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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.10.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 392/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 157 |
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 11. Dezember 2003 - 4 Ca 324/04 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 185,00 EUR (in Worten: Hundertfünfundachtzig und 00/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. April 2003, 460,13 EUR (in Worten: Vierhundertsechzig und 13/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto seit 1. Februar 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto seit 1. März 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto seit 1. April 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto seit 1. Mai 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto seit 1. Juni 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto seit 1. Juli 2003,
für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an jedem folgenden Monatsersten, beginnend mit dem 31. Juli 2003 weitere 76,69 EUR (in Worten: Sechsundsiebzig und 69/100 Euro) brutto,
für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an jedem Monatsersten, beginnend mit dem 31. Januar 2004 weitere 25,50 EUR (in Worten: Fünfundzwanzig und 50/100 Euro) brutto,
für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an jedem Monatsersten, beginnend mit dem 31. Mai 2004 weitere 25,75 EUR (in Worten: Fünfundzwanzig und 75/100 Euro) brutto
sowie weitere 50,00 EUR (in Worten: Fünfzig und 00/100 Euro) brutto am 30. November 2004 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an den Kläger die Arbeitsvergütung zu leisten, die Gehaltsgruppe IV b des Bundesangestelltentarifvertrages für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (BAT-VKA) in der jeweils gültigen Fassung entspricht.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger an Tariferhöhungen teilnimmt, die nach einem zum 01. Januar 2003 erfolgten Betriebsübergang wirksam wurden bzw. werden.
Der Kläger war seit 01. Oktober 1987 als Sporttherapeut in der A in B beschäftigt. § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages lautete:
"Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Im Übrigen gelten die Dienstanweisungen in ihrer jeweiligen Fassung."
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages war lediglich die Stadt B, nicht jedoch der Kläger tarifgebunden. Der Kläger erhielt zuletzt Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT.
Anlässlich der Übertragung der Klinik auf die Beklagte schloss die Stadt B mit dieser am 28. Juni 2001 einen Personalüberleitungsvertrag (PÜV), der die arbeitsrechtlichen Fragen des Übergangs der Beschäftigten regelt. Dieser enthält u.a. folgende Bestimmungen:
"§ 1
Übergang der Arbeitsverhältnisse
...
3. C sichert zu, dass sämtliche für die übernommenen Mitarbeiter bisher geltenden tariflichen Regelungen (insbesondere BAT, Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltung und Betriebe (BMT-G II)) sowie die Tarifverträge zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen und Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, weiterhin Anwendung finden.
4. Diese übernommenen tariflichen Verpflichtungen können für die übernommenen Mitarbeiter nur durch ein anderes Tarifmodell und nur unter den Voraussetzungen gemäß § 2 dieses Personalüberleitungsvertrages geändert werden.
5. Des Weiteren finden gemäß § 613 a BGB die zum Übergabestichtag im Bereich der Stadt B jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Soweit in den anzuwendenden tariflichen Vorschriften auf geltende Bestimmungen des Arbeitgebers verwiesen wird, sind die entsprechenden Bestimmungen der Stadt B sinngemäß anzuwenden.
6. Die Parteien unterrichten die betroffenen Beschäftigten rechtzeitig in einem gemeinsamen Schreiben über die bevorstehende Übernahme. Dabei sind die Auswirkungen darzustellen, die die Überleitung auf die bestehenden Arbeitsverträge haben wird. Ferner ist der Hinweis aufzunehmen, dass der einzelne Beschäftigte der (Übernahme) schriftlich gegenüber der Stadt B widersprechen kann. Das Beschäftigungsverhältnis besteht dann mit der Stadt B weiter fort, wobei die Stadt dann die gesetzlichen Rechte zur Kündigung aus betriebsbedingten Gründen wahrnehmen kann.
...
§ 2
Tarifbindung
1. C wird entsprechend den gesetzlichen Regelungen sowie den zusätzlichen Verpflichtungen gemäß § 1 Abs. 6 die bestehende Tarifstruktur fortführen.
2. Eine Ablösung der bestehenden Tarifstruktur ist möglich, wenn sie in einem ordnungsgemäßen Verfahren unter Einbeziehung der Arbeitnehmervertretung durch eine der nachfolgenden Tarifregelungen ersetzt wird. C ist bereit, den jeweils zuständigen tarifvertraglichen Arbeitnehmervertretern alternative, mit einer Gewerkschaft ausgehandelte Tarifmodelle anzubieten, wie beispielsweise die Aushandlung eines Haustarifvertrages oder mit dem Betriebsrat auf der Grundlage der C Arbeits- und Sozialordnung ein Tarifmodell einzuführen, welches die individuellen Besonderheiten des Standortes B berücksichtigt. Die Einführung neuer Tarifmodelle hat unter Beteiligung der tarifvertraglichen Arbeitnehmervertreter zu erfolgen."
Im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang fanden Informationsveranstaltungen statt, auf denen sich der Verhandlungsführer der Beklagten, D, sich gegenüber den Arbeitnehmern wie folgt zu den Auswirkungen des Betriebsübergangs auf die Arbeitsverhältnisse äußerte:
"Es bleibt alles beim Altern ...".
"Es verändert sich nichts ...".
"Für die Arbeitnehmer ergeben sich keine Änderungen ...".
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 (Bl. 186 - 189 d.A.) informierten die Stadt B und die Beklagte die Mitarbeiter über den zum 01. Januar 2003 erfolgenden Betriebsübergang u.a. wie folgt:
"... Die C B GmbH wird zum genannten Zeitpunkt Ihr Arbeitgeber und tritt in sämtliche, zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten aus Ihrem Arbeitsverhältnis ein.
Zusätzlich gilt § 2 des Personalüberleitungsvertrages, hiernach wird C entsprechend den gesetzlichen Regelungen sowie den zusätzlichen Verpflichtungen gemäß § 1 Abs. 6 des Personalüberleitungsvertrages die bestehende Tarifstruktur fortführen. ..."
Seit 01. Januar 2003 ist der Kläger weiterhin als Sporttherapeut für die Beklagte, die nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist, tätig. Er erhält weiterhin Vergütung nach Gehaltsgruppe IV b BAT, allerdings in der zum 31.12.2002 geltenden Fassung.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2003 (Bl. 25 d.A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Tariferhöhung für die Zeit ab Januar 2003 geltend sowie den Einmalbetrag für November und Dezember 2002 in Höhe von € 185,00. Nachdem die Beklagte dem nicht nachkam, macht der Kläger diese Ansprüche gerichtlich geltend verbunden mit der Feststellung, dass die Beklagte ihm Vergütung nach Gehaltsgruppe IV b BAT in der jeweils gültigen Fassung zu leisten hat.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der von ihm geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus § 613 a Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag. § 2 Arbeitsvertrag sei nicht als sog. Gleichstellungsklausel entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszulegen. Jedenfalls ergebe sich der Anspruch aus dem Personalüberleitungsvertrag, in dem die dynamische Fortgeltung der Tarifverträge vereinbart worden sei. Hierbei habe es sich um eine Bedingung gehandelt, unter der der Personalrat und die Verhandlungsführer der Stadt B überhaupt erst Verhandlungen mit der Beklagten geführt hätten. Der Verhandlungsführer der Beklagten, D, habe dies abgelehnt und die Vereinbarung einer Ausstiegsklausel gewollt. Hierbei habe er verdeutlicht, dass ohne die Zustimmung der Mitarbeitervertretung die Tarifstruktur nicht verändert werde. Es habe Einigkeit darüber bestanden, dass sich für die Belegschaft bei der Übernahme durch einen privaten Träger keine Veränderung gegenüber der zuvor städtischen Trägerschaft ergeben sollte. Jedenfalls ergebe sich der Anspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen habe, dass nach ihrem und der Stadt B Verständnis künftige BAT-Erhöhungen von den Mitarbeitern nicht beansprucht werden können.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 185,00 brutto, ab 01. März 2003 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz; € 460,13 brutto, ab 01. Januar 2003 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz; ab 31. Juli 2003 an jedem folgenden 15. des Monats € 76,69 brutto, ab 01. Januar 2004 an jedem 15. des Monats weitere € 25,50 brutto, ab 01. Mai 2004 an jedem 15. des Monats weitere € 25,75 brutto sowie € 50,00 am 01. November 2004 zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger die Arbeitsvergütung zu leisten, die Gehaltsgruppe IV b des Bundes-Angestelltentarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung entspricht;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Angebot auf rückwirkende Änderung des Arbeitsvertrages zu unterbreiten, wonach sich die Arbeitsbedingungen zwischen den Parteien ab 01. Januar 2003 nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag in der seit 09. Januar 2003 geltenden Fassung richten und sich auch zukünftig nach den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, § 2 Arbeitsvertrag beinhalte (lediglich) eine Gleichstellungsabrede. Hieraus folge, dass die tariflichen Bestimmungen für die Arbeitnehmer lediglich statisch fortgelten, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei. Bei den Verhandlungen über den Personalüberleitungsvertrag sei eine dynamische Verweisung auf den BAT kein Thema gewesen. Die entsprechenden Regelungen des Personalüberleitungsvertrages gäben lediglich die Rechtsfolgen des § 613 a BGB wieder, ohne einen Anspruch auf die Gewährung zukünftiger Tariferhöhungen zu begründen. Selbst wenn die Parteien des Personalüberleitungsvertrages eine dynamische Verweisung auf den BAT hätten vereinbaren wollen, sei eine solche als Vertrag zu Lasten Dritter unzulässig.
Der Kläger hat den Rechtsanwälten E mit Schriftsatz vom 08. August 2003 (Bl. 55 d.A.) den Streit verkündet. Die Streitverkündeten sind dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. § 2 Arbeitsvertrag sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Dies habe zur Folge, dass durch den Betriebsübergang die zu diesem Zeitpunkt (01. Januar 2003) auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge schuldrechtlich zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses würden. Eine dynamische Anwendung der Tarifnormen ergäbe sich auch nicht aus dem Personalüberleitungsvertrag. Im Hinblick auf die künftige Anwendung der Tarifverträge gäbe dieser lediglich die arbeitsrechtliche Gesetzeslage wieder. Ein abweichender Wille ergäbe sich auch nicht aus den Äußerungen des Verhandlungsführers Willebrand der Beklagten, die das Arbeitsgericht als streitig ansieht. Diese seien auslegungsfähig und beinhalteten letztlich nur, dass sich an dem Stand per 31. Dezember 2002 tariflich nichts ändere. Jedenfalls bestünden Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit einer dynamischen Verweisung auf Tarifverträge in einem Personalüberleitungsvertrag unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages zu Lasten Dritter, da sich künftige Änderungen in Tarifverträgen auch nachteilig für die Arbeitnehmer auswirken könnten. Ein Schadenersatzanspruch wegen unzureichender Informationen über den Betriebsübergang scheitere bereits daran, dass das Informationsschreiben nicht falsch sei. Eine Rechtspflicht der Beklagten, auf die Rechtslage im Zusammenhang mit einer Gleichstellungsabrede hinzuweisen, habe nicht bestanden. Jedenfalls sei beim Kläger kein Schaden entstanden.
Gegen das ihm am 26. Januar 2004 zugestellte Urteil vom 11. Dezember 2003 - 4 Ca 324/03 - hat der Kläger am 25. Februar 2004 Berufung eingelegt und diese am 22. März 2004 begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede verkannt, indem es § 2 Arbeitsvertrag als Gleichstellungsklausel ausgelegt habe. Auch den Personalüberleitungsvertrag habe das Arbeitsgericht nicht zutreffend ausgelegt. Es habe verkannt, dass dieser die vertraglichen Positionen der Mitarbeiter absichern sollte. Insoweit handele es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 11. Dezember 2003 - 4 Ca 324/03 - abzuändern;
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 185,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. April 2003, € 460,13 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 76,69 brutto seit 01. Februar 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren € 76,69 brutto seit 01. März 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren € 76,69 brutto seit 01. April 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren € 76,69 brutto seit 01. Mai 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren € 76,69 brutto seit 01. Juni 2003, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren € 76,69 brutto seit 01. Juli 2003, für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an jedem folgenden Monatsersten, beginnend mit dem 31. Juli 2003 weitere € 76,69 brutto, für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an jedem Monatsersten, beginnend mit dem 31. Januar 2004 weitere € 25,50 brutto, für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an jedem Monatsersten, beginnend mit dem 31. Mai 2004 weitere € 25,75 brutto sowie weitere € 50,00 brutto am 30. November 2004 zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses an den Kläger die Arbeitsvergütung zu leisten, die Gehaltsgruppe IV b des Bundes-Angestelltentarifvertrages für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (BAT-VkA) in der jeweils gültigen Fassung entspricht;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Angebot auf rückwirkende Änderung des Arbeitsvertrages zu unterbreiten, wonach sich die Arbeitsbedingungen zwischen den Parteien ab 01. Januar 2003 nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag in der seit 09. Januar 2003 geltenden Fassung richten und sich auch zukünftig nach den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Personalüberleitungsvertrages als rechtsfehlerfrei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufung ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
B.
Die Berufung ist auch begründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Der Leistungsantrag ist zulässig, auch soweit er sich auf eine künftige Leistung erstreckt, § 259 ZPO.
Auch der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages in seiner jeweils geltenden Fassung zu zahlen ist. Gegenstand einer Feststellungsklage kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Im Streit muss eine Rechtsbeziehung zwischen Personen oder von Personen zu Sachen sein. Die Feststellungsklage muss sich dabei nicht notwendigerweise auf das Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit beziehen, sondern kann auch einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses betreffen (BAG 19. Juni 1985 - 5 AZR 57/84 - AP BAT § 4 Nr. 11, zu A. I. d.Gr., m.w.N.). Darum geht es hier. Im Streit ist die Vergütung des Klägers.
Das besondere Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 ZPO ergibt sich daraus, dass die begehrte Feststellung Folgen für die Gegenwart und Zukunft hat (vgl. BAG 23. April 1997 - 5 AZR 727/95 - zu 2. d.Gr., m.w.N.). Klageziel ist die Feststellung der Höhe der Vergütung des Klägers für die Gegenwart und die Zukunft. Dem Kläger steht auch kein einfacherer Weg zur Erreichung seines Ziels zur Verfügung. Anderenfalls müsste der Kläger jeden Monat die begehrte Vergütungsdifferenz im Wege der Leistungsklage geltend machen. Auf diesen Weg kann er nicht verwiesen werden.
II.
Die Klage ist begründet.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ergibt eine Auslegung des Personalüberleitungsvertrages als Vertrag zugunsten Dritter die dynamische Anwendung des BAT für das Arbeitsverhältnis der Parteien.
1.
Der Inhalt des Personalüberleitungsvertrages ist gem. §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln, wobei ausgehend vom Wortlaut der Klausel der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung festzustellen ist. Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt derselben zulassen (BAG 27. August 1970 - 2 AZR 519/69 - BAGE 22, 424). Auch die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht Rückschlüsse auf dessen Inhalt. Von Bedeutung ist ferner der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - AP BGB § 157 Nr. 29, zu I. 1. b) bb) (2) d.Gr.).
2.
Der Wortlaut des PÜV ist nicht eindeutig. Zwar scheinen § 1 Nr. 3 und 5 PÜV eher für die Vereinbarung einer statischen Anwendbarkeit der Tarifverträge in der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Fassung zu sprechen. Andererseits sieht § 2 Nr. 2 PÜV eine Ablösung der bestehenden Tarifstruktur nur unter engen Voraussetzungen vor und räumt der Arbeitnehmerseite ein Wahlrecht hinsichtlich verschiedener Tarifmodelle ein. Der Begriff "Tarifstruktur" ist denkbar weit gefasst. Es handelt sich nicht um einen Fachbegriff. Nach Auffassung der Kammer ist "bestehende Tarifstruktur" die Gesamtheit der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifnormen einschließlich der im Betrieb angewandten Tarifpraxis. Die in der Kurklinik B bestehende Tarifstruktur war dadurch gekennzeichnet, dass die tariflichen Regelungen in der jeweils geltenden Fassung angewandt wurden. Wollte man den Begriff "bestehende Tarifstruktur" so verstehen, dass dieser nur die zum Übergabestichtag geltende Fassung der Tarifverträge beinhaltet, liefe der Regelungszweck des § 2 PÜV weitgehend leer, denn jedenfalls auf Dauer bliebe der Arbeitnehmerseite nichts anderes übrig, als auf das Angebot alternativer Tarifmodelle einzugehen, will sie nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die alternativ genannten Tarifmodelle in Ermangelung eines Zusatzes, der als eine Beschränkung im Sinne der statischen Anwendbarkeit gedeutet werden könnte, dynamisch wirken sollen. Dies spricht dafür, dass alle zur Wahl gestellten Vergütungsordnungen dynamisch zur Anwendung kommen sollen.
3.
Für die Vereinbarung einer dynamischen Weitergeltung der bisherigen Tarifnormen sprechen entscheidend die Begleitumstände der Erklärung. Unstreitig - dies hat das Arbeitsgericht verkannt - hat der Verhandlungsführer der Beklagten, D, auf den Informationsveranstaltungen auf die Frage, welche Konsequenzen sich für die Arbeitnehmer ergeben, vorbehaltlos geäußert: "Es bleibt alles beim Alten ...". "Es verändert sich nichts ...". "Für die Arbeitnehmer ergeben sich keine Änderungen ...". Der Wortlaut dieser Äußerungen lässt - worauf das Arbeitsgericht hinweist - zwar eine Auslegung dahin zu, dass sich an dem Stand der Tarifverträge per 31.12.2002 nichts ändere. Er deckt aber auch die Auslegung, dass die bisher praktizierte dynamische Anwendung der Tarifverträge beibehalten werden soll. Nach ihrem klaren Sinngehalt können die Äußerungen seitens D nur so verstanden werden, dass der BAT - wie bisher - in seiner jeweiligen Fassung auf die Arbeitsverhältnisse Anwendung finden soll. Ansonsten würde sich nämlich etwas verändern. Die Mitarbeiter würden von der Geltung des BAT für die Zukunft abgekoppelt. Aus den Äußerungen von D auf den Informationsveranstaltungen folgt daher, dass er den Willen hatte, in dem PÜV die dynamische Weitergeltung des BAT zu vereinbaren. Gerade aus dem Zusammenhang der unstreitigen Äußerungen des D mit der in § 2 Nr. 2 PÜV enthaltenen Regelung ergibt sich, dass eine Dynamik vereinbart werden sollte, diese aber im Einvernehmen mit der Arbeitnehmervertretung durch eine andere Struktur in Zukunft ersetzt werden kann.
4.
Für dieses Auslegungsergebnis sprechen auch der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten. Im Falle eines Betriebsübergangs treten die Wirkungen des § 613 a BGB kraft Gesetzes ein. Sie sind unabhängig davon, ob die Parteien einen entsprechenden Willen haben und mit den sich ergebenden Rechtsfolgen einverstanden sind. Durch Vertrag können abweichende Regelungen nur insoweit getroffen werden, als sie günstiger sind als der gesetzliche Mindestschutz. Diesem Zweck dient der Abschluss eines sog. Personalüberleitungsvertrages. Hieraus folgt auch, dass die Regelungen einer solchen Vereinbarung im Zweifel nicht den gesetzlichen Mindestschutz beinhalten, denn dann wären sie überflüssig, sondern darüber hinausgehen. Aufgrund dieses Regelungszwecks sind Bestimmungen eines Personalüberleitungsvertrages im Zweifel nicht als bloße Bezugnahme auf die kraft Gesetzes eintretenden Folgen auszulegen.
5.
Der Personalüberleitungsvertrag findet als Vertrag zugunsten Dritter auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Kläger durch eine im Personalüberleitungsvertrag vereinbarte dynamische Geltung des BAT nicht benachteiligt. Zwar begründen Tarifverträge in der Regel auch Pflichten des Arbeitnehmers, so dass sich die Arbeitsbedingungen hierdurch auch verschlechtern können. Hier geht es jedoch nicht um eine erstmalige Unterwerfung des Arbeitsverhältnisses unter die Bedingungen eines Tarifvertrages durch einen Vertrag, an dem der Mitarbeiter nicht beteiligt ist, sondern um die Sicherstellung der bisherigen dynamischen Anwendbarkeit der Tarifverträge trotz des Betriebsübergangs, der zu einer nur statischen Anwendbarkeit der Tarifverträge führen könnte. Durch den Personalüberleitungsvertrag wird daher die Rechtsstellung des Klägers nicht verschlechtert, sondern der bisherige Rechtszustand aufrechterhalten (vgl. BAG 20. April 2005 - 4 AZR 324/04 - zu II. 2. d.Gr.). Ein (unwirksamer) Vertrag zu Lasten Dritter kann hierin nicht gesehen werden.
6.
Die Höhe des zugesprochenen Geldbetrages ergibt sich aus dem Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) vom 31. Januar 2003. Die Richtigkeit der Berechnung der Klageforderung hat die Beklagte nicht bestritten. Der Anspruch des Klägers auf Verzinsung des zugesprochenen Geldbetrages ergibt sich aus § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Zulassung der Revision hat ihre Grundlage in § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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