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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.05.2002
Aktenzeichen: 18 UF 57/02
Rechtsgebiete: BGB, HundeVO, FGG, KostO
Vorschriften:
BGB § 1684 Abs. 3 Satz 1 | |
BGB § 1697 a | |
HundeVO § 5 a Abs. 3 | |
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2 | |
KostO § 30 Abs. 2 | |
KostO § 30 Abs. 3 | |
KostO § 31 Abs. 1 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 18 UF 57/02
In der Familiensache
hat der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Erich, den Richter am Amtsgericht Dr. Lehmbruck und die Richterin am Kammergericht Steuerwald-Schlecht am 21. Mai 2002 beschlossen:
Tenor:
1. Die befristete Beschwerde des Vaters gegen Ziffer 11 des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 14. Dezember 2001 - 26 F 3578/01 - wird zurückgewiesen.
2. Der Vater hat der Mutter die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten bei einem Beschwerdewert von 1.500.- EUR zu erstatten.
Gründe:
1. Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes M, das mittlerweile 7 Jahre alt ist. Die Mutter ist allein sorgeberechtigt. Die Eltern lebten bis Mai 1998 zusammen und seitdem getrennt. Im Haushalt der Eltern befand sich seit dem 1. Lebensjahr des Kindes der Hundemischling "Mira". Der Vater hat inzwischen geheiratet. In seinem Haushalt lebt außerdem ein weiterer Hund "Tessa", der der Ehefrau des Vaters gehört. Die Beteiligten streiten darum, welcher Hunderasse dieser Hund angehört und insbesondere, ob "Tessa" ein sogenannter Kampfhund im Sinne der Berliner Kampfhundeverordnung ist. Die Mutter hält Tessa" für einen Staffordshire Bullterrier Mischling. Der Vater, der zunächst ebenfalls dieser Auffassung war, den Hund in jedem Fall aber für harmlos hält, behauptet nunmehr, unter Vorlage eines Privatgutachtens einer Sachverständigen für die Zuordnung von Hunderassen, "Tessa" sei ein Kerry-Beagle-Boxer-Mix. Die Mutter hält "Tessa" für einen gefährlichen Hund und hat einen Umgang des Kindes mit seinem Vater in Gegenwart dieses Hundes untersagt.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht den auch sonst in Einzelheiten streitigen Umgang zwischen Vater und Kind ausführlich geregelt. In Ziffer 11 der Beschlußformel hat es angeordnet, daß der Umgang zwischen Vater und Kind nur in Abwesenheit des Hundes "Tessa" gestattet ist. Allein hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Vaters.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat zu Recht und im Ergebnis zutreffend angeordnet, daß der Umgang zwischen Vater und Kind nur in Abwesenheit dieses Hundes gestattet ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, welcher Hunderasse das Tier genau angehört bzw. welche Hunderassen bei dem Mischlingshund konkret noch festzustellen sind. An der Richtigkeit des vom Vater eingereichten Privatgutachtens, wonach es sich um einen Kerry-Beagle-Boxer Mischling handeln soll, bestehen zwar erhebliche Zweifel, weil die Mutter nunmehr ein Schreiben der zuständigen Amtstierärztin vom 29. April 2002 vorgelegt hat, wonach das Tier neben anderen Hunderassen deutliche Merkmale eines American-Staffordshire-Terriers aufweise und eindeutig unter die Berliner Kampfhundeverordnung vom 4. Juli 2000 falle. Darauf kommt es aber im Ergebnis für die Frage, ob dem Vater der Umgang in Anwesenheit dieses Hundes zu gestatten ist, nicht entscheidend an.
Gemäß § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB kann das Familiengericht über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Gemäß § 1697 a BGB sind bei derartigen Entscheidungen die tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie die berechtigten Interessen der Beteiligten und das Kindeswohl zu berücksichtigen. Das bedeutet aber, daß nicht nur die Interessen des Vaters bei der Ausübung des Umgangsrechts, sondern auch die berechtigten Interessen der allein sorgeberechtigten Mutter Bedeutung haben. Sie hat das gesetzliche Recht und die gesetzliche Pflicht, für zu sorgen. Ihre zur Ausübung der elterlichen Sorge zu treffenden Entscheidungen haben sich am Kindeswohl auszurichten. Soweit sie mit diesem im Einklang stehen, ist die konkrete Entscheidung des sorgeberechtigten Elternteils einer gerichtlichen Korrektur nicht zugänglich. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, eine mit dem Kindeswohl begründete und mit diesem vereinbare Entscheidung des Sorgeberechtigten durch eine andere Regelung zu ersetzen. Von Verfassungs wegen ist der Eingriff in das Sorgerecht des Sorgeberechtigten auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken (vgl. hierzu AG Stuttgart, FamRZ 2000, 1598; Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1666 Rz. 52). Zwar ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, daß der sorgeberechtigte Elternteil die Anwesenheit dritter Personen während der Dauer des persönlichen Umgangs grundsätzlich nicht verbieten kann (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1684 Rz. 18 m.w.N.). Dies ist aber nicht im Wege einer Analogie auf Haustiere auszudehnen (Palandt/Diederichsen, a.a.O., Rz. 6 m.w.N.).
Bei der Frage, ob der umgangsberechtigte Vater seinen Umgang auch in der Gegenwart von Haustieren ausüben darf, ist allein die Entscheidung der sorgebrechtigten Mutter maßgeblich, soweit und solange sich ihre Entscheidung am Kindeswohl orientiert und nicht rechtsmißbräuchlich ist. Vorliegend hat die Mutter unter Zurückstellung erheblicher Bedenken wegen der auch umstrittenen Alkoholproblematik des Vaters diesem ein umfangreiches Umgangsrecht einschließlich gemeinsamer Ferien eingeräumt und unstreitig dem Vater die Möglichkeit gegeben auch außerhalb der festgesetzten Zeiten zu sich zu nehmen. Sie hat ebenfalls keine Einwendungen gegen die Anwesenheit des weiteren Hundes "Mira" erhoben. Sie hat schließlich in Aussicht gestellt, auch die Anwesenheit des Hundes "Tessa" gestatten zu wollen, wenn sie absolute Sicherheit habe, daß von diesem Tier keine Gefahr für das Kind ausgehe. Die Mutter hat auch hinreichend deutlich gemacht, weshalb aus ihrer Sicht das Tier gefährlich sei. Der Vater hat selbst während des ersten Umgangsregelungsverfahrens zwischen den Beteiligten angegeben, "Tessa" sei ein Staffordshire Bullterrier-Mix. Das vom Vater in diesem Zusammenhang nunmehr vorgelegte Gutachten einer Sachverständigen für Hunderassenzuordnung kommt zwar zu einem anderen Ergebnis, liegt allerdings nur in Fotokopie vor, enthält keine ISO-Chip Nr. des Hundes sowie ein von den eigenen vormaligen Angaben des Vaters abweichendes Geburtsdatum des Tieres. Die von der Mutter eingeschaltete Amtstierärztin hat hingegen nach Vorstellung des Hundes bei ihr der Mutter bescheinigt, daß das Tier neben anderen Rassemerkmalen auch deutliche Merkmale eines American Staffordshire-Terriers aufweise und zweifelsfrei unter die Berliner Kampfhundeverordnung falle. Auch wenn der Vater während des Verfahrens die Kompetenz von Amtstierärzten, Hunderassen zuzuordnen, bezweifelt hat, wird damit aber deutlich, daß die Entscheidung der Mutter, die Anwesenheit dieses Hundes bei der Ausübung des Umgangs nicht gestatten zu wollen, ausschließlich am Kindeswohl orientiert und keinesfalls rechtsmißbräuchlich ist. Hierbei braucht nicht entschieden zu werden, welcher Hunderasse "Tessa" nun wirklich angehört. Es ist nicht Aufgabe eines Umgangsregelungsverfahrens Streitfragen um Hunderassenzuordnungen zwischen den Beteiligten auszuräumen. Die Mutter hält den Hund der Ehefrau des Vaters aus nachvollziehbaren Erwägungen für gefährlich. Dann aber ist für eine die Entscheidung der Mutter abändernde familiengerichtliche Entscheidung kein Raum mehr, zumal der Senat es ohnehin für generell bedenklich hält, einem Elternteil die Duldung der Anwesenheit eines von ihm für gefährlich gehaltenen Tieres in der Nähe seines Kindes aufzuerlegen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des umgangsberechtigten Elternteils, die Bedenken des sorgeberechtigten Elternteils zu entkräften und ihn davon zu überzeugen, daß das Tier nicht gefährlich ist. Hierbei muß es auch verbleiben, nach dem der Vater nunmehr eine weitere Bescheinigung eines anderen Amtstierarztes vorgelegt hat, nach der "Tessa" ein Boxer-Beagle-Staffordshire-Mix ist und eine Plakette nach § 5 a Abs. 3 HundeVO erhalten hat. Daß mittlerweile 3 im Umgang mit Hunden nicht unkundige Personen "Tessa" derart unterschiedlich einordnen, muß zu einer erheblichen Verunsicherung der Mutter führen. Ihre Entscheidung, den Umgang in Gegenwart des Hundes zu verbieten, ist deshalb weiterhin nicht rechtsmißbräuchlich.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, daß in seiner persönlichen Anhörung vor dem Amtsgericht ausdrücklich bedauert hat, nicht mit "Tessa" spielen zu dürfen. Ein 6 bis 7 Jahre altes Kind kann die Gefährlichkeit eines Tieres keinesfalls sicher einschätzen, deshalb obliegt die Entscheidung hierüber gerade dem sorgeberechtigten Elternteil.
Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergeht gemäß §§ 30 Abs. 2 und 3, 31 Abs. 1 KostO.
Ende der Entscheidung
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