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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 24.04.2007
Aktenzeichen: 4 TaBV 24/07
Rechtsgebiete: BetrVG, SGB IX, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 93
BetrVG § 99
SGB IX § 73
SGB IX § 81
ZPO § 256
Ein Betriebsrat kann einer für mehr als acht Wochen geplanten Einstellung eines Leiharbeitnehmers widersprechen, wenn der Arbeitgeber vor der Einstellung nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen geprüft hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung angehört hat.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2006 - 14/9 BV 484/06 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Betriebsrat der Einstellung einer Leiharbeitnehmerin oder eines Leiharbeitnehmers nicht wirksam widersprechen kann,

1. weil der Antragsteller vor einer befristeten Einstellung von höchstens acht Wochen nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen geprüft hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung angehört hat,

2. weil der Antragsteller in der betriebsinternen Ausschreibung der betreffenden Stelle darauf hingewiesen hat, dass der Arbeitsplatz mit einer Leiharbeitnehmerin oder einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der zu 2) beteiligte Betriebsrat der Einstellung von Leiharbeitnehmern aus bestimmten Gründen widersprechen kann.

Der antragstellende Arbeitgeber betreibt Pflegeheime. Der Betriebsrat repräsentiert die regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer des Arbeitgebers. Er hat ein allgemeines Ausschreibungsverlangen im Sinne von § 93 BetrVG erhoben. Der Arbeitgeber stellt regelmäßig Leiharbeitnehmer u.a. auch für Zeiträume von nicht mehr als acht Wochen und/oder mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 18 Stunden ein. Er schreibt für Leiharbeitnehmer vorgesehene Stellen nicht als Stellen für eigene Arbeitnehmer aus, sondern offenbart, dass auf diesen Leiharbeitnehmer beschäftigt werden sollen.

Der Arbeitgeber beabsichtigte, vom 13. Mai 2005 bis zum 12. Februar 2006 Frau A, eine nicht schwerbehinderte Leiharbeitnehmerin des Unternehmens B mbH, einzustellen. Er sah von der Prüfung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ab, ob der freie Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, nahm nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf und beteiligte die bei ihm gebildete Schwerbehindertenvertretung nicht nach §§ 81 Abs. 1 Satz 6, 95 Abs. 2 SGB IX. Nachdem der Betriebsrat der Einstellung zunächst unter Hinweis auf die fehlende Ausschreibung der Stelle widersprochen hatte, schrieb der Arbeitgeber eine Stelle als "Mitarbeiter/in für Betreuung über B mbH" mit einer Vergütung "nach Rechnungsstellung B" aus. Mit Schreiben vom 28. Juni 2005 beantragte er die Zustimmung des Betriebsrats zu der Einstellung von Frau A zum 01. Juli 2005. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 30. Juni 2005 gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 3, 5 BetrVG. Die Stellenausschreibung für Mitarbeiter der B mbH sei unrichtig, da dadurch im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmern eine Bewerbung verwehrt werde. Diese würden dadurch ungerechtfertigt benachteiligt. Weiter habe der Arbeitgeber gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IX die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu prüfen und nach § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen gehabt.

Darauf leitete der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG unter dem Az. - 14 BV 806/05 - ein. Das Arbeitsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 25. Januar 2006 zurück (Bl. 4 - 14 d.A.). Nachdem die Einstellung von Frau A am 12. Februar 2006 beendet war, erklärte der Arbeitgeber mit Schriftsatz vom 23. Februar 2006 den Zustimmungsersetzungsantrag für erledigt. Gleichzeitig legte er bei der erkennenden Kammer Beschwerde ein und kündigte auf Bl. 2 dieses Schriftsatzes die in der Anlage zur Antragsschrift (Bl. 18 d.A.) ersichtlichen zukunftsgerichteten Feststellungsanträge an, mit denen festgestellt werden sollte, dass die vom Betriebsrat genannten Gründe keine Widerspruchsgründe im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG darstellten. Nach einem Hinweis der erkennenden Kammer in dem unter dem Az. - 4 TaBV 34/06 - geführten Beschwerdeverfahren auf die fehlende Beschwer nahm der Arbeitgeber die Beschwerde zurück. Er verfolgt sein Feststellungsanliegen im vorliegenden Verfahren weiter. Zwischenzeitlich hat das Arbeitsgericht in dem Verfahren - 22 BV 856/05 - einen weiteren Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers rechtskräftig zurückgewiesen, nachdem der Betriebsrat der Einstellung eines weiteren Leiharbeitnehmers aus identischen Gründen widersprochen hatte. Der Betriebsrat erklärte, er werde seine Zustimmung zu weiteren personellen Maßnahmen auch künftig aus diesen Gründen verweigern, sofern der Arbeitgeber seine Vorgehensweise nicht ändere.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX beträfen nicht die Einstellung von Leiharbeitnehmern. Bei der Arbeitnehmerüberlassung unterliege der Verleiher diesen sozialrechtlichen Pflichten, nicht aber der Entleiher. Die Einschaltung der Agentur für Arbeit sei sinnlos, da diese keine schwerbehinderten Leiharbeitnehmer verleihe. Jedenfalls könnten diese Pflichten nicht Stellen betreffen, die im Sinne von § 73 Abs. 3 SGB IX nur für die Dauer von höchstens acht Wochen besetzt sind oder auf denen Beschäftigte mit weniger als 18 Wochenstunden beschäftigt werden. Schließlich sei der Arbeitgeber auch durch § 93 BetrVG nicht verpflichtet, Stellen unwahr als Stellen für eigene Arbeitnehmer auszuschreiben, wenn lediglich die Einstellung von Leiharbeitnehmern beabsichtigt sei.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

1. festzustellen, dass kein Widerspruchsgrund des Betriebsrates gegenüber der beantragten Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers besteht, wenn der Arbeitgeber vor der Einstellung des Leiharbeitnehmers keine Prüfung der Besetzungsmöglichkeit dieses Arbeitsplatzes mit einem schwerbehinderten Menschen vorgenommen hat und insoweit auch weder die Schwerbehindertenvertretung noch das Arbeitsamt eingeschaltet hat,

hilfsweise festzustellen, dass ein solcher Widerspruchsgrund jedenfalls dann nicht besteht, wenn die Beschäftigung auf höchstens acht Wochen begrenzt ist oder der Leiharbeitnehmer weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt werden soll,

2. festzustellen, dass es keinen Widerspruchsgrund des Betriebsrats gegen die beantragte Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers darstellt, wenn in der vorangegangenen betriebsinternen Ausschreibung darauf verwiesen ist, dass der zu besetzende Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll.

Der Betriebsrat hat zur Begründung seines Zurückweisungsantrags an seinen Widerspruchsgründen festgehalten und die Auffassung vertreten, die Notwendigkeit der Prüfung einer Besetzung freier Stellen mit Schwerbehinderten ergebe sich zwischenzeitlich auch aus §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 2 AGG.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 49, 50 d.A.) einschließlich der mit diesem in Bezug genommenen Schriftstücke und insbesondere auf den Inhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 25. Januar 2006 - 14 BV 806/05 - Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Zwischen den Beteiligten sei nicht streitig, dass die Einstellung von Leiharbeitnehmern grundsätzlich mitbestimmungspflichtig sei. Die Beantwortung der von den Beteiligten aufgeworfenen Rechtsfragen hänge von den Umständen der Einzelfälle ab. Da diese Umstände unklar seien, könne nicht geprüft werden, ob das Beteiligungsrecht in Bezug auf eine konkrete Maßnahme oder auf vielfältige hypothetische Maßnahmen geprüft werden solle. Die Beteiligten strebten damit die Erstellung eines Rechtsgutachtens an. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen unter II. der Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 51 - 53 d. A.) Bezug genommen.

Der Arbeitgeber hat gegen den am 25. Januar 2007 zugestellten Beschluss am 05. Februar 2007 Beschwerde eingelegt und diese am 19. März 2007 begründet. Er ist der Ansicht, er sei befugt, das Recht des Betriebsrats zum Widerspruch gegen zukünftige personelle Maßnahmen zur Entscheidung zu stellen, nachdem der Betriebsrat sich - unstreitig - zweimal auf diese Gründe berufen und - ebenfalls unstreitig - erklärt hat, auch in Zukunft in gleicher Weise zu verfahren. Dass Leiharbeitnehmer für verschiedene Positionen in Betracht kommen, ändere daran nichts, da ein Widerspruchsrecht aus den fraglichen Gründen bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern in keiner möglichen Fallgestaltung bestehe. Für die Zurückweisung des Antrags zu 2) fehle jede Begründung.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Arbeitgebers wird auf den Schriftsatz vom 15. März 2007 Bezug genommen.

Der Arbeitgeber beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2006 - 14/9 BV 484/06 - abzuändern und festzustellen, dass der Betriebsrat der Einstellung einer Leiharbeitnehmerin oder eines Leiharbeitnehmers nicht wirksam widersprechen kann,

1. weil der Arbeitgeber vor der Einstellung nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen geprüft hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung angehört hat,

hilfsweise die Feststellung gemäß des Hauptantrags zu treffen für den Fall, dass die Beschäftigung auf höchstens acht Wochen begrenzt ist oder die Leiharbeitnehmerin bzw. der Leiharbeitnehmer weniger als 18 Stunden pro Woche beschäftigt werden soll,

2. weil der Arbeitgeber in der betriebsinternen Ausschreibung der betreffenden Stelle darauf hingewiesen hat, dass der Arbeitsplatz mit einer Leiharbeitnehmerin oder einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll.

Der Betriebsrat verteidigt zur Begründung seines Zurückweisungsantrags die Entscheidung des Arbeitsgerichts wie im Schriftsatz vom 10. April 2007 ersichtlich.

B.

Die Beschwerde ist zum Teil begründet.

I.

Die Anträge des Arbeitgebers sind jedenfalls in der Fassung aus dem Anhörungstermin vom 24. April 2007 als negative Feststellungsanträge zulässig. Beide Voraussetzungen von § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Gegenstand der Anträge ist das Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen. Zudem hat der Arbeitgeber ein rechtliches Interesse an deren Feststellung.

1. Auch im Beschlussverfahren muss Gegenstand eines Feststellungsantrags ein Rechtsverhältnis sein (vgl. etwa BAG 27. Januar 2004 - 1 ABR 5/03 - AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 56, zu B; 18. Januar 2005 - 3 ABR 21/04 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 24, zu B II 2). Ein Rechtsverhältnis ist eine rechtlich geregelte Beziehung zwischen Personen. Nicht zulässig ist ein Feststellungsantrag, wenn statt über ein Rechtsverhältnis über abstrakte Rechtsfragen entschieden werden soll. Dasselbe gilt, wenn lediglich Vorfragen eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung gestellt werden (BGH 03. November 1995 - V ZR 182/94 - NJW 1996/452, zu II 2; BAG 24. Juni 1999 - 6 AZR 605/97 - AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 5, zu II; 19. Juni 2001 - 1 AZR 463/00 - BAGE 98/76, zu II 1). Im Interesse der Verfahrensökonomie kann ein Feststellungsantrag dagegen auf Teile eines Rechtsverhältnisses, etwa auf einzelne Beziehungen oder Folgen des Rechtsverhältnisses, beschränkt werden (sog. Elementenfeststellungsklage, vgl. BAG 30. März 1994 - 7 ABR 45/93 - BAGE 76/214, zu B III; 20. Februar 2001 - 4 AZR 18/00 - AP TVG § 4 Nr. 20, zu A; 15. März 2006 - 4 AZR 75/05 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 3, zu I 1).

Gegenstand der Anträge des Arbeitgebers sind jedenfalls in der Fassung aus dem Beschwerdetermin nicht reine Vorfragen von Rechtsverhältnissen. Vielmehr geht es dem Arbeitgeber um die Feststellung künftiger Rechtsverhältnisse, nämlich die der Unwirksamkeit künftiger auf die in den Anträgen genannten Gründe gestützter Widersprüche des Betriebsrats. Da ein Widerspruch gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unmittelbar beeinflusst, handelt es sich bei diesem um ein Rechtsverhältnis.

2. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens dieser Rechtsverhältnisse. Ein Streit der Betriebspartner über Bestand, Inhalt und Umfang eines Mitbestimmungsrechts kann mit einem Feststellungsantrag geklärt werden. Dazu genügt in der Regel, dass sich der Betriebsrat eines Mitbestimmungsrechts berühmt und der Arbeitgeber dieses bestreitet. Liegt der Vorgang, der zu dem Streit geführt hat, in der Vergangenheit, entfällt das Feststellungsinteresse, wenn der Vorgang abgeschlossen ist und sich aus ihm keine Rechtswirkungen mehr für die Zukunft ergeben. Ist der erledigte Streitfall dagegen Ausdruck einer allgemeinen Rechtsfrage, die dem Streit zugrunde liegt, kann diese Rechtsfrage vom Anlassfall hinreichend losgelöst umschrieben und zukunftsgerichtet zur Entscheidung gestellt werden, wenn die den Streit auslösende Maßnahme häufiger im Betrieb auftritt und sich künftig jederzeit wiederholen kann (BAG 18. April 2000 - 1 ABR 22/99 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 33, zu B I 1; 11. Juni 2002 - 1 ABR 44/01 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 70, zu B III 1 - 3; 25. Januar 2005 - 1 ABR 59/03 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 114, zu B I 2). Dies gilt insbesondere auch bei personellen Maßnahmen (BAG 29. Februar 2000 - 1 ABR 5/99 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36, zu B II 1; 19. Juni 2001 - 1 ABR 25/00 - BAGE 98/70, zu B II 1 a).

Die Anträge des Arbeitgebers entsprechen diesen Voraussetzungen. Der Arbeitgeber stellt in ständiger Praxis Leiharbeitnehmer ein, und zwar auch für acht Wochen nicht übersteigende Zeiträume und/oder mit einer Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 18 Stunden. Er schreibt die Stellen als Leiharbeitnehmerstellen aus, prüft nicht die Möglichkeit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IX und beteiligt die Schwerbehindertenvertretung nicht nach § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX. Er beabsichtigt, diese Praxis fortzusetzen. Der Betriebsrat beabsichtigt seinerseits, auch künftig Einstellungen aus den in den Anträgen genannten Gründen zu widersprechen. Damit hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Klärung dieser dem erledigten Anlassfall zugrunde liegenden Streitfragen.

Dem steht entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht die Vielfalt der denkbaren Funktionen der einzustellenden Leiharbeitnehmer entgegen. Da die Maßnahmen, die Gegenstand der Anträge sein sollen, mit dem Begriff der Einstellung eines Leiharbeitnehmers hinreichend präzise beschrieben wurden, ist diese Frage keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Anträge. Den Anträgen ist nur zu entsprechen, wenn in allen von den Anträgen als Globalanträgen umfassten Fallgestaltungen Widersprüche des Betriebsrats wie vom Arbeitgeber geltend gemacht unwirksam wären (vgl. BAG 06. Dezember 1994 - 1 ABR 30/94 - BAGE 78/379, zu B II 2; 19. Juli 1995 - 7 ABR 60/94 - BAGE 80/296, zu II 3). Die Möglichkeit, die Streitfragen losgelöst vom Anlassfall zukunftsgerichtet zur Entscheidung zu stellen, dient gerade dem Zweck, durch eine rechtskräftige Entscheidung Rechtssicherheit für eine Vielzahl zukünftiger Fälle zu schaffen, für die die Streitfrage von Bedeutung ist.

II.

Die Anträge sind zum Teil begründet.

1. Der Betriebsrat kann der Einstellung eines Leiharbeitnehmers wirksam gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG widersprechen, wenn der Arbeitgeber vor der Einstellung nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen geprüft hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen hat und/oder nicht im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung angehört hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Einstellung für nicht mehr als acht Wochen beabsichtigt ist.

a) Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit - insbesondere bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten - Schwerbehinderten besetzt werden können. Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX haben sie zu diesem Zweck frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen. Dass die Einstellung eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers zur Besetzung eines freien Arbeitsplatzes unter Verstoß gegen die Verpflichtung des Arbeitgebers gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX bzw. nach der Vorgängerbestimmung von § 14 Abs. 1 Satz 1 SchwbG a. F. unabhängig von der Erfüllung der Schwerbehindertenbeschäftigtenquote durch den Arbeitgeber einen Widerspruch des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG rechtfertigt, ist durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geklärt (BAG 14. November 1989 - 1 ABR 88/88 - BAGE 63/226, zu B 2 - 4; 10. November 1992 - 1 ABR 21/92 - BAGE 71/337, zu B II 2 a). Diese Regelung soll die Mitwirkung der Agentur für Arbeit bei der Eingliederung Schwerbehinderter in den Arbeitsmarkt gewährleisten. Arbeitslosen Schwerbehinderten soll die Möglichkeit gegeben werden, in das Arbeitsleben wiedereingegliedert zu werden. Die Förderung von deren Eingliederung zählt auch zu den gesetzlichen Aufgaben von Betriebsräten (§ 93 Satz 1 SGB IX). Nach § 93 Satz 2 SGB IX haben Betriebsräte insbesondere zu überwachen, ob der Arbeitgeber seine Pflichten u.a. nach § 81 SGB IX erfüllt. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX, verletzt die Einstellung eines nicht schwerbehinderten Bewerbers diese Rechtsnormen, nämlich die Pflicht des Arbeitgebers zur frühzeitigen Prüfung, ob der Arbeitsplatz mit einem Schwerbehinderten hätte besetzt werden können. Ein Betriebsrat kommt damit seinen Aufgaben nach § 93 SGB IX nach, wenn er einer solchen Einstellung widerspricht. Nichts anderes gilt für einen Verstoß gegen die in diesen Fällen ebenfalls bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX.

b) Die erkennende Kammer hat darüber hinaus mit Beschluss vom 17. Oktober 2006 (- 4 TaBV 42/06 - nicht rechtskräftig, zu B I 2 c bb) die Ansicht vertreten, dass diese Pflichten des Arbeitgebers auch bei der internen Besetzung freier Stellen durch eine Versetzung bereits beschäftigter Arbeitnehmer bestehen. Die Kammer hat dies mit folgenden Erwägungen begründet:

"Wortlaut, Systematik und Normzweck von § 81 Abs. 1 SGB IX sprechen gegen eine Differenzierung zwischen Einstellungen einerseits und Versetzungen andererseits. Der Normtatbestand stellt generell auf freie Arbeitsplätze und nicht etwa nur auf Arbeitsplätze ab, die extern besetzt werden sollen. Auch der Normzweck bezieht sich keineswegs nur auf letztere Fallgruppe. Aus dem Tatbestandsmerkmal der "frühzeitigen" Prüfung der Möglichkeit der Besetzung einer Stelle mit arbeitslosen Schwerbehinderten ist abzuleiten, dass diese Prüfung vor der Einleitung des Bewerbungsverfahrens und der Ausschreibung der Stelle und jedenfalls vor der Auswahlentscheidung des Arbeitgebers durchzuführen ist (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 11. Aufl. § 81 Rn 2; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 2. Aufl. § 81 Rn 6). Die Agentur für Arbeit muss ausreichend Gelegenheit haben, vorher Besetzungsvorschläge zu erarbeiten und dem Arbeitgeber zu unterbreiten (Schröder in Hauck/Noftz SGB IX Stand April 2006 § 81 Rn 6; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 2. Aufl. § 81 Rn 8; GK-SGB IX-Großmann Stand Juli 2006 § 81 Rn 84; ErfK-Rolfs 7. Aufl. § 81 SGB IX Rn 1). Da die Prüfungs- und Konsultationspflichten von § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX daher zu einem Zeitpunkt zu erfüllen sind, zu dem der Arbeitgeber noch keine abschließende Entscheidung getroffen hat, ist eine Differenzierung zwischen externen Einstellungen und internen Versetzungen nicht möglich. Auch die Entscheidung zwischen diesen Alternativen ist Teil der Besetzungsentscheidung, die erst nach der Erfüllung der Prüfungs- und Konsultationspflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX getroffenen werden soll. Der Arbeitgeber soll die Möglichkeit der Beschäftigung arbeitsloser Schwerbehinderter auch dann prüfen und Besetzungsvorschläge der Agentur für Arbeit auch dann zur Kenntnis nehmen, wenn er sich lediglich zu einer internen Besetzung mit einem bereits anderweitig beschäftigten Arbeitnehmer entschließt. Dementsprechend wird in der Literatur überwiegend angenommen, dass die Pflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX bei allen Arten der Besetzung freier Stellen und damit auch bei internen Besetzungen bestehen (Schröder in Hauck/Noftz a.a.O. § 81 Rn 4; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß a.a.O. § 81 Rn 3; LPK-SGB IX-Düwell § 81 Rn 12; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen a.a.O. § 81 Rn 2; dagegen ohne Begründung lediglich eine Verpflichtung bei jeder Einstellung annehmend ErfK-Rolfs a.a.O. § 81 Rn 1).

Der Arbeitgeberin ist zuzugeben, dass eine derart weitgehende Verpflichtung rechtspolitisch diskussionswürdig ist. Wird sie von Arbeitgebern konsequent erfüllt, erhalten die Agenturen für Arbeit eine Unzahl von Informationen über zu besetzende Stellen. Ob diese in der Lage sind, eine derartige Datenmenge sachgerecht zu verarbeiten und ob ggf. von ihnen übermittelte Besetzungsvorschläge tatsächlich in einem nennenswerten Umfang dazu führen, dass Arbeitgeber von möglichen betriebsinternen Umsetzungen absehen und stattdessen arbeitslose Schwerbehinderte einstellen, kann mit guten Gründen in Frage gestellt werden. Dies ändert jedoch nichts an dem Ergebnis, dass Wortlaut und Zweck der Norm eindeutig für diese Auslegung sprechen. Zudem belegt auch die Bestimmung von § 81 Abs. 1 Satz 3 SGB IX, dass es dem Gesetzgeber insgesamt um weitgehende Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Schwerbehinderter ging. Danach haben die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsfachdienste Arbeitgebern sogar von sich aus geeignete Schwerbehinderte zur Beschäftigung vorzuschlagen, auch wenn die Arbeitgeber überhaupt keinen Besetzungsbedarf mitgeteilt haben. Schon daher kann nicht angenommen werden, dass die Pflicht zur Konsultation der Agentur für Arbeit nicht bestehen soll, wenn tatsächlich eine freie Stelle zu besetzen ist. Dies wäre ein nicht zu rechtfertigender Wertungswiderspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 3 SGB IX."

c) Auch die Einstellung von Leiharbeitnehmern löst die Pflichten des Arbeitgebers nach § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX aus, sofern die Einstellung für mehr als acht Wochen geplant ist. Diese Frage wurde bisher in der Literatur kaum behandelt und, soweit dies geschah, konträr beantwortet. Nach Ansicht von Großmann (GK-SGB IX Stand April 2007 § 81 Rn 61, 62) gilt § 81 SGB IX auch bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern. Edenfeld (NZA 2006/126) hat dagegen mit ähnlichen Argumenten wie der Arbeitgeber zu begründen versucht, dass die Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX bei der Leiharbeit nur den Verleiher und nicht den Entleiher treffen. Nach seiner Auffassung ist der Begriff des Arbeitsplatzes im Sinne von § 81 Abs. 1 SGB IX auf der Grundlage der allgemeinen Definition von § 73 SGB IX in Anlehnung an die die Zahlung der Ausgleichsabgabe durch den Verleiher und nicht durch den Entleiher vorsehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 13. Dezember 2001 - 5 C 26/01 - BVerwGE 115/312) erweiternd dahin auszulegen, dass er das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem betroffenen Arbeitnehmer voraussetzt. Dies folge zudem aus dem Begriff der Bewerbung in § 81 Abs. 1 Satz 4, Satz 10 SGB IX und aus den Tatbeständen von § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX a. F., die jeweils das Bestehen eines Vertragsverhältnisses voraussetzten (Edenfeld NZA 2006/126, 127 - 130). Die Erstreckung der Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX auf den Entleiher widerspreche auch dem Zweck dieser Norm, da dann nicht klar sei, wer die sich aus dieser Norm ergebenden Pflichten zu erfüllen habe und da Differenzen zwischen Ver- und Entleiher entstehen könnten. Zudem schränke eine Anwendung von § 81 Abs. 1 SGB IX die Vertragsfreiheit und die unternehmerische Freiheit des Entleihers ohne hinreichende Grundlage ein.

Diese Argumentation überzeugt nicht. Die Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX knüpfen an das Bestehen eines freien Arbeitsplatzes an. Was unter dem Begriff Arbeitsplatz zu verstehen ist, wurde mit § 73 SGB IX allgemein für den Zweiten Teil des SGB IX definiert. Nach § 73 Abs. 1 SGB IX sind Arbeitsplätze alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer, Beamte, Richter, Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden können. Diesem Wortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass zwischen der die Stelle besetzenden und der auf der Stelle beschäftigten Person zwingend ein Vertragsverhältnis bestehen muss. Auch der Begriff der Einstellung setzt dies nicht voraus. Er verlangt lediglich eine Eingliederung, d.h. eine zumindest teilweise Unterstellung unter die Personalhoheit des Betriebsinhabers (vgl. nur BAG 13. Dezember 2005 - 1 ABR 51/04 - EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 4, zu B I 1, m.w.N.). Dementsprechend wird in der Literatur zum Teil angenommen, dass auch Arbeitsplätze beim Entleiher dem Arbeitsplatzbegriff von § 73 Abs. 1 SGB IX unterfallen (GK-SGB IX-Großmann a.a.O. § 81 Rn 55; Müller-Wenner in Müller-Wenner/Schorn SGB IX § 73 Rn 6; a.A. LPK-SGB IX-Düwell § 73 Rn 9; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 11. Aufl., § 73 Rn 23).

Dieser Auslegung steht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausgleichsabgabe nicht entgegen. Mit dieser stellt das Bundesverwaltungsgericht nicht in Abrede, dass sich der die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers gewährleistende Arbeitsplatz beim Entleiher und nicht beim Verleiher befindet. Es hat lediglich unter teleologischen Gesichtspunkten den Arbeitsplatz in Zusammenhang mit der Beschäftigungspflicht und der Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsabgabe dem Verleiher zugerechnet (BVerwG 13. Dezember 2001 a.a.O., Tz 14, 16). Diese für die Prüfung der Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß §§ 71 ff. SGB IX durch den Verleiher erforderliche Wertung ist nicht zwingend auf die Auslegung von § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX zu übertragen, zumal diese Pflichten in keinem Zusammenhang mit dem Bestehen und der Erfüllung der Beschäftigungspflicht durch den Arbeitgeber stehen, was bereits durch § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX belegt wird (GK-SGB IX-Großmann a.a.O. § 81 Rn 28 - 30; Neumann-Deinert Handbuch SGB IX § 17 Rn 79; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen a.a.O. § 81 Rn 2; LPK-SGB IX-Düwell § 81 Rn 15; HK-SGB IX-Trenk-Hinterberger § 81 Rn 4). Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausgleichsabgabe belegt nur, dass trotz der Legaldefinition von § 73 SGB IX bei einzelnen Normen des Zweiten Teils des SGB IX der Normzweck eine spezifische Auslegung des Arbeitsplatzbegriffs erfordern kann.

Für die Beziehung der Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX auf die Besetzung eines freien Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer spricht der von der Kammer mit dem zitierten Beschluss vom 17. Oktober 2006 (a.a.O., zu B I 2 c bb) erläuterte Normzweck. Sollen die Prüfungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und die Beteiligungspflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 2, Satz 6 SGB IX möglichst frühzeitig und vor einer abschließenden Besetzungsentscheidung durch den Arbeitgeber erfüllt werden, kann für die Entscheidung über die Besetzung einer freien Stelle mit Leiharbeitnehmern nichts anderes gelten als für die Entscheidung, ob eine freie Stelle extern durch eine Einstellung oder intern durch eine Versetzung besetzt wird. Dann greift die Argumentation des Arbeitgebers nicht, dass die Agentur für Arbeit keinerlei Arbeitnehmer vermitteln könne. Die Prüfungs- und Konsultationspflichten sollen bereits erfüllt werden, bevor der Arbeitgeber sich abschließend zu einer Besetzung der Stelle mit einem Leiharbeitnehmer (bzw. entsprechend mit einem bereits beschäftigten Arbeitnehmer) entschlossen hat. Die Erfüllung der Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX soll gerade eine Einwirkung auf den Entscheidungsprozess des Arbeitgebers ermöglichen.

Dieser Auslegung kann das Tatbestandsmerkmal der Bewerbung von § 81 Abs. 1 Satz 4, Satz 10 SGB IX nicht entgegengehalten werden, da es sich bei diesen Normen um unterschiedliche Tatbestände handelt, was bereits aus den beiden Alternativen des Vermittlungsvorschlags und der Bewerbung in § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX deutlich wird. Die Tatbestände von § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX setzen ebenso wie etwa der von § 81 Abs. 1 Satz 3 SGB IX gerade nicht das Vorliegen von Bewerbungen voraus. Auch ist die hier vertretene Auslegung nicht unpraktikabel. Sie bewirkt lediglich, dass sowohl der Verleiher vor der Einstellung eines zu verleihenden Arbeitnehmers als auch der Entleiher vor der Einstellung des Leiharbeitnehmers § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX zu beachten hat. Dies schränkt schließlich nicht die Vertrags- oder die Unternehmerfreiheit unzulässig ein. Entgegen der Befürchtung von Edenfeld (NZA 2006/126, 130) ermöglicht es die Norm den Arbeitsagenturen nicht, Druck zur Einstellung von Schwerbehinderten auszuüben. § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX begründet nur Prüf- und Konsultationspflichten, nicht aber eine Verpflichtung zur Einstellung Schwerbehinderter (GK-SGB IX-Großmann a.a.O. § 81 Rn 150, 159; Neumann-Deinert a.a.O. § 17 Rn 3; LPK-SGB IX-Düwell § 81 Rn 13). Die weite Fassung der Norm mag rechtspolitisch zweifelhaft sein. Sie entspricht aber - wie die Kammer mit Beschluss vom 17. Oktober 2006 (a.a.O., zu B I 2 c bb) dargelegt hat - dem von den Gerichten zu beachtenden Normzweck.

Nicht anwendbar ist § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX allerdings, wenn die Stelle mit dem Leiharbeitnehmer für nicht mehr als 8 Wochen besetzt werden soll. Dann handelt es sich nach § 73 Abs. 3 Alternative 1 SGB IX nicht um einen Arbeitsplatz im Sinne des Zweiten Teils des SGB IX. Der Normzweck gebietet insoweit keine abweichende Auslegung. Arbeitsplätze, die nur so kurzfristig besetzt werden sollen, sind nicht geeignet, den mit § 81 Abs. 1 SGB IX verfolgten Zweck der Förderung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nennenswert zu fördern. Daher ist es zur Vermeidung eines unverhältnismäßig bürokratischen Aufwands sachgerecht, die acht Wochen nicht übersteigende Einstellung von Arbeitnehmern aus dem Anwendungsbereich von § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX auszunehmen (ebenso HK-SGB IX-Trenk-Hinterberger a.a.O. § 81 Rn 5; a.A. GK-SGB IX-Großmann a.a.O., § 81 Rn 24).

Einer entsprechenden Auslegung für den Fall der Beschäftigung der Arbeitnehmer für weniger als 18 Stunden pro Woche gemäß § 73 Abs. 3 Alternative 2 SGB IX steht dagegen der Normzweck von § 81 SGB IX entgegen. Düwell (LPK-SGB IX § 81 Rn 16) hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es ein unauflösbarer Widerspruch wäre, von Arbeitgebern mit § 81 Abs. 5 SGB IX die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen zur Förderung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu verlangen, bei deren Besetzung jedoch die denselben Zweck dienenden Prüfungs- und Konsultationspflichten von § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Satz 6 SGB IX zu verneinen. Der Normzweck von § 81 SGB IX gebietet daher eine entsprechende einschränkende Auslegung von § 73 Abs. 3 Alternative 2 SGB IX im Rahmen von § 81 SGB IX (im Ergebnis ebenso GK-SGB IX-Großmann a.a.O. § 81 Rn 24).

Damit ist dem Hilfsantrag zu 1) des Arbeitgebers beschränkt auf Einstellungen von bis zu acht Wochen stattzugeben. Auch wenn es sich bei diesem Antrag um einen Globalantrag handelt, über den im Regelfall nur einheitlich entschieden werden kann, ist eine Teilstattgabe möglich. Die Notwendigkeit der einheitlichen Entscheidung über einen Globalantrag besteht ausnahmsweise nicht, wenn sich der Antrag auf voneinander zu trennende und gegeneinander klar abgrenzbare Sachverhalte bezieht (BAG 19. Juli 1995 a.a.O., zu II 3). Dies trifft auf die im Hilfsantrag zu 1) wiedergegebenen Alternativen von § 73 Abs. 3 SGB IX zu.

2. Der Antrag zu 2) ist begründet. Ein Hinweis des Arbeitgebers in einer Stellenausschreibung darauf, dass die ausgeschriebene Stelle mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll, rechtfertigt einen Widerspruch des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG nicht. Auch die vom Betriebsrat angeführten Widerspruchsgründe von § 99 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 5 BetrVG bestehen nicht.

a) Diese Art der Ausschreibung führt nicht dazu, dass im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung unterbleibt. Ein allgemeines Ausschreibungsverlangen gemäß § 93 BetrVG zwingt den Arbeitgeber nicht dazu, einen Hinweis zu unterlassen, dass die ausgeschriebene Stelle mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll. Vielmehr gilt nichts anderes als bei der Ausschreibung von Stellen, für die ein freier Mitarbeiter vorgesehen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat angenommen, dass der Betriebsrat auch für die Besetzung einer Stelle mit einem freien Mitarbeiter nach § 93 BetrVG eine betriebsinterne Ausschreibung verlangen kann. Diese dient jedoch nicht dazu, den Arbeitgeber dazu zu veranlassen, die Stelle statt einem freien Mitarbeiter einem bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu übertragen. Der Arbeitgeber hat die Stelle vielmehr als Stelle eines freien Mitarbeiters auszuschreiben, um bereits beschäftigten Arbeitnehmern, insbesondere teilzeitbeschäftigten, Gelegenheit zu geben, die Chance zu einer zusätzlichen Beschäftigung zu erlangen (BAG 27. Juli 1993 - 1 ABR 7/93 - AP BetrVG 1972 § 93 Nr. 3, zu B II 1 c).

Diese Rechtsprechung ist auf die Ausschreibung von für Leiharbeitnehmer vorgesehene Stellen zu übertragen. Auch hier ist es nicht der Zweck der Ausschreibungspflicht, den Arbeitgeber zu einer Modifizierung oder zum Verschweigen seiner Besetzungsentscheidung zu bewegen. Die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer sollen vielmehr Gelegenheit erhalten, sich bei dem vorgesehenen Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen für eine Einstellung zum Zwecke der Überlassung zu bewerben. Dies kann im Einzelfall insbesondere Teilzeitbeschäftigten zusätzliche Beschäftigungschancen eröffnen, setzt aber gerade eine Ausschreibung der Stelle als Stelle eines Leiharbeitnehmers voraus.

b) Eine derartige Ausschreibung ist für sich auch nicht geeignet, Nachteile für im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu begründen. Eine Benachteiligung kann allenfalls auf dem Entschluss des Arbeitgebers beruhen, auf einer bestimmten Stelle nicht eigenes Personal, sondern Leiharbeitnehmer zu beschäftigen. Ein wahrheitsgemäßer Hinweis auf diese Absicht allein kann dagegen nicht zu einer Benachteiligung führen, sondern ist im Gegenteil Voraussetzung für eine sachgerechte Entscheidung der Arbeitnehmer, ob sie sich um die betreffende Stelle bemühen wollen.

III.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß §§ 72 Abs. 2 Nr. 1, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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