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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 03.12.2004
Aktenzeichen: 14 U 172/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 599 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 14 U 172/02
verkündet am: 03. Dezember 2004
hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Erich, den Richter am Kammergericht Jaeschke und den Richter am Kammergericht Schlecht für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das am 22. April 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 101.O.21/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Dezember 2002 jeweils monatlich 24.712,44 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins von dem jeweils am 15. des Monats, erstmals am 15. Februar 2002 fälligen Betrag von 24.712,44 EUR
sowie 296.549,30 EUR nebst Zinsen von 5 % Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14. Mai 2002
zu zahlen.
Der Beklagten wird die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren - auch hinsichtlich der Kündigung und Anfechtung des Anstellungsvertrages des Klägers - vorbehalten.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der ersten Instanz zu tragen. Die Kosten der zweiten Instanz fallen dem Kläger zu 25 % und der Beklagten zu 75 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen jeweils die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten im Urkundsprozess um die monatliche Vergütung des Klägers für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2002 sowie um seine Tantieme für das Jahr 2001; der Jahresabschluss 2001 ist in der Aufsichtsratssitzung vom 14. Mai 2002 und der anschließenden Hauptversammlung festgestellt worden. Die Beklagte hält dem Vergütungsanspruch entgegen, dass ihr Aufsichtsratsvorsitzender den Anstellungsvertrag des Klägers gemäß Aufsichtsratsbeschluss vom gleichen Tage mit Schreiben vom 28. Januar 2002 wirksam aus wichtigem Grunde gekündigt habe.
Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf die im Einzelnen verwiesen wird, der Klage hinsichtlich des Vergütungsanspruches im Wesentlichen stattgegeben und hierzu zur Begründung - soweit heute noch von Interesse - ausgeführt, der Kläger könne seine Vergütung auch insoweit beanspruchen, als sie - damals - noch nicht fällig war, wobei die Klägerin mit ihrem dem Kündigungsgrunde und der Kündigungsfrist nach unsubstantiierten und damit unschlüssigen Kündigungseinwand auch mit Wirkung für das Nachverfahren ausgeschlossen sei. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage hinsichtlich der Tantieme als noch nicht fällig abgewiesen.
Gegen dieses am 22. April 2002 verkündete und ihm am 31. Mai 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juli 2002 Berufung eingelegt und sie am 31. Juli 2002 begründet. Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 29. Mai 2002 zugestellte Urteil am 1. Juli 2002 Berufung eingelegt und sie am 29. Juli 2002 begründet.
Der Kläger macht mit seiner Berufung unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen geltend, die Tantieme sei nunmehr fällig; von seiner Vergütung sei der Bruttobetrag zu verzinsen. Mangels Darlegung der Wahrung der Kündigungsfrist sei der Kündigungseinwand zu Recht auch für das Nachverfahren zurückgewiesen worden.
Der Kläger beantragt,
die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn
- 296.549,30 EUR nebst Zinsen von 5 % Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14. Mai 2002 sowie
- hinsichtlich der erstinstanzlich zuerkannten Beträge die Zinsen auf die Brutto-Beträge
zu zahlen
und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern und die Klage unter Zurückweisung der Berufung des Klägers insgesamt abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung dagegen, dass das Landgericht ihre Einwendungen auch für das Nachverfahren zurückgewiesen hat.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist in vollem Umfang, die ebenfalls form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist dagegen nur teilweise begründet. Das Landgericht hat der Vergütungsforderung des Klägers zu Recht stattgegeben, seinen Tantiemeanspruch dagegen im Ergebnis zu Unrecht abgewiesen, wobei es zugleich die Einwendungen der Beklagten zu Unrecht auch für das Nachverfahren ausgeschlossen hat. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit zum Teil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO; zudem gebieten die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen nunmehr hinsichtlich der Tantieme eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Gegen die Geltendmachung der Vergütungs- und Tantiemeansprüche des Klägers im Urkundsprozess bestehen aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine rechtlichen Bedenken; solche werden auch von der Beklagten in zweiter Instanz nicht geltend gemacht, so dass weitere Ausführungen des erkennenden Senates hierzu entbehrlich sind.
Dem Kläger steht die beanspruchte Vergütung für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2002 gemäß § 3 Ziffer 1 seines Anstellungsvertrages vom 28. Dezember 2000 zu, wobei die jeweils monatlich anteilig zu zahlende Vergütung nach Ablauf des Vergütungszeitraums nunmehr fällig ist und sich das Begehren des Klägers nicht mehr auf künftige Leistung richtet. Grund und Höhe der Vergütung sind im Urkundsprozess unstreitig. Die Kündigung des Anstellungsvertrages kann die Beklagte dem Vergütungsanspruch des Klägers im Urkundsprozess nicht entgegensetzen, weil sie - wie sie selbst eingeräumt hat - weder die Einhaltung der Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB noch das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes mit den in dieser Verfahrensart statthaften Beweismitteln nachweisen kann, § 598 ZPO; insoweit war ihre Berufung, sowie sie auf die Abweisung der zuerkannten Vergütungsansprüche gerichtet war, mit entsprechender Kostenfolge als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger kann gemäß § 3 Ziffer 3 Satz 1 und 5 seines Anstellungsvertrages jetzt auch die ihm versprochene fixe Jahressondervergütung in Höhe eines Jahresgehaltes von 296.549,29 EUR (= 580.000 DM) beanspruchen. Die entsprechende Forderung ist gemäß § 3 Ziffer 3 Satz 4 des genannten Vertrages fällig, nachdem der Aufsichtsrat am 15. Mai 2002 unstreitig den Jahresabschluss für 2001 festgestellt hat. Die Beklagte hat gegen diese Forderung im Urkundsprozess dem Grunde und der Höhe nach keine Einwendungen erhoben, sie jedoch auch nach Fälligkeit nicht anerkannt, so dass sie antragsgemäß zu verurteilen war.
Auf die Berufung der Beklagten war ausnahmsweise über den formalen Ausspruch nach § 599 ZPO hinaus ausdrücklich auszusprechen, dass die Beklagte mit ihren Einwendungen zur Kündigung und Anfechtung des Anstellungsvertrages im Nachverfahren nicht ausgeschlossen ist. Die Beklagte ist durch die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Vergütungsforderung über den Urteilsausspruch hinaus, durch den sie zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist, dadurch beschwert, dass das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen die gegen die Klageforderung erhobenen Einwendungen auch für das Nachverfahren ausgeschlossen hat. Die landgerichtliche Entscheidung ist in diesem Punkt rechtsfehlerhaft. Da von der Beklagten nach einhelliger Meinung im Urkundsprozess keinerlei Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch zu fordern sind, sondern es ihr freigestanden hätte, diesen Anspruch unter dem Vorbehalt der Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren anzuerkennen, ist es systemwidrig, ihr ihre Rechte im Nachverfahren abzuerkennen, so sie hierzu im Vorverfahren als nicht ausreichend erachtete Ausführungen macht (Zöller/Greger, ZPO, 22. Auflage, Rdnr. 19 und 20 zu § 600). Abgesehen davon hat das Landgericht die Einwendungen der Beklagten zu Unrecht als unschlüssig erachtet und damit als auch für das Nachverfahren unbeachtlich ausgeschlossen. Das Landgericht hat hierbei die Unschlüssigkeit der Einwendungen mit deren mangelnder Substantiierung verwechselt. Die von der Beklagten behauptete fristgerechte Kündigung des Anstellungsvertrages stellt ohne jeden Zweifel eine schlüssige Einwendung gegen die für die Zeit nach der Kündigung geltend gemachten Vergütungsansprüche des Klägers dar, was keiner weiteren Begründung bedarf. Dass die Beklage die ihrer Kündigung zugrunde liegenden Tatsachen hinsichtlich des Kündigungsgrundes und der Einhaltung der Kündigungsfrist nicht mit den Mitteln des Urkundsprozesses beweisen kann und daher von weiteren Ausführungen hierzu abgesehen hat, macht diese Einwendungen nicht unschlüssig. Sie sind im Urkundsprozess nicht einmal unsubstantiiert, weil die Beklagte zu irgendwelchen Einwendungen ohnehin nicht gehalten war, sondern sich die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren, so sie dieser nicht verloren gehen will, lediglich vorbehalten musste.
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 284 ff BGB, wobei dem Kläger auf seine Berufung unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Zinsen hinsichtlich der von ihm beanspruchten monatlichen Vergütung auf deren jeweiligen Bruttobetrag zuzuerkennen waren (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, Rdnr. 3 zu § 288); dem tritt auch die Beklagte nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.
Ende der Entscheidung
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