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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 1592/07
Rechtsgebiete: BetrAVG, LPartG


Vorschriften:

BetrAVG § 1
LPartG § 1
1. Beschränkt eine Versorgungsordnung die Hinterbliebenenversorgung auf Ehegatten, die vor Eintritt des Versorgungsfalles mit dem Versorgungsberechtigten verheiratet waren, kann ein hinterbliebener Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG Hinterbliebenenversorgung nur verlangen, wenn diese vor dem Versorgungsfall eingetragen war.

2. Das gilt auch dann, wenn eine frühere Eintragung der Lebenspartnerschaft allein daran scheiterte, dass ein entsprechendes Gesetz nicht früher existierte.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 20.06.20007 - 15 Ca 320/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten Witwergeldzuschuss verlangen kann.

Der am XX.XX.19XX geborene Kläger ist der hinterbliebene Lebenspartner des am XX.XX.19XX geborenen A. Dieser war vor dem 31. Dezember 1980 in die Dienste der Beklagten getreten und dort zum 30.11.1998 ausgeschieden. Auf das Arbeitsverhältnis fand unstreitig die Betriebsvereinbarung "Pensionsrichtlinien für Mitarbeiter, die bis 31.12.1980 in die Bank eingetreten sind - Fassung für Versorgungsfälle nach dem 31.12.1997" von 1994 (im Folgenden: Pensionsrichtlinien 1994) Anwendung. Seit dem 01. Dezember 1998 zahlte ihm die Beklagte einen Pensionszuschuss nach den Pensionsrichtlinien 1994. Der Kläger und A begründeten am 30. November 2001 vor dem Standesamt in B eine Lebenspartnerschaft. Am XX.XX.20XX verstarb A. Der Pensionszuschuss hatte zuletzt € 351,26 betragen.

Die Pensionsrichtlinien 1994 regeln unter der Überschrift "Witwen-/Witwergeldzuschuss":

"9.1 Der Zuschuss der Bank zu den Witwenrenten der BfA (ersatzweise Lebensversicherung) oder LVA und des BVV beträgt 60% des Pensionszuschusses, den der Ehemann bezog oder auf den er bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Todes Anspruch gehabt hätte.

9.2 Der Witwengeldzuschuss wird nicht gewährt, wenn

a) der Mitarbeiter erst nach seiner Pensionierung oder

b) innerhalb eines halben Jahres vor seinem Tode und offensichtlich zu dem Zweck geheiratet hat, der Ehefrau den Anspruch auf den Witwengeldzuschuss zu verschaffen.

...

9.7 Die Ziff. 9.1 - 9.6 gelten für Witwergeldzuschüsse sinngemäß."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm gemäß Ziffer 9.1 der Pensionsrichtlinien 1994 einen Zuschuss in Höhe von 60% des Pensionszuschusses, den sein verstorbener Lebenspartner bezog. Lebenspartner seien wie Witwer oder Witwen zu behandeln. Dass die Lebenspartnerschaft erst nach der Pensionierung seines Lebenspartners begründet wurde liege allein daran, dass dies erst ab 01. August 2001 mit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes möglich gewesen sei. Tatsächlich habe die Lebensgemeinschaft seit Oktober 1987 bestanden. Sie hätten wie Eheleute miteinander gelebt und Heiratswünsche schon in der Vorbereitungsphase der "Aktion Standesamt" im Jahr 1992 geäußert. Allein die rechtliche Unmöglichkeit habe ihn, den Kläger, und seinen verstorbenen Lebenspartner daran gehindert, lange vor dem 01.12.1998 eine Ehe oder Lebenspartnerschaft einzugehen.

Der Kläger hat die rückständigen Zuschüsse für die Monate August bis einschließlich Januar 2007 geltend gemacht und beantragt,

1. die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Zuschuss zu seiner Witwerrente des BVV in Höhe von € 210,76 monatlich zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von € 1.264,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, nach den Pensionsrichtlinien 1994 stehe dem Kläger kein Anspruch zu. Da Herr A vor Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes aus den Diensten der Beklagten getreten sei, stelle sich die Frage einer ergänzenden Auslegung der für ihn zu diesem Zeitpunkt geltenden Pensionsrichtlinien und einer Erstreckung auf eingetragene Lebenspartnerschaften nicht. Jedenfalls entfalle ein Anspruch, weil die Lebenspartnerschaft erst nach der Pensionierung eingetragen wurde.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 20. Juni 2007, auf das Bezug genommen wird.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25. Juni 2008 verwiesen.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Eingetragene Lebenspartnerschaften seien hinsichtlich der Versorgung Ehen gleichzustellen. Mit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gleichgestellt werden müssten wiederum Lebenspartnerschaften, die bereits vor Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes bestanden und nur deshalb rechtlich nicht anerkannt waren, weil entsprechende gesetzliche Bestimmungen fehlten. Der Kläger und A seien allein dadurch gehindert gewesen sich bereits vor 1998 als Lebenspartner eintragen zu lassen, weil das entsprechende Gesetz noch fehlte. Sie hätten wie ein Ehepaar zusammengelebt, auch wenn beide noch zum Zeitpunkt der Eintragung der Lebenspartnerschaft eigene Wohnungen hatten.

Der Kläger verlangt nunmehr rückständige Zuschüsse für die Monate August 2006 bis einschließlich Dezember 2007 in Höhe von jeweils € 210,76.

Der Kläger beantragt,

das auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2007 ergangene, am 05. Oktober 2007 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main zum Az.: 15 Ca 320/07 abzuändern und

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein Zuschuss zu seiner Witwenrente des BVV in Höhe von € 210,76 monatlich zu zahlen und

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von € 3.582,92 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger könne nicht rückwirkend eine Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit Ehen verlangen. Die anzuwendende Betriebsvereinbarung könne nicht nachträglich nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes zugunsten oder zulasten bereits ausgeschiedener Arbeitnehmer geändert werden. Es liege auch keine Regelungslücke vor. Jedenfalls habe die Lebenspartnerschaft zum Zeitpunkt der Pensionierung ihres früheren Arbeitnehmers nicht bestanden. Selbst wenn die bestrittenen Behauptungen des Klägers zuträfen, eine Lebenspartnerschaft hätten der Kläger und A schon früher begründet, wenn dies rechtlich möglich gewesen sei, so könne eine Gleichstellung mit eingetragenen Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz nicht verlangt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann keinen Zuschuss nach Ziffer 9 der Pensionsrichtlinien 1994 von der Beklagten verlangen.

Es kann dahinstehen, ob die Bestimmungen der Ziffer 9 über den Witwen-/Witwergeldzuschuss auf Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz entsprechend anzuwenden sind. Das kann zugunsten des Klägers angenommen werden.

1. Ein Anspruch des Klägers entfiele jedenfalls nach Ziffer 9.2 der Pensionsrichtlinien 1994, wonach der Witwengeldzuschuss nicht gewährt wird, wenn die Ehe erst nach der Pensionierung geschlossen wurde. Die Lebenspartnerschaft des Klägers mit dem versorgungsberechtigten A ist nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz erst am 30.11.2001 und damit nach der Pensionierung des Versorgungsberechtigten begründet worden.

a) Die Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung auf Hinterbliebene, zu denen eine familienrechtliche Beziehung vor Eintritt des Versorgungsfalls begründet wurde, ist nicht zu beanstanden. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Hinterbliebenenversorgung zu schaffen. Deshalb ist er grundsätzlich auch berechtigt, sie von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen. Das Bundesarbeitsgericht hat deshalb auch Mindestaltersklauseln, Altersdifferenzklauseln und selbst eine Beschränkung auf diejenigen als gerechtfertigt angesehen, zu denen familienrechtliche Beziehungen bereits während des Arbeitsverhältnisses bestanden (vgl. BAG, Urteil vom 19.12.2000 - 3 AZR 186/00 - AP Nr. 19 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, unter B. d.Gr.; BAG - 3 AZR 235/96 - BAGE 86, 216; Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, Rz 885 ff., m.w.N.). Jedenfalls eine Beschränkung auf die Familienangehörigen, die bei Eintritt des Versorgungsfalls bereits vorhanden waren, verstößt gegen keinerlei höherrangige rechtliche Regelungen oder Grundsätze. Durch die nach Eintritt des Versorgungsfalls begründete familienrechtliche Beziehung wird dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer nichts genommen was ihm während des Arbeitsverhältnisses zugesagt wurde, sondern es wird lediglich keine weitere Verpflichtung des Arbeitgebers begründet.

b) Unerheblich ist, ob die Lebenspartner vor der Begründung der Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz bereits in gleicher Weise und mit dem Willen, sich wie Lebenspartner zu verhalten und füreinander einzustehen, zusammengelebt haben. Ziffer 9.2 der Pensionsrichtlinien 1994 setzt voraus, dass eine Ehe vor Eintritt des Versorgungsfalles begründet wurde. Mit den Worten "Ehemann", "Ehefrau" und "geheiratet" wird zum Ausdruck gebracht, dass ein bestimmter gesetzlicher Familienstand, nämlich der der Ehe, vor der Pensionierung begründet sein muss. Bei entsprechender Anwendung der Vorschrift auf Lebenspartner muss die Lebenspartnerschaft nach § 1 LPartG vor der Pensionierung des Versorgungsberechtigten erfolgt sein.

c) Es ist sachlich gerechtfertigt, nicht die tatsächliche Lebensform oder den Willen zur Begründung des Familienstandes genügen zu lassen, sondern allein auf den nachweisbaren rechtlichen Status abzustellen. Für den Arbeitgeber wäre der Kreis der möglicherweise Berechtigten nicht überschaubar und nicht einschätzbar. Auch wäre es kaum praktisch durchführbar, jedenfalls mit ganz erheblichem Aufwand verbunden, wenn die Versorgungsleistungen von der Feststellung des Willens einen bestimmten Familienstand zu begründen abhängig wären.

Auch bei verschiedengeschlechtlichen Partnern, die beispielsweise in einem eheähnlichen Verhältnis leben, werden dadurch keine Versorgungsansprüche begründet. Nach der Versorgungsordnung kommt es allein auf den Zeitpunkt der Begründung des familienrechtlichen Status an. Stellt man eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz einer Ehe gleich, so kommt es bei beiden darauf an, wann die Voraussetzungen nach den jeweiligen Gesetzen erfüllt sind. Macht eine Versorgungsordnung Leistungen von einem bestimmten Familienstand abhängig, so muss dieser auch begründet sein.

2. Der Kläger kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als ob bereits vor dem 01.12.1998, der Pensionierung des A, eine Lebenspartnerschaft oder eine Ehe begründet worden wäre. Es kommt nicht darauf an, ob beide daran nur durch eine fehlende gesetzliche Regelung gehindert waren und eine Lebenspartnerschaft begründet hätten, wenn dies rechtlich möglich gewesen wäre.

a) Das Lebenspartnerschaftsgesetz legt sich in keiner Weise eine Rückwirkung zu. Auch die durch das Lebenspartnerschaftsgesetz begründeten Rechte und Pflichten beginnen erst mit der Begründung der Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Die Beklagte ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet eine rückwirkende Gleichstellung vorzunehmen, die der Gesetzgeber nicht vorgesehen hat. Es ist - wie bereits oben ausgeführt - sachlich gerechtfertigt, die Hinterbliebenenversorgung an einen gesetzlich vorgesehenen Familienstand zu knüpfen.

b) Auch der Eheschließung konnten und können rechtliche Hindernisse entgegenstehen, wie sich aus den §§ 1303 ff. BGB ergibt. Auch hier liegt bei gegebenem Willen eine rechtliche Unmöglichkeit vor den Familienstand der Ehe zu begründen. Letztlich verlangt der Kläger eine Besserstellung gegenüber verschiedengeschlechtlichen Partnern, denen versagt ist, sich darauf zu berufen, dass sie wie Eheleute lebten, aber aus nicht in ihrer Macht liegenden Gründen an einer Eheschließung gehindert waren.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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