufgrund ihres Lebensalters sachlich gerechtfertigt und nicht zu beanstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 55-61 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 22. April 2009 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er verfolgt sein Klagebegehren teilweise unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er vertritt die Ansicht, ihm habe die erhöhte Vergütung nach der Lebensaltersstufe 45 tatsächlich zugestanden, so dass ein Rückforderungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung bereits ausscheide. Die Abhängigkeit der Vergütungshöhe von dem Erreichen von Lebensaltersstufen stelle eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters dar. Sie sei auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt, zumal das beklagte Land mit der Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter kein legitimes Ziel verfolge. Bezogen auf die Honorierung von Lebenserfahrung fehle es an einer notwendigen Objektivierbarkeit. Auch der Ausgleich höherer familiärer Kosten als Ziel scheide ebenfalls als legitimes Ziel aus, da hierfür im Tarifwerk sich nur im Bereich der Regeln zum Ortszuschlag und zu weiteren Sozialbezügen ein Ansatz finde. Die Vergütung nach Lebensaltersstufen sie auch kein erforderliches Mittel im Sinne von § 10 S. 2 AGG, denn jedenfalls wäre die Differenzierung nach Dienst- bzw. Berufsjahren bezogen auf die Honorierung einer höheren Leistungsfähigkeit das mildere Mittel. Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung sei, dass das beklagte Land ihm Vergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe schulde. Insoweit könne es sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Es habe bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007 schon von der Unwirksamkeit des Vergütungssystems ausgehen müssen, weil das AGG bereits im August 2006 in Kraft getreten ist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 26. September 2008 - 2 Ca 183/08 - teilweise abzuändern und festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm Grundvergütung gemäß Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT nach der Lebensaltersstufe "nach vollendetem 45. Lebensjahr" für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 zu zahlen, hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, an ihn € 2.747,01 brutto zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Es ist der Ansicht, dass die in § 27 A BAT vorgesehene Bemessung der Grundvergütung nach Lebensaltersstufen gerechtfertigt sei. Die Tarifvorschrift lege im Sinne von § 10 S. 3 Nr. 2 AGG die Mindestanforderungen an das erhöhte Grundgehalt fest. Sie sei auch durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, welches in der Honorierung der größeren Lebens- und Berufserfahrung und der damit einhergehenden höheren Qualifikation der Beschäftigten bestehe. Die Tarifvorschrift genüge auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei aufgrund des Grundsatzes der Tarifautonomie ohnehin keine strenge Verhältnismäßígkeitsprüfung vorgenommen werden dürfe. Das beklagte Land vertritt im Übrigen die Auffassung, dass jedenfalls eine Anpassung "nach oben" - wie vom Kläger erstrebt - nicht erfolgen dürfe, da es sich um eine tarifvertragliche Entgeltdiskriminierung handele. Die Möglichkeit zur Beseitigung einer Diskriminierung, so sie denn angenommen würde, stehe nur den Tarifvertragsparteien zu, zumal eine Anpassung "nach oben" - so die Behauptung des beklagten Landes - nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entspreche und jährlich mindestens rund € 100 Mio. koste. Letztlich beruft sich das beklagte Land auf den Vertrauensschutz für Alt-Tarifverträge.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 22. April 2009 (Bl. 180 f. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das am 26. September 2008 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Marburg ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG). Der Kläger hat es auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das beklagte Land schuldet dem Kläger Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT nach der Lebensaltersstufe "nach vollendetem 45. Lebensjahr" für den Gesamtzeitraum des letzten befristeten Arbeitsverhältnisses vom 1. August 2007 bis 31. Dezember 2008.

1.

Die Klage ist mit dem zuletzt als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt.

Nach dieser Vorschrift kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse als Prozessvoraussetzung muss grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen. Allerdings ist ein Kläger nicht gehalten, in der zweiten Instanz zur bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn dies nachträglich möglich wird (vgl. Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rn 7 c).

Grundsätzlich anerkannt ist, dass auch der Umfang einer Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers zulässiger Inhalt einer Feststellungsklage sein kann (vgl. BAG vom 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/97, dokumentiert in juris). Im Verhältnis zur Leistungsklage ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG vom 16. Dezember 2008 a.a.O. m.w.H.). Im Bereich des öffentlichen Dienstes sind Klagen auf Zahlung einer höheren tarifvertraglichen Vergütung grundsätzlich als Feststellungsklagen zulässig, weil sich der öffentliche Arbeitgeber der gerichtlichen Entscheidung hierüber in aller Regel beugen und auf diese Weise der Rechtsfrieden wiederhergestellt wird (vgl. BAG vom 5. November 2003 - 4 AZR 632/02, AP Nr. 83 zu § 256 ZPO 1977 m.w.H.). Grundsätzlich braucht im Hinblick auf diese Befriedungswirkung keine Leistungsklage oder Stufenklage auf Abrechnung und Leistung erhoben zu werden. Dieses Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deswegen, weil das Arbeitsverhältnis im Laufe des Rechtsstreits sein Ende gefunden hat. Denn auch dann besteht für die Frage, in welcher Vergütungsgruppe der Arbeitnehmer eingruppiert ist, ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, wenn aus der begehrten Feststellung die Zahlung einer höheren Vergütung folgt (vgl. BAG vom 5. November 2003 a.a.O.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Feststellungsklage zulässig. Das Feststellungsurteil ist geeignet, den Streitpunkt der Parteien, ob der Kläger für die Zeit des letzten befristeten Arbeitsvertrags vom 1. August 2007 bis zum 31. Dezember 2008 Vergütung nach der Lebensaltersstufe "nach Vollendung des 45. Lebensjahres" verlangen kann, zu beseitigen.

2.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Kläger hatte für den Zeitraum August 2007 bis Dezember 2008 Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach der von ihm begehrten Lebensaltersstufe "nach Vollendung des 45. Lebensjahres".

2.1.

Die nach Lebensaltersstufen gestaffelte Regelung der Vergütung nach § 27 A BAT ist wegen unmittelbarer Benachteiligung wegen des Alters, die nicht nach §§ 5, 8 oder 10 AGG sachlich gerechtfertigt ist, unwirksam (§ 7 Abs. 2 AGG).

§ 3 Abs. 1 AGG definiert den Begriff der unmittelbare Benachteiligung dahingehend, dass eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als ein andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der Nachteil, der in einer Zurücksetzung besteht, muss also mindestens durch eines der verpönten Merkmale des § 1 AGG motiviert sein oder der Benachteiligende muss bei seiner Handlung oder Unterlassung hieran anknüpfen (vgl. Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert, AGG, 2. Aufl., § 3 Rn 15). Die weniger günstige Behandlung kann grundsätzlich auch in der Einräumung einer ungünstigeren Vertragsbedingung liegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG unterliegen auch kollektivrechtliche Regelungen, die Beschäftigungsbedingungen festlegen, der Diskriminierungskontrolle des AGG.

Vorliegend ist die Anwendung der Lebensaltersstufenregelung des § 27 A BAT auf das Arbeitsverhältnis auch anhand des AGG zu überprüfen. Das AGG findet Anwendung, da die beanstandete Benachteiligung des Klägers durch die Tarifvorschrift nach Inkrafttreten des Gesetzes im August 2006 eingetreten ist. Nachdem das AGG keine Übergangsregelung enthält, findet es auch dann Anwendung, wenn diese Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht (vgl. BAG vom 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07, dokumentiert in juris; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 2. Aufl., § 33 Rn 12; von Roetteken, AGG, § 33 Rn 13).

Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Gemäß § 1 AGG ist Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen u.a. wegen des Alters zu verhindern oder zu beseitigen. Alter im Sinne des AGG ist jedes Lebensalter (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 1 AGG Rn 9).

Grundsätzlich verbietet § 1 AGG jede Benachteiligung wegen des Alters. Die Vorschrift bezweckt nicht nur primär den Schutz älterer Beschäftigter, sondern erfasst jedes, dh. das niedrige wie das höhere Alter (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 - 20 Sa 2244/07, ZTR 2009, 194; Däubler/Bertzbach-Däubler a.a.O. § 1 Rn 84 f.; ErfK-Schlachter, 9. Aufl., § 1 AGG Rn 11; von Roetteken a.a.O. § 1 Rn 172; Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, 2. Aufl., § 1 Rn 58; Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn 213). Dementsprechend schützt das Verbot der Altersdiskriminierung auch jüngere Arbeitnehmer gegen Benachteiligungen im Verhältnis zu älteren Beschäftigten.

Die in § 27 A BAT enthaltende Regelung stellt eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen ihres Alters dar.

Die Vorschrift des § 27 A BAT lautet in den hier interessierenden Teilen wie folgt:

Für die Bereiche des Bundes und der TdL

(1) Im Vergütungstarifvertrag sind die Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen zu bemessen. Die Grundvergütung der ersten Lebensaltersstufe (Anfangsgrundvergütung) wird vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem der Angestellte in den Vergütungsgruppen III bis X das 21. Lebensjahr, in den Vergütungsgruppen I bis II b das 23. Lebensjahr vollendet. Nach je zwei Jahren erhält der Angestellte bis zum Erreichen der Grundvergütung der letzten Lebensaltersstufe (Endgrundvergütung) die Grundvergütung der folgenden Lebensaltersstufe.

(2) Wird der Angestellte in den Vergütungsgruppen III bis X spätestens am Ende des Monats eingestellt, in dem er das 31. Lebensjahr vollendet, erhält er die Grundvergütung seiner Lebensaltersstufe. Wird der Angestellte zu einem späteren Zeitpunkt eingestellt, erhält er die Grundvergütung der Lebensaltersstufe, die sich ergibt, wenn das bei der Einstellung vollendete Lebensalter um die Hälfte der Lebensjahre vermindert wird, die der Angestellte seit Vollendung des 31. Lebensjahres zurückgelegt hat. Jeweils mit Beginn des Monats, in dem der Angestellte ein Lebensjahr mit ungerader Zahl vollendet, erhält er bis zum Erreichen der Endgrundvergütung die Grundvergütung der folgenden Lebensaltersstufe. Für Angestellte der Vergütungsgruppen I bis II b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, da an die Stelle des 31. Lebensjahres das 35. Lebensjahr tritt.

(3) ....

(4) ....

(5) ....

(6) Wird der Angestellte in unmittelbarem Anschluss an eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst als Angestellter, Arbeiter, Beamter, Soldat auf Zeit oder Berufssoldat eingestellt, gilt als Tag der Einstellung der Tag, von dem an der Angestellte ununterbrochen in einem dieser Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst gestanden hat; Absatz 7 ist entsprechend anzuwenden.

Wird der Angestellte in nicht unmittelbarem Anschluss an ein Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst eingestellt, erhält er mindestens die Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe, die für die zuletzt bezogene Grundvergütung maßgebend gewesen ist oder gewesen wäre, wenn auf sein früheres Angestelltenverhältnis die Vorschriften dieses Abschnitts angewendet worden wären.

Wird der Angestellte in unmittelbarem Anschluss an ein Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst eingestellt, ist die Grundvergütung nach Satz 2 festzusetzen, wenn dies günstiger ist als nach Satz 1.

(7) ....

(8) Anstelle der Grundvergütung aus der Lebensaltersstufe, die der Angestellte auf Grund eines in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 vollendeten Lebensjahres mit ungerader Zahl erreicht, wird ab dem Monat, in dem der Angestellte ein Lebensjahr mit ungerader Zahl vollendet, für die Dauer von zwölf Monaten die Grundvergütung aus der bisherigen Lebensaltersstufe zuzüglich des halben Unterschiedsbetrages zur nächsthöheren Lebensaltersstufe gezahlt.

Der Angestellte, dessen Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 beginnt und der in der Zeit zwischen der Einstellung und dem 31. Dezember 2004 kein Lebensjahr mit ungerader Zahl mehr vollendet, erhält ab der Einstellung für die Dauer von 12 Monaten die Grundvergütung aus der nächstniedrigeren als der nach Absatz 2 zustehenden Lebensaltersstufe zuzüglich des halben Unterschiedsbetrages zur nächsthöheren Lebensaltersstufe gezahlt.

Damit knüpft die im Vergütungstarifvertrag festgelegte Grundvergütung der jeweiligen Vergütungsgruppen an das tatsächliche Lebensalter des Beschäftigten an und dem Angestellten steht der Anspruch auf die Grundvergütung der aufgrund der Eingruppierung maßgeblichen Vergütungsgruppe entsprechend der jeweils zutreffenden Lebensaltersstufe zu. Nach je zwei Jahren erhöht sich die Vergütung um eine Lebensaltersstufe bis zum Erreichen der letzten Lebensaltersstufe. Möglich ist, dass sich eine Vorbeschäftigung im öffentlichen Dienst nach § 27 A Abs. 6 BAT für einen Angestellten günstiger auswirkt als eine Einstufung nach den Grundvergütungsstufen. Hierdurch privilegiert wird aber lediglich eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst unabhängig welchen Inhalt sie hatte. Auf die Frage, ob hierdurch bezogen auf die aktuell ausgeübte Tätigkeit ein Nutzen gezogen werden kann, kommt es nicht an (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 a.a.O.). Damit schließt die Differenzierung in der Grundvergütung ausschließlich an das Lebensalter an und bei gleicher Tätigkeit steht dem lebensälteren Arbeitnehmer lediglich wegen seines höheren Lebensalters eine höhere Grundvergütung zu als dem jüngeren Beschäftigten zu.

Die Parteien haben in § 2 ihres Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007 auch die Geltung des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) und der sonstigen einschlägigen Tarifverträge für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) in der am 31. März 2004 geltenden Fassung mit der Maßgabe vereinbart, dass keine abweichenden arbeitsvertraglicher Regelungen getroffen worden sind. Damit findet der BAT ebenso wie der, die Lebensaltersstufen konkretisierende Vergütungstarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien trotz des Austritts des beklagten Landes aus der Tarifgemeinschaft der Länder Anwendung. Einzelvertraglich haben die Parteien mit Ausnahme der Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe in keine Festlegungen über die Gehaltshöhe getroffen. Die für das Vertragsverhältnis daher maßgeblichen tariflichen Vergütungsbestimmungen knüpfen mithin unter Einbeziehung gewisser Modifizierungen für anrechenbare Vorbeschäftigungen im öffentlichen Dienst im Wesentlichen an das Lebensalter des Beschäftigten an (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 a.a.O.). Der im Januar 1976 geborene Kläger, der ein Tätigkeit der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT ausübt, wäre bei Anwendung der Tarifvorschriften zu Beginn des zweiten befristeten Arbeitsverhältnisses im August 2007 in die Lebensaltersstufe "vollendete 31. Lebensjahr" einzuordnen gewesen.

2.2.

Die Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters ist auch nicht aufgrund gesetzlich vorgesehener Ausnahmen zulässig.

Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

§ 10 S 1 AGG sieht vor, dass ungeachtet des § 8 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig ist, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 S. 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Nach § 10 S. 2 Nr. 2 AGG kann die unterschiedliche Behandlung insbesondere die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen.

Nach herrschender Meinung sind Vergütungssysteme, die die Vergütung nach dem Lebensalter staffeln, grundsätzlich unwirksam (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger a.a.O. § 10 Rn 23, 30; Däubler/Bertzbach-Dette a.a.O. § 7 Rn 125; Däubler/Bertzbach-Brors a.a.O. § 10 Rn 58; ErfK-Schlachter a.a.O. § 10 AGG Rn 4; Küttner/Kania, Personalbuch 2009, 16. Aufl., Diskriminierung Rn 96; Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663; Löwisch, DB 2006, 1729; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl. Einl. Rn 162, Schleusener/Suckow/Voigt a.a.O. § 10 Rn 26).

Entgegen der von dem beklagten Land vertretenen Ansicht ist die unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten im Hinblick auf die erlangte Vergütung aufgrund der Zuordnung zu Lebensaltersstufen nicht gerechtfertigt im Sinne der vorstehenden Regelungen. Das beklagte Land kann sich nicht darauf berufen, dass mittels der geltenden Tarifregelungen ein legitimes Ziel (z.B. ein höheres Maß an beruflicher Qualifikation) honoriert werden soll.

Eine allein altersabhängige Entlohnung lassen die in § 10 AGG genannten Gründe als Rechtfertigung der Benachteilung nicht ausreichen (vgl. Däubler/Bertzbach-Brors a.a.O. § 10 Rn 57 m.w.N.). Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Maß an Berufserfahrung - z.B. ausgedrückt durch zurückgelegte Jahre einer bestimmten beruflichen Tätigkeit - oder belegbare Zeiten der Betriebszugehörigkeit mit einer bestimmten Tätigkeit es rechtfertigen können, ein unterschiedliches Gehalt für die gleiche ausgeübte tarifliche Tätigkeit zu zahlen (vgl. insoweit EuGH vom 3. Oktober 2006 - Rs C-17/05, Cadman, EzA Art.141 EG-Vertrag 1999 Nr. 20 zur Zulässigkeit einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts bei einer auf das Dienstalter abstellenden Vergütungsregelung). Ein mit dem Lebensalter verbundener Zuwachs an Lebenserfahrung kann als Rechtfertigung allenfalls dann akzeptiert, wenn diese für die konkrete Berufsausübung "nützlich" oder "vorteilhaft", sowie belegbar ist (vgl. Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, 4. Aufl., § 111 Rn 120; Prütting/Wegen/Weinrich-Lingemann, BGB, 2. Aufl., § 10 AGG Rn 11; Waltermann, ZfA 2006, 305).

Vorliegend handelt es sich bei dem Lebensaltersstufensystem der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelungen aber gerade nicht um ein System, welches an eine typisierte Berufserfahrung oder ein fortschreitendes Dienstalter bei dem konkreten Arbeitgeber/einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes anknüpft. Maßgeblich für die Zuordnung in die Lebensaltersstufen ist allein die Vollendung bestimmter Lebensjahren, ohne Rücksicht auf den bisherigen Lebensverlauf des Angestellten. Ein typischer Geschehensablauf, nach dem bei im Grundsatz gleichem Einstellungs- oder Lebensalter von einer typischen gleichwertigen Berufserfahrung auszugehen ist, ist jedoch nicht zu erkennen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg a.a.O.). Hiergegen spricht im Übrigen auch die höchst unterschiedlich Biographie des einzelnen Beschäftigten im Vergleich zu Mitarbeitern mit gleicher tariflicher Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich des öffentlichen Dienstes.

Die gesetzeswidrige Benachteiligung wegen des Alters wird auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass mit fortschreitendem Lebensalter jeder Mitarbeiter des beklagten Landes in den Genuss der höheren Vergütung aufgrund Erlangung einer weiteren Altersstufe gelangen kann. Zwar ist das Differenzierungskriterium "Lebensalter" nicht unabänderlich. Bezogen auf eine konkrete Leistungsgewährung in einem bestimmten Bezugszeitraum werden Mitarbeiter jedoch allein aufgrund ihres unterschiedlichen Lebensalters unterschiedlich behandelt mit der Folge, dass jüngere Mitarbeiter finanziell schlechter gestellt sind. Ob bei fortbestehenden Arbeitsverhältnis Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund ansteigendem Lebensalter und damit anderer Zuordnung in der Altersstaffelregelung des Tarifvertrags Vorteile erlangen können, ist völlig unsicher und würde die bereits eingetretene Benachteiligung auch nicht ausgleichen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg a.a.O.; Däubler/Bertzbach-Brors a.a.O. § 10 Rn 56).

Das beklagte Land kann sich auch nicht darauf berufen, dass soziale Aspekte die tariflichen Vergütungsregelungen rechtfertigen können. Der Anknüpfungspunkt "Lebensalter" ist nicht geeignet, einen möglichen familiären Unterhaltsbedarf der Arbeitnehmer angemessen auszugleichen. Es gibt keine Erfahrungswerte, die belegen, dass in höheren tariflichen Altersstufen besondere finanzielle Bedürfnisse der Arbeitnehmer des beklagten Landes auszugleichen wären und dass ein derart pauschaler Ansatz wie das Lebensalter ein objektiv geeignetes Differenzierungskriterium wäre. Im Übrigen finden sich in den tariflichen Regelungen zum Ortszuschlag (§ 29 BAT) die Parameter, die die familiäre Situation der Beschäftigten und die damit unzweifelhaft einhergehenden finanziellen Belange objektiv und angemessen berücksichtigen.

Sonstige Rechtfertigungsgründe, die zur Zulässigkeit der bei dem beklagten Land zur Anwendung gelangenden tariflichen Vergütungsregelungen im Sinne der §§ 8 bzw. 10 AGG führen könnten, sind nicht zu erkennen.

2.3.

Auf Grund dieser ungerechtfertigten Benachteiligung kann der Kläger die geltend gemachte Vergütung nach der Altersstufe "nach Vollendung des 45. Lebensjahres" für die Vertragsdauer vom 1. August 2007 bis 31. Dezember 2008 verlangen.

Rechtsfolge der ungerechtfertigten Benachteiligung des Klägers durch die tarifrechtlichen Vergütungsvorschriften ist, dass diese gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam sind. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AGG findet auch auf kollektivrechtliche Regelungen Anwendung (ErfK-Schlachter a.a.O. § 7 Rn 3).

Im AGG findet sich keine ausdrückliche Festlegung, was inhaltlich anstelle der für unwirksam erklärten benachteiligenden Regel treten soll. Entgegen der von dem beklagten Land vertreten Auffassung kommt allerdings nur eine Anpassung "nach oben" in Betracht, um den Nachteil des Klägers durch die diskriminierende Ausgestaltung der Altersstufenregelungen auszuschließen.

Nach den Intentionen des AGG muss der unerlaubt benachteiligte Arbeitnehmer aber einen entsprechenden Ausgleichsanspruch haben. Deshalb hat der bei der Entgeltzahlung unerlaubt benachteiligte Arbeitnehmer entsprechend der zugrunde liegenden Regelung einen Anspruch auf die vorenthaltene Leistung. Aus der Wertung in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 2 AGG ergibt sich, dass bei einer diesem Gesetz widersprechenden Diskriminierung eine Grundlage für Ansprüche auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeiten gegeben ist (BT-Drucks. 16/1780 S. 35). Auch § 612 Abs. 3 BGB a.F. stellte, trotz seiner Formulierung als Verbotsnorm, eine Anspruchsgrundlage für die vorenthaltenen Entgeltbestandteile dar (vgl. BAG vom 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06, AP Nr. 1 zu § 2 AGG). Deshalb sind bei Verstößen gegen die Benachteiligungsverbote des AGG die leistungsgewährenden, nicht benachteiligenden Tarifvertragsbestimmungen auf diejenigen Personen zu erstrecken, die entgegen den Benachteiligungsverboten von den tariflichen Leistungen ausgeschlossen wurden (vgl. BAG vom 24.September 2003 - 10 AZR 675/02, AP Nr. 4 zu § 4 TzBfG zum Benachteiligungsverbot des TzBfG). Dies gilt solange, bis die Tarifvertragsparteien selbst eine diskriminierungsfreie Regelung schaffen. Bei Verstößen gegen das Gebot der Gleichbehandlung wie auch gegen Benachteiligungsverbote hat in aller Regel eine Anpassung "nach oben", stattzufinden. Die leistungsgewährende Tarifvertragsbestimmungen sind deshalb auch auf diejenigen Personen zu erstrecken, die entgegen dem Gebot der Gleichbehandlung von der Gewährung tariflicher Leistungen - auch teilweise - ausgeschlossen worden sind (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 a.a.O.). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs in Fällen der Verstöße gegen Art. 119 EGV (vgl. EuGH vom 7. Februar 1991 - C - 184/89, AP Nr. 25 zu § 23 a BAT; EuGH 27. Juni 1990 - C-33/89, AP Nr. 21 zu Art. 119 EWG-Vertrag; BAG Urteil vom 24. September 2003 a.a.O.).

Nur durch eine Angleichung "nach oben" kann die Gleichbehandlung des Klägers bezogen auf die geschuldete Grundvergütung mit lebensälteren Beschäftigten hergestellt werden. Eine klare Vergleichsgruppe ist in der Gruppe mit der höchsten im Tarifvertrag enthaltenen Lebensaltersstufe zu sehen. Es kommt nicht auch nicht darauf an, dass möglicher Weise im Einzelfall eine relative Bevorzugung bei gleichzeitig einhergehender Benachteiligung gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer nicht in der niedrigsten, aber auch nicht in der höchsten Lebensaltersstufe einzuordnen ist. Hierdurch zeigt sich nur, dass auch mit einer vermittelnden Angleichung die tatsächlich eingetretene Benachteiligung nicht beseitigt, sondern wiederum nur abgemildert werden könnte. Eine Anpassung "nach unten" als Ersatzregelung scheidet ebenfalls aus (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger a.a.O. § 7 Rn 30). Sie würde allenfalls zu einer rechtlichen, nicht aber zu einer tatsächlichen Gleichbehandlung führen. Die bei dem beklagten Land beschäftigten lebensälteren Mitarbeiter haben die höhere Vergütung erhalten und ein Entzug ist dem beklagten Land schon praktisch und ggf. auch rechtlich aus verschiedensten Gründen nicht mehr möglich (vgl. BAG vom 28. Mai 1996 -3 AZR 752/95, AP Nr. 143 zu § 1 TVG Tarifverträge Metallindustrie; BAG vom 7. März 1995 - 3 AZR 282/94, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Einer Angleichung "nach oben" steht auch nicht entgegen, dass hierdurch das Volumen, welches das beklagte Land an Vergütung an seine Angestellten zu zahlen hätte, enorm gesteigert und eine Anpassung "nach oben" möglicher Weise auch nicht dem Willen beider Tarifvertragsparteien entsprechen würde. Das Berufungsgericht erkennt an, dass Tarifverträge komplexe Werke sind, die einen Kompromiss der unterschiedlichen Interessen der Arbeitgeber- wie der Arbeitnehmerseite beinhalten. Letztlich haben bzw. hatten es jedoch die Tarifpartner in der Hand, den Grundsätzen des AGG entsprechende Vergütungsregelungen zu schaffen. Ist das nicht geschehen, ohne dass es auf die hierfür maßgeblichen Gründe ankommt, kann als Bezugsgröße zur Beseitigung der diskriminierenden Benachteiligung nur eine Anpassung "nach oben" herangezogen werden.

Für das Berufungsgericht besteht auch keine Möglichkeit, die Anpassung für die Vergangenheit den Tarifvertragsparteien zu überlassen.

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, dass es Gerichten verwehrt ist, nichtige Normen durch andere zu ersetzen, da dies ein unzulässiger Eingriff in die Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG wäre. Deshalb könnten für die Zukunft aus nichtigen Bestimmungen die ungleichbehandelten Arbeitnehmergruppen keine Rechte herleiten. Für die Vergangenheit könne dagegen die Gleichheit nur durch Gewährung der entsprechenden Leistung auch an die diskriminierten Arbeitnehmer verwirklicht werden. Wenn insoweit praktisch nur eine Regelungsmöglichkeit besteht, kann die Tarifnorm für die Vergangenheit auch durch die Gerichte ergänzt werden (vgl. BAG vom 13. November 1985- 4 AZR 239/84, AP Nr. 136 zu Art. 3 GG).

2.4.

Der geltend gemachte Anspruch scheitert auch nicht an Vertrauensschutzaspekten.

Die Benachteiligungsverbote des AGG gelten ohne Übergangsregelung und erstrecken sich auf alle Sachverhalte, die sich seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im August 2006 in seinem Geltungsbereich verwirklicht haben. Danach müssen sich auch Tarifverträge, die bereits vor seinem Inkrafttreten vereinbart waren, an seinen Diskriminierungsverboten messen lassen. Eine solche Anknüpfung ist grundsätzlich zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall der Regelungsbefugnis Schranken setzen (vgl. BAG vom 16. Dezember 2008 a.a.O. m.w.H.; BAG vom 11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03, AP Nr. 7 zu § 4 TzBfG).

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich das beklagte Land in Bezug auf Beschäftigungsverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des AGG begründet worden sind, im Hinblick auf sein Ausscheiden aus der Tarifgemeinschaft der Länder und dem bisher unterbliebenen Tarifneuabschluss auf Landesebene auf den Grundsatz des Vertrauensschutz berufen kann (ErfK-Schlachter a.a.O. § 7 Rn 5). Im Hinblick auf die Gesetzeshistorie und die Tarifpolitik bestehen insoweit jedenfalls Bedenken (vgl. hierzu auch LAG Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 a.a.O.).

Bezogen auf das streitgegenständliche befristete Beschäftigungsverhältnis der Parteien vom 27. Juni 2007 war das beklagte Land aufgrund des Austritts aus der TdL nicht gehindert, abweichend vom BAT arbeitsvertragliche Vereinbarungen auch zur Vergütung mit dem Kläger zu treffen. Dies zeigt sich auch in § 3 des vorgenannten Arbeitsvertrags, in dem abweichend von verschiedenen tariflichen Bestimmungen Regelungen vereinbart worden sind. Folglich wäre es dem beklagten Land möglich gewesen, AGG-konforme Vergütungsvereinbarungen mit dem Kläger zu treffen. Wenn es dies in Kenntnis des bereits im August 2006 in Kraft getretenen AGG im Juni 2007 unterlassen hat, kann es sich nunmehr nicht auf Vertrauensschutzaspekte berufen.

2.5.

Den geltend gemachten Ansprüchen steht auch nicht die tarifliche Ausschlussfrist des § 70 BAT entgegen.

Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Gemäß § 36 BAT ist die Vergütung fällig am Ende letzten Tag des jeweiligen Bezugsmonats.

Damit hat der Kläger mit seiner dem beklagten Land am 26. September 2008 zugestellten Klageerweiterung die Ausschlussfrist für die Vergütungsansprüche ab März 2008 gewahrt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Das beklagte Land hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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