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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 20 Ta 80/08
Rechtsgebiete: GVG, ZPO


Vorschriften:

GVG § 17 a Abs. 4
ZPO § 572 Abs. 3
1. Zweifel an der Parteifähigkeit und der Rechtsfähigkeit der durch den erstinstanzlichen Beschluss beschwerten Beschwerdeführerin (hier GmbH i. G., wohl Einmann-Gründungsgesellschaft, deren Eintragung offenbar über einen langen Zeitraum nicht erfolgt war) führen weder zur Zurückweisung der Rechtswegbeschwerde noch zur Zurückverweisung an das Arbeitsgericht nach §§ 78 ArbGG, 572 Abs. 3 ZPO. Vielmehr sind sowohl die Parteifähigkeit als auch - im Hinblick auf die Arbeitgeberstellung - die Rechtsfähigkeit der beklagten Beschwerdeführerin im Rahmen des Rechtswegbeschwerdeverfahrens zu unterstellen.

2. Ist der Nichtabhilfebeschluss nicht von der Kammer, sondern vom Vorsitzenden allein erlassen worden, ist trotz dieses Verfahrensfehlers durch das Beschwerdegericht in der Sache zu entscheiden. Eine Zurückverweisung nach §§ 78 ArbGG, 572 Abs. 3 ZPO erfolgt nicht (ebenso LAG Hessen 15.2. 2008 - 8 Ta 259/07 - juris, anders LAG Rheinland-Pfalz, 25.1. 2007 - 11 Ta 10/07 - juris; LAG Baden-Württemberg, 7.8.2002 - 15 Ta 2/02 - juris; LAG Schleswig-Holstein - 2 Ta 160/05 - NZA 2005, 1079).


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2007 - 6 Ca 7696/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen einer Klage auf Vergütung und Erteilung einer Gehaltsabrechnung betreffend den Monat Juli 2007 um den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen. Die anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführerin und Beklagte (künftig: Beklagte) wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main, durch den dieses den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt hat.

Die Beklagte ist eine GmbH i.G, deren Unternehmensgegenstand die Durchführung von Computerschulungen bildet. Die ursprünglich als Beklagte zu 1) verklagte Frau A, gegen die die Klage im Gütetermin zurückgenommen worden ist, ist im Klagerubrum als ihre Geschäftsführerin angegeben.

Auf eine Bewerbung des Klägers hin war dieser für die Beklagte ab 1. Juli 2007 stundenweise neben seinem Vollzeitarbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber tätig. Die Tätigkeit erfolgte zu wechselnden Arbeitszeiten, abhängig von seinem Schichtdienst im Rahmen des Hauptarbeitsverhältnisses. Zum 1. August 2007 kündigte der Kläger das Vertragsverhältnis - dem Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 1. August 2007 (Bl. 9.d.A.) zufolge per Fax - fristlos (Bl. 5 d.A.).

Ein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte existiert nicht. Vereinbart war jedoch, dass der Kläger im Rahmen eines Geringverdienerbeschäftigungsverhältnisses im Betrieb der Beklagten Adressen eingeben, Backups erstellen und für die Beklagte Botengänge erledigen sollte, wobei ihm die Einsatzzeiten vorgegeben werden sollten. Weiterhin sollte der Kläger Computer installieren und konfigurieren. Hierfür sollte die Beklagte 400 Euro netto zahlen und die Abgaben an die Bundesknappschaft übernehmen.

Der Kläger teilte der Beklagten Zeiten mit, zu denen er für sie tätig werden konnte. Auf die zur Akte gereichte Aufstellung des Klägers, die unter der Überschrift "mögliche Arbeitszeiten im August" unter der Angabe von Tagen und Tageszeiten für den Monat August 2007 insgesamt 56 Arbeitsstunden ausweist (Bl. 46 d.A.), wird insofern Bezug genommen.

Soweit der Kläger keine Botengänge erledigte, wurde er in den Räumen der Beklagten tätig.

Im Zusammenhang mit einer Werbeaktion der Beklagten sollten bei dieser Serienbriefe anhand der vom Kläger erstellten Adressdatenbank gefertigt werden. Da dies mit dem Computerprogramm "Works" nicht gelang, wies die Beklagte den Kläger an, ein Anwenderhandbuch zu erwerben, das bei der Problemlösung helfen konnte. Der Kläger begab sich mit dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Geld zwar in die angegebene Buchhandlung, erwarb jedoch kein Buch, weil er zu der Ansicht kam, dass die von ihm eingesehenen Bücher nicht zur Problemlösung beitragen konnten.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, für seine Ansprüche auf Erteilung einer Lohnabrechnung und Zahlung von Vergütung sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben. Er sei Arbeitnehmer der Beklagten gewesen. Insoweit hat er behauptet, er habe die Botengänge, das Aufspielen von Programmen auf Computer und die sonstigen Tätigkeiten stets auf Weisung der Beklagten ausgeführt. Seine möglichen Arbeitszeiten habe er der Beklagten lediglich mitgeteilt, damit sie in diesem Rahmen bestimmen konnte, wann sie ihn einsetzen wollte.

Die Beklagte hat die Unzulässigkeit des angerufenen Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten gerügt und insofern die Auffassung vertreten, der Kläger sei bei ihr nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern als freier Mitarbeiter tätig geworden. Insoweit hat sie unter Bezugnahme auf die Aufstellung des Klägers bezüglich der möglichen Arbeitszeiten im August 2007 behauptet, der Kläger habe ihr seine Arbeitszeiten vorgegeben. Außerdem hat sie die Ansicht vertreten, die mangelnde Arbeitnehmerstellung des Klägers zeige sich auch darin, dass dieser Weisungen - etwa im Zusammenhang mit dem Auftrag, ein Anwenderhandbuch zu erwerben - keine Folge geleistet habe, Zusagen nicht eingehalten habe und sich nichts habe sagen lassen.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die Sachdarstellung im angefochtenen Beschluss (Bl. 66 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen durch Beschluss vom 12. Dezember 2007 für zulässig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Der Kläger habe in den Räumlichkeiten der Beklagten in Absprache mit dieser von dieser vorgegebene Dienstleistungen zu erbringen gehabt. Selbst wenn man unterstelle, dass sich der Kläger nicht an Absprachen gehalten habe, habe darin auch nach Ansicht der Beklagten gerade eine Verletzung seiner vertraglichen Pflichten gelegen. Die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten führe jedoch nicht dazu, dass ein Arbeitsverhältnis zu einem freien Mitarbeiterverhältnis werde.

Gegen diesen ihr am 17. Januar 2008 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 31. Januar 2008 per Telefax sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit allein durch die Kammervorsitzende erlassenem Beschluss vom 1. Februar 2008 nicht abgeholfen hat.

Mit ihrer Beschwerde behauptet die Beklagte, auch im Rahmen der verbleibenden Spielräume hinsichtlich der Arbeitszeit des Klägers habe es keine Absprache mit ihr gegeben, sondern der Kläger habe ihr seine Arbeitszeiten vorgegeben. Er sei nie bereit gewesen, die Arbeitszeiten zu ändern. Auch inhaltlich habe er sich nicht an ihre Weisungen gehalten. So habe er etwa weisungswidrig die Lizenznummern der eingespielten Software nicht notiert und keine Sicherheitskopien von Betriebssystemen erstellt. Der Kläger habe freie Hand gehabt, notwendige Komponenten für die Bestückung von PC zu erwerben und die insoweit erforderlichen Geldmittel seien ihm zur Verfügung gestellt worden. Sie vertritt die Ansicht, daraus, dass der Kläger fristlos gekündigt habe und bereits ab dem folgenden Tag seiner Tätigkeit ferngeblieben sei, ergebe sich, dass er keine Arbeitnehmerstellung inne gehabt habe, sondern freier Mitarbeiter gewesen sei. Entscheidend für die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis oder freies Mitarbeiterverhältnis sei nicht die getroffene Vereinbarung, sondern die tatsächliche Durchführung des Vertrags.

Der Kläger hält die sofortige Beschwerde für unbegründet und verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Gegen die Entscheidungen der Arbeitsgerichte über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges findet das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt, § 48 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG. Sie ist auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde und es der Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht bedarf, § 78 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 569 Abs. 1 bis 3, 78 Abs. 5 ZPO. Zwar bestehen erhebliche Bedenken gegen die Parteifähigkeit der Beklagten. Die Gmbh i.G., die mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags nach § 2 GmbHG errichtet wird, ist nämlich nur solange parteifähig, wie die Eintragung in das Handelsregster zeitnah betrieben wird (OLG Hamm, 19.07.2006 - 20 U 214/05 - in juris dokumentiert). Ist dies nicht oder nicht mehr der Fall, kann lediglich eine - als solche parteifähige - BGB-Gesellschaft vorliegen, die aber die Beteiligung mehrer Gesellschafter voraussetzt und durch diese, nicht durch eine Geschäftsführerin vertreten wird (so auch OLG Hamm, 19.07.2006, a.a.O.). Die Einmann-Gründungsgesellschaft erlischt ipso iure, wenn der Gründer die Eintragungsabsicht endgültig aufgibt (BGH, 25.1.1999 - II ZR 383/96 - NJW-RR 1999, 1554). Die Frage der Parteifähigkeit der Beklagten ist jedoch im Rahmen des Rechtswegbeschwerdeverfahrens nicht zu klären. Nachdem eine die Beklagte beschwerende Entscheidung über den Rechtsweg erstinstanzlich ergangen ist, ist die Beklagte im Rahmen ihrer Beschwerde als parteifähig anzusehen. Zudem ist die Frage des Rechtswegs insofern unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Klage zu klären, als die Parteien beanspruchen können, dass das Gericht des zulässigen Rechtswegs hierüber entscheidet.

2. Das Landesarbeitsgericht hat durch die Vorsitzende ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter über die sofortige Beschwerde zu entscheiden § 78 Satz 3 ArbGG.

3. Über die Beschwerde kann in der Sache entschieden werden. Das Verfahren ist nicht wegen eines Mangels der Abhilfeentscheidung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

a) Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt ist zwar verfahrensfehlerhaft ergangen, weil er nicht durch die Kammer, sondern durch die Vorsitzende allein ergangen ist. Im Verfahren nach §§ 48 ArbGG, 17 a GVG ist der Beschluss über die Nichtabhilfe genauso wie der Beschluss über die Rechtswegzuständigkeit durch die Kammer zu erlassen (LAG Hessen, 15.2.2008 - 8 Ta 259/07 - in juris dokumentiert, LAG Rheinland-Pfalz, 25.1.2007 - 11 Ta 10/07 - in juris dokumentiert; LAG Berlin, 15.2. 2006 - 13 Ta 170/06 - LAGE § 623 BGB 2002 Nr. 5; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 5. Aufl. § 48 Rz. 84) da es sich insoweit um erneute Entscheidung in der Sache handelt.

b) Nach richtiger Auffassung kann über die Beschwerde gleichwohl ohne Zurückverweisung in der Sache entschieden werden. Insofern kann offenbleiben, ob der Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG, der in § 68 ArbGG eine spezielle Ausgestaltung erfahren hat, trotz des im arbeitgerichtlichen Verfahren über § 78 ArbGG grundsätzlich anwendbaren § 572 Abs. 3 ZPO einer Zurückverweisung in dem dem Urteilsverfahren lediglich vorgeschalteten Rechtswegbestimmungsverfahren nach § 17 a GVG entgegensteht (so zur Zurückverweisung aus anderen Gründen BAG 17.2.2003 - 5 AZB 37/02 - NZA 2003,518), obwohl die Frage der Beteiligung des gesetzlichen Richters betroffen ist. Soweit im Hinblick hierauf vertreten wird, das Landesarbeitsgericht habe das Verfahren gem. § 572 Abs. 3 ZPO zurückzuverweisen (LAG Rheinland-Pfalz, 25.1.2007 - 11 Ta 10/07 - in juris dokumentiert; LAG Baden-Württemberg, 7.8.2002 - 15 Ta 2/02 - in juris dokumentiert ; LAG Schleswig-Holstein - 2 Ta 160/05 - 01.07.2005, NZA 2005, 1079; Schwab/Weth/Schwab ArbGG § 78 Rz. 45) ist dem im Hinblick auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht zuzustimmen. Gegenstand der Prüfung durch das Beschwerdegericht ist ausschließlich die angefochtene Entscheidung, nicht aber die Nichtabhilfeentscheidung. Der Sinn des Abhilfeverfahrens nach §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 572 Abs. 1 S. 1 ZPO besteht darin, dem Ausgangsgericht aus Gründen der Prozessökonomie Gelegenheit zur Selbstkorrektur zu geben. Die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens ist damit nicht Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren oder für die Beschwerdeentscheidung selbst (ebenso LAG Hessen, 15.2.2008 - 8 Ta 259/07 - a.a.O.; LAG Berlin 15.02.2006 - 13 Ta 170/06 - a.a.O.).

4. Die sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sowohl hinsichtlich des Zahlungsantrags als auch hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer Lohnabrechnung gegeben. Insofern kann dahinstehen, ob sich die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Klage auf Erteilung einer Lohnabrechnung für den Monat Juli 2007 bereits aus dem Gesichtspunkt der sic - non - Fallgestaltung ergibt und deshalb die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, zur Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit ausreicht (vgl. BAG, 24.04.1996 - 5 AZB 25/95 - NZA 1996, 1005; BAG, 17. 1. 2001 - 5 AZB 18/00 - NZA 2001, 341). Es handelt sich bezüglich beider Streitgegenstände um bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber - unbeschadet der Frage der Rechtsfähigkeit der Beklagten, insoweit gelten die Ausführungen zur Parteifähigkeit entsprechend - aus dem Arbeitsverhältnis.

Die Kläger stand im Monat Juli 2007 in einem Arbeitsverhältnis mit der als rechtsfähig unterstellten Beklagten und war nicht deren freier Mitarbeiter. Voraussetzung für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist, dass eine Partei für die andere mit deren Einverständnis fremdbestimmt und in die fremde Arbeitsorganisation eingebunden Dienstleistungen erbringt, die den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten sind. Einer Einigung über die Vergütung bedarf es - wie § 612 BGB zeigt - dagegen nicht. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass ein Beschäftigter hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. statt vieler BAG, 14.3.2007 - 5 AZR 499/06 - NZA- RR 2007, 424; 11.6. 2003 - 5 AZB 43/02 - AP Nr. 85 zu § 2 ArbGG 1979; 26.9. 2002 - 5 AZB 19/01 - AP Nr. 83 zu § 611 BGB Abhängigkeit; 27. 3. 1991 - 5 AZR 194/90 in AP Nr. 53 zu § 611 BGB Abhängigkeit; 26.7.1995 - 5 AZR 22/94 in AP Nr. 79 zu § 611 BGB Abhängigkeit jeweils m.w.N.). Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es für die Qualifikation eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis oder freies Dienstverhältnis entscheidend auf dessen tatsächliche Durchführung ankommt und die Bezeichnung des Vertrags dahinter zurücktritt. Abzustellen ist nämlich auf den wirklichen Geschäftsinhalt des Vertrags, der den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen ist. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (BAG, 14.3.2007 - 5 AZR 499/06 - NZA- RR 2007, 424; 30.9.1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36). Die Abgrenzung zwischen der Stellung eines freien Mitarbeiters und der eines Arbeitnehmers ist deshalb in drei Stufen vorzunehmen, wobei sich jeweils die folgende gegenüber der oder den früheren durchsetzt, sofern sie für ein Arbeitsverhältnis spricht. Auf der ersten Stufe ist die Vertragsbenennung, auf der zweiten Stufe ist die Vertragsgestaltung und auf der dritten Stufe die Vertragsdurchführung zu untersuchen (ebenso LAG Köln 3.7.1998 - 11 Ta 94/98 - in juris dokumentiert). Bei der Prüfung der Vertragsgestaltung (wie auch der Vertragsdurchführung) kommt das entscheidende Gewicht der Behandlung der Arbeitszeit zu. Dagegen tritt die Frage der örtlichen Weisungsgebundenheit dort zurück, wo sich aus der Natur der Sache ergibt, dass die Dienstleistung an einem bestimmten Ort zu erbringen ist.

a) Die Vertragsbenennung spricht hier bereits für den Parteiwillen, ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Zwar existiert kein schriftlicher Vertrag. Die Beklagte und der Kläger hatten aber unstreitig vereinbart, dass der Kläger im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als Geringfügigbeschäftigter für die Beklagte tätig werden sollte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte verpflichtet sein sollte, die pauschalen Abgaben gegenüber der Bundesknappschaft zu tragen.

b) Der Vertragsgestaltung nach sollte der Kläger fremdbestimmt und in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingebunden Dienstleistungen für diese erbringen. Unstreitig sollte die Beklagte nämlich berechtigt sein, dem Kläger in dem zeitlichen Rahmen Arbeit zuzuweisen, in dem dieser im Hinblick auf sein Hauptarbeitsverhältnis für sie tätig werden konnte. Die Beklagte hat im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 12. November 2007 ausdrücklich erklärt, es sei vereinbart gewesen, dass der Kläger Einsatzzeiten vorgegeben bekommt. Ebenso ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger der getroffenen Vereinbarung nach für die Beklagte Botengänge erledigen sollte. Die Erledigung von Botengängen setzt aber zwingend inhaltliche und häufig auch zeitliche Weisungsgebundenheit voraus - der Bote kann typischerweise nicht selbst entscheiden, wann er welchen Botengang ausführt, sondern ist in die fremde Arbeitsorganisation eingegliedert.

c) Aus der Vertragsdurchführung ergibt sich nicht, dass trotz der Benennung und Ausgestaltung des Vertrags als Arbeitsvertrag tatsächlich ein freies Dienstverhältnis zwischen den Parteien bestand. Insofern wäre nämlich erforderlich, dass in beiderseitigem Einvernehmen der Kläger tatsächlich seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit selbst bestimmen konnte. Ein Arbeitnehmer, der nach § 106 GewO bindenden Weisungen des Arbeitgebers keine Folge leistet, begeht einen Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, was der Arbeitgeber mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Maßnahmen sanktionieren kann. Der Status des Arbeitnehmers ändert sich - worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist - hierdurch nicht.

Dass der Kläger entgegen der (ursprünglichen) vertraglichen Vereinbarung im Einverständnis mit der Beklagten seine Tätigkeit frei gestaltete und seine Arbeitszeit frei bestimmte, ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen. Soweit sie behauptet, der Kläger habe dem Unternehmen die Arbeitszeiten vorgegeben und sei nicht bereit gewesen, diese zu ändern, ist der Vortrag unsubstantiiert. Die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung des Klägers hinsichtlich möglicher Arbeitszeiten im August weist im Gegenteil darauf hin, dass der Kläger im Rahmen der ihm nach Erfüllung seiner Pflichten aus dem Vollzeitarbeitsverhältnis verbleibenden Zeit das Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit der Beklagten überließ. Der Aufstellung nach konnte der Kläger im August 56 Arbeitsstunden für die Beklagte leisten. Bei einer Vergütung von höchstens 400 Euro netto kann nicht angenommen werden, dass seine Arbeitszeit sich auf 56 Arbeitsstunden monatlich erstreckte und deshalb kein Spielraum mehr für Arbeitszeitfestlegungen der Beklagten verblieb. Wie die Einssatzzeiten des Klägers tatsächlich im Einzelfall festgelegt wurden, trägt die Beklagte nicht vor. Hierzu wäre sie aber nach allgemeinen Darlegungsgrundsätzen gehalten gewesen, wenn sie sich darauf beruft, der Vertrag sei einvernehmlich abweichend von den unstreitig getroffenen Vereinbarungen und dem durch die Benennung des Vertrags zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen durchgeführt worden.

Auch dass der Kläger seine Tätigkeit der tatsächlichen Vertragsdurchführung nach inhaltlich frei gestalten durfte, ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen. Sie trägt im Gegenteil vor, dass sie dem Kläger Weisungen erteilte, etwa hinsichtlich der Sicherung der Betriebssysteme und des Umgangs mit den Lizenznummern. Die Beklagte führt weiterhin aus, dass der Kläger angewiesen wurde, bestimmte Einkäufe zu erledigen, etwa das Benutzerhandbuch zu erwerben. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe freie Hand gehabt, notwendige Komponenten für die Bestückung von PC zu erwerben und ihm seien die insoweit erforderlichen Geldmittel zur Verfügung gestellt worden, kann als wahr unterstellt werden. Dies steht der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Auch ein Arbeitnehmer verfügt abhängig von seiner Qualifikation über unterschiedlich große Entscheidungsspielräume bei der Ausführung seiner Tätigkeit. Dass dem Kläger die für den Erwerb der Komponenten erforderlichen Geldmittel von der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden, er also nicht in Vorlage trat und sodann mit der Beklagten abrechnete, spricht gerade für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.

Schließlich wurde der Kläger unstreitig in den Betriebsräumen der Beklagten tätig, soweit er keine Botengänge erledigte. Zwar kommt der örtlichen Weisungsgebundenheit dann eine eher geringe Bedeutung zu, wenn die Dienstleistung der Natur der Sache nach an einem bestimmten Ort erbracht werden muss, was hier bezüglich der Installation der Computer zutrifft. Der Kläger verrichtete aber auch andere Arbeiten, etwa die Adresseingabe, in den Betriebsräumen der Beklagten.

5. Die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

6. Gegen diesen Beschluss findet gemäß §§ 78 Abs. 2 ArbGG, § 17 a Abs. 4 Satz 4,5 GVG, 72 Abs. 2 ArbGG die weitere sofortige Beschwerde, die als Rechtsbeschwerde im Sinne von § 574 ZPO anzusehen ist, statt.

Die weitere Beschwerde wird gem. § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG zugelassen, da der Rechtsfrage, ob bei unterbliebener Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an der Nichtabhilfeentscheidung eine Zurückverweisung nach § 572 Abs. 3 ZPO zu erfolgen oder ob das Beschwerdegericht in der Sache zu entscheiden hat, grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beantwortung dieser Frage ist entscheidungserheblich und kann potentiell auch das Ergebnis in der Sache ändern, weil nicht auszuschließen ist, dass im Falle der Zurückverweisung im Rahmen einer Kammerentscheidung der Beschwerde abgeholfen worden wäre. Sie ist auch klärungsbedürftig, nachdem über sie von den Landesarbeitsgerichten Hessen (vom 15.2.2008 - 8 Ta 259/07 - a.a.O.) und Berlin (vom 15.02.2006 - 13 Ta 170/06 - a.a.O.) einerseits und den Landesarbeitsgerichten Rheinland-Pfalz (vom 25.1.2007 - 11 Ta 10/07 - a.a.O.), Baden-Württemberg (vom 7.8.2002 - 15 Ta 2/02 - a.a.O.) und Schleswig-Holstein (vom 01.07.2005 - 2 Ta 160/05 - a.a.O.) andererseits unterschiedlich entschieden worden ist und eine Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zur Frage der Zurückverweisung im Rechtswegbeschwerdeverfahren wegen unterbliebener Beteiligung der ehrenamtlichen Richter am Nichtabhilfebeschluss soweit ersichtlich noch nicht ergangen ist.

Ende der Entscheidung

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