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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.02.2002
Aktenzeichen: 19 W 2/02
Rechtsgebiete: BSHG, ZPO, BGB
Vorschriften:
BSHG § 91 | |
BSHG § 91 Abs. 4 Satz 2 | |
ZPO § 60 | |
ZPO § 114 | |
ZPO § 127 Abs. 2 | |
BGB § 669 | |
BGB § 1615 I |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 19 W 2/02
In der Familiensache
hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder sowie die Richter am Kammergericht Hartung und Feskorn am 19. Februar 2002 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 22. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde der Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe durch das Amtsgericht hat in der Sache keinen über die Teilabhilfe hinausgehenden Erfolg. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens käme eine weitergehende Bewilligung von Prozesskostenhilfe allenfalls in einem Umfang in Betracht, der nicht zu höheren Gebühren führen würde.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe nach einem Streitwert von 22.554 DM für den laufenden Unterhalt ab Rechtshängigkeit sowie den Rückstand für die Monate Januar und Februar 2000 bewilligt. Für die davon nicht erfasste Zeit ab März 2000 kann der Klägerin allenfalls hinsichtlich eines Betrages von 6347,70 DM Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Sowohl danach wie nach der Bewilligung des Amtsgerichts würden Gebühren nach der Stufe zwischen 25.000 und 30.000 DM anfallen.
Der Klägerin kann auch dann, wenn man auf der Grundlage ihres Beschwerdevorbringens davon ausgeht, dass die Kreditrate von monatlich 340 DM das berücksichtigungsfähige Einkommen des Beklagten nicht mehr mindert, für die Zeit von März 2000 bis Februar 2001 Prozesskostenhilfe nur wegen eines Rückstandes von 6347,70 DM bewilligt werden. Bei einem bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten von 4250,58 DM verbleibt nach Abzug des Kindesunterhalts von 505 DM (entsprechend der Berechnung des Amtsgerichts) sowie des Erwerbstätigenbonus ein bedarfsbestimmendes Einkommen des Beklagten von 3210,50 DM. Der der Klägerin zustehende hälftige Anteil beläuft sich somit auf monatlich 1605,25 DM. Für die gesamte Zeit ergibt sich ein Bedarf von 19.263 DM.
Von diesem Bedarf kann die Klägerin aber nur den Anteil geltend machen, um den dieser Betrag die ihr gewährte Sozialhilfe übersteigt. In Höhe der ihr gewährten Leistungen ist ihr Unterhaltsanspruch gemäß § 91 BSHG auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Sofern eine Rückabtretung wirksam vereinbart worden sein sollte, stünde der Klägerin gegenüber dem Träger der Sozialhilfe ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die gerichtliche Geltendmachung zu. Es kann dabei offen bleiben, ob sich dieser Vorschussanspruch bereits aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG ergibt, was nahe liegt, aber teilweise bezweifelt wird (vgl. OLG Köln OLGR 1997, 65; Wendl/ Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Auflage, § 6 Rn 558). Die Rückabtretung erfolgte ausweislich der eingereichten Bestätigung zum Zwecke der gerichtlichen Durchsetzung der Unterhaltsansprüche. Die Durchsetzung der nach § 91 BSHG auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Ansprüche war dessen Aufgabe. Wenn die Klägerin sich bereit erklärt, für ihn die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, übernimmt sie einen Auftrag des Trägers der Sozialhilfe und hat gegen den Träger der Sozialhilfe nach § 669 BGB oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift einen Anspruch, dass dieser ihr die mit dem Auftrag verbundenen Kosten vorschießt (ebenso z.B. OLG Celle MDR 1999, 101; ferner Zöller-Philippi, ZPO, 22. Auflage, § 114 Rn 10 mwN). In der Höhe dieses Anspruchs ist sie daher nicht bedürftig im Sinne von § 114 ZPO, da sie vorrangig ihr Vermögen einzusetzen hat. Zu diesem gehören auch Ansprüche gegen Dritte auf Bewilligung eines Prozesskostenvorschusses (vgl. z.B. Zöller-Philippi, ZPO, 22. Auflage, § 115, Rn 66). Der Senat vermag sich nicht der teilweise vertretenen Ansicht anzuschließen, dass bei einem die gewährte Sozialhilfe übersteigenden Klageantrag aus "prozessökonomischen Gründen" für die gesamte Klage Prozesskostenhilfe gewährt werden könne (so der 18. Zivilsenat des KG, KGR 1999, 322 mwN). Dieser Gedanke rechtfertigt es nicht, in einem Umfang Prozesskostenhilfe zu bewilligen, den die ZPO nicht vorsieht. Ihm könnte z.B. dadurch Rechnung getragen werden, dass das Sozialamt und die Klägerin als Streitgenossen ihre Ansprüche geltend machen, da die weitgehend auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhende Vorschrift des § 60 ZPO nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen ist (z.B. BGH MDR 1991, 223; 1986, 921).
Vom Bedarf der Klägerin abzusetzen ist aber nicht lediglich der vom Amtsgericht in seine Berechnung eingestellte Betrag, sondern ein solcher von 12.915,30 DM. Dies entspricht der Summe der an die Klägerin geleisteten Sozialhilfe entsprechend der Aufstellung des Sozialamts vom 13. Juli 2001. Der vom Amtsgericht eingesetzte Betrag ist bereits um die von dem Beklagten an das Sozialamt geleisteten Beträge gekürzt, der Übergang fand aber in voller Höhe der erbrachten Leistungen statt.
Für die Zeit ab März 2001 fehlt der Klage bereits deshalb die hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Klägerin für diese Zeit ihre Einkommensverhältnisse nicht darlegt. Sie hat in der Zeit bis einschl. Mai 2001 eine Erwerbstätigkeit ausgeübt und befand sich im Anschluss daran im Mutterschutz, hatte also anders als in der davor liegenden Zeit eigene Einkünfte, deren Höhe sie nicht mitteilt. Bereits für die Zeit des Mutterschutzes und ggf. auch im Anschluss daran steht der Klägerin außerdem ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater des Kindes gemäß § 1615 I BGB zu. Trotz Ankündigung bereits mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2001 legt die Klägerin das Einkommen des Vaters nicht dar, sodass eine (teilweise) Deckung ihres Unterhaltsbedarfs nicht geprüft werden kann (vgl. dazu BGH NJW 1998, 1309).
Ende der Entscheidung
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