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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.04.2009
Aktenzeichen: 8 Sa 1323/08
Rechtsgebiete: BetrAVG
Vorschriften:
BetrAVG § 1 |
Der Versorgungsberechtigte kann nicht die Erbringung der Versorgungsleistung über eine Direktversicherung, sondern Schadensersatz verlangen, wenn dem Versorgungsverpflichteten die Leistung über eine Direktversicherung nicht möglich ist.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 09. Juli 2008 - 6 Ca 9871/07 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und ihm zukünftig entsteht, dass die Beklagte die betriebliche Altersversorgung des Klägers seit 01. Juli 2006 in Höhe von 1.276,52 EUR (in Worten: Eintausendzweihundertsechsundsiebzig und 52/100 Euro) selbst und nicht über eine Direktversicherung leistet.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt, dass die Beklagte ihm die betriebliche Altersversorgung vollständig über eine Direktversicherung leistet oder ihm jedenfalls den Schaden ersetzt, der ihm durch eine andere Leistungsform entsteht.
Der im ... geborene Kläger trat im September 1969 in die Dienste einer Rechtsvorgängerin der Beklagten. Diese hatte ihm betriebliche Altersversorgung durch eine Gruppen-Direktversicherung bei einer Lebensversicherung zugesagt, deren Prämien sie trug.
Zum 01. Januar 1994 wurden die Vertragsbedingungen auf die Beklagte übergeleitet. In einer Erklärung vom 25. November 1993 dazu heißt es:
"Die betriebliche Altersversorgung (...) wird in vollem Umfang zu den bisherigen Bedingungen (...) fortgeführt. Eine eventuelle Umstellung der Finanzierungsform darf nicht zu einer Schlechterstellung des Mitarbeiters führen."
Die Parteien schlossen Anfang 2001 einen Altersteilzeitvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis nach einem Altersteilzeitverhältnis ab 01.07.2001 mit dem 30.06.2006 enden sollte. Hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung vereinbarten die Parteien:
"§ 11 Betriebliche Altersversorgung
Die Berechnungsgrundlage der betrieblichen Altersversorgung ist das fortgeschriebene Gehalt vor Eintritt in die Altersteilzeit. Die betriebliche Altersversorgung setzt ungekürzt ein, wenn unmittelbar nach dem Ausscheiden aus der ... eine Rente des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers gezahlt wird."
Seit dem 01. Juli 2006 bezieht der Kläger gesetzliche Altersrente nach Altersteilzeitarbeit. Nach den Versicherungsbedingungen der ... Lebensversicherung, die nach der Versorgungszusage die Betriebsrente zu leisten hat, kann die Rente von Männern vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur mit versicherungsmathematischem Abschlag beansprucht werden. Zum 65. Lebensjahr hätte die Rente € 2.590,32 betragen. Zum 01.07.2006 beträgt die von der Versicherung - nach versicherungsmathematischem Abschlag - gezahlte Rente € 1.313,80. Die Differenz auf die ungekürzte Rente von € 1.276,52 zahlt die Beklagte dem Kläger aus eigenen Mitteln.
Die unmittelbar von der Beklagten geleisteten Zahlungen unterliegen einer höheren Steuer als Leistungen einer Lebensversicherung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die ihm zustehende Betriebsrente in voller Höhe durch eine Gruppen-Direktversicherung bei der ... Lebensversicherungs AG zu leisten und habe zumindest den Steuernachteil, der monatlich ca. € 450,00 betrage, auszugleichen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Auszahlung seiner Betriebsrente an ihn mit Wirkung ab dem 01. Juli 2006 ausschließlich und vollständig durch eine Gruppen-Direktversicherung der ... Lebensversicherungs AG zu leisten,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihm denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entsteht und entstanden ist, dass die Beklagte die Betriebsrente teilweise nicht aufgrund einer Gruppen-Direktversicherung der ... Lebensversicherungs AG leistet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, es sei kein bestimmter Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung versprochen. Das gelte jedenfalls für die Differenz zwischen der bei Erreichung des 65. Lebensjahres sich errechnenden betrieblichen Altersversorgung aus der Gruppen-Direktversicherung und der vorzeitigt in Anspruch genommenen Leistungen. Eine Nachzahlung von Beiträgen an den Lebensversicherer für den nicht durch die Leistungen der Lebensversicherung abgedeckten Teil der Rente sei nicht möglich.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 09. Juli 2008, auf das Bezug genommen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll der Sitzung vom 08. April 2009 verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet soweit der Hilfsantrag abgewiesen wurde.
Der Kläger kann Ersatz des Schadens verlangen, der ihm dadurch entstanden ist und ihm zukünftig entsteht, dass die Beklagte in Höhe von € 1.276,52 die betriebliche Altersversorgung selbst und nicht über eine Direktversicherung leistet. Die Beklagte war verpflichtet, dem Kläger die Rente durch Leistungen einer Direktversicherung zu gewähren. Nachdem ihr das nicht in vollem Umfang möglich ist, muss sie dem Kläger den daraus entstehenden Schaden ersetzen.
1. Der Kläger hatte einen Anspruch darauf, dass die ihm zustehende Rente über eine Direktversicherung, die ... Lebensversicherungs AG, geleistet wird. Unstreitig war dem Kläger zugesagt:
"... gewährt (...) eine Altersversorgung durch eine Gruppen-Direktversicherung bei der ... Lebensversicherungs AG."
An dieser Zusage änderte auch die Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte und das Schreiben vom 25. November 1993 nichts. Dort ist nämlich festgehalten, dass die betriebliche Altersversorgung in vollem Umfang zu den bisherigen Bedingungen fortgeführt wird. Die Beklagte hatte sich auch kein Wahlrecht vorbehalten auf einen anderen Durchführungsweg überzugehen. Vielmehr ist in der Erklärung festgehalten, dass eine eventuelle Umstellung der Finanzierungsform nicht zu einer Schlechterstellung führen darf. Unstreitig führt der Übergang von einer Direktversicherung auf unmittelbare Zahlung dazu, dass die Steuerlast höher wird, der Mitarbeiter also schlechter gestellt wird. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass in der Versorgungszusage vorgesehen ist:
"Sofern ein Mitarbeiter vor Erreichen der Altersgrenze ausscheidet und eine Rente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, wird die Versicherung ebenfalls die Rente zahlen, allerdings mit einem versicherungsmathematischen Abschlag."
Die Beklagte hat im Altersteilzeitvertrag nämlich mit dem Kläger vereinbart, dass die Rente auch vorzeitig ungekürzt zu zahlen ist.
Daraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte nunmehr berechtigt wäre, einen Teil der Rente aus eigenen Mitteln und nicht über eine Direktversicherung zu leisten. Eine solche Abänderung der Versorgungszusage kann darin nicht gesehen werden. Vielmehr war es Sache der Beklagten, bei Abschluss dieser Vereinbarung eine Zusatzversicherung abzuschließen oder durch erhöhte Zahlungen einen vorzeitigen Bezug der Rente durch die Versicherung zu ermöglichen. Als Rente war nach der Versorgungszusage eine Altersversorgung durch eine Gruppen-Direktversicherung bei der ... Lebensversicherungs AG zugesagt. Ein Wechsel des Durchführungswegs bedarf nur dann nicht der Zustimmung durch den Arbeitnehmer, sofern er für den Arbeitnehmer nur Vorteile, jedenfalls keine Nachteile hat. Führt der Wechsel des Durchführungswegs jedoch für den Arbeitnehmer zu Einbußen an seiner ihm zugesagten Versorgung, ist er ohne die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers nicht möglich (vgl. Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, Rz 1299) . Eine Verschlechterung der Versorgungssituation braucht dabei nicht notwendig in einer Herabsetzung der eigentlichen Versorgungsleistung begründet sein. Auch Nebenwirkungen eines Wechsels des Versorgungsweges können diese zum Nachteil des Arbeitnehmers verändern und damit zu Einbußen führen, die der Arbeitnehmer nicht ohne seine Zustimmung hinzunehmen braucht (vgl. Höfer, a. a. O.) . Im vorliegenden Fall führt der Wechsel von einer Zahlung durch die Versicherung auf eine gleich hohe Leistung durch die Beklagte zu einer höheren Belastung des Klägers bei der Einkommenssteuer, da Beitragsaufwendungen zur Direktversicherung als zusätzlicher Arbeitslohn individuell oder pauschal versteuert sind.
2. Die Beklagte ist allerdings nicht verpflichtet, die Auszahlung der Betriebsrente ausschließlich und vollständig ab 01. Juli 2006 durch eine Gruppen-Direktversicherung der ... Lebensversicherungs AG zu leisten.
Unstreitig führt die vorzeitige Inanspruchnahme der Lebensversicherung nach deren Bedingungen zu einer Kürzung in Höhe eines versicherungsmathematischen Abschlags.
Die Beklagte hat vorgetragen und der Kläger hat das nicht substantiiert bestritten, dass es ihr nicht möglich ist, nunmehr noch Beiträge zur Erhöhung der Versicherungsleistung an die ... Lebensversicherungs AG zu entrichten oder mit dieser eine zusätzliche Lebensversicherung abzuschließen, um die Kürzung auszugleichen. Insbesondere kann die ... Lebensversicherungs AG nicht verpflichtet werden, einen entsprechenden Vertrag mit der Beklagten abzuschließen. Die von dem Kläger mit dem Hauptantrag verlangte Leistung ist der Beklagten nicht möglich. Zu einer unmöglichen Leistung kann nicht verurteilt werden.
Die Beklagte ist aber gem. § 280 BGB verpflichtet, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entsteht.
3. Die Verpflichtung, dem Kläger den steuerlichen Nachteil auszugleichen, der ihm durch die unmittelbare Zahlung entsteht, ergibt sich auch aus dem Altersteilzeitvertrag. Darin ist dem Kläger eine ungekürzte Rente zugesagt. Darunter ist zu verstehen, dass ihm der Betrag tatsächlich zufließen muss, der ihm aus der Versorgungszusage zusteht. Das ist aber der Nettobetrag, der ihm zufließen würde, wenn ihm die Rente aus einer Direktversicherung gezahlt würde.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlegen ist.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.
Ende der Entscheidung
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