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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 1853/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 307 | |
BGB § 309 Nr. 13 | |
BGB § 310 |
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 07. September 2004 - 10 Ca 8851/03 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Vergütung für Dezember 2002 und Januar 2003 aus einem Ende Januar 2003 beendeten Arbeitsverhältnis.
Im schriftlichen Arbeitsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Kläger vom 01. November 2001 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 7 ff. d.A.) ist in § 12 bestimmt:
"Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen 3 Monate nach Ablauf des Fälligkeitsmonats oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht rechtzeitig schriftlich geltend gemacht wurden. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, verfallen diese Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten durch die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht anhängig gemacht wurden."
Der Kläger war bei der Beklagten als Kraftfahrer und Kraftfahrzeugpfleger beschäftigt und erhielt zuletzt ein Festgehalt von monatlich € 1.610,57 brutto.
Die Parteien stritten vor dem Arbeitsgericht über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund von Erklärungen und außerordentlichen Kündigungen der Beklagten im September 2002 und Dezember 2002 sowie einer ordentlichen Kündigung zum 31. Januar 2003. Die Unwirksamkeit der Kündigungen vom September 2002 hatte der Kläger mit seiner im Oktober 2002 eingegangenen Klage geltend gemacht, diejenige der am 20. Dezember 2002 ausgesprochenen außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung mit Schriftsatz vom 08. Januar 2002, der der Beklagen am 15. Januar 2003 zugestellt wurde.
Mit Urteil vom 02. Juli 2003 (Az.: 10 Ca 9634/02) stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main fest, dass die außerordentlichen Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hatten, wies aber die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 31. Januar 2003 ab. Weiter sprach das Arbeitsgericht dem Kläger Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs u.a. für November 2002 zu. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
Mit seiner am 01. September 2003 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 29. September 2003 zugestellten Klage macht der Kläger unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs Vergütung für Dezember 2002 und Januar 2003 geltend.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe sich nach Ausspruch der Kündigungen wie bereits im November 2002 auch in den Folgemonaten in Annahmeverzug befunden. Der Anspruch sei auch nicht nach dem Arbeitsvertrag verfallen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 3.221,14 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. September 2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, Vergütungsansprüche des Klägers seien jedenfalls verfallen. Er habe jedenfalls die Ansprüche nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben mit Urteil vom 07. September 2004, auf das verwiesen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 27. Juli 2005 (Bl. 108 d.A.) verwiesen.
Die Beklagte hält die Verfallklausel des Arbeitsvertrags im Gegensatz zum Arbeitsgericht für wirksam. Sie habe sich auch nicht in Annahmeverzug befunden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 07.09.2004 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Hinsichtlich des Annahmeverzugs bezieht sich der Kläger auf die Feststellungen des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 02.07.2003 und dem Berufungsurteil dazu, in denen ihm für November 2002 Vergütung wegen Annahmeverzugs der Beklagten zugesprochen wurde.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist unbegründet.
Ansprüche des Klägers auf Vergütung für Dezember 2002 und Januar 2003 sind jedenfalls verfallen gem. § 12 des Arbeitsvertrages. Der Kläger hat seine Ansprüche, die Ende Dezember 2002 und Ende Januar 2003 fällig waren, jedenfalls nicht innerhalb der Frist von 3 Monaten seit erfolgloser Geltendmachung durch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht anhängig gemacht.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die nach § 12 des Arbeitsvertrags zunächst erforderliche schriftliche Geltendmachung der Vergütung während der Zeit des Annahmeverzugs durch Erhebung der Kündigungsschutzklage erfolgte.
Da die Beklagte hinsichtlich der Kündigungsschutzklage Klageabweisung beantragt hatte, begann die zweite Stufe der Ausschlussfrist, die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung, jeweils mit Fälligkeit der Ansprüche (BAG vom 07.03.1985 - 6 AZR 562/82; vom 13. September 1984 - DB 1985, S. 707; vom 16.03.1995 - DB 1995, S. 1667). Spätestens lief diese Frist aber 3 Monate nach Ablauf der ersten 3-Monatsfrist, mithin spätestens 6 Monate nach Fälligkeit ab. Diese Frist hat der Kläger für die am 31.12.2002 bzw. 31.01.2003 fälligen Vergütungsansprüche mit seiner am 01. September 2003 eingereichten Klage jedenfalls versäumt.
Die Ansprüche des Klägers, von deren Bestehen im Übrigen auszugehen gewesen wäre, sind damit verfallen.
Entgegen der ausführlichen und mit gut vertretbaren Argumenten begründeten Ansicht des Arbeitsgerichts ist die zwei-stufige Ausschlussfrist des Arbeitsvertrags nicht unwirksam. Wohl ist der Arbeitsvertrag ein Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB. Für einzelvertragliche Ausschlussfristen, die grundsätzlich in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden können, greift auch die Einschränkung des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht ein. Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist ist nämlich eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende gesetzliche Regelung, da grundsätzlich nur das Verjährungsrecht gilt (BAG vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - DB 2005, S. 2136). Nach der äußeren Gestaltung des § 12 des Arbeitsvertrags und der Üblichkeit von ein- und zweistufigen Ausschlussklauseln im Arbeitsleben, handelt es sich dabei auch nicht um eine überraschende oder ungewöhnliche Klausel im Sinn des § 305 c BGB.
Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung ist deutlich, dass die 3-monatige Klagefrist mit der erfolglosen Geltendmachung beginnt, d.h. mit der Ablehnung des Anspruchs durch den Gegner oder - bei Ausbleiben einer Reaktion - spätestens mit dem Ablauf der ersten 3-Monatsfrist.
§ 12 des Arbeitsvertrages verstößt auch nicht gegen § 309 Nr. 13 BGB. Es muss nicht entschieden werden, ob die Klage eine Anzeige oder Erklärung darstellt, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben ist und ob damit eine strengere Form als die Schriftform oder ein besonderes Zugangserfordernis verbunden ist. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass es die angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2, 1. Halbsatz BGB) gebietet, zwei-stufige Ausschlussfristen zuzulassen (BAG vom 25.05.2005, a.a.O.). Es sind nämlich nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens zu berücksichtigen. Zwei-stufige Ausschlussfristen begründen die Obliegenheit, Ansprüche fristgerecht gerichtlich geltend zu machen. Sie dienen seit Langem der im Arbeitsleben anerkanntermaßen besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und der Bereinigung offener Streitpunkte (BAG, a.a.O.). Die Kammer schließt sich dem an.
Eine Unwirksamkeit der vereinbarten Verfallfrist ergibt sich auch nicht aus § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine Klagefrist von 3 Monaten ist durchaus mit den wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts vereinbar und führt nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner zitierten Entscheidung ausgeführt, dass Fristen für die gerichtliche Geltendmachung von weniger als 3 Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen zwei-stufigen Ausschlussfrist unangemessen kurz sind. Die hier vereinbarte Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung beträgt 3 Monate und ist demgemäß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nicht zu kurz.
Anzumerken ist noch, dass die zuletzt angeführten Vorschriften des BGB, die durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 eingeführt wurden, nicht hinsichtlich der für Dezember 2002 geltend gemachten Vergütungsansprüche anzuwenden wären, sondern nur für die ab 01. Januar 2003 (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB - BAG vom 27.02.2002 - 9 AZR 543/00 - AP Nr. 162 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten gem. § 91 ZPO zu tragen.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund, da die grundsätzliche Rechtsfrage vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.05.2005 entschieden wurde und die Kammer dieser Entscheidung folgt.
Ende der Entscheidung
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