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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 22.10.2007
Aktenzeichen: 4 Ta 357/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 51
ZPO § 141
ZPO § 240
ZPO § 380
Im Fall der Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wird das Verfahren durch die Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Beschwerdeführers nicht unterbrochen.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 20. Juli 2007 - 4 Ca 449/06 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 300 €.

Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten über diverse Vergütungsforderungen und weiterer Ansprüche des dortigen Klägers. Das Arbeitsgericht ordnete das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers, des Beklagten des Ausgangsverfahrens, zum Gütetermin vom 05. Dezember 2006 an. Der Beschwerdeführer erschien ohne vorherige Entschuldigung nicht. Das Arbeitsgericht bestimmte Kammertermin zunächst auf den 16. Februar 2007 und ordnete das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers erneut an. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2007 beantragte der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers die Verlegung des Kammertermins und begründete dies mit einer Erkrankung des Beschwerdeführers. Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag und bestimmte einen neuen Kammertermin auf den 05. April 2007. Mit Schriftsatz vom 02. April 2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers erneut eine Terminsverlegung unter Hinweis auf eine Kur des Beschwerdeführers bis 22. April 2007. Das Arbeitsgericht verlegte darauf den Kammertermin auf den 04. Mai 2007. Mit Schriftsatz vom 02. Mai 2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers eine Verlegung dieses Termins, da der Beschwerdeführer bis 15. Mai 2007 krank geschrieben sei. Darauf bestimmte das Arbeitsgericht einen neuen Kammertermin auf den 20. Juli 2007 und wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass sein Erscheinen in diesem Termin zwingend erforderlich sei, da gegebenenfalls eine Parteivernehmung durchgeführt werde. Eine erneute Entschuldigung wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung setze die Vorlage eines Verhandlungsunfähigkeit bescheinigenden ärztlichen Attests voraus. Am 20. Juni 2007 erschien der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht. Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers erklärte, er wisse nicht, warum dieser nicht erschienen sei. Darauf setzte das Arbeitsgericht das angefochtene Ordnungsgeld fest. Aufgrund des Termins erließ es einen Beweisbeschluss, demgemäß der Beschwerdeführer als Partei vernommen werden soll.

Der Beschwerdeführer legte gegen den am 01. August 2007 zugestellten Ordnungsgeldbeschluss am 09. August 2007 sofortige Beschwerde ein, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat und die der Beschwerdeführer trotz einer entsprechenden Auflage der Beschwerdekammer nicht begründet hat. Am 07. August 2007 eröffnete das Amtsgericht Gießen die Insolvenz über das Vermögen des Beschwerdeführers.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Beschwerdeverfahren ist trotz der Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Beschwerdeführers nicht nach § 240 S. 1 ZPO unterbrochen. Die Unterbrechungswirkung betrifft höchstpersönliche Rechtsbeziehungen des Schuldners nicht (Uhlenbruck InsO 12. Aufl. § 35 Rn. 22; Musielak-Stadler ZPO 5. Aufl. § 240 Rn. 5; Zöller-Greger ZPO 26. Aufl. § 240 Rn. 8). Dies trifft auf eine Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gemäß § 380 Abs. 3 ZPO zu. Mit einem Ordnungsgeld gemäß §§ 380 Abs. 1 S. 1, 141 Abs. 3 S. 1 ZPO wird ein persönliches Verschulden einer Partei mit einer straf- bzw. bußgeldähnlichen Sanktion geahndet (vgl. etwa Hess. LAG 16. Februar 2006 - 4 Ta 20/06 - AuR 2006/175 L, zu II 2; 19. September 2006 - 4 Ta 388/06 - n.v., zu II 1; 29. Mai 2007 - 4 Ta 157/07 - BeckRS 2007/4, zu II 2; jeweils m. w. N.). Es fehlt daher ebenso wie bei einem Straf- und Bußgeldverfahren ein Anlass für die Annahme einer Verfahrensunterbrechung. Die Ahndung eines derartigen Verschuldens liefe leer, wenn sie von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Betroffenen abhinge.

2. Das Arbeitsgericht hat das Ordnungsgeld zu Recht gemäß §§ 51 Abs. 1 ArbGG, 141 Abs. 3 S. 1, 380 Abs. 1 S. 1 ZPO wegen des Nichterscheinens des Beschwerdeführers im Termin vom 20. Juli 2007 festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat sein Ausbleiben vor und nach dem Termin mit keinem Wort entschuldigt.

Das Ordnungsgeld ist auch nicht in der Höhe zu beanstanden. Zwar kommt in der Regel bei einer finanziell leistungsfähigen Partei bei einer erstmaligen Säumnis nur ein Ordnungsgeld von bis zu 200 € in Betracht (Hess. LAG 29. Mai 2007 a. a. O., zu II 2). Hier ist angesichts der Umstände jedoch eine Überschreitung dieses Betrages gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat den Beschwerdeführer vor dem Termin über die allgemeine Belehrung gemäß § 141 Abs. 3 S. 3 ZPO hinaus ausdrücklich darüber belehrt, dass seine Präsenz wegen der beabsichtigten Parteivernehmung zwingend erforderlich sei und dass eine erhebliche Entschuldigung die vorherige Vorlage eines Verhandlungsunfähigkeit belegenden ärztlichen Attestes voraussetzt. Wenn der Beschwerdeführer darauf gleichwohl ohne jegliche Information der Verfahrensbeteiligten ausblieb, handelte es sich um eine gravierende Brüskierung des Gerichts und aller anderen Verfahrensbeteiligten, die bisher mit großer Geduld und großem Verständnis auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gesundheitsbeeinträchtigungen reagiert hatten. Dies macht die Ermessensausübung des Arbeitsgerichts bei der Bestimmung der Höhe des Ordnungsgeldes gut vertretbar.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 72 Abs. 2, 78 S. 2 ArbGG besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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