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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 581/07
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 68 b Abs. 1 Satz 2 |
KAMMERGERICHT Beschluß
Geschäftsnummer: 2 Ws 581/07
In der Strafsache
wegen sexueller Nötigung u.a.
hat der 2. (ehemals 5.) Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 19. November 2007 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 21. August 2007 wird dieser aufgehoben, soweit dem Verurteilten die Weisung erteilt wurde, sich mindestens einmal monatlich einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse Berlin zur Last.
Gründe:
Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer am 6. Dezember 2004 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die er bis zum 10. Juli 2007 vollständig verbüßt hat. Derzeit wird gegen ihn die Restfreiheitsstrafe von ursprünglich einem Jahr und neun Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 13. Februar 2003 in Verbindung mit dem Berufungsurteil des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2004 wegen sexueller Nötigung in besonders schwerem Fall (Vergewaltigung) in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit Sachbeschädigung vollstreckt. Das Strafende ist für den 8. Februar 2008 notiert.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungs-kammer es abgelehnt, die Führungsaufsicht entfallen zu lassen oder ihre Dauer abzukürzen. Sie hat den Beschwerdeführer der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und ihn angewiesen, sich bei dem Bewährungshelfer nach dessen oder der Führungsaufsichtsstelle zu bestimmenden Zeitpunkten zu melden, jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitgebers unverzüglich der Aufsichtsstelle mitzuteilen sowie "sich mindestens einmal monatlich einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen". Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die Auflage, sich regelmäßig einem Arzt, einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorstellen zu müssen.
Die Beschwerde (§ 463 Abs. 2, § 453 Abs. 2 Satz 1 StPO) hat Erfolg.
Die Weisung an den Beschwerdeführer, sich regelmäßig einem Arzt, einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen, findet ihre gesetzliche Grundlage in § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StGB (in der seit dem 18. April 2007 geltenden Fassung des Artikels 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 513, 515, 517), zuvor § 68 b Abs. 2 StGB). § 68 b Abs. 1 Satz 2 StGB n.F. bestimmt weiterhin, daß das Gericht in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen hat. Eine nähere Ausgestaltung der Weisung durch das Gericht ist zum einen wegen der Strafbestimmung des § 145 a StGB (Verstoß gegen Weisungen der in § 68 b Abs. 1 StGB bestimmten Art während der Führungsaufsicht) erforderlich. Erst die genaue Bestimmung des verbotenen oder verlangten Verhaltens gibt dieser Strafnorm hinreichende Konturen und gewährleistet ihre Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG ("Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde"; vgl. OLG Dresden, Beschluß vom 6. September 2007 - 2 Ws 423/07 - juris). Zum anderen dient die hinreichend bestimmte Formulierung der Weisung dem Zweck, daß Verstöße einwandfrei festgestellt werden können und der Verurteilte unmißverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung nach § 56 f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu erwarten hat (vgl. noch zur alten Gesetzeslage OLG Jena NStZ 2006, 39; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2003, 199). Dem Umstand, ob der Verurteilte ihr nachkommt oder nicht, kann weiterhin Bedeutung dafür zukommen, ob die Dauer der Führungsaufsicht abgekürzt (§ 68 c Abs. 1 Satz 2 StGB) oder verlängert (§ 68 c Abs. 2 StGB) wird, oder andererseits dafür, ob weitere Weisungen nach § 68 b Abs. 1 StGB erforderlich werden (vgl. Senat, Beschluß vom 29. März 2001 - 2/5 Ws 159/01 - juris Rdn. 3).
Die angefochtene Weisung genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 68 b Abs. 1 Satz 2 StGB n.F. nicht, denn sie erschöpft sich im wesentlichen in der bloßen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Lediglich die Häufigkeit der auferlegten Vorstellungen wurde konkretisiert. Hingegen wurde nicht festgelegt, bei welchem Arzt bzw. Psychotherapeuten oder bei welcher Einrichtung der Beschwerdeführer sich vorstellen soll, was der Zweck der Konsultationen sein soll oder ob er eine Therapie beginnen bzw. fortsetzen soll, wie lange die Weisung gelten soll, wie der Beschwerdeführer die Erfüllung dem Gericht nachweisen soll etc. Da der Beschwerdeführer aus der Weisung nicht erkennen kann, welches konkrete Verhalten von ihm zur Erfüllung der Weisung verlangt wird, war diese aus formellen Gründen aufzuheben.
Dagegen überzeugt das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Notwendigkeit einer weiteren therapeutischen Begleitung des Verurteilten nicht. Unverständlich ist der Vortrag, der Therapeut K. der SothA (Sozialtherapeutische Anstalt) halte eine weitere Behandlung nicht für erforderlich, denn in der schriftlichen Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Tegel vom 26. Juli 2007, die eben dieser Therapeut verfaßt hat, heißt es: "Eine therapeutische Begleitung ist für die Zeit nach der Entlassung zu empfehlen, und Herr V. strebt dies auch an, insofern ist zu überlegen, dies im Rahmen der Führungsaufsicht zu berücksichtigen". Das Vorbringen des Beschwerdeführers, "diese Auflage" erschwere nur sein Leben in Freiheit und sei medizinisch nicht indiziert, ist vor dem Hintergrund, daß er noch im Anhörungstermin der Strafvollstreckungskammer berichtete, er plane, sich therapeutische Begleitung durch die Konsultation eines Psychologen zu verschaffen, ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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