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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 722/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Kassel vom 01. April 2008 - 6 Ca 514/07 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine betriebsbedingte Kündigung beendet wurde.

Der am XX.XX.19XX geborene verheiratete schwerbehinderte Kläger war bei der Beklagten seit dem 14. April 2003 als Schlosser mit einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 2.600,00 € beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet.

Die Beklagte ist ein tarifgebundenes Unternehmen der Metall - und Elektroindustrie, das automatische Türsysteme für Straßen- und Schienenfahrzeuge produziert. Im September 2007 beschäftigte die Beklagte in ihrem Kasseler Betrieb insgesamt 569 Mitarbeiter, die einen Betriebsrat gewählt haben. Die Beklagte befindet sich seit einigen Jahren in einer Ertragskrise. Im Jahr 2005 kam es zu einer Personalanpassung mit Interessenausgleich und Sozialplan sowie zu einer Fortführung der bereits abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung nach dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung für die Eisen - Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 01. Januar 2005. Die Beklagte, der Betriebsrat und die IG-Metall schlossen im September 2007 einen Sanierungstarifvertrag, der Anpassungen im Entgeltbereich Arbeitszeiterhöhungen ohne Lohnausgleich, einen Personalabbau im Rahmen eines Interessenausgleichs mit Sozialplan sowie eine Standortsicherung für den Betrieb Kassel vorsah (vgl. die Eckpunkte der Einigung Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. Januar 2008).

Am 15. Oktober 2007 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ab (vgl. Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. Januar 2008). In den Interessenausgleich ist vorgesehen, dass zur Reduzierung der Personalüberhänge und zur Anpassung des Personalstandes an die längerfristig erwartete Auftragssituation 65 Stellen abgebaut werden. Dazu bestimmt der Interessenausgleich soweit hier von Interesse:

"4. Personalmaßnahmen

e. Gemeinsam mit dem Betriebsrat wurden betrieblich notwendige Mitarbeiter definiert, deren Ausscheiden entweder zum Know-how Verlust oder zum Verlust von Fähigkeiten und Fertigkeiten führen würde. Diese werden von der Sozialauswahl ausgenommen.

f. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer, denen gekündigt wird, richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen und dem auf der Rechtsprechung basierenden Punkteschema gemäß Anlage eins.

Das Durchschnittsalter in der Fertigung beträgt mehr als 43 Jahre. Die Alterspyramide hat ihre größte Dicke jenseits der 40 und verjüngt sich stark nach unten. Um nicht zu einer noch ungünstigeren Altersverteilung zu kommen, ist es erforderlich, zumindest die derzeitige Altersstruktur nicht durch den geplanten Personalabbau zu verschlechtern.

Deshalb wird zur Sicherung der Altersstruktur in der Fertigung gemäß § 1 Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz Kündigungsschutzgesetz vereinbart, dass zum Zweck der Sozialauswahl vier Altersgruppen gebildet werden. Die 1. Gruppe reicht bis zum vollendeten 29. Lj., 2. Gruppe 30. bis vollendetes 39. Lj., 3. Gruppe 40. bis vollendetes 49. Lj., 4. Gruppe 50 bis vollendetes 59. Lj. und älter. Innerhalb der Altersgruppen sind die Mitarbeiter der geringsten Punktzahl entsprechen dem Verhältnis der Mitarbeiter in der jeweiligen Altersgruppen zur Anzahl der gewerblichen Mitarbeiter insgesamt vom Verlust des Arbeitsplatzes betroffen.

...

g. Gemeinsam mit dem Betriebsrat wurde eine namentliche Liste der zu entlassenden gewerblichen Mitarbeiter und der Angestellten (Anlage 2 und 3) erstellt, die Bestandteil dieses Interessenausgleichs sind. Sie werden in der gleichen Form wie dies der Interessenausgleich unterzeichnet und mit diesem fest verbunden.

..."

Nach dem Punkteschema zur sozialen Auswahl wird jedes unterhaltsberechtigte Kind mit 10 Punkten berücksichtigt. Dazu heißt es weiter:

"Maßgeblich ist der Eintrag des Kinderfreibetrages auf der Steuerkarte; wenn 0, 5, dann nur fünf Punkte".

Die Anlage 2 mit der Liste der zu entlassenden gewerblichen Arbeitnehmer wurde am 25. Oktober 2007 von der Beklagten und am 26. Oktober 2007 von dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden unterschrieben.

In der Anlage zwei heißt es:

"1. Geschäftsleitung und Betriebsrat haben die Sozialdaten der Mitarbeiter/innen eingehend beraten und die Sozialauswahl gemäß den gesetzlichen Vorschriften gemeinsam durchgeführt. Die Geschäftsleitung Betriebsrats sind sich einig, dass die nachfolgende Liste das Ergebnis ihrer gemeinsamen Sozialauswahl bildet und die hierauf enthaltenen Mitarbeiter/innen von den geplanten Entlassungen betroffen sind.

2. Die nachfolgende Liste ersetzt die individuellen durchzuführenden Anhörungen des Betriebsrats zu den Entlassungen. Diese Liste ist Bestandteil des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2007 und mit diesem untrennbar verbunden. "

In der Liste ist der Kläger mit seinem Geburtsdatum seinem Eintrittsdatum, der Steuerklasse 4, einem hat der Behinderung von 50 und einer Gesamtpunktzahl von 61 aufgeführt.

Die Namensliste wurde von den Betriebsparteien in der Weise erstellt, dass zunächst unter den 350 Mitarbeitern im gewerblichen Bereich eine Vorauswahl nach dem Punkteschema vorgenommen wurde. Dabei wurden vier Altersgruppen entsprechend Ziff. 4 f des Interessenausgleichs gebildet (vgl. die Liste der gewerblichen Arbeitnehmer mit Sozialdaten Anlage B 14 zum Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 2008). Innerhalb der Altersgruppen wurde sodann die sozial Auswahl nach der Punktetabelle vorgenommen.

Danach wurde eine Liste von den 54 Mitarbeitern erstellt, deren Weiterbeschäftigung als betriebsnotwendig angesehen wurde. Die Bestimmungen dieser Mitarbeiter hat die Beklagte vorgenommen anhand von Qualifikationsmatrizen, die für alle Arbeitsbereiche der Fertigung erstellt wurden und sämtliche Mitarbeiter berücksichtigt. Diese Qualifikationsmatrizen (Beispiel Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten 25. Januar 2008) berücksichtigen für die verschiedenen Arbeitsplätze eines Arbeitsbereichs mit Punkten, ob und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer an den verschiedenen Arbeitsplätzen eingesetzt werden kann.

Die Beklagte kündigte nach Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes dem Kläger mit am gleichen Tag zugegangenen Schreiben vom 29. November 2007 zum 31. Dezember 2007.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und daher unwirksam. Er bezweifelt, dass der Interessenausgleich sowie die Namensliste ordnungsgemäß zu Stande gekommen seien. Die Namensliste sei nicht wirksam Bestandteil des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2007 geworden, da sie erst nach dessen Abschluss erstellt worden sei. Die Altersgruppenbildung hält der Kläger für unzulässig. Für die Herausnahme von sogenannten Leistungsträgern seien keinen nachvollziehbaren Kriterien gegeben. Die Beklagte habe nicht hinreichend konkret und substantiiert vorgetragen, weshalb bestimmte Arbeitnehmer von vornherein aus der Sozialauswahl herausgenommen worden seien, deren Weiterbeschäftigung angeblich im berechtigten betrieblichen Interesse der Beklagten liege. Er ist der Auffassung, jedenfalls die Mitarbeiter A, B und C hätten vor ihm entlassen werden müssen. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. November 2007 zum Ablauf des 31. Dezember 2007 aufgelöst worden ist;

Hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag Ziffer 1 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Klageantrag Ziffer 1 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Schlosser weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Kündigung für rechtswirksam. Interessenausgleich und Namensliste seien ordnungsgemäß und rechtswirksam zu Stande gekommen. Der Betriebsrat habe in mehreren Sitzungen über die Namensliste beraten und sie am 25. Oktober 2007 beschlossen. Am 26. Oktober 2007 habe sie der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende für den an diesem Tag verhinderten Betriebsratsvorsitzenden unterschrieben, nachdem der Arbeitgeber sie bereits am 25. Oktober unterschrieben hatte. Die Beklagte habe vor Ausspruch der Kündigung dem Betriebsrat in den Interessenausgleichsverhandlungen über die gemeinsame Liste der zu entlassenden Mitarbeiter die Gründe für die beabsichtigte Kündigung des Klägers explizit mitgeteilt. Der Betriebsrat habe sich mit dem Kündigungssachverhalt auseinander gesetzt und nach abschließender Beratung der Kündigung zugestimmt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben mit Urteil vom 01. April 2008 auf das Bezug genommen wird

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Wegen der für die Zulässigkeit erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 19. November 2008 verwiesen.

Die Namensliste sei wirksam Bestandteil des Interessenausgleichs geworden, da sie von den Betriebsparteien unterzeichnet und in ihr auf den Interessenausgleich und zusätzlich im Interessenausgleich auf sie Bezug genommen worden ist.

Die Altersgruppenbildung im Rahmen der Sozialauswahl sei gerechtfertigt und nicht zu beanstanden. Seit 2004 seien keine Übernahmen der ausgelernten Auszubildenden mehr erfolgt und gewerblicher Mitarbeiter seien seitdem nicht mehr eingestellt worden. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei der jüngste Arbeitnehmer bei der Beklagten 24 Jahre alt gewesen. Im gewerblichen Bereich seien nur 23 von 350 Arbeitnehmern unter 30 Jahren alt.

Hinsichtlich der vom Kläger angeführten Arbeitnehmer gelte: Der im Bereich des Klägers beschäftigte B habe aufgrund seiner vielseitigeren Einsetzbarkeit einen höheren Qualifikationsindex, nämlich fünf statt drei Punkte. A sei - anders als der Kläger - universell einsetzbar sowohl im Türebau als auch in der Glaskleberei. Der Mitarbeiter C sei Spezialist für die Drehsäulenmontage und verfüge über spezielles Know-how im Bereich der vielfältigen Türvarianten.

Die Beklagte habe vor Ausspruch der Kündigung dem Betriebsrat in den Interessenausgleichsverhandlungen seit dem 31. August 2008 innerhalb deren die die Personalmaßnahmen im Einzelnen besprochen worden seien die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitgeteilt. Die Sozialdaten des Klägers und aller andern in die soziale Auswahl einbezogenen Mitarbeiter seien in den Verhandlungen über die gemeinsame Liste der zu entlassenden Mitarbeiter erörtert worden. Die gesamte Sozialauswahl sei in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat durchgeführt worden. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern beruhe auf einem anhaltenden Fertigungsrückstand aufgrund eines hohen Krankenstandes in der Fertigung. Das sei keine dauerhafte Erhöhung des Arbeitsvolumens, sondern lediglich ein vorübergehender Zustand.

Die Beklagte beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 01. April 2008, Az. 6 Ca 514/07 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bekräftigt die Auffassung, die Namensliste sei nicht wirksamer Bestandteil des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2007 geworden, da sie erst am 25. Oktober 2007 erstellt worden sei. Es sei erforderlich, dass im Augenblick der Unterzeichnung die Schriftstücke (Interessenausgleich und Namensliste) als einheitliche Urkunde äußerlich erkennbar seien.

Der Beschäftigungsbedarf für die auf der Namensliste aufgeführten Mitarbeiter sei tatsächlich nicht weggefallen. Gegenüber 8 auf der Namensliste bezeichneten Mitarbeiter habe die Beklagte die zunächst ausgesprochenen Kündigungen zurückgenommen. Es seien ab Jahresende 2007 Leiharbeitnehmer beschäftigt worden. Aus dem Interessenausgleich ergebe sich nicht, auf welchen Tatsachen die Annahme beruhe, dass man 65 Personalüberhänge habe. Ein höherer Personalbedarf sei dauerhaft erforderlich. Das ergebe sich daraus, dass neben dem fortdauernden Einsatz von Leiharbeitnehmern für die Bereiche Endmontage und Versand die Arbeitszeit bereits ab 15. September 2008 von 35 auf 38 Wochenstunden und später auf 40 Stunden auch für weitere Bereiche der Teilefertigung ausgedehnt worden sei.

Die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt eine Sozialauswahl unter jeweils horizontal vergleichbaren Arbeitnehmer durchgeführt, sondern nach ihrem eigenen Vortrag zunächst alle 350 gewerblichen Mitarbeiter gleichermaßen nach dem Punkteschema bewertet.

Aus dem Umstand, dass die Beklagte 54 von 350 Arbeitnehmern als so genannte betriebsnotwendige Mitarbeiter von der Sozialauswahl ausgenommen haben ergeben sich Zweifel daran, dass dieses Abweichen von den Grundsätzen der sozialen Auswahl im berechtigten betrieblichen Interesse bestünden. Der Kläger habe die gleiche Qualifikation wie die Mitarbeiter A, B und C.

Die Beklagte trägt vor, dass sich der Bedarf für die Rücknahme von acht bereits ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen erst nachträglich daraus ergeben habe, dass einige Kunden ihre Aufträge entgegen anders lautender Planungen aus dem Vorjahr erhöht hätten. Mit Betriebsvereinbarung vom 15. Mai 2008 seien unter Umkehrung der Sozialauswahl unter den gekündigten Arbeitnehmern, die sich aufgrund ihrer individuellen Kündigungsfrist zum Zeitpunkt der Betriebsvereinbarung noch im Unternehmen befanden acht Arbeitnehmer wieder eingestellt worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29.November 2007 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgelöst. Sie ist nicht rechtsunwirksam nach § 1 KSchG. Sie ist nicht sozial ungerechtfertigt, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist.

1.

Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG ist zu vermuten, dass die Kündigung durch betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann.

a)

Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 5 KSchG scheitert insbesondere nicht daran, dass die Namensliste in einer Anlage zum Interessenausgleich enthalten ist, die später als der Interessenausgleich von den Betriebsparteien unterzeichnet wurde (BAG vom 06. Juli 2006 - 2 AZR 520/05 -zu IV. 1. e) aa) der Gründe; NZA 2007, 266; BAG vom 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - NZA 2006,64). Ein Interessenausgleich kann jedenfalls zeitnah um einen Namensliste ergänzt werden (vgl. BAG vom 22. Januar 2004 a.a.O zu C. III. 4. b) der Gründe).

b)

Mit dem Schriftformerfordernis und der Notwendigkeit, dass die Namensliste im Interessenausgleich enthalten sein muss wird der Zweck verfolgt, Rechtssicherheit zu gewährleisten und Manipulationen zu verhindern. Dem ist die genügt, wenn der Interessenausgleich selbst bereits den Hinweis auf eine Namensliste enthält , diese selbst ausdrücklich auf den Interessenausgleich verweist, zeitnah erstellt und von den Betriebsparteien unterschrieben wird. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn eine Namensliste erst 11 Tage nach dem zu Grunde liegenden Interessenausgleich endgültig erstellt und unterschrieben wird. Die Betriebsparteien müssen Gelegenheit haben, die Sozialauswahl sorgfältig vorzunehmen und zu überprüfen, nachdem in einem Interessenausgleich die Grundsätze und insbesondere ein Punkteschema für die Sozialauswahl festgelegt ist. Dafür kann insbesondere bei mehreren Hundert Mitarbeitern einige Zeit erforderlich sein. Es wäre im übrigen Förmelei, zu verlangen, dass der Interessenausgleich nochmals gleichzeitig mit der Namensliste, die auf ihn verweist, unterschrieben wird.

2.

Die Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, dass die Kündigung des Klägers betriebsbedingt ist, da er auf der Namensliste des Interessenausgleichs zur Kündigung aus gewählt ist hat der Kläger nicht erschüttert. Zunächst kommt es dafür auf den Zeitpunkt der Kündigung und nicht auf spätere Ereignisse an. Der Kläger ist auch nicht substantiiert den Darlegungen der Beklagte entgegengetreten, dass der Einsatz von Zeitarbeitnehmern vorübergehend wegen außergewöhnlich hohen Krankenstandes erfolgte. Soweit sich der Kläger auf Wiedereinstellungen beruft, hat er nicht dargetan, dass bei einem in diesem Umfang geringeren Personalüberhang er unter Gesichtspunkten der Sozialauswahl hätte verschont bleiben müssen.

3.

Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG kann die soziale Auswahl der im Interessenausgleich namentlich bezeichneten Arbeitnehmer nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn die Gewichtung der einzelnen Kriterien des § 1 Abs. 3 KSchG jede Ausgewogenheit vermissen lässt, tragende Gesichtspunkte nicht in die Bewertung einbezogen worden sind und ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler im Rahmen der sozialen Auswahl vorliegt. Von einer grob fehlerhaften Sozialauswahl ist dann auszugehen, wenn bei der Bestimmung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer die Austauschbarkeit offensichtlich verkannt worden ist und bei der Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG die betrieblichen Interessen augenfällig überdehnt worden sind. Durch § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG soll den Betriebspartnern ein weiter Spielraum bei der Sozialauswahl eingeräumt werden (BAG vom 17. Januar 2008 - 2 AZR 405/06 - DB 2008, 1688; BAG vom 21. Juli 2005 - 6 AZR 592/04 - AP Nr. 50 zu § 113 BetrVG 1972; BAG vom 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - AP Nr. 19 zu § 113 InsO).

a)

Es ist kein grober Fehler, dass die Beklagte alle gewerblichen Arbeitnehmer in die soziale Auswahl einbezogen hat. Damit hat die Beklagte mehr getan als sie muss. Der Kläger kann sich damit auf nach sozialen Kriterien weniger schutzwürdige Arbeitnehmer berufen ohne Einschränkung hinsichtlich Austauschbarkeit mit ihnen. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die gewerblichen Arbeitnehmer nicht sämtlich vergleichbar wären. Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, inwiefern es an einer Vergleichbarkeit der gewerblichen Arbeitnehmer fehlt und ob und wie sich eine engere sozial Auswahl zu seinen Gunsten ausgewirkt hätte. Grob fehlerhaft ist dieser Verzicht auf eine Differenzierung innerhalb der gewerblichen Arbeitnehmer jedenfalls nicht

b)

Es ist auch nicht fehlerhaft und verstößt nicht gegen das AGG, dass die Sozialauswahl innerhalb von Altersgruppen vorgenommen wurde und das Alter schematisch im Rahmen eines Punktesystems berücksichtigt wurde. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen. Die Beklagte hat im Einzelnen ihr Interesse dargelegt, dass es bei einem Durchschnittsalter in der Fertigung von 43 Jahren durch den Personalabbau nicht zu einer Überalterung der Belegschaft kommt. Es ist nachvollziehbar, dass die Weitergabe von Erfahrungswissen älteren Mitarbeiter an jüngere Mitarbeiter gewährleistet werden muss und für einen Betrieb nicht nur die Vorteile, die ein höheres Lebensalter mit sich bringt wichtig sind, sondern auch die, die mit jüngeren Jahren verbunden sind. Es ist dem Bundesarbeitsgericht zu folgen, dass entschieden hat, dass eine soziale Auswahl nach Altersgruppen nach § 10 S. 1 AGG gerechtfertigt ist, da damit einer Überalterung des Betriebs entgegengewirkt wird und die Bevorzugung älterer Arbeitnehmer relativiert wird (BAG vom 06. November 2008 - 2 AZR 701/07).

c)

Der Kläger kann sich nicht auf die Arbeitnehmer A, B und C als weniger schutzwürdig berufen. Der Kläger ist nicht substantiiert den Gründen entgegengetreten, die die Beklagte dafür angeführt hat, dass deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Es ist jedenfalls nicht grob fehlerhaft, die Arbeitnehmer, die universell oder sehr vielseitig einsetzbar sind oder über Spezialkenntnisse verfügen unter diesen Gesichtspunkten nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Andere Arbeitnehmer, die grob fehlerhaft als sozial schutzwürdiger als er angesehen worden wären, und deshalb von einer Kündigung verschont blieben hat der Kläger nicht benannt. Ob sämtliche als betriebsnotwendig von der Sozialauswahl ausgenommenen Arbeitnehmer zu Recht nicht einzubeziehen waren, kann dahinstehen. Es ist Sache des Klägers, darzutun, dass in seinem Fall die Sozialauswahl grob fehlerhaft war.

4.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er diesen verloren hat.

5.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

Ende der Entscheidung

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