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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: 8/11 Sa 2110/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 780
BGB § 781
BGB § 1973
BGB § 1974
BGB § 1990
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts in Gießen vom 17.11.2006 - 7 Ca 33/05 - wird abgeändert:

a) Der Beklagte wird verurteilt, als Gesamtschuldner mit A und mit B, an den Kläger 4.947,20 EUR (in Worten: Viertausend-neunhundertsiebenundvierzig und 20/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2005 zu zahlen.

b) Dem Beklagten wird als Miterben die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass des C vorbehalten.

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten als Miterben seines früheren Arbeitgebers und Versorgungsverpflichteten Betriebsrente von jeweils € 2.473,60 für die Monate Dezember 2004 und Januar 2005.

Der am 14. März 1921 geborene Kläger war bis 1981 im Forstbetrieb des C angestellt. Dieser hatte ihm betriebliche Altersversorgung zugesagt. Dem Kläger stand ab Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Betriebsrente zu, zuletzt in Höhe von € 2.473,60 monatlich.

Nachdem er 1989 den Forstbetrieb auf die Forstbetrieb GbR übertragen hatte, verstarb C am 25.09.1990. Seine Erben sind der Berufungsbeklagte sowie B (Beklagter zu 1. in der 1. Instanz) und A, der in Mexiko seinen Wohnsitz hat.

Seit 1990 hatte die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die den Forstbetrieb übernommen hatte und den Versorgungsverpflichtungen vertraglich beigetreten war, die Betriebsrente an den Kläger gezahlt. Diese Zahlungen stellte sie im November 2004 ein.

Der Kläger machte seine Rentenansprüche zunächst gegen die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltend, über deren Vermögen im März 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der PSV lehnte eine Einstandspflicht für Rentenansprüche des Klägers im Zusammenhang mit diesem Insolvenzverfahren ab, da nicht die insolvente Gesellschaft bürgerlichen Rechts ursprünglicher Versorgungsschuldner war, sondern nur aufgrund einseitigen Schuldbeitritts erfüllt hatte. Daraufhin machte der Kläger mit Schreiben vom 20. Mai 2005 seine Betriebsrentenansprüche gegenüber dem Nachlass des verstorbenen C geltend. Dessen Erben beantragten mit Schreiben vom 07.06.2005 die Eröffnung des Nachlass-Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht Friedberg lehnte nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Rechtsanwalts D (Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 10. April 2007, Bl. 232 ff. d. A.) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse ab.

Der Pensionssicherungsverein trat darauf für die 6 Monate von Februar bis Juli rückwirkend ein.

Die Renten für Dezember 2004 und Januar 2005 hat der Kläger erstinstanzlich gegen die A als Beklagten zu 1. und E als Beklagten zu 2. geltend gemacht.

Diese haben die Einrede der Dürftigkeit und Erschöpfung des Nachlasses erhoben. Der Nachlass sei von Anfang an vermögenslos gewesen. Dass aufgrund von Versorgungsverbindlichkeiten der Nachlass überschuldet und zahlungsunfähig sich darstelle, sei erst im Mai 2005 erkennbar geworden, als der Kläger Rentenforderungen gegen den Nachlass geltend machte.

Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 2. mit Teilurteil vom 17. November 2006 abgewiesen, auf das Bezug genommen wird. Hinsichtlich des Beklagten zu 1. hatte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom gleichen Tag festgestellt, dass der Rechtsstreit gegen diesen unterbrochen sei. Diesen Beschluss hat das Hessische Landesarbeitsgericht mittlerweile (Beschluss vom 21. März 2007 - 8/12 Ta 608/06) aufgehoben.

Gegen das Teilurteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er vertritt die Auffassung, der Beklagte hafte unbeschränkt, da er kein Inventarverzeichnis vorlegte und er hafte wegen unsachgemäßer Verwaltung des Nachlasses und weil er das Nachlass-Insolvenzverfahren verspätet beantragt habe. Jedenfalls seien noch Werte im Nachlass vorhanden wie Schmuck und Sammlungen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Gießen - Az.: 7 Ca 33/05 - vom 17.11.2006 den Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner mit A und mit B, an den Kläger € 4.947,20 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2005 zu zahlen;

hilfsweise,

den Nachlass an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen;

hilfsweise,

die Klage als zurzeit unzulässig abzuweisen;

hilfweise,

dem Berufungsbeklagten wird als Miterben die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass des C vorbehalten.

Der Beklagte behauptet, es sei kein geldwerter Nachlass vorhanden. Im Jahr 1989 habe C im Rahmen der Ordnung seines Nachlasses unter Lebenden sein gesamtes Vermögen, also alle Vermögensgegenstände und alle seine Verbindlichkeiten auf verschiedene Gesellschaften des bürgerlichen Rechts übertragen. Als er am 25. September 1990 verstarb, sei auch kein geldwerter Nachlass mehr vorhanden gewesen. Auch der Gutachter habe festgestellt, dass kein geldwerter Nachlass vorhanden sei, sondern der Nachlass mit ca. € 2,2 Mio. Pensionsverbindlichkeiten überschuldet sei. Weiter macht der Beklagte die Verschweigungseinrede des § 1974 BGB geltend, da der Kläger seine Ansprüche gegenüber den Erben später als 5 Jahre nach dem 1990 eingetretenen Erbfall geltend machte, nämlich erstmals im Jahr 2005.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klage ist unter Vorbehalt der Haftung auf den Nachlass begründet.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass C dem Kläger zur Zahlung einer Betriebsrente verpflichtet war und der Beklagte einer der Erben des 1990 verstorbenen C ist. Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Verpflichtung sich für die Monate Dezember 2004 und Januar 2005 auf je € 2.473,60 belief.

Gemäß § 1922 BGB ist diese Verpflichtung auf den Beklagten als einen der Erben übergegangen. Auf die Einrede des Beklagten nach den §§ 1990 BGB, 780 ZPO war dem Kläger allerdings die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass des C vorzubehalten.

Gemäß § 1990 BGB kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht wenn die Eröffnung des Nachlass-Insolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich ist. Maßgebender Zeitpunkt dafür ist nicht der Zeitpunkt des Erbfalls und auch nicht derjenige der Geltendmachung des Anspruchs sondern der der Entscheidung über die Einrede (Palandt, BGB, § 1990 Rz 3; BGHZ 85, S. 274).

Schon bei Erhebung der Einrede hatte das Amtsgericht Friedberg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass mangels einer die Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse abgewiesen. Diese Entscheidung des Amtsgerichts ist für das erkennende Gericht bindend (vgl. Staudinger/Marotzke, BGB, § 1990 Rz 6, m. w. N.).

Es kann dahinstehen, ob eine völlige Erschöpfung des Nachlasses zu einer völligen Abweisung der Klage führen darf. Das ist nämlich nur dann der Fall, wenn unstreitig ist, dass im Nachlass nicht nur eine ungenügende Masse, sondern überhaupt keine Vermögenswerte vorhanden sind (vgl. dazu Staudinger/Marotzke, BGB, § 1990 Rz 22). Ist die Erschöpfung streitig, ist der Erbe auf den Vorbehalt nach § 780 ZPO verwiesen (vgl. Staudinger/Marotzke, a. a. O.; Palandt, § 1990 Rz 12). Die Feststellung, ob und in welchem Umfang der Nachlass noch zur Befriedigung der geltend gemachten Forderung ausreicht, ist dem Vollstreckungsverfahren zu überlassen. Der Beklagte hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass im Nachlass nichts vorhanden war und ist. Auch wenn der Erblasser sein gesamtes Vermögen noch zu Lebzeiten auf verschiedene Gesellschaften bürgerlichen Rechts übertragen und mit seinem ältesten Sohn einen Erbvertrag geschlossen hat, ergibt sich angesichts der Stellung und des früheren Vermögens des Erblassers nicht, dass keinerlei geldwerte Vermögensgegenstände - etwa Schmuck und Sonderstücke - im Eigentum des Erblassers verblieben und in den Nachlass kamen. Jedenfalls war kein Inventarverzeichnis errichtet worden.

Soweit sich der Kläger auf Schadenersatzansprüche wegen ungenügender Verwaltung und verspäteter Anmeldung des Nachlass-Insolvenzverfahrens beruft, ist das tatsächliche Vorbringen hierzu unsubstantiiert und dem steht die Einrede des § 1973 BGB i. V. m. § 1974 BGB entgegen, die ebenfalls zum Vorbehalt nach § 780 ZPO führt. Der Kläger hat nicht substantiiert dargetan, dass der Beklagte den Nachlass schlecht verwaltet hätte oder dass er Anlass gehabt hätte, früher die Nachlass-Insolvenz zu beantragen. Der Kläger selbst ist erst im Jahr 2005 darauf gekommen, dass er den Beklagten als Erben in Anspruch nehmen könnte. Wegen der Versäumung der Frist des § 1974 BGB von 5 Jahren steht der Kläger einem ausgeschlossenen Nachlassgläubiger gleich und nach § 1973 BGB kann der Beklagte seine Befriedigung, soweit sie über den verbleibenden Nachlass hinausgeht, verweigern.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da er unterlegen ist. Ein Teilunterliegen des Klägers liegt auch nicht im Hinblick darauf vor, dass der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung in das Urteil aufgenommen ist (vgl. Staudinger/Marotzke, BGB, § 1990 Rz 21). Die Beschränkung der Haftung bleibt nämlich in der Zwangsvollstreckung unberücksichtigt bis aufgrund derselben gegen die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwendungen erhoben werden (§ 781 ZPO). Der Kläger hat deshalb obsiegt und einen Titel erwirkt, aus dem er die Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten betreiben kann.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

Ende der Entscheidung

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