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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.07.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 138/05
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 4 I
TVG § 4 III
TVG § 4 V
Die Konkurrenz zwischen einen (speziellen) Haus-Tarifvertrag und dem Flächentarifvertrag ist nach der Spezialitätsregel auch dann zugunsten des Haus-Tarifvertrages zu lösen, wenn dieser lediglich nachwirkt. Die Lösung einer solchen Tarifkonkurrenz nach einer sog. "Qualität der Tarifnormen" zugunsten des nicht nur nachwirkenden Flächentarifvertrages ist abzulehnen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2004 - 1/7/1 Ca 10886/03 - wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers seit dem 01. April 2003.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 14. Juni 1993 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Grundlage ist der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 14. Juni 1993 (Ablichtung Bl. 88/88R d. A.). Ziffer 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages lautet:

"Dem Arbeitsverhältnis liegen die jeweils gültigen Tarifverträge der Brot- und Backwarenindustrie zugrunde."

In Ziffer 13 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist bestimmt:

"Soweit in diesem Vertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen werden, gelten gesetzliche und die jeweils gültigen tarifvertraglichen Vorschriften sowie die betrieblichen Vereinbarungen und Anweisungen."

Der Kläger ist seit Beginn des Arbeitsverhältnisses in der Shop-Bäckerei eingesetzt und wird nach Lohngruppe 6 des jeweils gültigen Lohn- und Gehaltstarifvertrages der hessischen Brot- und Backwarenindustrie vergütet.

§ 3 der einschlägigen Lohn- und Gehaltstarifverträge für die Brot- und Backwarenindustrie Hessen, abgeschlossen jeweils zwischen dem Verband deutscher Großbäckereien e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar, sahen und sehen Tariflöhne gestaffelt nach sechs Lohngruppen wie folgt vor:

"Lohngruppe

1. Schichtführer, leitende Konditoren 115 %

2. Ofenführer, Maschinenführer(Anlagenführer), Teigmacher, sonstige Handwerker 110 %

3. Kraftfahrer, Verkaufsfahrer 105 %

4. Bäcker 100 %

5. ungelernte Arbeitskräfte mit schwerer oder schwieriger Arbeit 90 %

6. ungelernte Arbeitskräfte mit einfacher Arbeit wie z.B. Brot schneiden, Einpacken, Glasieren, Zuckern, Putzarbeiten 82 %"

§ 5 Ziff. 2 Abs. 3 des Manteltarifvertrages für die hessische Brotindustrie vom 04. Dezember 1996 lautet:

"Übt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten aus, so wird er in die Tarifgruppe eingestuft, die seiner überwiegenden Tätigkeit entspricht."

Mit Datum vom 14. Juli 2000 trafen die Beklagte und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar, eine "Ergänzungsvereinbarung zu § 3 (Lohngruppe 6) des Lohn- / Gehaltstarifvertrages Brotindustrie - Hessen - in der jeweils gültigen Fassung", wonach sie "nachstehende Protokollnotiz" zum genannten Lohn- und Gehaltstarifvertrag abschlossen. Wegen des vollständigen Wortlauts dieser Ergänzungsvereinbarung nebst Anlagen wird auf die Ablichtung (Bl. 43 - 48 d. A.) Bezug genommen. Sie lautet auszugsweise:

"§ 1 Geltungsbereich

a) räumlich: für die Betriebsstätte X, Y-Str.

b) fachlich und persönlich: für alle Arbeitnehmer des o. g. Betriebes (die Mitglied der Gewerkschaft NGG im DGB sind)*.

1. Die Vertragsparteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass aufgrund der Arbeitsorganisation in der Produktion eine differenziertere Beschreibung der Tätigkeiten aller gewerblicher Arbeitnehmer sinnvoll ist. Insbesondere ist eine differenzierte Beschreibung der Tätigkeiten, die der Lohngruppe 6 zuzuordnen sind, notwendig.

2. Die beschriebenen Tätigkeiten werden nach den Kriterien Belastungen, Fähigkeiten/Fertigkeiten und Verantwortung gewichtet.

...

Sind die Kriterien ... erfüllt, wird ein jeweils 2%iger Zuschlag, ausgehend von der Tariflohngruppe 6, gewährt. Für die Kriterien ... kann ein 1%iger Zuschlag, ausgehend von der Tariflohngruppe 6, gewährt werden.

3. Tätigkeitsbeschreibungen und Gewichtungen entsprechend der aufgeführten Kriterien ergeben sich aus den Anlagen 1 - 4 dieser Vereinbarung. Die Anlagen 1 - 4 sind Vertragsbestandteil.

...

5. Die Einstellung der Arbeitnehmer, soweit sie nicht nach Art und Zuordnung den Bewertungsgruppen 1 - 5 einzustellen sind, erfolgt in die Lohngruppe 6.

...

8. Aus Anlaß des Inkrafttretens dieser Protokollnotiz dürfen bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert werden.

9. Diese Protokollnotiz tritt zum 01.08.2000 in Kraft. Sie kann mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsschluß gekündigt werden, erstmals zum 31.12.2001.

Sie endet ohne Nachwirkung zu dem Zeitpunkt, wenn durch Tarifregelung die Differenz zwischen der Lohngruppe 5 und 6 des oben genannten Tarifvertrages verändert wird.

Beide Parteien verpflichten sich für diesen Fall unverzüglich eine neue Ergänzungsvereinbarung zu vereinbaren."

In der Anlage "Shop-Bäckerei" zu der Ergänzungsvereinbarung sind die sich aus der Ablichtung (Bl. 45 d. A.) ergebenden Tätigkeiten aufgeführt und unter dem Kriterium "Belastung" mit Gewichtungsfaktoren von 2 oder 3 versehen. Im streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 01. April 2003 hat der Kläger ausschließlich Tätigkeiten ausgeführt, welche in dieser Anlage aufgeführt sind.

Die Beklagte war und ist während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses Mitglied des tarifvertragschließenden Verbandes deutscher Großbäckereien e. V. gewesen. Der Kläger war und ist nicht tarifgebunden.

Er hat für die Zeit ab 01. April 2003 seine Eingruppierung in die Lohngruppe 5 begehrt und die Ansicht vertreten, er übe überwiegend "schwere Arbeit" im Sinne der Tätigkeitsbeschreibung dieser Lohngruppe aus. Der Kläger hat behauptet, er arbeite seit April 2003 zu etwa 25 % als Abschütter, zu etwa 20 % an der Rijkaartanlage als Absetzer und Abnehmer, zu etwa 15 % in der Fritschhalle, zu etwa 10 % an der Anlage 1 als Abnehmer, zu etwa 10 % an der Anlage 2 als Abnehmer und zu etwa 20 % als Springer in allen Bereichen der Shop-Bäckerei. Wegen des konkreten Vortrages des Klägers zum Inhalt dieser von ihm ausgeübten Tätigkeiten, insbesondere Anzahl und Größe der dabei von ihm zu bewegenden Gewichte, von ihm einzunehmender Körperhaltungen und weiterer Belastungsfaktoren, wie beispielsweise Temperaturunterschieden, wird auf die Klageschrift, dort unter 1.12, 1.2 und 1.21 (Bl. 5 d. A.), unter 1.23 (Bl. 6/7 d. A.), unter 1.24 (Bl. 7 d. A.), unter 2.5 und 2.6 (Bl. 8 d. A.) und unter 3.5 und 3.6 (Bl. 9 d. A.), die Anlage K 1, dort unter 2. (Bl. 22/23 d. A.), unter 3. (Bl. 23/24 d. A.), unter 6. (Bl. 25/26 d. A.), unter 11. (Bl. 28 - 30 d. A.) und unter 14. (Bl. 31 - 33 d. A.) sowie die Ergänzungen im Schriftsatz vom 16. Juni 2004, dort Seite 2 - 4 (Bl. 121 - 123 d. A.) und in der Anlage K1 A (Bl. 127 - 138 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass er ab April 2003 in die Lohngruppe 5 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages der hessischen Brotindustrie vom 30. Juli 2002 einzugruppieren sei.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, alle in der Shop-Bäckerei ausgeübten Tätigkeiten nach Lohngruppe 6 seien in dem Ergänzungstarifvertrag vom 14. Juli 2000 aufgeführt. Da der Kläger ausschließlich solche Arbeiten verrichte, komme seine Eingruppierung in Lohngruppe 5 nicht in Betracht. Der Kläger werde wie alle anderen nach Lohngruppe 6 vergüteten Mitarbeiter flexibel mit allen in der Shop-Bäckerei anfallenden einfachen Tätigkeiten für ungelernte Hilfskräfte eingesetzt. Eine Springertätigkeit sei dies nicht. Nach Lohngruppe 5 seien Mitarbeiter zu bezahlen, die aufgrund ihrer langjährigen Mitarbeit eigentlich die gleiche Qualifikation wie ein ausgelernter Bäcker mitbrächten. Die körperliche Belastung spiele bei dieser Lohngruppe keine Rolle. Im Übrigen berücksichtige die Ergänzungsvereinbarung die körperliche Belastung.

Die Beklagte hat behauptet, nach zutreffender Terminologie handele es sich bei dem von dem Kläger als sog. "Absetzen" an der Rijkaartanlage bezeichneten Tätigkeit um die Tätigkeit des sog. "Belegens" und "Abnehmens". Wegen des Vortrages der Beklagten im Einzelnen zu dem Inhalt der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten wird auf den Schriftsatz vom 31. März 2004 (Bl. 60 - 87 d. A.) nebst Anlage B1 (Bl. 90 - 112 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch, nach der Lohngruppe 5 vergütet zu werden. Es könne dahinstehen, ob die von ihm seit dem 01. April 2003 ausgeübten Tätigkeiten wegen der damit verbundenen körperlichen Belastung den Merkmalen dieser Lohngruppe entsprächen. Seine in der Shop-Bäckerei verrichteten Tätigkeiten entsprächen jedenfalls den spezielleren Tarifmerkmalen der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000, die deshalb über die einzelvertragliche Inbezugnahme vorrangig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien einwirkten. Mit den in der Ergänzungsvereinbarung aufgestellten Tätigkeiten hätten die Parteien dieser Ergänzungsvereinbarung diese Tätigkeiten für den Betrieb der Beklagten der Lohngruppe 6 zugeordnet und den im Lohn- und Gehaltstarifvertrag erwähnten Tätigkeiten gleichgestellt. Die weiteren Differenzierungen in der Ergänzungsvereinbarung u. a. nach dem Kriterium der Belastung führten lediglich zu einer Zuschlagspflichtigkeit innerhalb der Lohngruppe 6 und erlaubten keine Eingruppierung in die Lohngruppe 5. Dabei handele es sich auch nicht um eine Umgehung der Lohngruppe 5, sondern den Tarifvertragsparteien stehe es frei, über ergänzende Haustarifverträge den Bedürfnissen der an dem Haustarifabschluss Beteiligten besser gerecht werdende Vereinbarungen abzuschließen. Die Ergänzungsvereinbarung wolle auch nicht lediglich solche Tätigkeiten, die ohnehin der Lohngruppe 6 zuzuordnen seien, lediglich mit Zuschlägen versehen, diese aber nicht ihrerseits der Lohngruppe 6 zuordnen. Den Tarifvertragsparteien sei es erklärtermaßen darauf angekommen, die im Betrieb der Beklagten vielfältiger auftretenden Arbeitsvorgänge auch eingruppierungsmäßig zu erfassen.

Gegen dieses ihm am 27. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 25. Januar 2005 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 22. Februar 2005 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, wonach die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 ihm den Zugang zu Lohngruppe 5 des Lohntarifvertrages der Brotindustrie Hessen versperre. Er trägt vor, es sei nicht Sinn und Zweck der Ergänzungsvereinbarung gewesen, den Anwendungsbereich der Lohngruppe 6 zu Lasten der Lohngruppe 5 zu erweitern. Die Vertragsparteien seien sich bei Abschluss der Vereinbarung einig gewesen, dass die Ergänzungsvereinbarung so zu lesen sei, dass zunächst an Hand der allgemeinen Merkmale der Lohngruppen 5 und 6 und der Tätigkeitsbeispiele in der Lohngruppe 6 zu prüfen sei, ob eine Tätigkeit in die Lohngruppe 5 oder die Lohngruppe 6 gehöre. Erst wenn diese Überprüfung eine Zuordnung als einfach, leicht im Sinne der Lohngruppe 6 ergäbe, sei die Ergänzungsvereinbarung anzuwenden. Die Überschrift als "Ergänzungsvereinbarung" zeige bereits, dass man nicht die bisherige tarifliche Einteilung der Lohngruppen ändern, sondern lediglich habe ergänzen wollen. In Ziffer 1 der Ergänzungsvereinbarung stehe nochmals, dass die Ergänzungsvereinbarung eine differenzierte Beschreibung der Tätigkeiten enthalte, die der Lohngruppe 6 zuzuordnen seien. Ziffer 5 der Vereinbarung lege nochmals fest, dass nur Arbeitnehmer, bei denen sich nach Art und Zuordnung der Lohngruppen 1 bis 5 keine Eingruppierung ergebe, in die Lohngruppe 6 eingruppiert würden. Nach der Besitzstandswahrungsklausel in Ziffer 8 müsse hier die Lohngruppe 5 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages als bessere Lohnbedingung angesehen werden, welche immer noch in Kraft sei. Die Ergänzungsvereinbarung führe zudem nur die Einzeltätigkeiten als kleinste Einheiten, nicht jedoch die Kombination von verschiedenen Einzeltätigkeiten auf, was das Arbeitsgericht nicht beachtet habe. Die Ergänzungsvereinbarung sei dahingehend auszulegen, dass es keine Sperre zur Lohngruppe 5 für diejenigen Arbeitnehmer gebe, die verschiedene Kombinationen der Tätigkeiten laut Ergänzungsvereinbarung ausübten. Es handele sich um eine summarische und nicht um eine analytische Arbeitsbewertung. Deshalb sei es auch durchaus möglich, gleich lautende Tätigkeiten in verschiedene Lohngruppen einzuordnen. Bei der Beklagten würden weit über die Hälfte der Mitarbeiter in der Shop-Bäckerei nach Lohngruppe 6 bezahlt werden, bei den anderen Großbäckereien seien dies stets unter 10 %.

Zudem habe die Beklagte, was zwischen den Parteien unstreitig ist, die Ergänzungsvereinbarung zum 30. September 2003 gekündigt. Der Kläger trägt hierzu vor, die Beklagte habe mit diesem Zeitpunkt die Ergänzungsvereinbarung aus der Dynamisierung herausgenommen und die linearen Erhöhungen gemäß den neuen Lohntarifverträgen vom 22. September 2003 und 11. Oktober 2004 nicht für die Zuschläge laut Ergänzungsvereinbarung berücksichtigt. Der Kläger ist der Ansicht, dass damit unter Berücksichtigung von Ziffer 9 der Ergänzungsvereinbarung eine Nachwirkung der Ergänzungsvereinbarung in Bezug auf die Höhergruppierung von Lohngruppe 6 auf 5 mit Wirkung vom 01. Oktober 2003 entfalle, sodass seine Eingruppierung zumindest seit dieser Zeit in die Lohngruppe 5 möglich sei, auch wenn man im Übrigen die Auffassung des Arbeitsgerichts teilen sollte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2004 - AZ.: 1/7/1 Ca 10886/03 abzuändern und festzustellen, dass er seit dem 01. April 2003 in die Lohngruppe 5 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages der hessischen Brotindustrie vom 30. Juli 2002 sowie der Folgelohn- und Gehaltstarifverträge der hessischen Brotindustrie einzugruppieren sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zu Recht das Begehren des Klägers auf Eingruppierung in die Lohngruppe 5 abgewiesen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Selbst wenn der Kläger einen Anspruch auf Höhergruppierung haben sollte, habe er diesen angesichts des Umstandes, dass er bei einer annähernd zwölfjährigen unveränderten Beschäftigung immer die gleichen Tätigkeiten ausgeübt habe und seine Eingruppierung in die Lohngruppe 6 akzeptiert habe, jedenfalls verwirkt.

Sie hat im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz angegeben, ihrer Einschätzung nach seien noch etwa 260 Arbeitnehmer in ihrem Betrieb beschäftigt, welche ebenfalls Tätigkeiten ausübten, die in den Anlagen 1 - 4 zu der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführt seien und nach Lohngruppe 6 vergütet würden. Mit diesen habe sie hinsichtlich der Bezugnahmeklauseln gleich lautende Arbeitsverträge abgeschlossen.

Wegen des vollständigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 16. Februar 2005 (Bl. 184 - 187 d. A.) und vom 04. April 2005 (Bl. 194 - 200 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 12. Juli 2005 (Bl. 201/201R d. A.) ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach dem Beschwerdewert gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchstabe b) ArbGG an sich statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO) Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Die Klage ist zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welcher die Berufungskammer folgt, als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage auch in der Privatwirtschaft zulässig (vgl. nur BAG, Urteile vom 03. November 2004 - 5 AZR 73/04, nicht amtlich veröffentlicht, zit. nach juris und vom 17. April 2002 - 5 AZR 400/00, AP Nr. 34 zu § 322 ZPO, vom 17. Juli 2003 - 8 AZR 319/02, nicht amtlich veröffentlicht, zit. nach juris und vom 20. Juni 2002 - 8 AZR 499/01, vom 03. Dezember 1997 - 10 AZR 777/96, nicht amtlich veröffentlicht, zit. nach juris und vom 28. Mai 1997 - 10 AZR 580/96 sowie vom 04. September 1996 - 4 AZR 168/95, AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge Bergbau m. w. N.). Zumindest für die Zukunft, auf die sich die Klage auch erstreckt, kann der Kläger seine Ansprüche nicht beziffern und ist damit an der Erhebung einer Leistungsklage gehindert (vgl. dazu BAG, Urteile vom 17. Juli 2003 - 8 AZR 319/02 sowie vom 10. Juli 1996 - 4 AZR 759/94, AP Nr. 2 zu § 17 TV Arb Bundespost und vom 23. September 1992 - 4 AZR 30/92, AP Nr. 1 zu § 612 BGB Diskriminierung).

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Eingruppierung in Lohngruppe 5 der jeweils gültigen Lohn- und Gehaltstarifverträge der hessischen Brot- und Backwarenindustrie ab 01. April 2003. Wie zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, übt der Kläger auch seit diesem Zeitpunkt ausschließlich Tätigkeiten aus, welche in der Anlage "Shop-Bäckerei" der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführt sind. Diese Ergänzungsvereinbarung findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung. Dies gilt auch, soweit die Ergänzungsvereinbarung mit Wirkung ab 01. Oktober 2003 nur noch nachwirkt. Die Ergänzungsvereinbarung nebst Anlagen ist, wie auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahingehend auszulegen, dass die Parteien der Ergänzungsvereinbarung die in den Anlagen aufgeführten Tätigkeiten für den Betrieb der Beklagten der Lohngruppe 6 der jeweils gültigen Lohn- und Gehaltstarifverträge für die hessische Brot- und Backwarenindustrie zugeordnet haben. Da diese - ergänzenden - Richtbeispiele nur dieser und nicht mehreren Lohngruppen zugeordnet wurden, kommt eine Eingruppierung des Klägers allein nach Lohngruppe 6, nicht nach Lohngruppe 5 in Betracht. Keiner Entscheidung bedarf daher, ob der Kläger ohne entsprechende Zuordnung seiner Tätigkeiten zu der Lohngruppe 6 nach den allgemeinen Lohngruppenmerkmalen "schwere Tätigkeiten" im Sinne der Lohngruppe 5 ausüben würde.

a) Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers finden kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme nicht nur die Branchentarifverträge der hessischen Brot- und Backwarenindustrie, sondern, soweit diese abweichende Regelungen enthält, auch die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 Anwendung. Die Bezugnahmeklausel in Ziffer 1 des Arbeitsvertrages ist dahin auszulegen, dass mit den jeweils gültigen Tarifverträgen der Brot- und Backwarenindustrie nicht nur entsprechende Branchentarifverträge, sondern auch mögliche Haustarifverträge Anwendung finden sollen. Eine Beschränkung lediglich auf eine Geltung der Branchentarifverträge lässt sich aus der Formulierung "Tarifverträge der Brot- und Backwarenindustrie" nicht entnehmen. Denn auch ein Haustarifvertrag ist in seinem Geltungsbereich für die "Brot- und Backwarenindustrie" gültig. In Ziffer 13 des Arbeitsvertrages haben die Parteien dementsprechend auf die Geltung "der jeweils gültigen tarifvertraglichen Vorschriften" abgestellt. Damit sind von den Parteien auch mögliche Haustarifverträge in Bezug genommen. Der Umstand, dass die Beklagte auch bei Abschluss des Arbeitsvertrages bereits tarifgebunden war, stützt diese Auslegung. Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, hat eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme eines bestimmten Tarifwerkes als sog. Gleichstellungsabrede regelmäßig den Zweck, die Gleichstellung der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer mit denjenigen Arbeitnehmern herbeizuführen, für die die in Bezug genommenen Tarifbestimmungen kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gelten (so in ständiger Rechtsprechung der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts, vgl. zuletzt nur Urteil vom 30. August 2000 - 4 AZR 581/99, AP Nr. 12 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag m. w. N.). Im Falle beiderseitiger Tarifgebundenheit findet, soweit Tarifkonkurrenz zwischen einem Branchentarifvertrag und einem Haustarifvertrag besteht, der speziellere Haustarifvertrag selbst dann Anwendung, wenn er für die Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen enthält. Für die Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG ist insoweit kein Raum. Dieses stellt eine Kollisionsregelung für das Verhältnis von schwächeren zu stärkeren Rechtsnormen dar. Es ist nicht anzuwenden, wenn mehrere tarifvertragliche und damit gleichrangige Regelungen zusammentreffen. Nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz stellen Firmentarifverträge gegenüber Verbandstarifverträgen stets die speziellere Regelung dar (BAG in ständiger Rechtsprechung, siehe zuletzt nur Urteil vom 24. Januar 2001 - 4 AZR 655/99, AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz m.w.N.). Dementsprechend erfasst die Inbezugnahme des einschlägigen Tarifwerkes im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien ebenfalls die von der Beklagten für ihren Betrieb mit der tarifvertragschließenden Gewerkschaft geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 und zwar selbst insoweit, als sie die Regelungen des Verbands-Lohn-und-Tarifvertrages möglicherweise zu Lasten der Arbeitnehmer verdrängt.

b) Die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers auch für die Zeit ab 01. Oktober 2003 Anwendung. Zwar hat die Beklagte sie zum 30. September 2003 gekündigt. Auch bloß nachwirkende Tarifverträge "gelten" aber grundsätzlich im Sinne arbeitsvertraglicher Inbezugnahmeklauseln. Die Bezugnahme läuft im Nachwirkungszeitraum weiter (so auch BAG, Beschluss vom 27. Januar 1987 - 1 ABR 66/85, AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972 unter B. III. 2 b der Gründe und Urteil vom 29. Januar 1975 - 4 AZR 218/74, AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung; Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl., 2004, RdN. 297 zu § 3).

aa) Dies gilt auch, soweit die Ergänzungsvereinbarung von den nicht nur nachwirkenden, sondern zwischen den beiderseits Tarifgebundenen unmittelbar und zwingend weitergeltenden Branchenlohn- und Gehaltstarifverträgen abweicht.

Allerdings befürworten Wank (in Wiedemann, TVG, 6. Aufl. 1999, RdN. 282 zu § 4) und Wiedemann (in Anm. zu BAG, Urteil vom 04. Dezember 1974 - 5 AZR 75/74, AP Nr. 2 zu § 3 TVG) im Falle einer Tarifkonkurrenz zwischen einem lediglich nachwirkenden und einem "nach § 4 Abs. 1 TVG voll wirksamen" Tarifvertrag eine Lösung der Tarifkonkurrenz dahingehend, dass hier die Qualität der Tarifnormen entscheiden müsse. Der nachwirkende Tarifvertrag entfalte nur eine beschränkte Schutzwirkung und müsse deshalb gegenüber einem voll durchgreifenden Tarifvertrag zurücktreten, selbst dann, wenn er im Einzelnen eine sachlich günstigere Regelung für die Arbeitnehmer enthalte. Nach dieser Auffassung würde für die beiderseits Tarifgebundenen im Betrieb der Beklagten mit Wirkung ab dem 01. Oktober 2003 die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 keine Anwendung mehr finden, soweit sie von dem Branchenlohn- und Gehaltstarifvertrag abweichende Regelungen enthält. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die arbeitsvertragliche Inbezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge für das Arbeitsverhältnis des Klägers als Gleichstellungsabrede anzusehen ist, müsste dies dann entsprechend für den Kläger gelten.

Die Berufungskammer folgt dieser Ansicht jedoch nicht. Eine Kollisionsregel bei bestehender Tarifkonkurrenz nach der "Qualität der Tarifnormen" ist abzulehnen. Sie findet weder eine Grundlage im Gesetz, noch erscheint sie sachgerecht. Soweit sich Wank auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04. Dezember 1974 (5 AZR 75/74, AP Nr. 2 zu § 3 TVG) beruft, ist das Bundesarbeitsgericht dort zu einer Geltung des nicht nur nachwirkenden Tarifvertrages gerade nicht anhand der "Qualität der Tarifnormen" gekommen, sondern aufgrund der Zeitkollisionsregel. Wiedemann begründet seine Auffassung mit dem Argument, der voll wirksame Tarifvertrag biete den Arbeitnehmern insgesamt und auf Dauer den besseren Schutz. Dies ist, insbesondere wenn wie vorliegend die speziellere Tarifvereinbarung für den Betrieb der Beklagten nur einzelne vom Branchentarif abweichende Regelungen enthält, jedoch nicht zwingend. Gegen die Auffassung von Wank und Wiedemann spricht zudem, dass mit der Zeitkollisions- und der Spezialitätsregel sachgerechte und hinreichende Entscheidungskriterien für die Lösung einer Tarifkonkurrenz zur Verfügung stehen. Die Gründe, die im Falle einer entsprechenden Tarifkonkurrenz dem jeweils spezielleren Tarifvertrag den Vorrang einräumen, sprechen ebenso für seinen Vorrang, wenn er "nur" nachwirkt. Das Tarifvertragsgesetz differenziert nicht hinsichtlich der Qualität eines unmittelbar und zwingend nach § 4 Abs. 1 TVG geltenden Tarifvertrages und eines nach § 4 Abs. 5 TVG nachwirkenden. § 4 Abs. 5 TVG enthält allein eine Einschränkung der Geltung eines nachwirkenden Tarifvertrages, als dessen Rechtsnormen nur so lange weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. So lange wie eine andere Abmachung nicht getroffen ist, gelten seine Rechtsnormen ebenso wie nach § 4 Abs. 1 TVG.

bb) Die für den hier streitigen Zeitraum maßgeblichen, nach der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 geschlossenen Branchenlohn- und Gehaltstarifverträge vom 30. Juli 2002, 22. September 2003 und 11. Oktober 2004 stellen keine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG dar. Die die Ergänzungsvereinbarung schließenden Parteien haben diese vielmehr ausdrücklich "zu § 3 (Lohngruppe 6) des Lohn- / Gehaltstarifvertrages Brotindustrie - Hessen - in der jeweils gültigen Fassung" vereinbart. Die Ergänzungsvereinbarung als speziellere tarifvertragliche Vereinbarung geht daher auch den nachfolgenden Lohn- und Gehaltstarifverträgen vor, soweit sie abweichende Regelungen enthält. Auch die nachfolgend abgeschlossenen Lohn- und Gehaltstarifverträge für die hessische Brotindustrie sind insoweit keine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG. Die Ergänzungsvereinbarung endet vielmehr nach einer Kündigung gemäß § 1 Ziffer 9 Abs. 2 erst dann ohne Nachwirkung, wenn durch Tarifregelung die Differenz zwischen der Lohngruppe 5 und der Lohngruppe 6 verändert wird. Dies ist auch durch die Lohn- und Gehaltstarifverträge vom 30. Juli 2002, 22. September 2003 und 11. Oktober 2004 nicht der Fall gewesen. Auch danach beträgt der Tariflohn für Lohngruppe 6 weiterhin 82 vom Hundert, der Tariflohn für Lohngruppe 5 weiterhin 90 vom Hundert des Ecklohns von 100 vom Hundert der Lohngruppe 4.

c) Die Berufungskammer schließt sich der Auslegung der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 durch das Arbeitsgericht an, wonach die sie abschließenden Parteien die in den Anlagen, insbesondere auch der Anlage "Shop-Bäckerei", aufgeführten Tätigkeiten der Lohngruppe 6 zugeordnet haben. Dies ergibt bereits der in § 1 Ziffer 1 der Ergänzungsvereinbarung festgehaltene Zweck, wonach aufgrund der Arbeitsorganisation in der Produktion eine differenziertere Beschreibung der Tätigkeiten aller gewerblichen Arbeitnehmer für sinnvoll gehalten wird, insbesondere eine differenzierte Beschreibung der Tätigkeiten, die der Lohngruppe 6 zuzuordnen seien. Die die Vereinbarung schließenden Parteien haben lediglich gemäß § 1 Ziffer 2 die Zahlung bestimmter Zuschläge, ausgehend von der Lohngruppe 6, vorgesehen, wobei sich die relevanten Tätigkeitsbeschreibungen und Gewichtungen nach § 1 Ziffer 3 der Vereinbarung aus den Anlagen, die Vertragsbestandteil seien, ergeben. In welcher Höhe diese Zulagen weiterhin auch an den Kläger zu zahlen sind, auch seitdem die Ergänzungsvereinbarung nur nachwirkt, ist hingegen nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

Die in den Anlagen zu der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführten Tätigkeiten wirken damit wie Richtbeispiele für die Lohngruppe 6, wenn auch unter Begründung einer Zuschlagspflichtigkeit. Die Erfordernisse einer Lohngruppe sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urteil vom 20. September 1995 - 4 AZR 450/94, AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie, m.w.N.), welcher die Berufungskammer folgt, dann als erfüllt anzusehen, wenn ein Arbeitnehmer eine einem dieser Lohngruppe zugeordneten Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit überwiegend auszuüben hat. Bestimmen die Tarifvertragsparteien Tätigkeitsbeispiele für bestimmte Vergütungsgruppen, bringen sie damit zum Ausdruck, dass sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe als erfüllt ansehen, wenn diese Tätigkeit in dieser Vergütungsgruppe als Richtbeispiel aufgeführt ist; die Tarifvertragsparteien bringen mit den Tätigkeitsbeispielen in Vergütungsgruppen erkennbar zum Ausdruck, die dort angeführten Tätigkeiten erfüllten etwa vorangestellte allgemeine Tätigkeitsmerkmale (BAG, Urteile vom 13. November 1996 - 4 AZR 747/94, ZTR 1997, S. 174, 175; vom 20. September 1995 - 4 AZR 450/94, a.a.O., und vom 14.Mai 1986 - 4 AZR 134/85, AP Nr. 119 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Dementsprechend haben auch die Parteien der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 für den Betrieb der Beklagten die in ihren Anlagen aufgeführten Tätigkeiten durch Zuordnung zur Lohngruppe 6 tariflich bewertet.

Die von dem Kläger vertretene Auslegung der Ergänzungsvereinbarung findet demgegenüber in ihren Regelungen keine Stütze. Tarifverträge sind in ihrem normativen Teil wie Gesetze auszulegen. Ein möglicherweise von den Tarifvertragsparteien beabsichtigter Zweck ist bei der Auslegung daher nur insoweit zu berücksichtigen, als er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat; hierzu ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen; für die bei Zweifeln darüber hinaus mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien (Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages) gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge (BAG in st. Rspr. seit Urteil vom 12. September 1984 - 4 AZR 336/82, AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Nach dem Gesamtzusammenhang der Ergänzungsvereinbarung, nämlich ausweislich § 1 Ziffern 1 bis 3, sind die diese abschließenden Parteien jedoch gerade davon ausgegangen, dass die von ihnen in den Anlagen aufgeführten Tätigkeiten der Lohngruppe 6 zuzuordnen sind. Dass diese in den Anlagen aufgeführten Tätigkeiten hingegen auch der Lohngruppe 5 zugeordnet werden könnten, ist danach ausgeschlossen. Nach der Ergänzungsvereinbarung sollte vielmehr für den Betrieb der Beklagten klargestellt werden, dass diese Tätigkeiten einerseits der Lohngruppe 6 zuzuordnen seien, andererseits für sie je nach Gewichtung aber ein Zuschlag zu zahlen sei. Damit ist für den Betrieb der Beklagten quasi eine Zwischenlohngruppe installiert worden. Dass auch dann, wenn ein Arbeitnehmer ausschließlich Tätigkeiten ausübt, welche in den Anlagen der Ergänzungsvereinbarung aufgeführt sind, diese zunächst erst anhand der allgemeinen Lohngruppenmerkmale der Lohngruppe 5 ("schwere oder schwierige Arbeit") oder der Lohngruppe 6 ("einfache Arbeit") zugeordnet werden müssten, widerspräche dem gesamten Sinn und Zweck der Ergänzungsvereinbarung. § 1 Ziffer 5 der Vereinbarung ergibt insoweit nichts Anderes, sondern betrifft lediglich die Zuordnung neu eingestellter Arbeitnehmer. § 1 Ziffer 8 sieht zwar vor, dass bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert werden dürfen. Der Kläger wurde aber auch schon vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung nach Lohngruppe 6 vergütet. Die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 hat demgegenüber eine Besserstellung für ihn erbracht, als danach die von ihm verrichteten Tätigkeiten einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages begründeten.

Auch das Argument des Klägers, jedenfalls die Kombination von verschiedenen Einzeltätigkeiten, auch wenn sie in der Anlage "Shop-Bäckerei" zur Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführt seien, sperre nicht eine Vergütung nach Lohngruppe 5, findet weder in der Ergänzungsvereinbarung noch in dem Branchentarifwerk eine Grundlage. Der Manteltarifvertrag sieht vielmehr ausdrücklich vor, dass ein Arbeitnehmer, der mehrere Tätigkeiten ausübt, in die Tarifgruppe einzustufen sei, die seiner überwiegenden Tätigkeit entspricht. Die Ergänzungsvereinbarung enthält insoweit keine abweichende Regelung. Der Kläger übt ausschließlich Tätigkeiten aus, die nach der Anlage "Shop-Bäckerei" in Verbindung mit § 1 Ziffern 1 bis 3 der Ergänzungsvereinbarung der Lohngruppe 6 zuzuordnen sind. Ein Anspruch auf Höhergruppierung, wenn mehrere verschiedene Tätigkeiten einer Lohngruppe ausgeübt werden, ist hingegen nicht vorgesehen.

d) Da der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch schon nicht besteht, bedarf keiner Entscheidung, ob vorliegend, wie die Beklagte meint, eine Verwirkung des Rechts auf zutreffende Eingruppierung in Betracht kommt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, nachdem die Berufung des Klägers erfolglos geblieben ist.

Die Zulassung der Revision findet ihre Grundlage in § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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