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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: 9/4 TaBV 209/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG, KSchG
Vorschriften:
BGB § 626 | |
BetrVG § 25 I | |
BetrVG § 103 | |
KSchG § 15 I |
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bad Hersfeld vom 06. Oktober 2005 - 1 BV 9/05 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin begehrt die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat. Der Beteiligte zu 3) ist seit dem 8. Juli 1987 bei der Antragstellerin bzw. deren Rechtsvorgängern als Bürokaufmann beschäftigt. Seine monatliche Bruttovergütung beträgt EURO 2.966,-. Er ist seit Oktober 1999 in der Debitorenbuchhaltung beschäftigt und dort mit der Fremdbuchung der Patientenfaktoren, der Buchung von Kontoauszügen, der Buchung von Selbstzahlerrechnungen, der Kontenpflege sowie dem Mahnwesen betraut. Er hat die Gesamtverantwortung im Debitorenbereich der Kardiologischen Fachklinik und Herz- und Gefäßchirurgie. Ferner ist er für die Mietverwaltung verantwortlich. Er ist Ersatzmitglied des Beteiligten zu 3) und hat im Rahmen der vorübergehenden Vertretung eines ordentlichen Mitgliedes an der Betriebsratssitzung vom 19. Mai 2005 teilgenommen.
Die Antragstellerin verfügt über eine Tiefgarage mit insgesamt 87 Stellplätzen, die zum Teil an Mitarbeiter zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von EURO 30,68 vermietet werden und zum Teil für die Vermietung an Patienten und Besucher oder für Dienstfahrzeuge freigehalten werden. Der Beteiligte zu 3) war im Besitz eines Schlüssels für die Tiefgarage und hat in den Jahren 2003 bis 2005 wiederholt sein Fahrzeug auf dem Stellplatz Nr. 54 abgestellt, ohne diesen gemietet zu haben. Im Übrigen sei auf den Arbeitsvertrag des Beschwerdegegners zu 2) verwiesen. Unter § 9 des Arbeitsvertrages ist vermerkt:
"Soweit der Arbeitnehmer (.... ) für seinen Pkw einen bestimmten Abstellplatz in der Tiefgarage mietet, ist er dafür gesondert abgeschlossene Mietvertrag Bestandteil des Arbeitsvertrages."
Mit Schreiben vom 15. Juni 2005 beantragte die Antragstellerin bei dem Beteiligten zu 2) die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 16. Juni 2005, der Antragstellerin am 17. Juni 2005 zugegangen, der beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung widersprochen.
Der Beteiligte zu 3) hat behauptet, der Stellplatz Nr. 54 sei ein regulärer Stellplatz. Die Arbeitgeber habe erst nach einer Überprüfung durch die Vorgesetzte des Beteiligten zu 3) am 7. Juni 2005 davon Kenntnis erlangt, dass dieser sein Fahrzeug ohne Zahlung einer Stellplatzmiete in der Tiefgarage parke. Mit am 20. Juni 2005 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift hat die Antragstellerin beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) zu ersetzen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 3) hat behauptet, bei dem Stellplatz Nr. 54 handele es sich um einen Wendeplatz für früher von der Antragstellerin eingesetzte Kardiomobile. Dieser werde als Wendeplatz nicht mehr benötigt und sei auch nicht als Besucherparkplatz ausgeschildert. Der Stellplatz würde ohnehin nicht von der Arbeitgeberin vermietet, so dass dieser auch kein Vermögensausfall entstanden sei. Sowohl der Geschäftsführer der Arbeitgeberin als auch deren Personalleiter hätten Kenntnis von der Nutzung des Stellplatzes durch den Beteiligten zu 3) gehabt, so dass er von einer Duldung habe ausgehen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Bad Hersfeld hat den Antrag durch Beschluss vom 6. Okt. 2005 - 1 BV 9/05 - als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung des Beteiligten zu 3) bedürfe nicht der Zustimmung des Beteiligten zu 2). Der Beteiligte zu 3) sei als Ersatzmitglied des Beteiligten zu 2) nicht von dem Zustimmungserfordernis des § 103 BetrVG erfasst, da der Beteiligte zu 3) zum Zeitpunkt der Einleitung des Zustimmungsverfahrens keine Vertretung eines ordentlichen Mitgliedes des Beteiligten zu 2) wahrgenommen habe. Er habe im Rahmen der Vertretung einzig an der Betriebsratssitzung vom 19. Mai 2005 teilgenommen und danach nicht mehr. Zum Zeitpunkt des Antrags auf Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) durch die Antragstellerin habe kein Vertretungsfall mehr vorgelegen. Der Beteiligte zu 3) sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Mitglied des Beteiligten zu 3) im Sinne des § 103 Abs. 1 BetrVG und nur noch durch § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG geschützt gewesen.
Gegen diesen ihr am 15. Nov. 2005 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 15. Dez. 2005 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese am 16. Jan. 2005, einem Montag, ebenfalls per Telefax begründet.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, der Beteiligte zu 3) sei zum Zeitpunkt der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens als Betriebsratsersatzmitglied in den Genuss des besonderen Kündigungsschutzes gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG gekommen, da er zu diesem Zeitpunkt ein geladenes Betriebsratsmitglied gewesen sei. Im Juni 2005 sei er für die Sitzung am 15. Juni 2005 als Ersatzmitglied für das Betriebsratsmitglied A, für die Sitzungen am 16. und 21. Juni als Ersatzmitglied für das Betriebsratsersatzmitglied B, für die Sitzung am 23. Juni 2005 als Ersatzmitglied für das Betriebsratsmitglied C und für die Sitzung am 6. Juli 2005 als Ersatzmitglied für das Betriebsratsersatzmitglied B geladen gewesen.
Unerheblich für den Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG sei, ob der Beteiligte zu 3) als Ersatzmitglied an den betreffenden aufgelisteten Sitzung auch tatsächlich teilgenommen habe. Der Kündigungsschutz für Ersatzmitglieder beginne an dem Tage, an dem das ordentliche Betriebsratsmitglied verhindert sei und im Falle einer Betriebsratssitzung schon mit der Ladung. Nach der bei dem Beteiligten zu 2) herrschenden Praxis würden die Mitglieder zwei Tage vor der jeweiligen Sitzung schriftlich geladen. Der Kündigungsschutz besteht während der ganzen Dauer der Vertretung ohne Rücksicht auf die Wahrnehmung konkreter Geschäfte des Betriebsrats. Ersatzmitglieder rückten für die Dauer der Stellvertretung eines verhinderten Mitglieds in den Betriebsrat nach. Es sei auch völlig unerheblich, ob das Betriebsratsmitglied von der Vertretungseigenschaft Kenntnis gehabt hätte oder nicht. Vielmehr tritt der Fall der Stellvertretung mit Beginn der Verhinderung des ordentlichen Betriebsratsmitglieds ein. Von einer förmlichen Benachrichtigung des Ersatzmitglieds oder ähnlichen Voraussetzungen sei das Nachrücken nicht abhängig.
Die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens falle damit in eine Zeit, in der der Beteiligte zu 3) als Ersatzmitglied Vertreter für das jeweils fehlende ordentliche Betriebsratsmitgliedes gewesen sei. Das Zustimmungsersetzungsverfahren sei auch in der Folge zulässig geblieben, denn der Beteiligte zu 3) sei auch in dem Folgezeitraum zu den Betriebsratssitzungen geladen worden:
am 6. Juli 2005 als Ersatzmitglied für das Betriebsratsersatzmitglied B
am 14. Juli 2005 für das Betriebsratsmitglied D
am 20. Juli 2005 für das Betriebsratsmitglied A
am 27. Juli 2005 für das Ersatzmitglied B
am 29. Juli 2005 für das Ersatzmitglied B
am 10. Aug. 2005 für das Ersatzmitglied B
am 16. Aug. 2005 für das Betriebsratsmitglied E
am 17. Aug. 2005 für das Betriebsratsmitglied C
am 24. Aug. 2005 für das Betriebsratsmitglied D
am 26. Aug. 2005 für das Betriebsratsmitglied F
am 31. Aug. 2005 für das Betriebsratsmitglied G
am 7. Sept. 2005 für das Betriebsratsmitglied G
am 15. Sept. 2005 für das Ersatzmitglied B
am 21. Sept. 2005 für das Betriebsratsmitglied H
am 28. Sept. 2005 für das Ersatzmitglied B
am 5. Okt. 2005 für das Ersatzmitglied B.
Der Zustimmungsersetzungsantrag sei auch begründet. Der Beteiligte zu 3) habe sich durch die unentgeltliche Parkplatznutzung einen Vermögensvorteil zu Lasten der Beschwerdeführerin verschafft. In der Tiefgarage gäbe es insgesamt 87 Stellplätze. 54 Plätze davon seien an Mitarbeiter vergeben, 33 Plätze würden für die Vermietung an Patienten und Besucher und einige davon auch für Dienstfahrzeuge freigehalten. Die Mitarbeiter zahlten EUR 30,68 monatlich für die Parkplätze. 21 Plätze der 54 Mitarbeiterplätze würden von jeweils zwei Mitarbeitern gemietet. Jeder dieser Mitarbeiter zahlt im Monat die Hälfte, mithin EUR 15,34. In der Regel teilten sich zwei Mitarbeiter einen Parkplatz, von denen einer am Tage, der andere in der Nacht arbeite. Dies betreffe insgesamt 14 Plätze. Bei weiteren sieben Plätzen handele es sich um Fahrgemeinschaften. Die aktuelle Belegschaft liege bei über 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen täglich mehr als ca. 200 Mitarbeiter in der Klinik I arbeiteten. Damit verstünde es sich von selbst, dass es nicht genügend Parkraum in der Tiefgarage für alle Mitarbeiter geben könne. Der Platz 54 sei nicht vermietet. Das bedeute jedoch nicht, dass dieser frei verfügbar sei. Die Arbeitgeberin habe erst am 7. Juni 2005 von der eigenmächtigen Nutzung des Stellplatzes 54 ohne Mietvertrag durch den Beteiligten zu 3) Kenntnis erlangt.
Das Verzeichnis über die vermieteten Stellplätze in der Tiefgarage der Beklagten werde auf Weisung der Buchhaltungsleitung jährlich dahingehend überprüft, ob für die im Verzeichnis aufgeführten Mitarbeiter auch die jeweils maßgebende monatliche Mietgebühr vom Gehaltskonto einbehalten werde. Der Mitarbeiterin J sei aufgefallen, dass der Beteiligte zu 3) seit längerem nicht mehr in der Tiefgarage parke. Dies sei für sie Anlass gewesen, sich die besagte Liste genauer und bewusster anzusehen. Der Vorgang sei erst am 7. Juni 2005 der Geschäftsleitung zugeleitet worden. Die ursprüngliche Fahrgemeinschaft mit Frau K sei etwa im Oktober 2003 beendet gewesen. Dies habe überdies den Parkplatz 38 betroffen. Herr L habe dem Beteiligten zu 3) niemals erlaubt, einen Garagenstellplatz ohne Bezahlung zu nutzen. Der Beteiligte zu 3) hätte von der Kostenpflichtigkeit der Stellplätze Kenntnis gehabt, da er sich über längere Dauer mit einer anderen Mitarbeiterin einen Stellplatz in Fahrgemeinschaft geteilt gehabt hätte. Ihm sei die Höhe der zu entrichteten monatlichen Stellplatzmiete positiv bekannt gewesen.
Die Beteiligte zu 1) beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bad Hersfeld vom 6. Okt. 2005 - 1 BV 9/05 - abzuändern und dem erstinstanzlichen Antrag stattzugeben.
Der Beteiligte 3) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Der Beteiligte zu 3) trägt vor, nach Ablauf des 19. Mai 2005 habe er seinen besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG verloren und nur noch nachwirkenden Kündigungsschutz gehabt. Werde das Ersatzmitglied in der Folgezeit erneut zu einer Betriebsratssitzung eingeladen, dann könne der besondere Kündigungsschutz für das Betriebsratsmitglied nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG erneut in Kraft treten. Für die Zeit bis zur erneuten Amtsausübung seines Betriebsratsamts als Nachrücker habe er jedoch den besonderen Kündigungsschutz verloren. Die nächste Sitzung, zu der er nach dem Vortrag der Arbeitgeberin geladen worden sei, sei die Sitzung vom 15. Juni 2005 gewesen. Hätte er an dieser Sitzung teilgenommen, so wäre der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG für die Dauer dieses Tages wieder in Kraft getreten. Dies ändere aber nichts daran, dass er in der Zeit zwischen dem 19. Mai und 15. Juni 2005 keinen besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 gehabt hätte.
Es bleibe rechtlich ohne Auswirkung, wenn er vom Betriebsratsvorsitzenden als Nachrücker für Sitzungen ab dem 15. Juni 2005 geladen worden wäre, da er ab dem 13. Juni 2005 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die Erkrankung habe sich über mehrere Monate hinweg erstreckt und sei auch regelmäßig durch entsprechende Arztatteste des Beteiligten zu 3) attestiert gewesen. Die Erkrankung habe bis zum Beginn der Kur des Klägers vom 5. Okt. 2005 ununterbrochen angedauert. Er sei folglich aufgrund seiner Erkrankung ab dem 13. Juni 2005 gar nicht in der Lage gewesen, das Amt eines Betriebsratsmitglieds auch nur für einen Tag wahrzunehmen.
Die Personalabteilung der Arbeitgeberin sei über seine Erkrankung seit dem 13. Juni 2005 regelmäßig informiert worden. Der Arbeitgeberin sei deshalb bekannt gewesen, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, das Amt eines Betriebsratsnachrückers für die Sitzungen zwischen dem 15. Juni und 5. Okt. 2005 auszuüben. Es sei Sache des Arbeitgebers, sich beim Betriebsrat entsprechend zu erkundigen, wenn er einem Ersatzmitglied kündigen wolle. Die Arbeitgeberin habe sich jedoch ganz offensichtlich zu keinem Zeitpunkt bei dem Betriebsrat danach erkundigt, ob und wann der Beteiligte zu 3) an einer weiteren Sitzung des Betriebsrats teilgenommen habe. Das Ersatzmitglied sei nicht verpflichtet, trotz seiner langandauernden Arbeitsunfähigkeit den Arbeitgeber regelmäßig darüber zu informieren, dass und wann er als Nachrücker an einer Sitzung des Betriebsrats nicht teilgenommen habe. Der Beteiligte zu 3) sei ab dem 13. Juni 2005 schwer erkrankt und nicht in der Lage gewesen, sich ernsthaft mit den Problemen seiner Amtsausübung als Betriebsratsnachrücker auseinanderzusetzen. Etwaige schriftliche Ladungen habe er in Anbetracht seines Krankheitsbildes nicht zur Kenntnis nehmen können.
Vertretungsfälle seien von der Arbeitgeberin auch nicht hinreichend konkret dargelegt worden. Ein schlüssiger Vortrag erfordere die lückenlose Angabe, für welchen Tag zunächst welches ordentlich gewählte Betriebsratsmitglied aus welchem Grunde verhindert gewesen sei. Sodann sei detailliert darzulegen, dass und aus welchem Grunde die zunächst zuständigen Nachrücker verhindert gewesen seien, so dass der Beteiligte an deren Stelle als Nachrücker berufen gewesen sei. Abgesehen davon gebe es auch nach der "Liste M" eine Vielzahl von Tagen, an denen der Beteiligte zu 3) bis zum 6. Oktober 2005 nicht als Nachrücker amtiert habe.
Der Zustimmungsersetzungsantrag wahre zudem die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht. Im Hinblick auf das Parken in der Tiefgarage hätte der Arbeitgeber spätestens am 7. Juni 2005, 14.56 Uhr, Kenntnis vom gesamten Sachverhalt gehabt. Dies seien Datum und die Uhrzeit der E-Mail von Frau J. Darin sei der Sachverhalt zur Problematik des Parkens umfassend dargelegt. Aus dem Schreiben werde deutlich, dass Frau J und auch der Personalleiter N zu diesem Zeitpunkt bereits recherchiert gehabt hätten. Der Personalleiter N hätte schon Monate vor dem 7. Juni 2005 Kenntnis von der Nutzung des Parkplatzes 54 durch den Beteiligten zu 3) sowie davon gehabt, dass es sich bei diesem Parkplatz um einen Besucherparkplatz der Geschäftsleitung handele, der nicht vermietet werde. Er hätte folglich auch davon Kenntnis gehabt, dass der Beteiligte zu 3) unzulässig parke. Hinsichtlich des Parkplatzes Nr. 54 sei der Arbeitgeberin ein unmittelbarer Vermögensnachteil nicht entstanden, weil sie diesen Parkplatz ohnehin nicht vermietet hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 30. März 2006 verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und zulässig, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 89, 86 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Es kann dahinstehen, ob - wofür einiges spricht - ein Zustimmungsersetzungsgrund gegeben ist. Die nach § 103 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 15 Abs. 1 KSchG erforderliche Zustimmung für eine außerordentliche Kündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglieds ist zu ersetzen, wenn ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung gegeben ist. Hierfür müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer der Arbeitgeberin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (BAG Beschluss v. 10. Februar 1999 - 2 ABR 31/98 - AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969 m.w.N.). Das Erschleichen einer Leistung des Arbeitgebers, die - unabhängig davon, ob der Parkplatz vermietet worden oder Kunden und Besuchern zur Verfügung gestellt worden wäre - objektiv einen Wert von EUR 552,06 (Rechnung vom 27. Juli 2005, Bl. 76 d. A.) hat, stellt eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar. Der Beteiligte zu 3) hat 18 Monate lang einen Parkplatz in der Tiefgarage der Beteiligten zu 1) benutzt, ohne mit der Beteiligten zu 1) hierüber einen Mietvertrag abzuschließen und die monatliche Miete in Höhe von EUR 30,68 zu entrichten. Der Beteiligte zu 3) wusste durch die frühere Anmietung des Parkplatzes im Rahmen einer Fahrgemeinschaft, aus seinem Arbeitsvertrag und als Mitarbeiter der Buchhaltung u.a. für den Bereich Vermietungen (Tätigkeitsbeschreibung Bl. 78 d. A.), dass für die Parkplätze generell Mieteverträge abzuschließen sind.
Es kann dahinstehen, ob - was streitig ist - die Beteiligte zu 1) bis zur Antragstellung am 20. Juni 2005 länger als zwei Wochen Kenntnis davon hatte, dass der Beteiligte zu 3) den Parkplatz Nr. 54 benutzt hat, oder hiervon erst durch das E-Mail der Mitarbeiterin J am 7. Juni 2005 erfuhr. Der Arbeitgeber muss, wenn er sein Kündigungsrecht nicht verlieren will, innerhalb der Ausschlussfrist des BGB § 626 Abs. 2 nicht nur den Zustimmungsantrag beim Betriebsrat stellen, sondern bei ausdrücklicher oder wegen Fristablaufs zu unterstellender Verweigerung der Zustimmung auch das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht einleiten (BAG Beschluss vom 18. August 1977 - 2 ABR 19/77 - EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 20). Eine Beweisaufnahme über den Zeitpunkt der Kenntnis der Arbeitgeber ist jedoch nicht durchzuführen, weil der Zustimmungsersetzungsantrag aus anderen Gründen unzulässig ist.
Der am 20. Juni 2005 per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangene Zustimmungsersetzungsantrag ist unzulässig, weil für den Antrag kein Rechtsschutzinteresse bestand. Die Arbeitgeberin bedurfte zu diesem Zeitpunkt der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem Beteiligten zu 3) nicht. Dieser hatte nicht die Stellung eines Betriebsratsmitglieds inne.
Der Beteilige zu 3) hatte zuletzt an der Betriebsratssitzung vom 19. Mai 2005 teilgenommen und genoss von daher den erweiterten Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Er war nach Behauptung der Beteiligten zu 1) zwar auch für die Sitzungen 15. Juni 2005 als Ersatzmitglied für das Betriebsratsmitglied A, für die Sitzungen am 16. und 21. Juni als Ersatzmitglied für das Betriebsratsersatzmitglied B, für die Sitzung am 23. Juni 2005 als Ersatzmitglied für das Betriebsratsmitglied C und für die Sitzung am 6. Juli 2005 als Ersatzmitglied für das Ersatzmitglied B geladen, rückte jedoch nicht in den Betriebsrat ein, weil er seinerseits krankheitsbedingt verhindert war. Der Beteiligte zu 3) war seit 13. Juni 2005 bis zum 5. Okt. 2005 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und trat im Anschluss daran eine Reha-Maßnahme an.
Während Nachrücker nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auch dann dauerhaft in den Betriebsrat einrücken, wenn sie längerfristig arbeitsunfähig erkrankt sind (vgl. LAG Hamm Urteil vom 9. Febr. 1994 - 3 Sa 1376/93 - LAGE § 25 BetrVG 1972 Nr. 3), ist dies bei der Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten Betriebsratsmitglieds nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG anders zu sehen. Ist das Ersatzmitglied seinerseits verhindert, wird es in der Reihenfolge der Nachrücker übersprungen und tritt gar nicht erst in den Betriebsrat ein.
Es wird zwar vertreten, wenn das der Reihenfolge nach zu berufende Ersatzmitglied selbst zeitweilig verhindert sei, rücke es gleichwohl in den Betriebsrat nach und werde während seiner Verhinderung von dem nächstfolgenden Ersatzmitglied vertreten (Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 25 Rz. 25). Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 9. Nov. 1977 - 5 AZR 175/76 - AP § 15 KSchG 1969, ebenso GK-BetrVG/Raab, 8. Aufl., § 103 Rz. 15; ErfK/Ascheid, 6. Aufl., § 15 KSchG Rz. 14; KR-Etzel, 7. Aufl., § 103 BetrVG Rz. 49; Uhmann, NZA 2000, 582) hat jedoch angenommen, dass es, wenn bei einem zunächst zur Amtsausübung berufenen Ersatzmitglied nachträglich ebenfalls ein Verhinderungsfall eintrete, darauf ankomme, aus welchem Anlass und für welche Zeitspanne das zu vertretende ordentliche Betriebsratsmitglied verhindert sei und ob im Vergleich dazu die zeitliche Dauer der Verhinderung des eingetretenen Ersatzmitglieds als unerheblich anzusehen sei. Eine ersichtlich unbedeutende Unterbrechung der Amtsausübung könne nicht als Unterbrechung der Berufung des Ersatzmitglieds zur stellvertretenden Amtsführung gelten. Die Konsequenz aus dieser Entscheidung ist, dass die Vertretungsfunktion endet und der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG erlischt, wenn das Ersatzmitglied nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG seinerseits für eine zeitliche erhebliche Dauer verhindert ist. In einem vergleichbaren Fall hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 6. Sept. 1979 (- 2 AZR 548/77 - EzA § 15 KSchG nF Nr. 23) angenommen, eine nur kurzfristige Verhinderung des ersten Ersatzmitglieds führe nicht zu seinem Ausscheiden aus dem Betriebsrat, sondern nur zu seiner Vertretung durch das nächste Ersatzmitglied, das mittelbarer Vertreter des ordentlichen Betriebsratsmitglieds werde.
Noch anders ist es, wenn das Ersatzmitglied das Vertretungsamt infolge langandauernder eigener Verhinderung gar nicht erst antreten kann. In diesem Fall ist das weitere Ersatzmitglied unmittelbar zur Vertretung des ordentlichen Betriebsratsmitglieds berufen und nicht etwa nur zur Vertretung des Vertreters (ebenso Hueck Anm. zu BAG AP § 15 KSchG 1969 Nr. 3; GK-Oetker, 8. Aufl., § 25 Rz. 32). In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 6. Sept. 1979 (- 2 AZR 548/77 - EzA § 15 KSchG nF Nr. 23) angenommen, dass dann, wenn das erstberufene Ersatzmitglied länger ausfalle, das weitere Ersatzmitglied unmittelbar zur Vertretung des verhinderten Betriebsratsmitglieds und nicht für das verhinderte Ersatzmitglied eintrete. Die Amtszeit des ersten Vertreters werde beendet, wenn er nach Eintritt des Vertretungsfalles nicht nur kurzfristig verhindert sei. Das Ersatzmitglied scheide damit wieder aus dem Betriebsrat aus und verliere den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG.
Erst recht muss dies gelten, wenn das Ersatzmitglied infolge langandauernder Verhinderung nicht in den Betriebsrat nachrücken konnte. Es erlangt den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG gar nicht erst, weil es eine Betriebsratstätigkeit nicht aufnimmt. Das entspricht dem Normzweck, nach dem das Ersatzmitglied bei der Ausübung seines Vertretungsamtes ebenso wie ein ordentliches Betriebsratsmitglied vor der Beeinträchtigung seiner Stellung als Arbeitnehmer und vor allem vor Kündigungen geschützt werden soll, um seine Handlungs- und Entscheidungsfreiheit im Betriebsrat zu gewährleisten (Hueck a.a.O.). Kann indessen das Ersatzmitglied infolge seiner Verhinderung das Vertretungsamt von Anfang an nicht wahrnehmen, können das Arbeitsverhältnis belastende Konflikte aus seiner Amtsführung gar nicht erst auftreten und bedarf es des besonderen Kündigungsschutzes des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht.
Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG gebührenfrei.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 92, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da die Frage, ob ein von Anfang an längerfristig verhindertes Ersatzmitglied in den Fällen des § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nachrückt und den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG erlangt oder übersprungen wird, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist. Die Frage, ob der am 20. Juni 2005 eingereichte Zustimmungsersetzungsantrag zulässig war, ist hinsichtlich der Frage der Einhaltung der Zweichwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB entscheidungserheblich.
Ende der Entscheidung
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