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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 19.04.2004
Aktenzeichen: 9 Ta BV Ga 71/02
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO, BGB
Vorschriften:
BetrVG § 13 | |
BetrVG § 16 | |
BetrVG § 21 a | |
ArbGG § 85 Abs. 2 | |
ZPO § 935 | |
ZPO § 940 | |
BGB § 728 | |
BGB § 736 |
2. Die Auflösung eines gemeinsamen Betriebes infolge Insolvenz eines der beteiligten Unternehmen ist eine Betriebsspaltung im Sinne des § 21 a Abs. 1 BetrVG.
3. Für diesen Fall hat der Betriebsrat unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) Wahlvorstände zu bestellen. Die Fristen des § 16 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BetrVG gelten im Rahmen des § 21 a Abs. 1 BetrVG nicht.
4. Für das arbeitsgerichtliche Bestellungsverfahren in entsprechender Anwendung von § 16 Abs. 2 BetrVG gilt eine Frist von zwei Wochen ab dem Tag, an dem der Betriebsrat einen Wahlvorstand hätte bestellen müssen.
5. Ist ein Betriebsrat für einen gemeinsamen Betrieb gewählt worden und ein Wahlanfechtungsverfahren anhängig und fällt eines der Unternehmen des gemeinsamen Betriebes in Insolvenz, so darf ein Wahlvorstand für eines der Unternehmen vom Arbeitsgericht nur bestellt werden, wenn mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass der gemeinsame Betrieb nachträglich aufgelöst worden ist.
Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Beschluss
Aktenzeichen: 9 Ta BV Ga 71/02
Verkündet laut Protokoll am 19. April 2002
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
im Beschlussverfahren
hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 9 in Frankfurt am Main auf die mündliche Anhörung vom 19. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am LAG Bram als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Baltes und Hannich als Beisitzer
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) - 4) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 04. April 2002 - 7 BV Ga 14/02 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Eilbeschlussverfahren um die Einsetzung eines Wahlvorstandes.
Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) sind Arbeitnehmer der Beteiligten zu 9) (K...). Der Beteiligte zu 4) ist Arbeitnehmer der Beteiligten zu 6) (p... L...). Für die Beteiligten zu 6) bis 9) wurde am 28.1.2002 ein gemeinsamer Betriebsrat (Beteiligter zu 5) gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 29.1.2002 bekannt gemacht (Bl. 18 ff. d. A.). Der Wahlvorstand ist ausweislich des Wahlausschreibens vom 14.12.2001 (Bl. 20 ff. d. A.) von einem gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 6) bis 9) ausgegangen. Die Beteiligte zu 6) hatte erfolglos ein auf Abbruch dieser Wahl gerichtetes Eilbeschlussverfahren angestrengt (Beschluss des Hess. LAG vom 28. Jan. 2002 - 9 Ta BV Ga 6/02). Die Wahl vom 28. Jan. 2002 wird in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Darmstadt angefochten.
Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1.2.2002 (Bl. 23, 24 d. A.) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 7) eröffnet. Der Insolvenzverwalter hat - wie die Beteiligte zu 9) im Beschwerderechtszug vorträgt - alle Arbeitnehmer freigestellt und wird das Unternehmen liquidieren. Eine Sanierung ist in seinem Insolvenzgutachten ausgeschlossen worden.
Die Antragssteller sind der Ansicht gewesen, spätestens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beteiligten zu 7) sei der gemeinsame Betrieb (sofern ein solcher bestanden haben sollte) beendet worden. Die Beendigung des Gemeinschaftsbetriebs sei ein Fall der Betriebsspaltung im Sinne des § 21 a BetrVG. Der Beteiligte zu 5) sei daher gemäß § 21 a Abs. 1 S. 2 BetrVG verpflichtet, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen. Gegen diese Verpflichtung habe der Beteiligte zu 5) verstoßen, da er bisher nicht tätig geworden sei.
Die Eilbedürftigkeit ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 21 a Abs. 1 S. 2 BetrVG ("unverzüglich") sowie aus der Tatsache, dass das Übergangsmandat des Betriebsrates gemäß § 21 a Abs. 1 S. 3 BetrVG spätestens sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung endet. Unter Beachtung der erforderlichen Vorlaufzeit müsse der Beteiligte zu 5) umgehend tätig werden, um der Gefahr zu entgehen, dass sein Übergangsmandat vor dem Abschluss der einzuleitenden Betriebsratswahl ende und damit ein betriebsratsloser Zustand eintrete.
Die Antragsteller (Beteiligte zu 1), 2), 3) und 4) haben beantragt,
1. einen Wahlvorstand zu bestellen
2. als Wahlvorstand wird vorgeschlagen:
J... E..., geb. 1.5.1967, als Vorsitzender
T... S. .., geb. 13.12.1954
D... S. .., geb. 22.5.1952,
hilfsweise,
den Beteiligten zu 5) zu verpflichten, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen.
Die Beteiligten zu 6), 8) und 9) haben sich dem Antrag der Antragsteller angeschlossen.
Die Beteiligte zu 7) hat keinen Antrag gestellt.
Der Beteiligte zu 5) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 5) ist der Auffassung gewesen, Haupt- und Hilfsantrag seien unzulässig. Der Hauptantrag sei unzulässig, da er gemäß § 16 Abs. 2 BetrVG erst acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats gestellt werden könne. Selbst bei einer Spaltung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.2.2002 über das Vermögen der Beteiligten zu 7) würde das Betriebsratsamt gemäß § 21 a BetrVG erst am 1.8.2002 enden. Eine Antragstellung wäre daher frühestens am 6.6.2002 möglich. Die Beteiligten zu 1) bis 4) seien auch nicht antragsbefugt, da sie keine Arbeitnehmer der Beteiligten zu 7) sind und nur eine Betriebsabspaltung vorliege, bei der der Ursprungsbetrieb erhalten bleibe und nur für den "abgespaltenen" Teil - d.h. die Beteiligte zu 7) - ein neuer Betriebsrat zu wählen sei. Die Beteiligten zu 3) und 4) seien leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG und daher nicht antragsbefugt. Auch der Hilfsantrag sei unzulässig, da der Betriebsrat nicht zwangsweise verpflichtet werden könne, einen Wahlvorstand zu bestellen. Es bestehe auch kein Verfügungsanspruch, da eine Spaltung im Sinne des § 21 a BetrVG nicht vorliege. Voraussetzung sei eine organisatorische Veränderung, die nicht alleine durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintrete.
Weiterhin fehle es an einem Verfügungsgrund, da gemäß § 16 Abs. 1 BetrVG der Wahlvorstand bis spätestens zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrates zu bestellen ist. Dies gelte auch für den Fall des Übergangsmandates. Diese Frist dürfe der Betriebsrat voll ausschöpfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht Darmstadt hat den Antrag durch Beschluss vom 4. April 2002 - 7 BV Ga 14/02 zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Hauptantrag sei derzeit nicht zulässig. Der Zulässigkeit des Antrages stünde derzeit entgegen, dass der Antrag vor Eintritt der in § 16 Abs. 2 S. 1 BetrVG bestimmten Frist gestellt worden sei. § 21 a BetrVG enthalte zwar keine Regelung hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 16 BetrVG. Der Wortlaut des § 21 a BetrVG ließe offen, ob ein Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstandes nach § 16 Abs. 2 BetrVG bei einer Spaltung im Sinne des § 21 a BetrVG überhaupt möglich sei und zu welchem Zeitpunkt er gegebenenfalls gestellt werden könne. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts könne ein Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstandes nach § 16 Abs. 2 BetrVG im Falle einer Spaltung nach § 21 a BetrVG frühestens acht Wochen vor Ablauf der in § 21 a Abs. 1 S. 3 BetrVG bestimmten Frist von sechs Monaten nach Wirksamwerden der Spaltung gestellt werden. Selbst wenn eine Spaltung im Sinne des § 21 a BetrVG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beteiligten zu 7) am 1.2.2002 eingetreten sein sollte, hätte der Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstandes also erst am 6.6.2002 gestellt werden können. Die Antragsteller könnten sich insoweit nicht darauf berufen, der Betriebsrat habe nach § 21 a Abs. 1 S. 2 BetrVG "unverzüglich" einen Wahlvorstand zu bestellen.
Der Hilfsantrag sei unbegründet. Den Antragstellern stünde kein Anspruch gegen den Betriebsrat (Beteiligter zu 5)) zu, einen Wahlvorstand zu bestellen. Ein derartiges Recht sei dem BetrVG nach seiner Systematik fremd, da das BetrVG auch in § 16 keinen Anspruch gegen den Betriebsrat auf Bestellung eines Wahlvorstandes vorsehe. Auch aus dem Zweck des § 21 a BetrVG könne ein entsprechendes Recht nicht abgeleitet werden. § 21 a Abs. 1 S. 2 BetrVG ziele darauf ab, einen betriebsratslosen Zustand nach der Spaltung eines Betriebes zu vermeiden, da das Übergangsmandat des bestehenden Betriebsrates grundsätzlich spätestens sechs Monate nach der Spaltung ende. Aus diesem Zweck könne aber kein subjektives Recht gegen den Betriebsrat, einen Wahlvorstand zu bestellen, abgeleitet werden. Für den Fall, dass der Betriebsrat seine Verpflichtung nach § 21 a Abs. 1 S. 2 BetrVG nicht erfülle, sehe § 21 a BetrVG kein besonderes Verfahren vor. Auch bei einer Anwendung des § 16 BetrVG komme gemäß § 16 Abs. 2 BetrVG allenfalls ein Antrag auf Bestellung des Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht in Betracht, nicht aber ein Antrag, den Betriebsrat zu verpflichten, einen Wahlvorstand zu bestellen.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller (Beteiligte zu 1) bis 4)) am 10. April 2002 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Die Antragsteller sind weiterhin der Auffassung, die Frist des § 16 Abs. 2 BetrVG gelte im Rahmen des § 21 a BetrVG wie sich aus dem Begriff "unverzüglich" ergebe nicht. Das Übergangsmandat sei nicht mit dem regulären Betriebsratsmandat vergleichbar. Die Spaltung des gemeinsamen Betriebes habe eine Änderung der bisherigen Betriebsorganisation zur Folge. Damit ende an sich die Amtszeit des Betriebsrats. Das Übergangsmandat zur Verhinderung eines betriebsratslosen Zustandes führe zu der vordringlichen Verpflichtung, die Wahl eines neuen Betriebsrats einzuleiten.
Die Beteiligte zu 9) ist ebenfalls der Auffassung, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei ein gemeinsamer Betrieb beendet worden. Sie trägt ergänzend vor, bei der Beteiligten zu 7) seien seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder Arbeitnehmer noch Betriebsmittel eingesetzt worden. Operatives Geschäft werde nicht mehr durchgeführt. Die am gemeinsamen Betrieb beteiligten Unternehmen hätten diesen vorsorglich beendet und bildeten wieder selbständige Unternehmen. Dies führe zu einer Spaltung im Sinne des § 21 a BetrVG. Dem Betriebsrat sei in Anlehnung an § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BetrVG eine Frist von allenfalls zwei Wochen zur Bestellung eines neuen Wahlvorstandes einzuräumen.
Die Antragsteller beantragten zunächst,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 4. April 2002 - 7 BV Ga 14/02 abzuändern und
1. einen Wahlvorstand zu bestellen
2. als Wahlvorstand wird vorgeschlagen:
J... E..., geb. 1.5.1967, als Vorsitzender
T... S. .., geb. 13.12.1954
D... S. .., geb. 22.5.1952,
hilfsweise,
den Antragsgegner zu verpflichten, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen.
Die Beteiligten zu 6), 8) und 9) schlossen sich diesem Antrag der Antragsteller an.
Die Antragsteller beantragten auf einen Hinweis des Gerichts sodann,
einen Wahlvorstand für den gemeinsamen Betrieb der Unternehmen p... L... GmbH, K... H... GmbH und B...-T... GmbH zu bestellen,
hilfsweise,
einen Wahlvorstand für die K... H... GmbH zu bestellen.
Der Beteiligte zu 5) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 19.4.2002 verwiesen.
Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der Hauptantrag ist zulässig. Den Antragstellern fehlt nicht die Antragsbefugnis. Sie sind Arbeitnehmer der Unternehmen, deren Betriebe nach der Antragstellung den gemeinsamen Betrieb ausmachen, für den der Wahlvorstand bestellt werden soll.
Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet. Die Begründetheit des Antrages scheitert nicht daran, dass der Betriebsrat die Fristen des § 16 Abs. 2 BetrVG wahren müsste. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 BetrVG hat der Betriebsrat die Wahlvorstände unverzüglich zu bestellen. Unverzüglich versteht sich im Sinne der gesetzlichen Definition des § 121 Abs. 1 BGB. Die Wahlvorstände sind ohne schuldhaftes Zögern zu bestellen (ebenso Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 21 a Rz. 21; Richardi/Thüsing, BetrVG, 8. Aufl. Rz. 21, und Thüsing, DB 2002, 738,741: Modifizierung des § 16 BetrVG). Damit vertragen sich die Fristen des § 16 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BetrVG nicht. Auch Sinn und Zweck der Regelung des § 21 a Abs. 1 BetrVG stehen der Anwendung der Fristen des § 16 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BetrVG entgegen. Der Betriebsrat hat nach einer Spaltung nur noch ein Übergangsmandat zwecks Verhinderung eines betriebsratslosen Zustand (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 21 a Rz. 6). Die sechsmonatige Frist des § 21 a Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist eine Höchst- und keine Regelfrist, die nur durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung verlängert werden kann. Im Übrigen endet das Übergangsmandat mit Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahlen in den neuen Betriebsteilen. Auch bereits zur wortgleichen Regelung des § 321 Abs. 1 Satz 2 UmwG wurde vertreten (etwa Lutter, UmwG, § 321 Rz. 24), die Einsetzung des Wahlvorstandes habe regelmäßig nach dem Entstehen des Übergangsmandats zu erfolgen. Für das arbeitsgerichtliche Bestellungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 BetrVG gilt eine Frist von zwei Wochen nach dem Tag, an dem der Betriebsrat den Wahlvorstand hätte bestellen müssen, wenn er unverzüglich gehandelt hätte (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 16 Rz. 42).
Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet, weil nach diesem Antrag der gemeinsame Betrieb mit den Unternehmen der Beteiligten zu 6), 8) und 9) fortbesteht. Für diesen ist bereits ein Betriebsrat gewählt. Es fehlt damit an einer Spaltung eines Betriebes im Sinne des § 21 a Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Eine Spaltung ist eine Umstrukturierung auf betrieblicher Ebene, die sich auf die bisherige betriebliche Umstrukturierung auswirkt. Dies kann die organisatorische Einheit des Ursprungsbetriebs betreffen, aus dem Teilbereiche ausgegliedert werden (etwa Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 21 a Rz. 8). § 21 a Abs. 1 BetrVG regelt nur die Betriebsänderungen, die zum Verlust der Betriebsidentität führen (Richardi/Thüsing, BetrVG, 8. Aufl. § 21 a Rz. 6). Die Beendigung eines Gemeinschaftsbetriebes ist ein Fall des § 21 a Abs. 1 BetrVG (ebenso Rieble, NZA 2002, 233, 238). Wird jedoch der gemeinsame Betrieb mit den verbleibenden drei Unternehmen fortgeführt, wie es in der Antragstellung zum Ausdruck gebracht wird, bleibt die Betriebsidentität gewahrt. Dass aus dem verbleibenden Betrieb von seiner Struktur und Organisation her mit Ausscheiden des Betriebes der Beteiligten zu 7) ein anderer wird, haben die Beteiligten nicht konkret vorgetragen. Soweit durch das Ausscheiden des Betriebes der Beteiligten zu 7) die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erfüllt sind, weil die Belegschaft um mindestens 50 Arbeitnehmer absinkt, kann dies erst 24 Monate nach der Betriebsratswahl zu einer Neuwahl führen.
Die Insolvenz der Beteiligten zu 7) führt hier nicht zur Beendigung des gemeinsamen Betriebes. Der gemeinsame Betrieb, für den nach der Antragstellung ein Wahlvorstand bestellt werden soll, setzt voraus, dass sich die daran beteiligten Unternehmen, die Beteiligten zu 6), 8) und 9), zur gemeinsamen Führung eines Betriebes rechtlich verbunden haben. Ob hier eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, die sog. Führungsvereinbarung, besteht, wird von keiner/m der Beteiligten vorgetragen. Sie ist jedoch aus den tatsächlichen Umständen herzuleiten und im Zweifel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne des § 705 BGB zu qualifizieren (BAG Urteil vom 5. März 1987 - 2 AZR 623/85 - EzA § 15 KSchG n. F. Nr. 38; vgl. auch BAG Beschluss vom 11. Nov. 1997 - 1 ABR 6/97 - EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 36). Der gemeinsam verfolgte Zweck ist die Führung des gemeinsamen Betriebes. Dieser Zusammenschluss der an der gemeinsamen Betriebsführung beteiligten Unternehmen in Gestalt einer GbR ist durch die Insolvenz der Beteiligten zu 7) nicht beendet worden. Nach § 728 BGB wird zwar durch die Insolvenz eines Gesellschafters die BGB-Gesellschaft aufgelöst. Damit entfiele die Führungsvereinbarung, würde der gemeinsame Betrieb aufgelöst und bestünden wieder selbständige Betriebe. Nach dem Hauptantrag soll jedoch ein Wahlvorstand für den gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 6), 8) und 9) bestellt werden. Das ist nur möglich, wenn der gemeinsame Betrieb fortgeführt wird. Für diesen Fall findet § 736 BGB Anwendung. Vereinbaren die verbleibenden Unternehmen für den Fall der Insolvenz über das Vermögen eines der Gesellschafter, dass die Gesellschaft fortbestehen soll, so scheidet lediglich der betroffene Gesellschafter, hier also die Beteiligte zu 7), aus und bleibt der gemeinsame Betrieb, für den bereits ein Betriebsrat gewählt ist, im Übrigen bestehen.
Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Es kann im summarischen Eilverfahren mit den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln nicht festgestellt werden, dass zwischen den Beteiligten zu 6), 8) und 9) kein gemeinsamer Betrieb (mehr) besteht. Die betriebsverfassungsrechtliche Ausgangslage für dieses Eilverfahren ist, dass ein Betriebsrat für einen gemeinsamen Betrieb gewählt ist. Die Entscheidung, ob dies unter Verkennung des Betriebsbegriffs geschehen ist, bleibt dem Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG vorbehalten, das beim Arbeitsgericht Darmstadt anhängig ist. Das von der Beteiligten zu 6) angestrengte, auf Abbruch der Wahl gerichtete Eilbeschlussverfahren hatte keinen Erfolg (Beschluss des Hess. LAG vom 28. Jan. 2002 - 9 Ta BV Ga 6/02). Bis über die Wahlanfechtung rechtskräftig entschieden ist, bleibt der gewählte Betriebsrat im Amt. Für denselben Betrieb können nicht zwei Betriebsräte gewählt werden. Eine gleichwohl durchgeführte Wahl wäre nichtig (BAG Beschluss vom 11. April 1978 - 6 ABR 22/77 - EzA § 19 BetrVG 1972 Nr. 17). Vor diesem Hintergrund ist die Einsetzung eines Wahlvorstandes für die Beteiligte zu 9) nur möglich, wenn mit einiger Sicherheit festgestellt werden kann, dass der Gemeinschaftsbetrieb inzwischen aufgelöst worden ist. Diese Feststellung kann hier nicht getroffen werden. Zu organisatorischen Änderung oder Umstrukturierungen haben die Beteiligten nichts Konkretes vorgetragen. Hierzu hätte es in Abgrenzung zum Hauptantrag, der vom Fortbestand eines gemeinsamen Betriebes ausgeht, konkreten Vorbringens bedurft. Dazu sind die Antragsteller im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gehalten. Weiteren Maßnahmen nach § 83 Abs. 3 ArbGG steht der Charakter des Eilbeschlussverfahrens entgegen. Auch das Vorbringen der Beteiligten zu 9) im Beschwerderechtszug, dass die beteiligten Unternehmen den Gemeinschaftsbetrieb im Fall der Insolvenz über das Vermögen eines der beteiligten Unternehmen ohnehin beenden, wozu sie jederzeit rechtlich in der Lage seien und was vorliegend auch vorsorglich geschehen sei, reicht hierzu nicht aus. Es wird daraus nicht ersichtlich, welche Abmachungen die Beteiligten in welcher Form und mit welchem konkreten Inhalt getroffen haben oder welche tatsächlichen Änderungen, aus denen sich Schlüsse auf die Aufhebung der Führungsvereinbarung ziehen ließen, die Beteiligten vorgenommen haben.
Schließlich ist auch der weitere Hilfsantrag unbegründet. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 12 Abs. 5 ArbGG. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, § 92 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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