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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.08.2001
Aktenzeichen: 8 Sa 146/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 252
1.

Erteilt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine fehlerhafte Auskunft über die zu erwartende betriebliche Altersversorgung, ist er dem Arbeitnehmer zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

2.

Als Schadensersatz ist nicht notwendig die fehlerhaft zu hoch berechnete Rente zu zahlen. Vielmehr ist festzustellen, welche Versorgung der Arbeitnehmer bei richtiger Auskunft nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Vorkehrungen durch Abschluss einer zusätzlichen privaten Versorgung erhalten hätte.

3.

In welcher Höhe ein Arbeitnehmer sich bei zutreffender Auskunft zusätzlich versichert hätte, kann gemäß § 287 Abs. 1 ZPO vom Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung geschätzt werden.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Urteil

Aktenzeichen: 8 Sa 146/00

Verkündet laut Protokoll am 22.08.2001

In dem Rechtsstreit

hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 8 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom durch den Vorsitzenden Richter am LAG Dr. Roßmanith als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Dr. Breidenstein 20. Juni 2001 und die ehrenamtliche Richterin Bickert als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 15. Oktober 1999 - 10/7 Ca 450/95 - wird teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im übrigen:

1.

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 27.646,- DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen aus 13.110,- DM seit dem 01.04.1999 und aus jeweils weiteren 345,- DM seit dem jeweils 1. der Folgemonate bis 01.04.2000.

2.

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger monatlich ab April 2000 bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres 345,- DM zu zahlen.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

4.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer unrichtigen Auskunft über die von ihr zu erwartende betriebliche Altersversorgung.

Der am 17. Dezember 1941 geborene Kläger war zunächst vom 01. Januar 1968 bis zum 31. Dezember 1981 bei der Beklagten angestellt. Mit Vertrag vom 30. Oktober 1984 trat er erneut zum 01. Januar 1985 in ihre Dienste. Gemäß § 15 dieses Arbeitsvertrages sollten für seine Altersversorgung die "Richtlinien für die Firmenrente" in ihrer jeweiligen Fassung gelten. Weiter war zugesichert, dass die frühere Dienstzeit ihm angerechnet würde, wenn er erneut fünf Dienstjahre zurücklegt.

Die Beklagte gewährt ihren Mitarbeitern betriebliche Altersversorgung. Es galten zunächst die "Richtlinien für die Firmenrente" vom 29. Juni 1976 (Richtlinien 1976). Diese Richtlinien wurden mit Wirkung vom 01. Januar 1985 durch die Firmenpensionsregelung vom 10. Dezember 1998 abgelöst. Diese gilt laut ihrer Ziffer 18 für alle Mitarbeiter, die ab dem 01. Januar 1985 ein regelmäßiges und unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingehen, während für die Mitarbeiter, die am 31. Dezember 1984 bei der Beklagten beschäftigt waren, Übergangsregelungen galten.

Mit Schreiben vom 04. Januar 1989 wandte sich der Kläger an die Abteilung Sozialwesen der Beklagten. Darin heißt es zu Beginn:

ich trage mich mit dem Gedanken eine private Altersversorgung abzuschließen. Um aber besser beurteilen zu können, ob dies notwendig und sinnvoll ist, vor allem aber in welcher Höhe ich einen solchen Vertrag abschließen sollte, bitte ich Sie höflichst mit mitzuteilen

a) welche Betriebsrente ich heute erhalten würde (Invaliditätsfall)

b) die Höhe der zu erwartenden Betriebsrente bei Erreichen meines 65. Lebensjahres.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 21. Februar 1997 (Bl. 160 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte antwortete darauf mit Schreiben vom 20. März 1989. Darin teilte sie dem Kläger eine Erwerbsunfähigkeitsrente seitens der Beklagten zum 01. Januar 1990 von insgesamt 454,00 DM (111,36 DM Firmenrente sowie 342,64 DM unverfallbarer Anspruch) bei einer angenommenen gesetzlichen Rente von 2.068,00 DM. In dem Schreiben heißt es u. a.:

Wir möchten Sie darauf hinweisen, daß die ermittelten Rentenwerte keine endgültigen und verbindlichen Werte darstellen und nicht als Rentenzusage anzusehen sind. ...

Eine endgültige Berechnung Ihrer BfA-Rente kann nur durch den Rentenversicherungsträger zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles erfolgen. Die endgültige Berechnung Ihrer Firmenrente kann erst nach Vorlage Ihres BfA-Rentenbescheides ebenfalls zum gegebenen Zeitpunkt vorgenommen werden.

Wegen des genauen Inhaltes des Schreibens sowie der beigefügten Berechnung wird auf die Anlage A 6 zur Klageschrift (Bl. 29 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hatte damals ein pensionsfähiges Einkommen von 6.050,00 DM brutto.

Der Kläger schied zum 31. Januar 1993 wegen Erwerbsunfähigkeit aus den Diensten der Beklagten und bezieht seitdem gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente aufgrund seines Antrages vom 05. Oktober 1992. Die Erwerbsunfähigkeit beruht auf chronische neurotische Depression bei sensitiver Persönlichkeitsstörung, wie sich aus dem nervenärztlichen Gutachten für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom Dezember 1992 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 31. Dezember 2000) ergibt.

Die Beklagte zahlte dem Kläger ab Februar 1993 eine Betriebsrente von 1.070,00 DM monatlich unter Zugrundelegung der Firmenpensionsregelung von 1985. Wie sich nun herausstellte hatte die Auskunft der Beklagten vom März 1989 auf den Richtlinien 1976 beruht. Die Klage, mit der der Kläger Zahlung einer Rente entsprechend den Richtlinien 1976 verfolgte, wurde vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen.

Mit seiner Klage macht der Kläger nunmehr Schadensersatz wegen fehlerhafter Auskunft über die zu erwartende Erwerbsunfähigkeitsrente geltend.

Der Kläger trägt vor, unter Zugrundelegung der Firmenpensionsregelung 1985 hätte die Auskunft über die zu erwartende Erwerbsunfähigkeitsrente zutreffend auf 756,25 DM lauten müssen. Die Differenz zu der unzutreffenden Auskunft über 1.454,00 DM in Höhe von 679,00 DM hätte er durch eine entsprechende Versicherung abgedeckt, was für einen monatlichen Beitrag von 70,00 DM möglich gewesen wäre.

Der Kläger verlangt für die Zeit vom 01. Februar 1993 bis Ende September 1999 679,00 DM monatlich abzüglich fiktiven Versicherungsbeitrags von 70,00 DM monatlich in der Zeit vom 01. April 1989 bis 31. Januar 1993.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 51.100,00 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen aus 22.582,00 DM seit dem 01. April 1996 und aus jeweils weiteren 679,00 DM seit dem jeweils 01. des Folgemonats bis 01.10.1999.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger monatlich ab Oktober 1999 bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres 679,00 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, aufgrund der Erklärung über die Unverbindlichkeit in dem Auskunftsschreiben könne der Kläger keine Schadensersatzansprüche geltend machen. Die Berechnung aufgrund der Firmenpensionsregelung 1985 hätte zutreffend 787,00 DM ergeben. Der Kläger habe eine Vorerkrankung der Wirbelsäule gehabt, so dass er keine Erwerbsunfähigkeitsversicherung hätte abschließen können, jedenfalls nur gegen einen erheblich höheren Betrag als 70,00 DM.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 15. Oktober 1999, auf das Bezug genommen wird.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 20. Juni 2001 (Bl. 371 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Die orthopädische Behandlung hätte bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mitgeteilt werden müssen. Es habe keine Schädigung der Wirbelsäule vorgelegen. Jedenfalls wären die Befunde für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung unerheblich gewesen.

Unter Erweiterung der Klage auf den Zeitraum bis März 2000 beantragt der Kläger, das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 15. Oktober 1999 abzuändern und

a) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 55.174,00 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen aus 22.582,00 DM seit dem 01. April 1996 und aus jeweils weiteren 679,00 DM seit dem jeweils 01. des Folgemonats bis 01. April 2000.

b) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger monatlich ab April 2000 bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres 679,00 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, der Kläger sei schon 1989 wegen der später zu einer Berufsunfähigkeit führenden Depression behandelt worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Weiter wird Bezug genommen auf das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten des vereidigten Sachverständigen für das Versicherungswesen vom 25. Juli 1997 (Bl. 172 bis 174 d. A.) nebst Ergänzungsgutachten vom 25. November 1998 (Bl. 218 bis 220 d. A.)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Der Kläger kann für die Zeit von Februar 1993 bis März 2000 von der Beklagten 27.646,00 DM sowie ab April 2000 bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres 345,00 DM monatlich verlangen. Das ist der Schaden, den die Beklagte ihm zu ersetzen hat, weil sie durch ihre falsche Auskunft vom 20. März 1989 ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag mit dem Kläger verletzt hat.

1.)

Zu den Pflichten der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis gehörte es, die Auskunft über die zu erwartende Erwerbsunfähigkeitsrente, die der Kläger im Januar 1989 erbeten hatte, richtig zu erteilen. Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine Auskunft über dessen Altersversorgung erteilt, hat er diese zutreffend zu erteilen (vgl. BAG v. 10. März 1988, AP Nr. 99 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; v. 03. Juli 1990, AP Nr. 24 zu § 1 BetrAVG). Unstreitig war die Auskunft, die die Beklagte unter dem 20. März 1989 dem Kläger erteilen ließ, unrichtig. Die Beklagte erteilte die Auskunft auf der Basis der Richtlinien 1976 statt auf der Grundlage der Firmenpensionsregelung 1985. Dies war fahrlässig. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Mitarbeiter der Abteilung Sozialwesen, der die Auskunft erteilte, diesen Fehler vermeiden können. Als der Kläger 1993, d. h. vier Jahre später, Erwerbsunfähigkeitsrente beanspruchte, wandte die Beklagte die Firmenpensionsregelung 1985 an und berechnete die Rente des Klägers - wie das Arbeitsgericht rechtskräftig beurteilte - richtig. Für das Verschulden ihres Erfüllungsgehilfen, des Mitarbeiters der Abteilung Sozialwesen, hat die Beklagte gem. § 278 BGB einzustehen.

2.)

Für diese Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten haftet die Beklagte nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung auf Schadensersatz. Diese Haftung hat sie auch entgegen ihrer Auffassung nicht in dem Schreiben vom 20. März 1989 ausgeschlossen. Darin bezeichnet sie ihre Auskunft als unverbindlich und nicht endgültig. Dies bedeutet zum einen - wie sie selbst ausführt -, dass eine endgültige Berechnung die Vorlage des endgültigen BfA-Rentenbescheides voraussetzt. Unverbindlich ist die Auskunft - wie die Beklagte ebenfalls selbst erläutert - in dem Sinn, dass sie nicht als Rentenzusage anzusehen ist. Diese Klarstellung führte auch dazu, dass der Kläger nicht allein aufgrund des Schreibens vom 20. März 1989 die darin errechnete Firmenrente verlangen konnte. Die Folgen einer Unrichtigkeit der Auskunft sind in den Schreiben jedoch nicht angesprochen. Allein darum geht es aber hier. Es kann deshalb dahinstehen, ob, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang die Beklagte sich überhaupt von einer solchen Haftung freizeichnen könnte.

3.)

Gem. § 249 BGB schuldet die zum Schadensersatz verpflichtete Beklagte den Zustand herzustellen, der bestellen würde, wenn der zum Ersatz zu verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Sie hat also den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn sie keine falsche, sondern eine richtige Auskunft erteilt hätte. Zum Schaden gehört gem. § 252 BGB der entgangene Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Im vorliegenden Falle hätte die richtige Auskunft, die die Beklagte zutreffend vorgerechnet hat, auf eine Firmenrente von 787,00 DM gelautet. Zu beurteilen ist nunmehr, was passiert wäre, wenn der Kläger diese Auskunft und nicht die Auskunft über eine Betriebsrente von 1.454,00 DM erhalten hätte.

Nach seinem Schreiben vom Januar 1989, mit dem er die Auskunft erbat, trug sich der Kläger mit dem Gedanken, eine private Altersversorgung abzuschließen. Nach der Auskunft der Beklagten verzichtete der Kläger darauf. Das war naheliegend, da der Kläger bei einem pensionsfähigen Einkommen von 6.050,00 DM, wie es sich aus der Berechnung zur Auskunft vom 20. März 1989 ergibt, und damit einem Nettoeinkommen von knapp 4.000,00 DM eine Gesamtversorgung von etwa 90 % des Nettoeinkommens - der Kläger spricht in seiner Klageschrift sogar von dem vollen monatlichen Nettoeinkommen - entsprach.

Allerdings ist die Differenz zwischen dem zutreffenden Betrag und dem in der Auskunft angegebenen falschen Betrag nicht mit dem Schaden gleichzusetzen. Hätte der Kläger die zutreffende Auskunft von 787,00 DM erhalten, hätte er den Betrag von 1.454,00 DM überhaupt nicht gekannt, es hätte keine Veranlassung bestanden, ausgerechnet eine Differenz von 667,00 DM zu dem falschen Betrag durch eine Versicherung abzudecken.

Vielmehr ist gem. § 249 i. V. m. § 252 BGB allein zu beurteilen, was der Kläger getan hätte, wenn ihm die richtige Auskunft erteilt worden wäre. Dies ist gem. § 287 Abs. 1 ZPO vom Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu beurteilen.

Es ist davon auszugehen, dass der Kläger eine zusätzliche private Erwerbsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hätte, wenn ihm die zutreffende Auskunft erteilt worden wäre. In diesem Falle hätte sich eine Gesamtversorgung von lediglich 2.855,00 DM für ihn ergeben, nämlich gesetzliche Rente von 2.068,00 DM plus Firmenrente von 787,00 DM. Dies wären lediglich etwa 70 % seines auf etwa 4.000,00 DM netto geschätzten regelmäßigen monatlichen Entgelts gewesen. Für den unverheirateten Kläger wird bei einem sich aus der Auskunft ergebenden Bruttomonatsgehalt von 6.050,00 DM von einem Abzug für Steuer und Sozialversicherung von etwa einem Drittel ausgegangen. Bei einem solch relativ niedrigen Versorgungsgrad ist davon auszugehen, dass der Kläger eine private Zusatzversicherung abgeschlossen hätte. Er hatte seine Bitte um Auskunft gerade damit begründet, dass er sich mit dem Gedanken an eine private Altersversorgung trage.

Das Gericht ist überzeugt, dass der Kläger dabei eine Versicherung abgeschlossen hätte, mit der einen Versorgungsgrad von 80 % seines Nettogehaltes erreicht hätte. Als Versorgungsbedarf werden zwischen 80 % und 90 % des vor der Pensionierung bezogenen Nettoeinkommens angenommen (vgl. Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Randziff. 6). Der Kläger hatte zu dieser Zeit keine Kinder, keine Ehefrau und eine in zeitlicher Hinsicht überschaubare Darlehensverpflichtung von 39.000,00 DM mit monatlichen Raten von 661,00 DM. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, dass der Kläger den höchstmöglichen Versorgungsgrad, für den er entsprechend mehr Geld hätte aufwenden müssen, angestrebt hätte, sondern sich mit einem im Allgemeinen als angemessen angesehenen Versorgungsgrad von 80 % begnügt hätte. Das Gericht ist deshalb überzeugt davon, dass der Kläger lediglich eine Versicherung über eine Erwerbsunfähigkeitsrente von monatlich 345,00 DM abgeschlossen hätte, um 80 % von 4.000,00 DM, nämlich 3.200,00 DM zu erreichen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch nicht angenommen werden, dass dem Kläger dies nicht möglich gewesen wäre. Soweit der Kläger wegen Wirbelsäulenbeschwerden in Behandlung gewesen war, hätte dies wohl dazu führen können, dass Erkrankungen in diesem Bereich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen worden wären. Davon geht auch das Arbeitsgericht aus. Der Kläger ist jedoch nicht wegen irgendeiner Erkrankung, die mit der Wirbelsäule zu tun hat, erwerbsunfähig geworden, sondern aufgrund einer psychischen Erkrankung. Auch unter Ausschluss des Risikos "Wirbelsäulenerkrankung" hätte der Kläger eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung abschließen und Leistungen von dieser erhalten können.

Dass diese zur späteren Erwerbsunfähigkeit führende psychische Erkrankung den Abschluss einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung hätte berühren können, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat im Einzelnen dargelegt, dass er erst im Januar 1990 wegen einer Depression in Behandlung war und dem Gutachter 1992 als Anfang der Behandlung Ende 1989/Anfang 1990 angab. Dem entspricht auch das Gutachten, das die Angaben des Klägers wiedergibt, dass er seit 1989/1990 wegen Depression in Behandlung war. Es ergibt sich nichts dafür, dass der Kläger bereits im März 1989 wegen einer psychischen Erkrankung in Behandlung gewesen wäre, die er bei Abschluss einer Versicherung hätte angeben müssen.

Als Prämie für eine Versicherung von 345,00 DM ist entsprechend dem Gutachten vom 25. Juli 1997 ein Beitrag von etwa 12,8 %, d. h. von 44,00 DM, anzunehmen, so dass sich der Kläger für 46 Monate Prämien von insgesamt 2.024,00 DM als ersparte fiktive Aufwendung anrechnen lassen muss.

4.)

Die Kosten haben die Parteien entsprechend ihrem jeweiligen Unterliegen je zur Hälfte zu tragen.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

Ende der Entscheidung

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