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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.01.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 1019/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 307 I
BGB § 615
Der Eintritt der Annahmeverzugsfolgen bei Ausspruch einer unwirksamen Kündigung tritt unabhängig davon ein, ob der Arbeitnehmer eine im Zeitpunkt der Kündigung bestehende Arbeitsunfähigkeit angezeigt hat oder nicht.

Eine Anrechnung anderweitig erzielten Verdienstes im Rahmen des Annahmeverzugs ist nur möglich, wenn dieser kausal durch das Freiwerden von der bisherigen Arbeitsleistung erzielt wird.


Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 4. Mai 2005 - 9 Ca 465/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Annahmeverzugsvergütung, Urlaubsabgeltung sowie die Zahlung eines Urlaubsgeldes.

Der Beklagte betreibt eine Liegenschaftsverwaltung und beschäftigt regelmäßig nicht mehr als 5 Arbeitnehmer. Die 39 Jahre alte geschiedene Klägerin ist allein erziehende Mutter eines 5-jährigen Sohnes und seit 01. Mai 2003 als kaufmännische Sachbearbeiterin zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt € 1.450,00 bei dem Beklagten beschäftigt. Der von dem Beklagten vorformulierte schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. Februar 2004 enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 3 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 30 Stunden wöchentlich. Tägliche Arbeitszeit von 9.00 Uhr - 15.00 Uhr - ohne Pausen -.

2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach dem Bedarf und der betrieblichen Übung.

3. Sollte es die Arbeitssituation erlauben, wird der Mitarbeiterin gestattet, die Arbeitszeit freitags ab ca. 14.00 Uhr zu beenden, nach vorheriger Rücksprache mit der Geschäftsleitung.

4. Über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende angesetzte Überstunden sind im monatlichen Bruttogehalt mit max. 5 Stunden vergütet.

§ 4 Vergütung

...

2. Die Mitarbeiterin erhält eine Sonderzahlung von € 725,00 (1/4 des Brutto-Monatsgehaltes als Urlaubsgeld und 1/4 des Brutto-Monatsgehalts als Weihnachtsgeld), welche je zur Hälfte mit dem August-Gehalt und November-Gehalt gezahlt wird.

§ 5 Sonderzahlungen

1. Soweit Sonderzahlungen geleistet werden, erkennt die Mitarbeiterin an, dass dies freiwillig und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erfolgt. Auch bei wiederholter Zahlung erwächst hierauf kein Rechtsanspruch.

2. Ein Anspruch auf Sonderzahlung entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung von der Mitarbeiterin gekündigt wurde bzw. wird. Das gleiche gilt, wenn die Kündigung seitens A aus der Mitarbeiterin zu vertretenen Gründen erfolgte.

...

§ 8 Urlaub

Die Mitarbeiterin erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von 25 Arbeitstagen.

Der Urlaub wird in Abstimmung mit A festgelegt.

Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen."

Neben ihrer Beschäftigung bei dem Beklagten betreibt die Klägerin ein selbstständiges Fußpflege- und Nagelstudio.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2004 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos hilfsweise fristgerecht. Mit Urteil vom 17. November 2004 hat das Arbeitsgericht Darmstadt - 9 Ca 271/04 - erkannt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 30. Juni 2004 zum 01. Juli 2004, sondern erst zum 30. September 2004 aufgelöst worden ist. Die hiergegen vom Beklagten eingelegte Berufung hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 13. Januar 2006 - 3 Sa 2222/04 - zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die Zeit von Juli bis September 2004 stehe ihr Annahmeverzugsvergütung zu. Hierauf seien die in ihrer selbständigen Nebentätigkeit erzielten Einkünfte, die im 3. Quartal 2004 ausweislich der von ihr abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldung € 2.473,00 betragen hätten (Bl. 33 d.A.), nicht anzurechnen. Den zeitlichen Umfang ihrer Nebentätigkeit gibt die Klägerin mit 29,75 Stunden für Juli 2004, 27,5 Stunden für August 2004 und 42,25 für September 2004 an. Im Klagezeitraum sei sie Arbeit suchend bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet gewesen, da sie eine Hauptbeschäftigung in abhängiger Arbeit suche. Da in der Zeit vom 01. Juli bis 30. September 2004 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, seien insoweit Urlaubsansprüche entstanden, die abzugelten seien. Bei arbeitsvertraglich vereinbarten 25 Arbeitstagen Urlaub im Kalenderjahr und bereits 4 genommenen und 9 weiteren im Vorprozess zugesprochenen abzugeltenden Urlaubstagen verblieben 12 Urlaubstage, woraus sich ein Betrag von € 803,16 errechne.

Ferner hat die Klägerin die Sonderzahlung nach § 4 Nr. 2 Arbeitsvertrag geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie € 5.787,54 brutto abzüglich € 366,86 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.450,00 seit dem 01. August 2004, seit dem 01. September 2004 und aus € 2.887,54 seit dem 01. Oktober 2004 zu zahlen;

2. die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. widerklagend die Klägerin zu verurteilen, ihm über sämtliche Einkünfte, auch aus selbständiger Tätigkeit, im Zeitraum Juli bis September 2004, Auskunft zu erteilen und die Richtigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund der fristlosen Kündigung zum 01. Juli 2004 aufgelöst worden. Schon deshalb stünden der Klägerin keine Annahmeverzugsansprüche ab 01. Juli 2004 zu. Darüber hinaus habe die Klägerin ihrer Krankmeldung vom 01. Juli 2004 (Bl. 16 d.A.) keine ärztliche Bescheinigung folgen lassen, weswegen eine Erkrankung der Klägerin bestritten werde. Die Ehefrau des Beklagten habe am 05. und 06. Juli 2004 vergeblich versucht die Klägerin telefonisch zu erreichen, um sie aufzufordern, zu erscheinen. Jedenfalls müsse sich die Klägerin den in ihrem selbständigen Gewerbe erzielten anderweitigen Verdienst anrechnen lassen, da sie ihr Gewerbe nach der Kündigung habe ausbauen können.

Wegen der Erkrankung der Klägerin stehe ihr keine weitere Urlaubsabgeltung zu.

Der Anspruch auf Sonderzahlungen seien gem. § 5 Arbeitsvertrag entfallen, da die Kündigung auf verhaltensbedingten Gründen beruhe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und sie in Bezug auf das geltend gemachte Weihnachtsgeld abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

Der Beklagte ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzverfahrens aussetzen müssen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung zu, da sie ihrer Krankmeldung vom 01. Juli 2004 keine ärztliche Bescheinigung folgen ließ und am 05. und 06. Juli 2004 telefonisch nicht erreichbar gewesen sei. Da eine Mitteilung über eine etwaige Arbeitsfähigkeit auch nicht erfolgt sei, sei die Verpflichtung des Beklagten zur Vergütungsfortzahlung auf den 6-wöchigen Zeitraum des Entgeltfortzahlungsgesetzes begrenzt. Jedenfalls sei der in selbständiger Tätigkeit erzielte Betrag, dessen Höhe der Beklagte bestreitet, in Abzug zu bringen.

Ein Anspruch auf Sonderzahlung der Klägerin bestehe nicht, weil die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt sei.

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung stehe der Klägerin wegen der rechtskräftig noch nicht geklärten Kündigung und wegen der von ihr behaupteten Erkrankung nicht zu.

Die Klägerin sei verpflichtet, über die im Verzugszeitraum erzielten Einkünfte Auskunft zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 04. Mai 2005 - 9 Ca 465/04 - abzuändern und

1. die Klage abzuweisen;

2. widerklagend die Klägerin zu verurteilen, dem Beklagten über sämtliche Einkünfte, auch aus selbständiger Tätigkeit, im Zeitraum Juli bis September 2004, Auskunft zu erteilen und dies an Eides statt zu versichern.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts als rechtsfehlerfrei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Klägerin die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum Juli bis September 2004, Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung zusteht und der mit der Widerklage geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht (mehr) besteht. Die Berufungskammer schließt sich der Begründung des Arbeitsgerichts ausdrücklich an, § 69 Abs. 2 ArbGG.

1.

Das Arbeitsgericht hat den vorliegenden Rechtsstreit zu Recht nicht wegen Vorgreiflichkeit nach § 148 ZPO ausgesetzt. Zwar war die Entscheidung über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vorgreiflich in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Annahmeverzugsansprüche. Die Anordnung der Aussetzung nach § 148 ZPO steht jedoch im Ermessen des Gerichts. Wenn das Arbeitsgericht insoweit ersichtlich dem im Arbeitsgerichtsverfahren geltenden Beschleunigungsgebot (§ 9 Abs. 1 ArbGG) besondere Bedeutung beigemessen hat, ist dies nicht zu beanstanden.

2.

Das Arbeitsgericht hat richtig erkannt, dass die Klägerin vom Beklagten für die Zeit vom 01. Juli bis 30. September 2004 die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung verlangen kann.

a) Im Fall einer unwirksamen Kündigung gerät der Arbeitgeber in der Regel in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nicht aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen, ihm also keinen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Die Verzugsfolgen treten unabhängig von der Anzeige der Arbeitsfähigkeit seitens des Arbeitnehmers ein. Es ist nicht einsehbar, warum der Arbeitgeber, der unwirksam kündigte und deshalb für den Normalfall eines Arbeitsverhältnisses als Konsequenz die Vergütungsnachzahlung schuldete (§ 615 BGB), daraus einen Vorteil ziehen soll, dass der Arbeitnehmer zufällig zur Zeit der Kündigung arbeitsunfähig war. Wenn der Arbeitgeber mit der Kündigung deutlich gemacht hat, seiner Mitwirkungsverpflichtung im Sinne einer (Wieder-)Eröffnung der Arbeitsmöglichkeit, der fortlaufenden Planung und Konkretisierung des Arbeitseinsatzes und Ausübung des Direktionsrechts nicht nachkommen zu wollen, ist aufgrund dieser Zäsur der Arbeitnehmer jedenfalls so lange von den ihm sonst obliegenden Anzeige- und Nachweispflichten befreit, als der Arbeitgeber nicht von sich aus die Kündigung "zurücknimmt" oder wenigstens eine Arbeitsmöglichkeit - ggf. unter Vorbehalt - eröffnet (BAG 24. November 1994 - 2 AZR 179/94 - BAGE 78, 333, zu II. 2. b) d.Gr.).

b) Durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung hat der Beklagte gegenüber der Klägerin deutlich gemacht, dass er nicht mehr bereit ist, ihre Arbeitsleistung entgegenzunehmen. Aufgrund dessen war die Klägerin von den ihr nach § 5 EFZG obliegenden Anzeige- und Nachweispflichten befreit. Der Beklagte hat den Annahmeverzug auch nicht dadurch beendet, dass er die Kündigung "zurückgenommen" oder ihr wenigstens eine Arbeitsmöglichkeit geboten hat. Zwar hat seine Ehefrau die Klägerin telefonisch nicht erreicht. Entsprechende Erklärungen hätten aber auch wiederholt und/oder auf andere Weise, z. B. schriftlich gegenüber der Klägerin abgegeben werden können.

c) Der von der Klägerin in der Zeit von Juli bis September 2004 in selbständiger Tätigkeit erzielte anderweitige Verdienst ist nicht von der Annahmeverzugsvergütung in Abzug zu bringen. Auch dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt. Die Regelungen der§§ 11 Nr. 1 KSchG, 615 Satz 2 BGB sollen gewährleisten, dass der Arbeitnehmer aus dem Annahmeverzug keinen finanziellen Vorteil zieht. Er soll nicht mehr erhalten, als er bei normaler Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. Diese Zielsetzung muss im konkreten Fall verwirklicht werden. Deshalb ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob der anderweitige Erwerb kausal durch das Freiwerden von der bisherigen Arbeitsleistung ermöglicht wurde (BAG 06. September 1990 - 2 AZR 165/90 - AP BGB § 615 Nr. 47, zu III. 3. d) d.Gr.).

Danach ist hier eine Anrechnung nicht vorzunehmen, da der anderweitige Erwerb nicht kausal durch das Freiwerden von der bisherigen Arbeitsleistung ermöglicht wurde. Unstreitig hat die Klägerin bereits vor dem Ausspruch der Kündigung die selbstständige Nebenbeschäftigung ausgeübt. Sie hat im Einzelnen dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sie von Juli bis September 2004 in ihrer Fußpflegepraxis tätig gewesen ist und welche Einkünfte sie insoweit erzielt hat. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie beim Beklagten in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden tätig war, ergibt sich, dass sie die im Annahmeverzugszeitraum geleistete Nebentätigkeit von etwa 10 Stunden wöchentlich durchaus neben ihrer Hauptbeschäftigung beim Beklagten hätte ausüben können. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob sie teilweise zu Zeiten selbstständig tätig geworden ist, in denen sie ansonsten beim Beklagten hätte arbeiten müssen. Wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat, hat der Beklagte durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung zum Ausdruck gebracht, dass er die Entgegennahme der Arbeitsleistung der Klägerin ablehnt. Sie war daher nicht gehindert, die Lage ihrer selbstständigen Nebenbeschäftigung auch auf Zeiten zu legen, in denen sie ansonsten beim Beklagten gearbeitet hätte, solange diese kein Ausmaß erreichte, dass die selbstständige Tätigkeit als Ersatz für das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten angesehen werden kann. Dass die Klägerin dies nicht beabsichtigte, wird auch dadurch belegt, dass sie hinsichtlich einer Hauptbeschäftigung bei der Bundesagentur für Arbeit als Arbeit suchend gemeldet war.

d) Die Klägerin hat auch nicht böswillig die Erzielung anderweitigen Verdienstes unterlassen, § 615 Satz 2 BGB. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in ihrer selbstständigen Nebentätigkeit höhere Einkünfte als sie tatsächlich erzielt hat, hätte erreichen können, sind nicht ersichtlich. Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung ist - wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat - hypothetisch.

3.

Die Klägerin kann die Zahlung weiterer Urlaubsabgeltung in Höhe von € 803,16 brutto verlangen, § 611 BGB i.V.m. §§ 5 Abs. 1 c, 7 Abs. 4 BUrlG. Das Arbeitsgericht hat § 8 Arbeitsvertrag zutreffend dahin ausgelegt, dass er hinsichtlich des den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch übersteigenden Urlaubs auf die gesetzlichen Bestimmungen verweist. Damit stand der Klägerin für das Jahr 2004 der volle vertragliche Urlaubsanspruch zu, der, soweit der Urlaub nicht in Natur genommen wurde und in dem Rechtsstreit 3 Sa 2222/04 bereits Urlaubsabgeltung zugesprochen wurde, abzugelten ist. Die Höhe der geltend gemachten Urlaubsabgeltung hat der Beklagte nicht bestritten. Die vorübergehende Erkrankung der Klägerin steht dem Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht entgegen (vgl. ErfK-Dörner, 6. Aufl., BUrlG, § 7 Rn 92, m.w.N.).

4.

Der Klägerin steht auch das Urlaubsgeld zu, § 4 Nr. 2 Arbeitsvertrag. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Weitere Anspruchsvoraussetzungen enthält die vertragliche Regelung nicht. Der Anspruch ist auch nicht nach § 5 Nr. 2 ausgeschlossen, weil das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Urlaubsgeldes gekündigt war und diese aus von der Klägerin zu vertretenden Gründen erfolgte, § 5 Nr. 2 Arbeitsvertrag. Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinn von § 305 Abs. 1 BGB, da die vorformulierten Vertragsbedingungen vom Beklagten gestellt wurden. § 307 Abs. 1 BGB verlangt, dass Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und klar und verständlich sein müssen. Hieraus folgt, dass die Vertragsbestimmung die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen muss (BAG 18. August 2005 - 8 AZR 65/05 - Juris - zu II. 3. a) d.Gr.). In Bezug auf eine Vertragsstrafe hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Klausel, wonach "schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers, das den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst", nicht klar und verständlich ist, weil die Pflichtverletzungen nicht hinreichend bestimmt sind (BAG 21. April 2005 - 8 AZR 425/05 - AP BGB § 307 Nr. 3, zu II. 3. d) bb) d.Gr.). Nichts anderes gilt, wenn der Anspruch auf eine Sonderzahlung entfallen soll, sofern die Kündigung des Arbeitgebers aus von der Mitarbeiterin zu vertretenden Gründen erfolgte. Auch hier lässt die Regelung nicht erkennen, welches konkrete Verhalten der Arbeitnehmer vermeiden muss, um den Anspruch auf die Sonderzahlung nicht zu verlieren. Aufgrund der Unbestimmtheit der Klausel kann sich der Arbeitnehmer hierauf nicht einstellen. Soweit der Vertreter der Beklagten im Verhandlungstermin vor der Berufungskammer eingewendet hat, die zur Wirksamkeit von Vertragsstrafenabreden ergangene Rechtsprechung des BAG lasse sich nicht auf die hier streitgegenständliche Vereinbarung übertragen, trifft dies nicht zu. Ob eine Regelung hinreichend konkret gefasst ist und der Arbeitnehmer erkennen kann, "was auf ihn zukommt", richtet sich allein nach der Klarheit und Verständlichkeit der gewählten Formulierung, nicht nach dem Gegenstand der betreffenden Vertragsbestimmung. Die zur Vertragsstrafe ergangene Rechtsprechung des BAG bezüglich des Transparenzgebots gilt damit nicht nur für die Wirksamkeit von Vertragsstrafenabreden, sondern auch für andere Klauseln.

5.

Dem Arbeitsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass die Widerklage unbegründet ist, weil der Auskunftsanspruch des Beklagten erfüllt ist. Die Klägerin hat Auskunft über ihre zeitliche Beanspruchung durch die selbständige Tätigkeit und den erzielten Verdienst unter Vorlage ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den relevanten Zeitraum erteilt. Damit hat sie ihre Angaben in ausreichender Weise belegt (vgl. ErfK-Preis, 6. Aufl., BGB, § 615 Rn 117, m.w.N.).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere betrifft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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