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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 15.08.2005
Aktenzeichen: 12 U 121/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 339 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 535 Abs. 2
ZPO § 546a
BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 121/04

verkündet am : 15. August 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 2005 durch den Richter am Kammergericht Hinze als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil vom 2. Mai 2005 - 12 U 121/04 - wird insoweit aufrecht erhalten, als die Parteien nicht den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags zu 1) (Räumung) für erledigt erklärt haben.

Der Beklagte trägt vorab die Kosten seiner Säumnis im schriftlichen Vorverfahren erster Instanz.

Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis im Termin vom 2. Mai 2005.

Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Der am 3. Mai 2005 bei Gericht eingegangene Einspruch des Klägers gegen das am 18. Mai 2005 zugestellte Versäumnisurteil vom 2. Mai 2005 ist form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig. In der Sache hat er nur hinsichtlich der Kosten bezüglich des von den Parteien für erledigt erklärten ursprünglichen Klageantrag zu 1) (Räumung) Erfolg.

1. Zu Unrecht hat das Landgericht den Einspruch des Beklagten vom 24. März 2004 gegen das Versäumnisurteil vom 14. Februar 2004 als unzulässig verworfen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist das Versäumnisurteil vom 14. Februar 2004 dem Beklagten nicht wirksam zugestellt worden, so dass die Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO nicht in Gang gesetzt wurde. Der Beklagte hat durch Vorlage des Vollstreckungsblattes nachgewiesen, dass er sich in der Zeit vom 16. Januar 2004 bis zum 15. Mai 2004 zur Verbüßung einer viermonatigen Feiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Bnnn -Tnn in Strafhaft befand. Dies führt grundsätzlich dazu, dass die vom Beklagten ursprünglich bewohnten Räume im Hnnnnnn Damm n , wo das Versäumnisurteil vom 14. Februar 2004 am 24. Februar 2004 an Frau Ann Bnnn übergeben wurde, nicht mehr als "Wohnung" des Beklagten im Sinne der Zustellungsvorschriften anzusehen war. So hat der Bundesgerichtshof bereits für eine knapp zweimonatige Freiheitsstrafe entschieden, dass die ursprünglich vom Zustellungsempfänger bewohnten Räume die Eigenschaft als "Wohnung" im Sinne der Zustellungsvorschriften verlieren (BGH MDR 1978, 558, 559). Dass die Räume im Hnnnnnn Damm Nr. n während der Dauer der Strafhaft des Beklagten von einem Angehörigen des Beklagten bewohnt worden sind und der Beklagte zu diesem eine persönliche Beziehung aufrecht erhalten hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass es sich bei Frau Ann Bnnn , an die der Zusteller das Versäumnisurteil übergeben hat, um die Vermieterin des Beklagten handelt, bei der er zur Untermiete gewohnt hatte. Hatte der Beklagte aber am 24. Februar 2004 seine Wohnung nicht mehr im Hnnnnnn Damm Nr. n , so konnte dort auch keine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfolgen, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob die Vermieterin des Beklagten als "Erwachsener ständiger Mitbewohner" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist, was als zweifelhaft erscheint.

2. Der vom Kläger jetzt noch verfolgte Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 620,-- EUR monatlich für die Zeit vom Mai 2003 bis zur Räumung am 7. April 2005 ist nicht begründet. Ein Anspruch auf Zahlung von Mietzins gemäß § 535 Abs. 2 ZPO steht dem Kläger für den geltend gemachten Zeitraum ab Mai 2003 - unbeschadet der Frage der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 11. April 2003 - schon deshalb nicht zu, weil der Kläger unstreitig im Mai 2003 die Schlösser zu den streitgegenständlichen Räumen in der Cnnnn straße n - n ausgetauscht und dem Beklagten keinen Schlüssel für die neuen Schlösser übergeben hat. Durch dieses Verhalten hat der Kläger dem Beklagten die Nutzung der ursprünglich gemieteten Räume vorenthalten, so dass ein Anspruch auf Zahlung von Mietzins entfällt (vgl. OLG Koblenz, ZMR 93, 68; Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 535 Rdnr. 14).

Auch ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546a ZPO steht dem Kläger für die Zeit ab dem Austausch der Schlösser nicht zu. Da nach dem Austausch der Schlösser allein der Kläger Zugang zu den streitgegenständlichen Räumen hatte, kann nicht davon gesprochen werden, der Beklagte habe dem Kläger die vermieteten Räumlichkeiten vorenthalten. Jedenfalls würde es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, wenn sich der Kläger, nachdem er sich durch Austausch der Schlösser in den Besitz der ursprünglich vermieteten Räume gesetzt hat, darauf berufen wollte, der Beklagte habe die Mieträume nicht förmlich zurückgegeben (vgl. Palandt/Weidenkaff a.a.O., § 546a Rdnr. 9 ZPO).

3. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags zu 1) (Räumung) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entsprach es billigem Ermessen, die Kosten insoweit dem Beklagten aufzuerlegen (§ 91a ZPO). Denn der Beklagte wäre ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich in der Sache unterlegen.

Ohne Erfolg macht der Beklagte in diesem Zusammenhang geltend, die vom Kläger erklärte fristlose Kündigung vom 11. April 2003 sei nicht wirksam. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ergibt sich aus § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB. Der Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Kündigung mit mehr als zwei Mietraten im Verzug. Soweit der Beklagte geltend gemacht hat, der Mietzins sei wegen verschiedener behaupteter Mängel auf Null gemindert, kann dem nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat es versäumt, in erster Instanz substantiiert zu den von ihm behaupteten Mängeln vorzutragen und diese unter Beweis zu stellen. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 6. September 2004 verwiesen. Der ergänzende Vortrag sowie die Beweisantritte des Beklagten zu dieser Frage im Schriftsatz vom 27. April 2005 können nicht berücksichtigt werden, da die Voraussetzungen, unter denen neues Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zugelassen werden können, nicht dargetan sind. Der Umstand, dass sich der Beklagte vom 16. Januar 2004 bis 15. Mai 2004 in Strafhaft befand, rechtfertigt nicht die Annahme, er sei ohne eigene Nachlässigkeit nicht dazu in der Lage gewesen, die darin enthaltenen Angriffs- und Verteidigungsmittel bereits im ersten Rechtszug geltend zu machen. Wie sich aus den Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 24. März 2004 und 7. April 2004 ergibt, war es dem Beklagten trotz seiner Strafhaft möglich, seine Prozessbevollmächtigte über den Sachverhalt zu informieren. Da der Sachverhalt einfach gelagert ist, kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte hätte, um seine Prozessbevollmächtigte umfassend zu informieren, zunächst seine ihm vorübergehend nicht zur Verfügung stehenden Geschäftsunterlagen einsehen müssen.

4. Die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 344, 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

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