Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 9 TaBV 196/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 76 a Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2008 - 5 BV 189/08 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Zahlung einer Vergütung für einen Einigungsstellenbeisitzer.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) betreibt auf dem A zwei Betriebe (... ZE, später FSI, und ... ZD, später FSK). Der Arbeitnehmer B ist Vorsitzender des Betriebsrats des Betriebes ZD. Er ist Mitglied des Gesamtbetriebsrats (GBR) im Unternehmen der Arbeitgeberin und seit 8. Mai 2006 dessen Vorsitzender. In dieser Funktion verhandelte er für den GBR mit der Arbeitgeberin über die Gesamtbetriebsvereinbarung Flexibilisierung.

Im Betrieb ... ZE gab es in der Zeit vom 12. Jan. bis zum 15. Sept. 2006 die Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Dienst- und Schichtpläne in dem Betrieb ... ZE". An dieser nahm Herr B als Beisitzer des Betriebsrats teil. Der Vorsitzende der Einigungsstelle, der Richter am Bundesarbeitsgericht C, berechnete der Arbeitgeberin für seine Tätigkeit ein Honorar in Höhe von EUR 25.000,-. Mit Schreiben vom 15. Jan. 2007 machte Herr B gegenüber der Arbeitgeberin unter Fristsetzung bis zum 26. Jan. 2007 ein Honorar in Höhe von 7/10 der Vorsitzendenvergütung geltend. Durch Erklärung vom 1. Okt. 2007 trat er seine Honorarforderung unwiderruflich an den Antragsteller (Beteiligter zu 1) ab.

Der Beteiligte zu 1) ist der Auffassung gewesen, als betriebsfremder Einigungsstellenbeisitzer habe er gemäß § 76 a Abs. 3 BetrVG Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von 7/10 der Vergütung des Einigungsstellenvorsitzenden. Er gehöre nicht dem Betrieb ... ZE, sondern ... ZD an. Seine Bestellung sei auf Grund des Betriebsratsbeschlusses vom 28. Dez. 2005 erfolgt. An den elf Sitzungen der Einigungsstelle hätte er außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit teilgenommen.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, an ihn EUR 17.500,- zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Jan. 2007 zu zahlen.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht gewesen, Herr B habe an den Sitzungen der Einigungsstelle in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und damit nicht als betriebsfremder Beisitzer teilgenommen. Da er auch nicht darauf hingewiesen hätte, dass er eine Vergütung beanspruche, habe er bewusst den Eindruck entstehen lassen, er wolle einen Honoraranspruch nicht geltend machen. Anderenfalls hätte er die Pflicht gehabt, die Beteiligte zu 2) darüber aufzuklären, dass er für seine Tätigkeit ein Honorar geltend mache. Für diesen Fall hätte sie eine gesonderte Honorarvereinbarung mit ihm schließen können. Er habe sich auch nicht im Betrieb ... ZD zu den Sitzungen der Einigungsstelle abgemeldet. Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats hat sie mit Nichtwissen bestritten. Schließlich hat die Beteiligte zu 2) vorgetragen, die Abtretung des Herrn B an den Beteiligten zu 1) sei nicht ordnungsgemäß durch Rechtsgeschäft und nur zum Schein erfolgt.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat dem Antrag durch Beschluss vom 18. Juni 2008 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Arbeitnehmer B habe als betriebsfremder Einigungsstellenbeisitzer einen Vergütungsanspruch gemäß § 76 a Abs. 3 BetrVG. Er sei nicht gehalten gewesen, die Beteiligte zu 2) auf den Honoraranspruch hinzuweisen und ihr Gelegenheit zum Abschluss einer Honorarvereinbarung zu geben. Der Betriebsratsbeschluss, die Höhe der Vergütung und die Abtretung seien nicht zu beanstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.

Gegen den ihr am 18. Juli 2008 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2) am 12. Aug. 2008 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese ebenfalls per Telefax am 11. Sept. 2008 begründet.

Die Beteiligte zu 2) rügt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne Herr B nicht als betriebsfremder Beisitzer angesehen werden. Der Betriebsrat habe beschlossen, dass er in seiner Funktion als Sprecher der Tarifkommission der Gewerkschaft D, die auf Konzernebene eingerichtet sei und in die die Gesamtbetriebsräte Mitglieder entsendeten, und als Teilnehmer der Konzertierten Aktion in die Einigungsstelle entsandt worden sei. Es fehle aber auch an einem wirksamen Bestellungsbeschluss des Betriebsrats. Die Beteiligte zu 2) bestreitet insoweit die rechtzeitige und ordnungsgemäße Einladung der Betriebsratsmitglieder unter Beifügung der Tagesordnung. Es falle auf, dass in dem Verteiler, d.h. der Adressatenliste, nur 12 Mitglieder des 15köpfigen Gremiums genannt seien. Die Einladung sei durch den stellvertretenden Vorsitzenden E erfolgt. Es werde bestritten, dass der Betriebsratsvorsitzende verhindert gewesen sei. Außerdem werde die ordnungsgemäße Besetzung des Betriebsrats bei der Beschlussfassung bestritten, insbesondere auch Verhinderungsfälle und die Ladung von Ersatzmitgliedern. Weiterhin sei zu beanstanden, dass über alle Beisitzer zusammen und nicht über jeden Beisitzer einzeln abgestimmt worden sei. Schließlich sei die Bestellung von Herrn B nicht erforderlich gewesen, da nicht ersichtlich sei, über welche Kenntnisse dieser hinsichtlich des Einigungsstellenthemas verfügt habe. Es sei auch allgemein anerkannt, auch von Herrn B als langjährigem Mitarbeiter und Betriebsratsvorsitzenden, welcher bereits an zahlreichen Einigungsstellenverfahren teilgenommen habe, dass betriebsfremden Beisitzern keine gesonderte Vergütung gezahlt werde. Es verstoße zumindest gegen das Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass Herr B nicht auf die Beteiligte zu 2) zwecks Abschlusses einer Honorarvereinbarung zugegangen sei.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2008 - 5 BV 189/08 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1) verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor, nachdem Herr B sich auf Anfrage dazu bereit erklärt gehabt hätte, als Einigungsstellenbeisitzer für den Betriebsrat tätig zu werden, habe der Betriebsrat die Bestellung in der außerordentlichen Betriebsratssitzung vom 28. Dez. 2005 beschlossen. Im Briefkopf der Einladung seien nur die 12 von 15 Betriebsratsmitgliedern aufgeführt worden, denen die Einladung in das Postfach gelegt worden sei, den anderen Betriebsratsmitgliedern sei die Einladung persönlich ausgehändigt worden. Der Betriebsrat gehe davon aus, dass die Einladung vom stellvertretenden Vorsitzenden unterschrieben worden sei, weil der Vorsitzende verhindert gewesen sei. Das Betriebsratsmitglied F sei als Ersatzmitglied für das sich in Urlaub befindliche Betriebsratsmitglied G geladen worden, Herr H hätte sich nach Erinnerung des Betriebsratsvorsitzenden so kurzfristig entschuldigt, dass kein Ersatzmitglied mehr zu bekommen gewesen sei. Vorsorglich habe der Betriebsrat den Beschluss in der Sitzung vom 23. / 24. Okt. 2008 wiederholt und bestätigt. Auf das Einladungsschreiben mit Tagesordnung, die Ablichtungen der Quittungen des Erhalts dieser Einladung sowie die Ablichtungen des Protokolls der Betriebsratssitzung, der Teilnehmerliste sowie der Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 11 wird Bezug genommen (Bl. 99 ff. d. A.). Dass Herr B Mitglied der Tarifkommission gewesen sei, sei seiner Gewerkschaftsmitgliedschaft und nicht seinem Amt als Gesamtbetriebsratsvorsitzender geschuldet. Soweit Herr B an Einigungsstellen bei der Beteiligten zu 2) teilgenommen hätte, sei die gesetzliche Vergütung gezahlt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 11. Dez. 2008 verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Antrag ist begründet.

Der Vergütungsanspruch des Antragstellers aus § 76 a Abs. 3 BetrVG besteht in der zuerkannten Höhe. Es kann dahinstehen, ob Herr B durch einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss im Sinne des § 33 BetrVG vom 28. Dez. 2005 oder vom 24. Okt. 2008 zum Beisitzer der Einigungsstelle bestellt worden ist. Der gesetzliche Vergütungsanspruch des § 76 a Abs. 3 BetrVG knüpft zwar an die organschaftliche Stellung des Beisitzers an. Er setzt eine wirksame Berufung in dieses Amt voraus (BAG Beschluss vom 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - EzA § 76a BetrVG 1972 Nr. 10; BAG Beschluss vom 19. August 1992 - 7 ABR 58/91 - EzA § 76a BetrVG 1972 Nr. 7). Der Beteiligte zu 1) hat das Zustandekommen des Betriebsratsbeschlusses vom 28. Dez. 2005 dargelegt und die Einladungen mitsamt Tagesordnung und das auszugsweise Protokoll über die Beschlussfassung vorgelegt. Nach der substantiierten Darlegung der Beschlussfassung durch den Antragsteller hätte die Arbeitgeberin den vorgetragenen Ablauf substantiiert bestreiten müssen. Legt der Betriebsrat die Einhaltung der Voraussetzungen für einen wirksamen Beschluss des Gremiums über die Einleitung eines Gerichtsverfahrens im Einzelnen und unter Beifügung von Unterlagen dar, reicht ein pauschales Bestreiten durch den Arbeitgeber nicht mehr aus (BAG Beschluss vom 19. Jan. 2005 - 7 ABR 24/04 - Juris; LAG Hamm Beschluss vom 18. Juli 2007 - 10 TaBV 71/07 - Juris). Die erstinstanzliche Rüge der Beteiligten zu 2), der Niederschrift des Betriebsratsbeschlusses fehlten die Unterschriften des Betriebsratsvorsitzenden und eines weiteren Mitglieds, hat das Arbeitsgericht zu Recht als rechtlich nicht erheblich angesehen.

Auf das weitere konkrete Bestreiten der Beteiligten zu 2) in der Beschwerdebegründung vom 11. Sept. 2008 hinsichtlich der Beschlussfassung des Betriebsrats kommt es nicht mehr an, weil dieser seine Beschlussfassung nach dem Vortrag des Beteiligten zu 1) wiederholt hat. Dies ist rechtlich möglich. Der Betriebsrat kann durch nachträgliche Beschlussfassung eine von dem Betriebsratsvorsitzenden zuvor ohne Rechtsgrundlage getroffene Vereinbarung genehmigen (BAG Beschluss vom 10. Okt. 2007 - 7 ABR 51/06 - EzA § 26 BetrVG 2001 Nr. 2 = NZA 2008, 369). Denn der Betriebsratsvorsitzende handelt im Rahmen der für den Betriebsrat abgegebenen Erklärungen als gesetzlicher Vertreter des Betriebsrats. Fehlt es an einem Betriebsratsbeschluss oder ist der Beschluss unwirksam, handelt der Betriebsratsvorsitzende ohne Vertretungsmacht. Eine von dem Betriebsratsvorsitzenden abgeschlossene Vereinbarung, die nicht auf einem zuvor gefassten wirksamen Betriebsratsbeschluss beruht, ist schwebend unwirksam. Ihre Wirksamkeit hängt nach § 177 Abs. 1 BGB von der nachträglichen Zustimmung des Betriebsrats zu der Vereinbarung ab (BAG Beschluss vom 10. Okt. 2007 - 7 ABR 51/06 - EzA § 26 BetrVG 2001 Nr. 2 = NZA 2008, 369). § 177 BGB gilt für alle Rechtsgeschäfte, die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommen werden. Genehmigt der Betriebsrat das zunächst ohne Vertretungsmacht abgeschlossene Rechtsgeschäft, wirkt die Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nichts anderes bestimmt ist. Das von dem Vertreter abgeschlossene Rechtsgeschäft wird auf Grund der Genehmigung so behandelt, als sei es bei seiner Vornahme sogleich wirksam geworden. Das Recht des Vertretenen, einem in seinem Namen abgeschlossenen Rechtsgeschäft nachträglich zuzustimmen, ist von Gesetzes wegen nicht befristet. Die Genehmigung kann daher grundsätzlich zeitlich unbegrenzt ausgesprochen werden. Die erneute Beschlussfassung vom 24. Okt. 2008 ist nach den vorgelegten Unterlagen (Einladungen mit Tagesordnung und Empfangsbestätigungen, insbesondere Tagesordnungspunkt 11, Anwesenheitsliste vom 23. / 24. Okt. 2008 und Protokollauszug) nicht zu beanstanden. Auf diesen Vortrag kann die Entscheidung jedoch nicht gestützt werden, weil die Beteiligte zu 2) noch keine ausreichende Gelegenheit hatte, hierzu Stellung zu nehmen, weshalb sie Schriftsatznachlass beantragt hat. Dieser musste der Beteiligten zu 2) indessen nicht eingeräumt werden, weil es auf die Wirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses für die Entscheidung nicht ankommt. Die Beteiligte zu 2) verhält sich mit ihrem nachträglichen Bestreiten einer wirksamen Beschlussfassung zur Bestellung des Herrn B als Einigungsstellenbeisitzer rechtsmissbräuchlich (BAG Beschluss vom 28. April 1988 - 6 AZR 405/86 EzA BetrVG § 29 1972 Nr. 1; Hess. LAG Beschluss vom 13. Juli 2006 - 9 TaBV 128/05 - nicht veröffentl.), indem sie sich rügelos über elf Sitzungen und etwa neun Monate hinweg auf Verhandlungen mit Herrn B eingelassen hat, ohne dessen Legitimation auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Beanstandet der Arbeitgeber die Legitimation eines Einigungsstellenbeisitzers, ist er hierzu zu Beginn der Einigungsstelle oder bei Kenntnis der fehlenden Legitimation gehalten. Bei entsprechender Rüge hätte, sofern noch nicht gefasst, ein Beschluss jederzeit nachgeholt oder wiederholt werden können. Die Beteiligte zu 2) war aber mit der Verhandlungsteilnahme des Herrn B neun Monate lang einverstanden. In der nachträglichen Infragestellung der Verhandlungslegitimation ist ein widersprüchliches und damit rechtsmissbräuchliches Verhalten der Arbeitgeberin zu erblicken. Erstmals mit Schriftsatz vom 9. Mai 2008, Seite 4, also über zweieinviertel Jahre nach Beginn und eineinhalb Jahre nach Beendigung der Einigungsstelle bestritt die Beteiligte zu 2) eine wirksame Beschlussfassung mit Nichtwissen. Das hätte sie schon zu Beginn der Einigungsstelle gekonnt. Auf die Darlegung der Beschlussfassung durch den Beteiligten zu 1) und Vorlage der Einladung mit Tagesordnung und des Sitzungsprotokolls (Bl. 33 ff. d. A.) erfolgte nur der Hinweis, der Niederschrift des Betriebsratsbeschlusses fehlten die Unterschriften des Betriebsratsvorsitzenden und eines weiteren Mitglieds, so dass das Arbeitsgericht, auf dessen Ausführungen verwiesen wird, zu Recht von einer wirksamen Beschlussfassung ausgegangen ist. Ein weiteres detailliertes Bestreiten erfolgte erst mit der Beschwerdebegründung vom 11. Sept. 2008, also zwei Jahre nach Beendigung der Einigungsstelle. Durch die anfängliche Billigung der Teilnahme und, wenn es nach Beendigung der Einigungsstelle um die Vergütung geht, das Bestreiten der Legitimation mit Nichtwissen werden Betriebsräte gezielt in Beweisnot gebracht, weil die Formalien einer Sitzung nach zwei bis drei Jahren naturgemäß nur noch schwer nachzuweisen sind.

Herr B hat als Beisitzer, der nicht dem Betrieb, aber dem Unternehmen angehört, einen Vergütungsanspruch nach § 76 a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Einen Honoraranspruch hat auch der betriebsfremde unternehmensangehörige Beisitzer wie es die Kammer schon 2003 entschieden hat (Hess. LAG Beschluss vom 28. Aug. 2003 - 9 TaBV 40/03 - AR-Blattei ES 630 Nr. 76 m.w.Nachw.). Eine andere Auslegung lässt § 76 a Abs. 2 BetrVG nicht zu. Ein Honoraranspruch ist nach § 76 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nur für Beisitzer, die dem Betrieb angehören, ausgeschlossen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift erhalten auch unternehmens- oder konzernangehörige Beisitzer einer Einigungsstelle des Gesamt- oder Konzernbetriebsrats keine Vergütung. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass dann, wenn die Einigungsstelle auf Betriebsebene gebildet ist, ein Beisitzer, der dem Unternehmen oder Konzern angehört, betriebsfremd im Sinne des § 76 a Abs. 3 BetrVG ist und einen Anspruch auf Vergütung hat. Dies ist eine klare gesetzliche Regelung (ebenso BAG Beschluss vom 21. Juni 1989 - 7 ABR 92/87 - EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 49).

Bei der Auswahl der von ihm zu benennenden Einigungsstellenmitglieder muss der Betriebsrat nicht prüfen, ob die Benennung eines oder mehrerer betriebsfremder Beisitzer erforderlich ist (BAG Beschluss vom 10. Okt. 2007 - 7 ABR 51/06 - EzA § 26 BetrVG 2001 Nr. 2 = NZA 2008, 369; BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - AP BetrVG 1972 § 76 Einigungsstelle Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 76 a Nr. 10).

Für eine von den vom Betriebsrat zu Einigungsstellenbeisitzern bestellten Arbeitnehmern gebilligte betriebliche Regelung, wonach mit unternehmensangehörigen Beisitzern eine gesonderte Vergütungsregelung oder Honorarvereinbarung getroffen wird, wurden keine Beispiele genannt, insbesondere wurde nicht vorgetragen, dass Herr B in Kenntnis und vor allem Billigung einer derartigen Regelung seiner Bestellung als Beisitzer zugestimmt hätte. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass er auf seinen vollen Honoraranspruch verzichtet hätte, indem er der Beteiligten zu 2) nicht mitgeteilt hat, er werde seinen gesetzlichen Anspruch nach § 76 a Abs. 3 BetrVG geltend machen. Die Bestimmung des Beisitzerhonorars in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars entspricht im Allgemeinen billigem Ermessen (BAG Beschluss vom 14. Febr. 1996 - 7 ABR 24/95 - EzA § 76a BetrVG 1972 Nr. 9). Verabredet der Einigungsstellenvorsitzende mit der Arbeitgeberin ein Pauschalhonorar, so nehmen die vergütungspflichtigen Einigungsstellenbeisitzer in der Regel auf 7/10-Basis daran teil (LAG Niedersachsen Beschluss vom 25. Jan. 2005 - 1 TaBV 65/04 - LAGE § 76a BetrVG 2001 Nr. 1). Es handelte sich um elf volle Verhandlungstage, also rund EUR 1.600 pro Verhandlungstag.

Die Abtretung ist wirksam. Die Abtretungserklärung des Herrn B vom 1. Okt. 2007 (Bl. 4 d. A.), mit der dieser seine Vergütungsforderung gegen die Beteiligte zu 2) an den Beteiligten zu 1) abgetreten hatte, enthält zwar keine förmliche Annahmerklärung. Nach § 151 Satz 1 BGB kommt jedoch ein Vertrag durch die Annahme des Antrages zustande, ohne dass die Annahme gegenüber dem Antragenden erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet hat. Eine derartige Verkehrssitte besteht - nach dem Vorbild des § 516 Abs. 2 BGB - im Allgemeinen bei für den Antragsempfänger lediglich vorteilhaften Rechtsgeschäften. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (etwa BGH Urteil vom 12. Okt. 1999 - XI ZR 24/99 - NJW 2000, 276 = Juris; OLG Celle Urteil vom 6. Mai 2004 - 5 U 15/04 - Juris, jeweils m. w. Nachw.) ist bei dem Angebot zur Abtretung einer Forderung wie bei der Annahme eines selbständigen Garantieversprechens, eines Schuldbeitritts oder einer Bürgschaft eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung gegenüber dem Antragenden nicht erforderlich. Für das Zustandekommen des Vertrages bedarf es allerdings auch in den Fällen des § 151 Satz 1 BGB eines als Willensbetätigung zu wertenden, nach außen hervortretenden Verhaltens des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt, wobei darauf abzustellen ist, ob das Verhalten des Angebotsadressaten vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aufgrund aller äußeren Indizien auf einen "wirklichen Annahmewillen" (§ 133 BGB) schließen lässt (BGH a.a.O.). Ein solcher Schluss ist entsprechend den Regelungen des § 516 Abs. 2 BGB gewöhnlich schon gerechtfertigt, wenn der Erklärungsempfänger das für ihn lediglich vorteilhafte Angebot nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abgelehnt hat. Hier ist von einer erkennbaren Bestätigung des Annahmewillens des Beteiligten zu 1) auszugehen. Herr B hat die Abtretungsvereinbarung vom 1. Okt. 2007 unterschrieben und dem Beteiligten zu 2) übergeben, sonst hätte sie der Antragsschrift nicht beigefügt werden können. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beteiligte zu 1) die Urkunde zurückgegeben hätte. Im Gegenteil liegt eine Bestätigung seines Annahmewillens letztendlich darin, dass er die abgetretene Forderung gegenüber der Beteiligten zu 2) geltend gemacht hat.

Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gesetzlich nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

Zurück