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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 27.09.2005
Aktenzeichen: 4/18 TaBV 77/05
Rechtsgebiete: BetrVG, JAR-OPS


Vorschriften:

BetrVG § 5
BetrVG § 5 III 2 Nr. 3
BetrVG § 99
BetrVG § 101
BetrVG § 117
JAR-OPS Ziff. 1035
Ein Qualitätsmanager einer Luftverkehrsgesellschaft im Sinne von Ziffer 1035 JAR-OPS ist leitender Angestellter, wenn er aufgrund seiner Spezialkenntnise Entscheidungen der Unternehmensleitung maßgeblich beeinflusst.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 24. März 2005 - 7 BV 16/04 - abgeändert:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Versetzung.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein Luftverkehrsunternehmen. Der Antrag stellende Betriebsrat repräsentiert ihr Bodenpersonal. Die Arbeitgeberin übertrug dem bisherigen stellvertretenden Leiter ihres Flugbetriebs A zum 01. Juli 2004 die Leitung des Bereichs Flugsicherheits- und Qualitätsmanagement, ohne den Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen. Herr A ist Flugkapitän. Als solcher ist er mit einem gewissen, ein Drittel der Gesamtarbeitszeit jedenfalls nicht überschreitenden Anteil seiner Arbeitszeit nach wie vor tätig. Aufgrund der Beförderung erhält er eine monatliche Zulage von € 1.431,62 sowie eine weitere leistungsabhängige Vergütung. Die Einrichtung eines von einem Qualitätsmanager verantworteten Qualitätssystems ist für Luftverkehrsgesellschaften durch die Regelung von Ziffer 1.035 des Internationalen Luftverkehrsabkommens JAR-OPS vorgeschrieben. Danach ist es insbesondere Aufgabe eines Qualitätsmanagers, sichere Betriebsabläufe und luftverkehrstaugliche Flugzeuge zu gewährleisten. Im deutschen Luftverkehrsrecht ist die Besetzung der Stelle Voraussetzung für die Erteilung und Aufrechterhaltung der Betriebsgenehmigung eines Luftverkehrsunternehmens. Das Luftfahrt-Bundesamt überprüft das Vorliegen dieser Voraussetzungen. Es hat Anforderungen an die Qualifikation von Leitungspersonen festgelegt, in denen es u.a. heißt:

"1. Allgemeines

Gemäß JAR-OPS 1.175 (h) deutsch ist durch den Luftfahrtunternehmer ein verantwortlicher Betriebsleiter und gemäß JAR-OPS 1.035 deutsch ein Leiter des Qualitätssystems zu ernennen. Des Weiteren sind durch den Luftfahrtunternehmer gemäß JAR-OPS 1.175 (i) deutsch Fachbereichsleiter zu ernennen. Die Leitungspersonen müssen den Anforderungen der Behörde genügen. Diese Anforderungen der Behörde werden durch das Luftfahrt-Bundesamt in dieser NfL festgelegt.

...

3. Allgemeine Anforderungen an die Fachbereichsleiter gemäß JAR-OPS 1.175 (i) und den Leiter des Qualitätssystems gemäß JAR-OPS 1.035

Fachbereichsleiter bzw. Leiter des Qualitätssystems müssen Folgendes nachweisen können:

a) Umfassende Kenntnisse über:

i) JAR-OPS 1 und die damit verbundenen Vorschriften, Anforderungen und Verfahren

ii) die Beschreibungen der Betriebsbedingungen des Luftfahrtunternehmens, einschließlich Vertrautheit mit dem Qualitätssystem

iii) nationale und internationale Rechtsvorschriften und Regelungen bezogen auf den entsprechenden Funktionsbereich

b) Angemessene Managementerfahrung in einer vergleichbaren Organisation und/oder Funktion

c) Kenntnisse der Personalführung und des Arbeitsrechts

d) Einbindung in das Unternehmen durch einen Vertrag

e) Vertragliche Vereinbarung bzw. Festlegung in der Aufgabenbeschreibung (z.B. in der betrieblichen Dokumentation), dass

i) innerhalb des Fach- bzw. Funktionsbereiches fachliche Weisungsbefugnis besteht

ii) für den jeweiligen Fach- bzw. Funktionsbereich die spezielle Verantwortlichkeit gegenüber der Behörde besteht

...

9. Spezielle Anforderungen an den Leiter des Qualitätssystems gemäß JAR-OPS 1.035

a) Praktische Erfahrung und Sachverstand hinsichtlich des Betriebs und der Instandhaltung von Luftfahrzeugen in Luftfahrtunternehmen und bei der Anwendung betrieblicher Sicherheitsstandards

b) Nachweis der umfassenden Kenntnisse über

i) JAR 145

ii) Inhalte und Funktion von Qualitätssystemen

iii) Auditierungs- und Inspektionspraktiken

iv) Inhalte der Betriebshandbücher (OM und MME) des Luftfahrtunternehmens

c) Nachweis der Teilnahme an entsprechenden fachspezifischen Lehrgängen zu den Themen "Grundlagen der Qualitätssicherung und Auditierung" sowie "Qualitätssicherung in Luftfahrtunternehmen"."

Das Luftfahrt-Bundesamt bestätigte die Bestellung von Herrn A. Die von der Arbeitgeberin festgelegte Stellenbeschreibung für die Aufgabe des Sicherheits- und Qualitätsmanagers hat folgenden Wortlaut:

"Aufgabenkurzbeschreibung:

- Aufbau eines umfassenden QM-Systems in Abstimmung mit dem Accountable Manager

- Aufrechterhaltung und ständige Verbesserung des QM-Systems

- Leitung und Verantwortung für das Qualitätssicherungsprogramm nach JAR-OPS 1

- Unterstützung der Postholder bei deren Qualitätssicherungssystemen

- Erfassung, Bearbeitung, Verteilung und Verfolgung von nicht vertraulichen Reports (FliRes)

- Konzeption und Durchführung anonymisierter Flugdatenauswertungen in Abstimmung mit dem Postholder Flugbetrieb

- Leitung und Verantwortung für das Flugsicherheits- und Unfallverhütungsprogramm nach JAR-OPS 1

- Überwachung und Beurteilung des Flugsicherheitsstandards der Condor, Identifikation von Risiken

- Aussprechen von Empfehlungen zu Verbesserung des Flugsicherheitszustandes, ggf. Einforderung von Begründungen bei Nicht-Umsetzung

- Untersuchung und Analyse von Unregelmäßigkeiten, Vorfällen und Unfällen

- Ansprechpartner für alle Mitarbeiter in flugsicherheitsrelevanten Angelegenheiten

- Herausgabe regelmäßiger Flight Safety Letter und Flight Safety Bulletins an die Besatzungsmitglieder

- Zusammenarbeit mit CF und den Flugsicherheitsabteilungen anderer Firmen

Kompetenzen/Befugnisse:

- Durchführung von hausinternen Untersuchungen

- Veranlassung von und Teilnahme an Hearings (nach CF-Schema)

- Einblick in alle Abteilungen und Abteilungsbesprechungen

- Teilnahme an Meetings, die geeignet sind, den Qualitäts- und Flugsicherheitsstandard der Condor festzustellen

- Durchführung von Inspektionsflügen

Vollmachten:

- (offen)

Sondertatbestände:

- Die Anerkennung durch die zuständige Aufsichtsbehörde (LBA) ist erforderlich

- Der Flight Safety Manager wird in Absprache mit dem Flugbetriebsleiter von der Geschäftsführung ernannt, untersteht ausschließlich dieser und ist ihr gegenüber verantwortlich

- Der Flight Safety Manager soll neben seinem Einsatz als Linienkapitän auch mit der Aufgabe eines Ausbildungskapitäns betraut sein"

Herr A ist direkt gegenüber der Geschäftsführung der Arbeitgeberin verantwortlich. Seine Aufgabe fällt in den Zuständigkeitsbereich des Flugbetriebsleiters der Arbeitgeberin, der Mitglied der Geschäftsführung ist. Die Befugnisse von Herrn A sind im Einzelnen zwischen den Beteiligten streitig. Seine Position ist der Leitungsebene C, der dritthöchsten im Unternehmen, zugeordnet. Der Betriebsrat ist der Auffassung, Herr A sei nicht leitender Angestellter und leitete deshalb das vorliegende Verfahren gemäß § 101 Satz 1 BetrVG ein.

Der Betriebsrat hat behauptet, Herr A gehöre nicht dem leitenden Teil der Leitungsebene C an. Er verfüge nicht über ein Budget, könne Personal weder einstellen noch entlassen, könne die Organisation des Unternehmens nicht gestalten und habe keine Kompetenzen zur Beschaffung von Betriebsmitteln. Seine Tätigkeit sei die eines Sachbearbeiters. Er fungiere nur als Hinweisgeber für den Flugbetriebsleiter und leiste damit lediglich Zuarbeiten.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Versetzung von Herrn A als Leiter für den Bereich Flugsicherheits- und Qualitätsmanagement aufzuheben.

Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Auffassung vertreten, Herr A sei leitender Angestellter. Sie hat behauptet, alle Mitarbeiter der Leitungsebene C hätten diesen Status. Herr A sei für die Besetzung und die Führung von fünf Bodenmitarbeitern, vier Flugzeugführern und dreißig Auditoren verantwortlich und verfüge über ein eigenes Budget. Er führe eine wichtige unternehmerische Aufgabe in unternehmerischer Weise eigenverantwortlich aus und besitze einen ganz erheblichen Entscheidungsspielraum über ggf. sehr kostenträchtige Maßnahmen. Er beeinflusse die Betriebsabläufe ganz erheblich.

Wegen der weiteren Feststellungen des Arbeitsgerichts und des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Beteiligten wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses und auf die mit diesen in Bezug genommenen Schriftsätze verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Betriebsrats erkannt und - kurz zusammengefasst - zur Begründung ausgeführt, die Arbeitgeberin habe nicht hinreichend aufgezeigt, dass Herr A unternehmerische Teilentscheidungen mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung treffen könne. Er habe zwar ein hohes Maß an sachlicher Verantwortung, arbeite im Wesentlichen aber dem Flugbetriebsleiter zu. Angesichts des dichten Regelwerks für Fragen der Flugsicherheit und des Qualitätsmanagements sei es ebenso wenig erkennbar, dass Herr A durch eigene Analyse und darauf aufbauende Vorschläge unternehmerische Entscheidungen maßgeblich bestimme. Seine Entscheidungen seien weitgehend vorprogrammiert.

Gegen den am 27. April 2005 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 17. Mai 2005 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis 27. Juli 2005 am 25. Juli 2005 begründet. Sie behauptet, trotz des grundsätzlichen Letztentscheidungsrechts der Geschäftsführung treffe Herr A Entscheidungen auch hinsichtlich des ihm zugeordneten Personals eigenständig. Er habe weit über ein bloßes Vorschlagsrecht hinausgehende Entscheidungsspielräume. Die Geschäftsführung setze seine Vorschläge in aller Regel ohne weitere Prüfung um. Er trage die alleinige Verantwortung für seinen Aufgabenbereich. Seine Entscheidungen seien für das Unternehmen bindend und für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von entscheidender Bedeutung. Es handele sich um eine der wichtigsten Positionen einer Fluggesellschaft.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags der Arbeitgeberin wird auf die Schriftsätze vom 25. Juli und 19. August 2005 Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt abzuändern und den Antrag des Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.

Der Betriebsrat verweist zur Begründung seines Zurückweisungsantrags auf die Auffassung, Herr A gehöre nicht eindeutig zur Leitungsebene. Welche konkreten Entscheidungsbefugnisse und welche für die Entwicklung des Unternehmens entscheidenden Aufgaben er habe, sei nicht erkennbar.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf den Schriftsatz vom 26. August 2005 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Der Betriebsrat verlangt zu Unrecht die Aufhebung der Versetzung von Herrn A gemäß § 101 Satz 1 BetrVG, da diese personelle Maßnahme nicht dem Mandat des Betriebsrats unterlag.

1. Vor der Versetzung gehörte Herr A als Mitglied des fliegenden Personals gemäß § 117 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG nicht zu dem vom Betriebsrats repräsentierten Teil der Belegschaft. Der Teilentzug seines bisherigen Aufgabenbereichs begründete daher bereits aus diesem Grund kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG.

2. Die Herrn A durch die Versetzung übertragene Stelle gehört allerdings zum Landbetrieb der Arbeitgeberin im Sinn von § 117 Abs. 1 BetrVG. Herr A ist zwar nach wie vor als Flugkapitän tätig. Im Beschwerdeverfahren herrschte jedoch Übereinstimmung zwischen den Beteiligten, dass dies allenfalls noch ein Drittel seiner Gesamttätigkeit umfasst. Es dominiert daher die am Boden erbrachte Tätigkeit in Zusammenhang mit dem Flugsicherheits- und Qualitätsmanagement sowohl quantitativ wie qualitativ. Prägen derartige Verwaltungs-, Leitungs- oder Organisationsaufgaben am Boden die Gesamttätigkeit, ist ein Mitarbeiter auch dann dem Landbetrieb einer Luftverkehrsgesellschaft zugeordnet, wenn er daneben noch im Flugbetrieb eingesetzt wird (BAG 13. Oktober 1981 - 1 ABR 35/79 - BAGE 36/291, zu B II 1; 14. Oktober 1986 - 1 ABR 13/85 - AP BetrVG 1972 § 117 Nr. 5, zu B II 2, 3).

Die Übertragung der Stelle war jedoch deshalb nicht mitbestimmungspflichtig, weil Herr A jedenfalls in seiner neuen Position leitender Angestellter im Sinn von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist. Nach dieser Norm ist auch leitender Angestellter, wer regelmäßig Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung eines Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, sofern der Angestellte entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

a) Die Leitung des Flugsicherheits- und Qualitätsmanagement ist eine für den Betrieb eines Luftverkehrsunternehmens bedeutsame Aufgabe. Der in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG verwendete Begriff "sonstige Aufgaben" bringt zum Ausdruck, dass der Angestellte nicht nur nach Nr. 1 oder Nr. 2 der Norm, sondern auch nach Nr. 3 spezifische unternehmerische Führungsaufgaben wahrnehmen muss (BT-Dr. 11/2503, S. 30). Entscheidend ist, inwieweit dem Angestellten unternehmerische (Teil-)Aufgaben übertragen worden sind und in welchem Umfang er diese ausführt. Der Status des leitenden Angestellten ist allein von dessen Funktion her zu bestimmen und entzieht sich einer Festlegung durch Einkommensgrenzen, durch Leitungsebenen in der Unternehmenshierarchie, durch bestimmte Aus- und Vorbildungen oder durch zahlenmäßig fixierte Sach- oder Personalverantwortlichkeiten (BAG 23. Januar 1986 - 6 ABR 51/81 - BAGE 51/1, 7; 25. Oktober 2001 - 2 AZR 358/00 - EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 64, zu II 3 b).

Unternehmerische Funktionen machen einen Angestellten nur dann zum leitenden Angestellten, wenn er Aufgaben von einer gewissen Breite für das Unternehmen wahrnimmt. Nach dem Gesetzeszweck sollen von der Ausnahmebestimmung von § 5 Abs. 3 BetrVG nur solche Angestellte erfasst werden, die der Unternehmensleitung wegen ihrer Tätigkeit und der Bedeutung ihrer Funktion nahe stehen (BAG 29. Januar 1980 - 1 ABR 54/79 - BAGE 32/381; 25. Oktober 2001 a.a.O., zu II 3 b). Dabei muss es sich um einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Gesamtaufgaben handeln. Die Tätigkeiten des Angestellten darf sich nicht in Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen erschöpfen (BAG 23. Januar 1986 a.a.O., zu C I 3). Eine rein arbeitstechnisch "vorprogrammierte" Durchführung unternehmerischer Entscheidungen gehört nicht zur Unternehmensleitung. Demgegenüber schaden - wie bereits die Gesetzesformulierung zeigt - Vorgaben durch Rechtsvorschriften oder Richtlinien nicht. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Richtlinien so detailliert sind, dass alle oder die Mehrzahl der Entscheidungen bereits vorbestimmt sind (BAG 19. Januar 1975 - 1 AZR 613/74 - BAGE 27/230; 25. Oktober 2001 a.a.O., zu II 3 b). Eine fachlich oder rechtlich begrenzte unternehmerische Teilaufgabe kann dennoch genügen, um den Angestellten als leitenden Angestellten qualifizieren zu können. Sie muss dann allerdings für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs bedeutsam sein. Durch die gesetzliche Formulierung wird zum Ausdruck gebracht, dass nur solche Schlüsselpositionen im Unternehmen erfasst werden sollen, die für die Verwirklichung der unternehmerischen Zielsetzung besonders wichtig sind. Die Schlüsselfunktion muss nicht auf personellem Gebiet liegen. Es genügt, wenn der Angestellte mit wirtschaftlichen, technischen, kaufmännischen, organisatorischen oder wissenschaftlichen Führungsaufgaben betraut ist (BAG 25. Oktober 2001 a.a.O., zu II 3 b).

Herrn A obliegen derartige Aufgaben. Dass die Aufgabe des Flugsicherheits- und Qualitätsmanagers von wesentlicher Bedeutung für ein Luftverkehrsunternehmen ist, folgt bereits aus dem Umstand, dass dessen Bestellung durch Nr. 1.035 JAR-OPS vorgeschrieben und luftverkehrsrechtliche Voraussetzung der Betriebsgenehmigung einer Luftverkehrsgesellschaft ist. Verfügt eine Luftverkehrsgesellschaft nicht über einen geeigneten Qualitätsmanager, muss sie ihren Betrieb einstellen. Daran ändert nichts, dass insoweit auch die Geschäftsführung und der Flugbetriebsleiter Verantwortung tragen. Der Qualitätsmanager hat gemäß Nr. 1.035 JAR-OPS und dem deutschen Luftverkehrsrecht eine eigenständige Verantwortung. Die Arbeitgeberin verweist zutreffend darauf, dass diese Aufgabe eine Schlüsselposition in einem Luftverkehrsunternehmen ist.

Auf eine Leitungsaufgabe deutet auch die direkte fachliche Unterstellung von Herrn A unter die Geschäftsführung hin. Je höher eine Position in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie wesentliche unternehmerische Entscheidungen umfasst (BAG 23. Januar 1986 a.a.O., zu C II 2 e; 06. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 65, zu B II 3 a cc). Die Verantwortung kann dann nicht von höher liegenden Hierarchieebenen eingenommen werden. Gleichzeitig indiziert die direkte Unterstellung unter das Leitungsorgan des Unternehmens die Nähe des Angestellten zur Unternehmensführung.

Schließlich kann auch nicht die Rede davon sein, dass der Qualitätsmanager eine reine Überwachungsfunktion hat und nur durch die Normen des Luftverkehrsrechts vorprogrammierte Entscheidungen umsetze. Dass die Aufgabe, Rechtsvorschriften zu beachten und anzuwenden der Stellung als leitender Angestellter nicht zwingend entgegensteht, ist in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 letzter Teilsatz BetrVG gesetzlich klargestellt worden. Dies kommt hier zum Tragen. Gerade komplizierte und umfangreiche normative Vorgaben führen oft zu erheblichen Anwendungs- und Auslegungsproblemen und entbinden den Rechtsanwender nicht von der Aufgabe, die Rechtsfragen eigenverantwortlich zu würdigen und zu entscheiden. Zudem ist es auch Aufgabe von Herrn A, den Flugbetrieb zu überwachen, Probleme zu analysieren und Vorschläge für Verbesserungen zu machen. Dies ist alles andere als eine vorprogrammierte Anwendung bestehender Vorgaben und beschränkt sich keineswegs auf eine Rechtsanwendungskontrolle. Es obliegt der eigenverantwortlichen Gestaltung des Qualitätsmanagers, wie er die Aufgaben ausführt, die Überwachung durchführt, welche Probleme er wie analysiert und welche Verbesserungsvorschläge er macht.

b) Die Position des Qualitätsmanagers setzt weiter besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraus. Gemäß dem Gesetzeswortlaut kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die tatsächliche persönliche Qualifikation des Stelleninhabers, sondern auf die mit der Erfüllung der Aufgaben verbundenen Anforderungen an (Hess. LAG 08. August 2003 - 12 TaBV 39/01 - n.v., zu II 2; GK-BetrVG-Kraft 7. Aufl. § 5 Rz 95; Fitting BetrVG 22. Aufl. § 5 Rz 374). Die besonderen Anforderungen an den Leiter des Qualitätsmanagements ergeben sich aus den Ziffern 2 und 9 der Festlegungen des Luftfahrt-Bundesamtes. Dass es sich insoweit um besondere Kenntnisse im Sinn von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG handelt, hat der Betriebsrat auch nicht in Zweifel gezogen.

c) Schließlich ist davon auszugehen, dass Herr A unternehmerisch bedeutsame Entscheidungen zumindest maßgeblich beeinflusst. Es kann daher dahinstehen, ob er selbst derartige Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft.

Eine maßgebliche Einflussnahme im Sinn von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG liegt vor, wenn der Angestellte aufgrund seiner Position Fakten schafft, die bei der Findung der unternehmens- oder betriebsleitenden Entscheidungen nicht unbeachtet gelassen werden können (BT-Dr. 11/2503 S. 30; BAG 29. Januar 1980 a.a.O., zu B I 1 a (1); 25. Oktober 2001 a.a.O., zu II 3 b). Auch eine rein planende und beratende Tätigkeit kann zu den unternehmerischen Schlüsselfunktionen gehören, wenn ein Angestellter unternehmerische Entscheidungen in einer Weise vorbereitet, die es der Unternehmensführung nicht gestattet, an den Vorschlägen vorbeizugehen. Aufgrund der Arbeitsteilung und Spezialisierung in Unternehmen ist es deren Leitungsorganen aber häufig unmöglich, sämtliche Leitungsfunktionen selbst auszuüben (BAG 11. Januar 1995 - 7 ABR 33/94 - BAGE 79/80, zu B I 3 c; 25. Oktober 2001 a.a.O., zu II 3 b). Der Arbeitgeber bedarf der gezielten Vorbereitung durch besonders qualifizierte Mitarbeiter, die Sachverhalte strukturieren, Probleme analysieren und darauf aufbauend Vorschläge unterbreiten und auf diese Weise die unternehmerische Entscheidung maßgeblich mitbestimmen. Dadurch erlangen Angestellte mit derartigen Aufgaben erheblichen Einfluss auf die Unternehmensführung (BAG 06. Dezember 2001 a.a.O., zu B II 3 a bb).

Dies trifft auf die Aufgabe von Herrn A zu. Er verfügt über Spezialfähigkeiten, die es ihm erlauben, Vorschläge zu unterbreiten, an denen die Geschäftsführung der Arbeitgeberin nicht vorbei kommt. Im Beschwerdetermin bestand Übereinstimmung darüber, dass kein Mitglied der Geschäftsführung der Arbeitgeberin über entsprechende Kompetenzen verfügt. Angesichts der luftverkehrsrechtlichen Verantwortung der Geschäftsführung kommt diese bereits deshalb regelmäßig nicht umhin, die aufgrund dieser Kompetenzen qualifizierten Vorschläge von Herrn A zu berücksichtigen. Der Betriebsrat hat auch nicht aufgezeigt, wer sonst im Unternehmen die fraglichen Entscheidungen maßgeblich bestimmen könnte.

3. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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