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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 13.08.2001
Aktenzeichen: 2 Ta 311/01
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, BRAGO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
ZPO § 104 Abs. 2 Satz 3 Abs. 3
ZPO § 106
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 569
ZPO § 577 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 3
RPflG § 11 Abs. 1
RPflG § 21 Nr. 1
BRAGO § 28
ArbGG § 78
1. Die Partei, die im Rahmen der Kostenausgleichung nicht erklärt, nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, kann von der Gegenpartei auch nicht die Erstattung von auf die Kosten für Fahrscheine öffentlicher Verkehrsmittel oder die Benutzung von Taxen gezahlter Umsatzsteuer verlangen.

2. Für einen Berliner Anwalt ist die Benutzung des Flugzeugs für die Wahrnehmung eines Gerichtstermins in Frankfurt/M. regelmäßig notwendig.


Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss

Az.: 2 Ta 311/01

In dem Rechtsstreit des Vertriebsleiters

hat die Kammer 2 des Hessischen Landesarbeitsgerichts durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Koch als Vorsitzenden

am 13. August 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in Frankfurt/M. vom 5. Juli 2001 - 4 Ca 417/99 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert.

Der der Beklagten von dem Kläger zu erstattende Betrag wird auf 4.534,16 DM nebst 4. v. H. Zinsen seit dem 5. Juni 2001 festgesetzt. Im Übrigen wird der Kostenausgleichungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger nach einem Beschwerdewert von 2.052,07 DM, die außergerichtlichen Kosten nach einem Beschwerdewert von 2.326,05 DM zu tragen.

Gründe:

Auf die Berufung des Klägers hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit einem am 7. Februar 2001 verkündeten Urteil - 6 Sa 272/00 - das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt M. vom 30. November 1999 - Ca 417 99 - teilweise abgeändert und die Kosten des Berufungverfahrens mit Ausnahme der Kosten einer teilweisen Berufungsrücknahme. die der Kläger ganz zu tragen hat. dem Kläger zu 95 v. H und der Beklagten zu 5 v. H. auferlegt. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hatte am 18. September 2000 und am 7. Februar 2001 die Termine zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer im Frankfurt/M. wahrgenommen. Den Streitwert in der Berufungsinstanz hat es bis zur Berufungsrücknahme auf 29.185,52 DM und danach auf 28.685,52 DM festgesetzt. Der Kläger hat danach für das Berufungsverfahren einen Betrag von 3.379,08 DM zur Kostenausgleichung angemeldet (Bl. 289 und 290 d. A.), die Beklagte mit einem am 5. Juni 2001 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz 5.239,05 DM ohne Abgabe der Erklärung, dass sie zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt sei, und ohne Ansatz von Umsatzsteuer für die Gebühren ihres Anwalts (Bl. 292 und 293 d. A.). In diesem Betrag sind 2.326,05 DM Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten enthalten (im Einzelnen Aufstellungen und Belege Bl. 294 - 300 d. A.). Der Kläger hat sich zu dem ihm mitgeteilten Antrag der Beklagten nicht geäußert. Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts hat mit einem dem Kläger am 10. Juli 2001 zugestellten Beschluss vom 5. Juli 2001 die Kostenausgleichung unter Berücksichtigung der von den Parteien angemeldeten Beträge vorgenommen und den der Beklagten von dem Kläger zu erstattenden Betrag auf 4.808,24 DM nebst 4 v. H Zinsen seit dem 5. Juni 2001 festgesetzt (Bl. 304 und 304 d. A.).

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 18. Juli 2001 bei dem Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt und gemeint, die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten seien nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang, nämlich nur in Höhe einer Informationsreise zu einem Prozessbevollmächtigter mit Sitz in Frankfurt/M., erstattungsfähig (Bl. 309 und 310 d. A.).

Die Beklagte hat gebeten, die sofortige Beschwerde des Klägers zurückzuweisen (Bl. 317 und 318 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im Übrigen und im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.

II. 1. Die gem. §§ 104 Abs. 3. 567 Abs. 1 und 2. 577 Abs. 1 ZPO; 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG; 78 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in Frankfurt/M. vom 5. Juli 2001 - 4 Ca 417/99 - ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO. Es schadet auch nicht, dass der Kläger keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, denn sein Begehren, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts insoweit abgeändert und der Antrag der Beklagten auf Kostenfestsetzung in der Kostenausgleichung nicht oder nur in Höhe der Kosten für eine Informationsreise zu einem Rechtsanwalt in Frankfurt/M. berücksichtigt werden soll, wird auch so hinreichend deutlich.

2. Sie kann aber in der Sache nur teilweise Erfolg haben. Insofern ist die Kostenausgleichung unter Zurückweisung eines Teils des Kostenfestsetzungsantrags der Beklagten vorzunehmen. Im Übrigen ist sie als unbegründet zurückzuweisen.

a) Die sofortige Beschwerde des Klägers hat insoweit Erfolg, als der zugunsten der Beklagten anzusetzende Betrag der ihr entstandenen Anwaltskosten um 288,40 DM zu kürzen ist. Dabei handelt es sich um den von der Beklagten angemeldete Betrag der Mehrwertsteuer in den Fahrtkosten ihres Prozessbevollmächtigten. Mehrwertsteuer kann zugunsten der Beklagten nicht berücksichtigt werden, da sie die Erklärung gem. § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht abgegeben hat. Dabei ist gleichgültig, in welchem Teilbetrag der außergerichtlichen Kosten Umsatzsteuer enthalten ist. Unerheblich ist hingegen insoweit, inwieweit der Prozessbevollmächtigter der Beklagten seinerseits ihr in den Kosten für Fahrkarten öffentlicher Verkehrsmittel oder für die Benutzung von Taxen nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO als angemessen in Rechnung stellen kann.

Insofern ist der von der Beklagten selbst genannte Betrag in den Aufstellungen zugrunde zu legen; lediglich für das Flugticket für die Flüge von Berlin nach Frankfurt/M. und zurück am 7. Februar 2001 ist nicht der Umsatzsteuersatz von 7 v. H., sondern von 16 v. H, anzuwenden, so dass sich der Umsatzsteuerbetrag für diesen Tag 146,22 DM beläuft. Zusammen mit der Summe für den 18. September 2000 von 141,98 DM errechnen sich die genannten 288,40 DM. Im Rahmen der Kostenausgleichung verringert sich der auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigende Betrag auf 4.950,65 DM, so dass sich auch der der Beklagten von dem Kläger zu erstattende Betrag um 273,98 DM auf 4.534,16 DM verringert.

b) Darüber hinaus ist die sofortige Beschwerde unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte die Reisekosten ihres Anwalts im übrigen zur Ausgleichung angemeldet und der Rechtspfleger sie in ansonsten unstreitiger Höhe gem. § 28 BRAGO in der Kostenausgleichung in Ansatz gebracht.

Zu den der obsiegenden Partei zu erstattenden und deshalb im Rahmen der Kostenausgleichung gem. § 106 ZPO zu berücksichtigenden außergerichtlichen Kosten gehören gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch Kosten für die Hinzuziehung eines Anwalts und insofern die gesetzlichen Gebühren, ferner bei einem nicht am Prozessgericht zugelassenen und dort nicht wohnenden Anwalt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Reisekosten. Da es bei den Gerichten für Arbeitssachen keine besondere Zulassung gibt, ist § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahingehend auszulegen, dass die auswärtige Partei für die Vertretung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht einen Anwalt beauftragen darf, der entweder seine Kanzlei am Sitz des Gerichts I. Instanz oder am (Wohn-)Sitz der Partei hat (BAG Urt. v. 12.10.1962 - 5 AZR 268/60 - AP Nr. 27 zu § 91 ZPO unter II 2 und 3: HessLAG Beschl. v. 13.08.1999 - 9 Ta 576/99, st. Rspr.; v. 19.11.1999 - 9 Ta 652/99; v. 01.02.1999 - 96 Ta 96/98; v. 02.02.2001 - 2 Ta 42/01), die dafür gem. § 28 BRAGO entstandenen Kosten sind in voller Höhe als notwendig anzusehen und die Partei nicht nur auf eine Informationsreise zu verweisen.

Das gilt hier auch für die Inanspruchnahme des Flugzeugs durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten angesichts der Entfernung von Berlin nach Frankfurt/M. und insoweit ggf. auch für die Benutzung einer höheren Klasse als der Touristenklasse und von Taxen für die Fahrten von und zu den Flughäfen. Der Kläger mag bedenken, dass er durch die Wahl des Gerichtsstandes Frankfurt/M. gem. §§ 21, 29 ZPO die Reisekosten der Beklagten letztlich verursacht hat. Hätte er die Beklagte an deren Sitz in Berlin verklagt, § 12 ZPO. wären die Reisekosten seinem Anwalt entstanden.

3. Die Kostenentscheidung beruht für die Gerichtskosten insofern, als die sofortige Beschwerde des Klägers erfolglos bleibt, auf § 697 Abs. 1 ZPO, für die außergerichtlichen Kosten auch insoweit, als die sofortige Beschwerde Erfolg hat, auf § 97 Abs. 2 ZPO, weil das nur auf Grund von Einwänden der Fall ist, die der Kläger bereits in der Anhörung durch die Rechtspflegerin vorzubringen im Stande gewesen wäre. Der jeweilige zu berücksichtigende Wert des Beschwerdegegenstandes folgt gem. § 3 ZPO aus den jeweiligen Beträgen, in deren Höhe der Kläger den Kostenfestsetzungsbeschluss angegriffen und Erfolg gehabt hat.

Ende der Entscheidung

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