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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 17 UF 104/06
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 17 UF 104/06
In der Familiensache
hat der 17. Zivilsenat des Kammergerichts - Senat für Familiensachen - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Lettau, den Richter am Kammergericht Brodowski und die Richterin am Kammergericht Krüger am 21. November 2006 beschlossen:
Tenor:
1. Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewillligen, wird zurückgewiesen.
2. Dem Antragsteller wird - unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten -ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligt.
Gründe:
I.
Durch am 11. Juli 2006 verkündetes Urteil ist die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich ausgesetzt und die Antragsgegnerin zur Zahlung von Unterhalt für die beiden beim Antragsteller lebenden Kinder verurteilt worden. Gegen die Entscheidung zum Kindesunterhalt hat sie - unter Berufung auf ihre fehlende Leistungsfähigkeit - Berufung eingelegt und gleichzeitig beantragt, ihr für das Berufungsverfahren unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Der dahingehende Antrag war zurückzuweisen. Die beantragte Prozesskostenhilfebewilligung unter gleichzeitiger Anwaltsbeiordnung kommt derzeit nicht in Betracht, weil dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin - jedenfalls auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes - die hierfür erforderliche Erfolgsaussicht fehlt.
Die Beklagte trifft gegenüber ihren minderjährigen Kindern eine verstärkte Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). Danach hat sie sich entsprechend ihrer Vorbildung, ihren Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage um eine Berufstätigkeit zu bemühen, die es ihr ermöglicht, ihren Kindern den nötigen Unterhalt zur Verfügung zustellen. Insoweit hat das Amtsgericht in dem angegriffenen Urteil allerdings zu Recht ausgeführt, dass der bisherige Vortrag der Antragsgegnerin nicht ausreicht, ihre mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit zu belegen, insbesondere nicht festgestellt werden kann, dass sie sich - allein durch Vorlage einer Bewerbungsliste, die insgesamt lediglich 33 den Zeitraum von November 2004 bis Dezember 2005 betreffende "Anfragen" enthält - intensiv, ernsthaft und nachhaltig um die Erlangung einer Volltagstätigkeit bemüht hätte. Hiergegen richtet sich die Berufung ersichtlich auch nicht.
Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich die Antragsgegnerin vielmehr (nur) gegen die Höhe der ihr aus fiktiver Erwerbstätigkeit zugerechneten Einkünfte. Diesbezüglich hat sich das Amtsgericht an dem Verdienst orientiert, den die Antragsgegnerin seiner Auffassung nach in ihrem erlernten - indes nicht ausgeübten - Beruf als Köchin erzielen könnte, und ihr insoweit fiktives Einkommen auf Basis eines Brutto-Stundensatzes von 10 € zugerechnet. Das ist nach Auffassung des Senats - im Hinblick darauf, dass die tarifliche Bruttogrundvergütung für Köche ab November 2004 im Tarifbereich Ost (ohne Berlin-Ost) zwischen 1.554 und 1.778 € und im Tarifbereich West (+ Berlin-Ost) zwischen 1.634 und 1.975 € liegt, und unter Berücksichtigung, dass nach den diversen vom Antragsteller erst - wie zweitinstanzlich vorgelegten Stellenangeboten Köche in Vollzeittätigkeit sowohl auf individueller als auch auf tarifliche Entlohnungsbasis gesucht werden - grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Bei dieser Sachlage und vor dem Hintergrund, dass weiterhin jeglicher Nachweis über konkrete Stellenbewerbungen der Beklagten fehlt, kann der von der Antragsgegnerin in der Berufung erhobenen Behauptung, neun namentlich von ihr benannte Unternehmer würden für Köche in Vollzeitbeschäftigung lediglich Brutto-Stundenlöhne von 6 - 7 € zahlen bzw. eine höhere Entlohnung nur für Teilzeittätigkeiten anbieten, keinerlei maßgebliche Aussagekraft zukommen. Die Antragsgegnerin verkennt, dass sich - gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit - regelmäßig erst nach erfolglosen intensiven und nachhaltigen Bemühungen beurteilen lässt, ob und zu welchen Bedingungen im Einzelfall eine Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarkt bestand oder besteht bzw. auszuschließen ist. Jedenfalls lässt die Tatsache, dass im Einzelfall untertariflich bezahlt wird, keinesfalls die Schlussfolgerung zu, dass auch sie selbst keine Beschäftigung zu der vom Amtsgericht angenommenen Entlohnung finden könne. Solange aber - eben im Hinblick auf das Fehlen aussagekräftiger (abschlägiger) Bewerbungsunterlagen - ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass bei angemessenen Bemühungen eine Beschäftigungschance von vornherein auszuschließen ist, geht das zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten.
Die Antragsgegnerin erhält Gelegenheit, binnen 2 Wochen mitzuteilen, ob sie ihr Rechtsmittel aufrecht hält oder dieses - im Kosteninteresse - zurücknimmt.
II.
Dem bedürftigen Antragsteller war antragsgemäß Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (§§ 119 Abs. 1 Satz 2, 121 Abs. 1 ZPO).
Ende der Entscheidung
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