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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 12 W 1/08
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 S. 1 |
2. Dies gilt auch dann, wenn sich der Fahrzeugführer gegen den Verdacht der Unfallmanipulation verteidigen will.
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 12 W 1/08
In dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 17. April 2008 beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2. vom 19. Dezember 2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 10. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger hat die Beklagte zu 2. als Fahrerin des PKW Fiat Ibiza (... ) und die Beklagte zu 1. als Haftpflichtversicherer für Schäden an seinem BMW (... ) klageweise vor dem Landgericht Berlin (59 O 83/07) in Anspruch genommen, die bei einem Unfall am 23. November 2006 entstanden sein sollen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2007 mit der Begründung abgewiesen, eine Vielzahl von Beweisanzeichen begründeten eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Unfallmanipulation. Außerdem stehe fest, dass der Pkw des Klägers erheblich vorgeschädigt gewesen sei. Zugleich hat es den Antrag der Beklagten zu 2. vom 20. November 2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, er sei mutwillig: Die Sache habe keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil es sich nach dem Eindruck des Gerichts um ein manipuliertes Unfallgeschehen handele und die Interessen der Beklagten zu 2. durch den Beitritt der Beklagten zu 1. als Streithelferin hinreichend gewahrt seien.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 21. Dezember 2007 nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt. Das Verfahren ist durch Beschluss vom 14. April 2008 vom Einzelrichter dem Senat zur Entscheidung übertragen worden.
II.
Die Beschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landgericht einen hinreichenden Rechtsschutz im der Beklagten zu 2. im Verfahren durch die streitgenössische Nebenintervention der Beklagten zu 1. angenommen und den Prozesskostenhilfeantrag deswegen als mutwillig angesehen.
1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 114 Satz 1 ZPO neben hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung voraus, dass beides nicht mutwillig erscheint. Mutwilligkeit liegt vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 114 ZPO, Rn. 30 m.w.N.).
Maßgeblich für die Beurteilung der Mutwilligkeit ist ausschließlich das Prozessrechtsverhältnis, innerhalb dessen ein Antragsteller sein Recht zu verfolgen oder zu verteidigen beabsichtigt. Nur in diesem Verhältnis zum Prozessgegner ist die sachliche Erfolgsaussicht zu prüfen; folglich kommt es entscheidend darauf an, ob anzunehmen ist, dass die Partei ihre Rechte im Verhältnis zum Gegner beim Vorhandensein von Mitteln auch auch auf eigene Kosten in gleicher Weise wahrnehmen würde.
2. Das Verlangen der Beklagten zu 2. nach Beiordnung eines eigenen Prozessbevollmächtigten im Wege der Prozesskostenhilfe ist mutwillig im Sinne der vorgenannten Vorschrift, denn angesichts der streitgenössischen Nebenintervention durch die anwaltlich vertretene Beklagte zu 1. ist dem Interesse der Beklagten zu 2. an ihrer Rechtsverteidigung hinreichend Genüge getan (vgl. § 10 Abs. 5 AUB).
Durch die Nebenintervention der Beklagten zu 1. ist die Beklagte zu 2. nicht nur davor geschützt, dass ein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen kann (vgl. auch OLG Frankfurt, VersR 2005, 1550). Infolge der materiell-rechtlichen Anknüpfung der Haftung des Versicherers an diejenige des Fahrzeughalters als Versicherungsnehmer hat der Versicherer ein Interesse daran, alle Ansprüche wegen behaupteter Schadensereignissen durch ein bei ihm versicherten Kraftfahrzeug in gleicher Weise abzuwehren wie der Fahrzeughalter oder der Fahrer. Eine verständige Partei würde im wirtschaftlichen Interesse daher davon absehen, ungeachtet des über den Versicherer bestehenden Rechtsschutzes kostenpflichtig einen weiteren Anwalt zu mandatieren.
3. Der abweichenden Ansicht des OLG Köln (VersR 1997, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Auf mögliche spätere Konsequenzen aus dem Rechtsstreit für das Innenverhältnis beider Beklagten kommt es für die jetzige Entscheidung über Prozesskostenhilfe nicht an. Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, der Partei sozusagen einen rechtlichen "Rundumschutz" über den Streitgegenstand (Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2. aus dem Geschehen am 23. November 2006) hinaus zu bieten und ihr eine vorweggenommene Rechtsverteidigung gegen ihren jetzigen Streitgenossen in einem eventuellen Nachfolgeprozess vorbereiten zu helfen.
Die vom OLG Köln angesprochene Möglichkeit der Vernehmung eines Antragstellers als Partei führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend ist, ob die Möglichkeit der Rechtsverteidigung auch ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe sichergestellt ist. Das ist der Fall. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob die antragstellende Partei in einer "auf ihre Person zugeschnittene" Weise anwaltlich beraten werden kann, etwas im Hinblick auf Strafbarkeitsgesichtspunkte.
III.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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