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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 9/5 Sa 411/07
Rechtsgebiete: GG, TVG
Vorschriften:
GG Art. 9 Abs. 3 | |
TVG § 3 | |
TVG § 4 |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2007 - 3 Ca 2497/06 - wird zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit tarifvertraglicher Bestimmungen.
Die Klägerin ist wie auch die beiden Gewerkschaften der Beklagten zu 2) A und B eine im Unternehmen der Beklagten zu 3) vertretene Gewerkschaft. Die Beklagte zu 3) ist Mitglied des Beklagten zu 1). Dieser hat mit A und B den "Tarifvertrag zur Führung, Verwaltung und Sicherung der Wertguthaben von Langzeitkonten" (Wertguthaben-TV, Bl. 14 ff. d. A.), den "Tarifvertrag zur sozialen Sicherung für Arbeitnehmer der C (SozialSicherungs-TV, Bl. 17 ff. d. A.)" sowie den "Tarifvertrag zur Führung von Langzeitkonten für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des D Konzerns (LzK-Tarifvertrag, Bl. 24 ff. d. A.)" und die sogenannte Ergänzungsvereinbarung, sämtlich vom 1. Dez. 2005, abgeschlossen. 1998 hatte die Klägerin mit A und B eine Tarifgemeinschaft zu dem Zweck gebildet, Tarifverträge im Sinne des § 3 BetrVG abzuschließen. 2001 schloss diese Tarifgemeinschaft einen Zukunftssicherungstarifvertrag und waren an der Gründung eines Zukunftssicherungsfonds beteiligt.
Unter dem 28. Febr. 2005 haben die Parteien wie auch die Beklagte zu 1) mit A und B eine sogenannte Abschlussvereinbarung und am 10. März 2005 eine sogenannte Einvernehmenserklärung (Bl. 20 d. A.) abgeschlossen. Nach Ziff. I 5 der Abschlussvereinbarung verpflichteten sich die Tarifvertragsparteien, Verhandlungen über die Regelung einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien schnellstmöglich zu führen und so abzuschließen, dass die Einrichtung bis Ende des 3. Quartals 2005 handlungsfähig ist. Eine entsprechende Abrede enthält die Einvernehmenserklärung zur Umwandlung der bestehenden gemeinsamen Einrichtung. Die genannten Tarifverträge nebst einer Ergänzungsvereinbarung vom 1. Dez. 2005 (Bl. 21. d. A.) wurden letztendlich ohne die Klägerin abgeschlossen sowie der Fonds zur Sicherung von Wertguthaben e.V. und der Fonds zur sozialen Sicherung für Arbeitnehmer der C e.V. gegründet. Ein Schlichtungsverfahren war erfolglos.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Einvernehmenserklärung stelle einen schuldrechtlich wirkenden mehrgliedrigen Tarifvertrag dar, durch den eine Verpflichtung zum gemeinschaftlichen Handeln begründet worden sei, gegen die die Beklagten verstoßen hätten. Verpflichteten sich Tarifvertragsparteien, Tarifverträge abzuschließen, entstünden einklagbare Rechtsbeziehungen. Abgesehen davon handele es sich um Betriebsnormen über gemeinsame Einrichtungen. Derartige Tarifverträge könne das Unternehmen nur mit allen im Betrieb und Unternehmen vertretenen Gewerkschaften gemeinsam abschließen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die von den Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge
- "Tarifvertrag zur Führung, Verwaltung und Sicherung der Wertguthaben von Langzeitkonten" (Wertguthaben-TV)
- und der "Tarifvertrag zur sozialen Sicherung für Arbeitnehmer der C (SozialSicherungs-Tarifvertrag)"
- sowie der "Tarifvertrag zur Fortführung von Langzeitkonten für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des D Konzerns (LzK-Tarifvertrag)"
- sowie die sogenannte Ergänzungsvereinbarung, sämtlich vom 1. Dez. 2005, rechtsunwirksam sind;
2. die Beklagte zu 3) zu verurteilen, es zu unterlassen, die im Antrag zu 1) genannten Tarifverträge und Regelungen auf die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer anzuwenden;
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es zu unterlassen, den Fonds zur Sicherung von Wertguthaben und Fonds zur sozialen Sicherung für Arbeitnehmer der C zu bedienen und zu betreiben;
hilfsweise,
die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, mit der Klägerin Tarifverträge zur "Führung, Verwaltung und Sicherung der Wertguthaben von Langzeitkonten" (Wertguthaben-TV) und "zur sozialen Sicherung für Arbeitnehmer der C" sowie zur "Fortführung von Langzeitkonten für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des D Konzerns" abzuschließen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 3) sind der Auffassung gewesen, der Klägerin fehle für ihren Antrag das Feststellungsinteresse, da sie nicht die Rechtswidrigkeit der Tarifnormen der abgeschlossenen Tarifverträge geltend mache, sondern nur bemängele, dass sie hieran nicht beteiligt gewesen sei. Der Antrag sei aber auch nicht begründet, weil Gewerkschaften gegen ein tarifpolitisches Konkurrenzverhältnis nicht geschützt seien. Die Einvernehmenserklärung vom 10. März 2005 stelle keinen mehrgliedrigen Tarifvertrag dar, sondern eine schuldrechtliche Vereinbarung, die eine Verhandlungsobliegenheit zum Gegenstand hätte. Die Einvernehmenserklärung und die Abschlusserklärung enthielten keine Konkretisierungen zur Aufgabenstellung der gemeinsamen Einrichtung, deren Finanzierung oder zur organisatorischen Ausgestaltung, insbesondere keine Inhalts-, Abschluss- oder Beendigungsnormen, sondern lediglich Verhandlungsobliegenheiten.
Die Beklagte zu 2) ist der Auffassung gewesen, die Tarifverträge vom 1. Dez. 2005 enthielten keine Betriebsnormen, sondern schuldrechtliche Abreden oder Normen, die die Organisation der arbeitsteiligen betrieblichen Arbeit beträfen oder nur einheitlich gelten könnten. Wären es Betriebsnormen gälten sie auch für die Mitglieder der Klägerin. Diese sei schließlich nicht gehindert, mit den Beklagten zu 1) oder 3) eigene Tarifverträge abzuschließen. Aus der Einvernehmenserklärung ergäbe sich keinerlei Verpflichtung der Beklagten zu 2). Diese seien in getrennten Urkunden nur gegenüber dem Beklagten zu 1) abgegeben worden und habe den Zweck verfolgt, den LzK-TV spätestens bis Ende des dritten Quartals 2005 in Kraft setzen zu können.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 18. Jan. 2007 als unbegründet abgewiesen, weil die Beklagten durch den Abschluss der Tarifverträge vom Dezember 2005 nicht rechtswidrig in die Koalitionsfreiheit der Klägerin eingegriffen hätten. Die Einvernehmenserklärung vom 10. März 2005 sei so auszulegen, dass sie nur eine Verhandlungsobliegenheit und keinen Abschlusszwang oder einen tarifvertraglichen Vorvertrag enthielte. Eine Abschlussverpflichtung der Beklagten sei dementsprechend nicht ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 23. Febr. 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. März 2007 Berufung eingelegt und diese am 20. April 2007 begründet.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil nicht für überzeugend, weil es hinsichtlich der Einvernehmenserklärung vorschnell von einer schuldrechtlichen Verpflichtung ausgegangen sei. Vielmehr handele es sich um als Tarifverträge im Sinne von § 1 TVG einzuordnende verbindliche Regelungen. Diese könnten inhaltlich nur so ausgelegt werden, dass sie nicht nur eine Verhandlungsobliegenheit, sondern eine Abschlussverpflichtung enthielten. Es sei zudem nicht ersichtlich, weshalb hier im Lichte des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Juli 2006 (- 4 AZR 381/05 -) kein Vorvertrag angenommen werden könne. Wille der Tarifvertragsparteien sei es gewesen, eine Tarifkonkurrenz oder -pluralität zu vermeiden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Jan. 2007 - 3 Ca 2497/06 - nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 3) halten die Berufung bereits für unzulässig, da die Klägerin sich in der Berufungsbegründung lediglich mit der Abweisung des Hilfsantrages auseinandersetze. Nicht nachvollziehbar sei das Vorbringen der Klägerin, es habe offensichtlicher Konsens darüber bestanden, dass einheitliche Betriebsnormen für alle abschließenden Koalitionen hätten gelten sollen. Bei den Einvernehmenserklärungen handele es sich um schuldrechtliche Vereinbarungen, aus denen sich allenfalls eine Verhandlungsobliegenheit ergäbe und denen keine Tarifqualität zukomme.
Die Beklagte zu 2) ist weiterhin der Auffassung, der Klageantrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. In der Sache habe die Klägerin weder einen gesetzlichen noch einen vertraglichen Anspruch, die Wirksamkeit der bezeichneten Tarifverträge von ihrer Zustimmung abhängig zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 13. Sept. 2007 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist statthaft, §§ 8 Abs.2 ArbGG, 511 ZPO, § 64 Abs.2 b) und c) ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs.1 ArbGG, 516, 519, 520 ZPO, und damit insgesamt zulässig. Die Berufungsbegründung setzt sich in ausreichender Art und Weise mit den arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründen auseinander. Die Klägerin ist dabei offenbar der Rechtsauffassung, die Rechtsunwirksamkeit der bezeichneten Tarifverträge ergäbe sich schon daraus, dass die Beklagten verpflichtet gewesen wären, diese Tarifverträge nicht ohne die Klägerin abzuschließen.
II.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.
Der Klageantrag zu 1) ist gegen die Beklagten zu 1) und 2) zulässig, gegen die Beklagte zu 3) unzulässig. Eine Verbandsklage, also eine Klage zwischen Tarifvertragsparteien, wird als Feststellungsklage für zulässig gehalten (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 2001 - 4 AZR 387/00 - EzA § 256 ZPO Nr. 56; BAG Urteil vom 3. Febr. 1998 - 4 AZR 513/87 - EzA § 4 TVG Druckindustrie Nr. 14; BAG Urteil vom 11. Sept. 1991 - 4 AZR 71/91 - EzA § 1 TVG Durchführungspflicht Nr. 1; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 2 Rz. 12; Wiedemann, TVG. 6. Aufl., § 1 Rz. 719). Die Zulässigkeit ergibt sich daraus, dass es um die Feststellung einer rechtlichen Verpflichtung aus der von der Klägerin angenommenen normativen oder schuldrechtlichen Tarifpflicht, die bezeichneten Tarifverträge nicht ohne sie abzuschließen, geht, anderenfalls sie unwirksam wären. Diese Verpflichtung ist ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO und kann im Wege der Feststellungsklage verfolgt werden.
Die Zulässigkeit der Klage gegen die Beklagte zu 2) scheitert nicht daran, dass eine Tarifgemeinschaft verklagt wird. Die von den Gewerkschaften A und B gebildete Tarifgemeinschaft ist rechtlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren (ebenso Löwisch/Rieble, TVG, § 2 Rz. 166). Nach der Satzung vom 30. Mai 2005 (Bl. 62 ff. d. A.) haben die beiden Gewerkschaften zwar geregelt, dass die Tarifgemeinschaft einen Vorstand hat statt einer Geschäftsführung nach §§ 709 ff. BGB, als Satzungen werden jedoch auch Gesellschaftsverträge bezeichnet. Auf die Frage, ob die Gewerkschaften A und B sich zum Abschluss von Einheitstarifverträgen oder mehrgliedrigen Tarifverträgen im weiteren Sinne oder überhaupt zum gemeinsamen Abschluss von Tarifverträgen zusammengeschlossen haben, kommt es dabei nicht an. Die beklagte GbR ist passiv parteifähig nach § 50 Abs. 1 ZPO. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die notwendige prozessrechtliche Konsequenz der Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten. Im Zivilprozess ist aktivlegitimiert, das heißt "richtige" Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also "richtiger" Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht grundsätzlich auch die Prozessführungsbefugnis. Da nicht die einzelnen Gesellschafter, sondern die Gesellschaft materiell Rechtsinhaberin oder Verpflichtete ist, ist diese "richtige" Partei eines Rechtsstreits um eine Gesellschaftsforderung oder -verpflichtung und insoweit parteifähig und prozessführungsbefugt (BAG Urteil vom 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - NJW 2007, 3739; BAG Urteil vom 1. Dez. 2004 - 5 AZR 597/03 - BAGE 113, 50; BGH Urteil vom 29. Jan. 2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341; BVerfG Beschluss vom 2. Sept. 2002 - 1 BvR 1103/02 - NJW 2002, 3533).
Dem Klageantrag zu 1), soweit er sich gegen die Beklagte zu 3) richtet, fehlt das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Wie das Bundesarbeitsgericht durch den Ersten Senat bereits durch Urteil vom 8. Febr. 1963 ( - 1 AZR 511/61 - AP § 256 ZPO Nr. 42; ebenso BAG Urteil vom 10. Mai 1989 - 4 AZR 80/89 - EzA § 256 ZPO Nr. 32; BAG Urteil vom 11. Nov. 1970 - 4 AZR 522/69 - AP § 2 TVG Nr. 28; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 2 Rz. 27) entschieden hat, kann eine Gewerkschaft gegen ein Mitglied einer anderen Tarifvertragspartei nicht auf Feststellung klagen, dass dieses die von der Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge anzuwenden hat oder diese - wie vorliegend - rechtsunwirksam seien. Für eine solche Klage - so das Bundesarbeitsgericht - fehle es in aller Regel an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Auch dort ging es um die Frage, ob die beklagte Arbeitgeberin verpflichtet war, die normativen Regelungen bestimmter Tarifverträge auf ihre Arbeitnehmer anzuwenden. Das Bundesarbeitsgericht hat angenommen, es gehe bei der Frage, ob der normative Teil der Tarifverträge auf die Arbeitsverhältnisse zwischen der Beklagten und ihren Arbeitnehmern Anwendung fände, nicht um eigene Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Beklagten, sondern um die Rechtsbeziehungen der Beklagten zu ihren am Prozess nicht beteiligten Arbeitnehmern, also um die Beantwortung einer dem Gericht unterbreiteten hypothetischen Frage. Die Geltung eines Tarifvertrages stelle kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar, sondern es gehe um Elemente und Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, die von Bedeutung sein könnten, wenn ein Arbeitnehmer Ansprüche aus einem bestimmten Tarifvertrag herleite und es darauf ankomme, ob die Beklagte unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages falle (BAG Urteil vom 10. Mai 1989 - 4 AZR 80/89 - EzA § 256 ZPO Nr. 32).
Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1) unbegründet, weil die Unwirksamkeit der bezeichneten Tarifverträge sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt feststellen lässt, insbesondere nicht aus einem Verstoß gegen Tarifnormen oder schuldrechtliche Verpflichtungen. Die so genannte Abschlussvereinbarung vom 28. Febr. 2005 (Bl. 250 ff. d. A.) und die Einvernehmenserklärung vom 10. März 2005 (Bl. 20 d. A.) haben keine Tarifqualität. Es handelt sich hierbei um zivilrechtliche Vorverträge. Durch die Vereinbarungen wurden noch keine Rechtsnormen geschaffen, sondern sie stellen die verbindliche Einigung der Parteien über den Inhalt von ihnen noch abzuschließender Tarifverträge dar. Dass mit der Einvernehmenserklärung noch keine Rechtsnormen geschaffen werden sollten, entspricht dem erkennbaren Willen der Parteien. Danach sollten die in der Einvernehmenserklärung angesprochenen Regelungen in der Folge durch den Zukunftssicherungstarifvertrag normiert werden. Der endgültigen Formulierung von Tarifverträgen gehen in der Regel Tarifverhandlungen voraus, die auf eine Einigung der Tarifparteien über die wesentlichen Inhalte der noch abzuschließenden Tarifverträge abzielen. Die Formulierung und Unterzeichnung eines solchen Verhandlungsergebnisses kann einen Vorvertrag darstellen (BAG Urteil vom 5. Juli 2006 - 4 AZR 381/05 - EzA § 1 TVG Rückwirkung Nr. 8). So wird auch hier im vorletzten Absatz der Einvernehmenserklärung ein Stand in den Absprachen der Tarifvertragsparteien geschaffen, von dem in Zukunft nur noch in beiderseitigem Einvernehmen abgewichen werden kann (Point of no return) und verpflichten sich die Tarifvertragsparteien, die Umsetzung der getroffenen Vereinbarung so zügig vorzunehmen, dass eine fristgerechte Anwendung des LzK-TV und der getroffenen Regelungen möglich ist. Es kann dahinstehen, aus welchen Gründen es nicht zum Tarifabschluss zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) gekommen ist. In der Abschlussvereinbarung vom 28. Febr. 2005 bestätigen sich die Tarifvertragsparteien gegenseitig, dass sie die dort aufgeführten Tarifverträge am 10. März 2005 oder unverzüglich danach unterzeichnen werden. Auch wenn der Beklagte zu 1) seine Verpflichtungen aus diesen Absprachen vertragswidrig verletzt hätte, führte dies nicht zur Rechtswidrigkeit der mit A und B abgeschlossenen Tarifverträge, sondern hätte die Klägerin einen Erfüllungsanspruch oder Schadensersatzanspruch (vgl. BGH Urteil vom 7. März 2007 - XII ZR 40/05 - NJW 2007, 1817) gegen den Beklagten zu 1). A und B sind aus diesen Vereinbarungen nicht gegenüber der Klägerin verpflichtet worden. Es handelt sich um jeweils bilaterale Verträge und keinen Einheitsvorvertrag. Auch wenn es z.B. in der Abschlussvereinbarung "Die Tarifvertragsparteien..." heißt, bezieht sich dies nur auf die jeweilige Gewerkschaft und den Beklagten zu 1). Die Vereinbarungen wurden getrennt abgeschlossen und es gibt in den Vereinbarungen keine Nennung von weiteren Vertragspartnern.
Die Unwirksamkeit der bezeichneten Tarifverträge ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Koalitionsfreiheit der Klägerin. Die bezeichneten Tarifverträge sind insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht unter Einbeziehung der Klägerin und damit nicht mit allen für das Unternehmen tarifzuständigen Gewerkschaften abgeschlossen worden sind.
Die Rechtsfrage, wie die Tarifkollision zu lösen ist, ist in der Diskussion. Teilweise wird angenommen, dass es im Bereich von Betriebsnormen und gemeinsamen Einrichtungen keine Tarifkonkurrenz geben könne und das Prinzip des Vorrangs stärkerer mitgliedschaftlicher Legitimation gelte (vgl. DKK-Trümmner, BetrVG, 10. Aufl., § 3 Rz. 157; Löwisch/Rieble TVG, 2. Aufl., § 4 Rz. 151; Wiedemann-Wank, TVG, 7. Aufl., § 4 Rz. 299 e; umfassend Friese ZfA 2003, 237, 272 ff.), teilweise wird angenommen, dass sämtliche einander widersprechende Regelungen unwirksam seien (Annuß, NZA 2002, 290, 293). Andere meinen, dass bei mehreren für den Betrieb oder das Unternehmen tarifzuständigen Gewerkschaften der Tarifvertrag nur mit den Gewerkschaften einheitlich abgeschlossen werden könne (Däubler, TVG, § 3 Rz. 76; Fitting, BetrVG. 23. Aufl., § 3 Rz. 16; GK-Kraft/Franzen, BetrVG, 8. Aufl., Rz. 34; Teusch NZA 2007, 129). Nur so ließen sich die mit der Funktion des § 4 Abs. 2 TVG befriedigend nicht lösbaren Tarifkonkurrenzprobleme vermeiden. Machten mehrere Gewerkschaften ihre Tarifzuständigkeit geltend, könne der Tarifvertrag nur unter Einbeziehung aller tarifzuständigen Gewerkschaften abgeschlossen werden (vgl. Fittung a.a.O.). Ein späterer mit einer anderen Gewerkschaft abgeschlossener Tarifvertrag sei nach dem insoweit geltenden Prioritätsprinzip unwirksam.
Das Gesetz verlangt indessen nicht, den Tarifvertrag mit allen für das Unternehmen tarifzuständigen Gewerkschaften einheitlich abzuschließen, wobei generell der Gefahr begegnet werden sollte, dass die jeweiligen tarifpolitischen Ordnungsvorstellungen zum Rechtsprinzip erhoben werden. Eine "Zwangstarifgemeinschaft" (DKK-Trümmner, a.a.O. Rz. 157 a) lässt sich mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbaren, da die Tarifvertragsfreiheit auch die Willensfreiheit der Gewerkschaften einschließt, sich in einer Tarifgemeinschaft zusammenzuschließen (ebenso Hess. LAG Beschluss vom 9. Aug. 2007 - 9 TaBV 23/07 - Juris, Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 ABR 70/07; Plander, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein 2006, S. 969, 977). Es bestehen zudem keine durchschlagenden Bedenken dagegen, dass es Tarifverträge mit unterschiedlichen Regelungsinhalten geben kann, deren Geltungswirkung sich aus den Regelungen über Tarifkonkurrenzen ergibt (ebenso ebenso Hess. LAG Beschluss vom 9. Aug. 2007 - 9 TaBV 23/07 - Juris, Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 7 ABR 70/07; DKK-Trümmner, a.a.O. Rz. 157; dazu auch Teusch NZA 2007, 129). Da es insoweit keine Tarifpluralität geben kann, weil wegen § 4 Abs. 2 TVG stets alle Arbeitnehmer im Betrieb erfasst werden (Teusch NZA 2007, 129; Jacobs Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz, S. 248, 306), muss die Tarifkonkurrenz auf der Grundlage des Spezialitätsgrundsatzes aufgelöst werden.
Die Meinung, dass nach Abschluss eines Tarifvertrages mit einer verhandlungsbereiten Gewerkschaft ein Prioritätsprinzip gelte (etwa Fitting a.a.O.), ist abzulehnen. Woraus sich das zitierte Prioritätsprinzip ableiten soll, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich dem Tarifvertragsgesetz nicht entnehmen. Einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG stellt es auch dar, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft das Abschlussprivileg erhalten soll. Für den Ausschluss einer Gewerkschaft mit einer geringeren Mitgliederzahl gibt es keine tragfähige Grundlage. Die Auffassung ist mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht in Einklang zu bringen, abgesehen von dem Problem der Feststellung der jeweiligen Mitgliederzahl.
Letztendlich sah es auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 25. Mai 2005 (- 7 ABR 10/04 - EzA § 47 BetrVG 2001 Nr. 3) hinsichtlich der Geltung betriebsverfassungsrechtlicher Normen für unproblematisch an, dass der dort zu beurteilende Tarifvertrag nicht von allen, sondern nur von der im Unternehmen mehrheitlich vertretenen Gewerkschaft abgeschlossen worden ist. Nach § 3 Abs. 2 TVG komme es nur auf die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an, während die der Arbeitnehmer ohne Bedeutung sei. Nichts anderes gilt für den Bereich des § 4 Abs. 2 TVG.
III.
Daraus ergibt sich, dass auch die Berufung gegen die Abweisung der Klageanträge zu 2) und 3) keinen Erfolg haben kann, denn die Beklagte zu 3) muss die rechtswirksamen Tarifverträge gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 2 TVG anwenden.
IV.
Die Berufung ist auch unbegründet, soweit das Arbeitsgericht den Hilfsantrag abgewiesen hat. Es kann dahinstehen, ob sich eine einklagbare Verpflichtung des Beklagten zu 1) aus der Abschlussvereinbarung vom 28. Febr. 2005 und der Einvernehmenserklärung vom 10. März 2005 auf Abschluss der bezeichneten Tarifverträge ergibt. Die Klägerin klagt indessen auf Abschluss der bezeichneten Tarifverträge nicht mit dem Beklagten zu 1), sondern gemeinschaftlich mit den Beklagten zu 1) und 2). Diese Auslegung ergibt sich aus den Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung (Seite 6, Bl. 195 d. A.), wo sie von einem Anspruch auf Abschluss nicht einseitiger, sondern einheitlicher Regelungen ausgeht. Es sei deutlich erkennbar gewesen (Seite 11, Bl. 200 d. A.), dass es nicht der Wille der Tarifvertragspartei gewesen sei, dass im Unternehmen je nach Koalitionszugehörigkeit unterschiedliche Regelungen getroffen würden, sondern einheitliche Bedingungen geschaffen werden sollten.
V.
Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung trägt die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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