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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 22 W 33/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 281
BGB § 253
BGB § 536 a
BGB § 823
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 22 W 33/05

09.03.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts durch die Richterin am Kammergericht Meising als Einzelrichterin am 09. März 2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 23. Juni 2005 - 34 O 400/05 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die in den Jahren 1998 und 1999 geborenen Kläger begehren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes zuzüglich einer lebenslänglichen Schmerzensgeldrente. Ihr Vater hatte gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau von der Beklagten ab dem Jahre 1992 eine Wohnung in Berlin Schöneberg gemietet. Ab dem Jahre 1999 bewohnten auch die Kläger diese Wohnung. Die Kläger behaupten, die Wohnung sei aufgrund eines auf einen Rohrbruch zurückzuführenden Wassereinbruchs im Jahre 1999 feucht geworden, wodurch sich an den Wänden noch im Jahre 1999 in erheblichem Maße Schimmelpilz gebildet hätte. Ihr Vater hätte die Beklagte zunächst ab August/September 1999 mündlich, dann auch mit Schreiben vom 14. April 2003 schriftlich zur Beseitigung des Schimmelbefalls aufgefordert. Die Kläger hätten schon kurz nach dem Einzug in die Wohnung ab dem Jahre 1999 unter Atemwegsinfekten, insbesondere Bronchitis gelitten, die sich zunehmend gehäuft hätten und die, wie im Jahre 2003 diagnostiziert worden sei, auf eine Schimmelpilzallergie zurückzuführen sei. Spätestens seit dem Jahre 2003 besteht bei beiden Klägern ein unheilbares Asthma bronchiale.

Die Kläger haben die Klage mit dem zugleich gestellten Prozesskostenhilfegesuch zunächst vor dem Amtsgericht Schöneberg erhoben. Dieses hat sich für sachlich unzuständig gehalten und den Rechtsstreit ohne vorherige Zustellung der Klageschrift auf Antrag der Kläger an das Landgericht Berlin verwiesen. Dieses hat den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zuständig, die Verweisung sei mangels Zustellung der Klageschrift nicht bindend. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Die sofortige Beschwerde, über die gemäß § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden ist, ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2, ZPO zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, weil die Rechtsverfolgung der Kläger keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).

Allerdings folgt dies entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht bereits daraus, dass das Landgericht für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zuständig ist. Denn jedenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren ist die Zuständigkeit des Landgerichts durch den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg in entsprechender Anwendung von § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 05. Juni 1991, XII ARZ 14/91 - NJW-RR 1991, 1172) bindend begründet worden. Die Verweisung erfasste ohne Einschränkung alle in der Klageschrift enthaltenen Anträge, also, entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht, auch das Verfahren betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das Amtsgericht hat ersichtlich auch zur Vermeidung der Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages auf die Stellung des umfassenden Verweisungsantrages hingewirkt. Die Verweisung, die auf der Annahme des Amtsgerichts beruht, es sei für die geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche der Kläger sachlich nicht zuständig, weil es sich insoweit nicht um Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum handele, ist weder willkürlich noch aus anderen Gründen unwirksam, mag die vom Amtsgericht vertretene Ansicht auch unzutreffend sein.

Die Verweisung ist betreffend das Prozesskostenhilfeverfahren entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht auch nicht deshalb unwirksam, weil bisher der Beklagten die Klage nicht zugestellt worden ist. Zwar setzt eine wirksame Verweisung grundsätzlich Rechtshängigkeit, also die Zustellung der Klage voraus (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 281 Rdn. 7; BGH Beschluss vom 02.12.1982 - I ARZ 586/82 - NJW 1983, 1062 jeweils m. w. N.). Jedoch gilt dies nicht für eine Verweisung eines Prozesskostenhilfeverfahrens. Hier erfordert der Erlass eines bindenden Verweisungsbeschlusses lediglich die (hier erfolgte) formlose Mitteilung der Antragsschrift an den Antragsgegner (vgl. etwa BGH a.a.O. sowie BGH Beschluss vom 09. März 1994, XII ARZ 8/94 - NJW-RR 1994,706). Der ohne Zustellung der Klage im Prozesskostenhilfeprüfverfahren erlassene Verweisungsbeschlusses hat für das Prozesskostenhilfeverfahren Bindungswirkung; nur der Rechtsstreit in der Hauptsache wird vor Rechtshängigkeit von der Bindungswirkung nicht erfasst (vgl. BGH a.a.O.; BayObLG Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1Z AR 170/02; BGH a.a.O.; BAG NJW 1993, 751 f). Insoweit bleibt es dem Landgericht unbenommen, die Frage seiner Zuständigkeit erneut zu prüfen und den Rechtsstreit nach Zustellung der Klageschrift auf einen entsprechenden Antrag der Kläger mit Bindungswirkung an das Amtsgericht (zurück) zu verweisen (vgl. BGH Beschluss vom 18. April 1991 - I ARZ 748/90 = MDR 1992, 190/191).

Im Ergebnis hat das Landgericht allerdings den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen, weil es der Rechtsverfolgung der Kläger an einer hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt. Zwar ist es dem Landgericht und damit auch dem Senat im Beschwerdeverfahren verwehrt, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung fehlender Zuständigkeit des Landgerichts in der Hauptsache zurückzuweisen (vgl. BGH Beschluss vom 05. Juni 1991, XII ARZ 14/91 - NJW-RR 1991, 1172/1173; BAG a.a.O.). Denn dies würde auf das mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbare Ergebnis hinauslaufen, dass den Klägern eine sachliche Prüfung ihres Prozesskostenhilfegesuchs unter Hinweis auf eine fehlende gerichtliche Zuständigkeit versagt bleiben würde (BAG a.a.O.).

Den Klägern steht jedoch gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nach dem beiderseitigen Parteivorbringen weder aus unerlaubter Handlung wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nach § 847 BGB a. F. zu noch aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus § 536 a Abs. 1 BGB jeweils in Verbindung § 253 Abs. 2 BGB in der derzeit geltenden Fassung.

Als haftungsbegründender Umstand kommt hier nur ein Unterlassen der Beklagten in Betracht, den von den Klägern behaupteten Schimmelpilzbefall in der von dem Vater der Kläger mit gemieteten Wohnung zu beseitigen. Soweit ein solches Unterlassen der Beklagten in die Zeit bis zum Inkrafttreten des Schadensrechtsänderungsgesetzes vom 19. Juli 2002 bis zum dem 31. Juli 2002 (vgl. die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) fällt, könnte dies einen Schmerzensgeldanspruch der Kläger lediglich dann begründen, wenn das Unterlassen der Beklagten nicht nur gegen eine vertraglich begründete Verpflichtung, sondern darüber hinaus auch gegen eine allgemeine Rechtspflicht verstoßen und damit den Tatbestand einer unerlaubten Handlung nach § 823 BGB erfüllen würde (vgl. dazu Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., Einf. Vor § 823 Rdn. 4,5 und § 823 Rdn. 48 f; BGH VersR 1961, 886; NJW-RR 1996, 1121 f; KG Urteil vom 12. Februar 1998 - 8 U 3313/97 - KGR Berlin 1998, 176 ff m. w. N.) Dies ergibt sich aber aus dem Vorbringen der Kläger nicht ohne weiteres.

Allerdings kann die Verletzung einer vertraglichen Pflicht insbesondere dann einen deliktsrechtlichen Anspruch begründen, wenn im Rahmen des Vertrages auch Verkehrssicherungspflichten, Obhutspflichten oder sonstige Schutzpflichten bestanden haben (vgl. etwa BGH VersR 1961, 886; KG a.a.O. m. w. N.). Für den hier vorliegenden Fall eines Mietverhältnisses über Räume trifft den Vermieter im Grundsatz nicht nur die vertragliche Verpflichtung, (nicht von dem Mieter zu vertretende) Mängel der Mieträume zu beseitigen, sondern darüber hinaus auch eine Verkehrssicherungspflicht, den Mieter und in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogene Dritte, denen er aufgrund des Abschlusses des Mietvertrages den Zutritt zu den Mieträumen eröffnet hat, davor zu bewahren, dass sie durch den Zustand der Mieträume in Ausübung der Rechte aus dem Mietverhältnis an Körper und Gesundheit gefährdet oder beschädigt werden. Die schuldhafte Verletzung dieser Verkehrssicherungspflicht kann neben der Haftung aus Vertrag auch eine deliktsrechtliche Haftung des Vermieters begründen (vgl. BGH VersR 1961, 886; VersR 1965, 364; KG a.a.O.; Wolf/Eckert/Ball, vgl. Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rdn 300).

Die Kläger als Kinder eines der beiden Mieter sind auch ohne weiteres in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen. Es entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, dass insbesondere nahe Angehörige, die der Mieter in berechtigter Weise in die Mieträume aufnimmt, in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen werden (vgl. etwa Straßberger in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rdn. II/235). Dem Vater der Kläger war es unbenommen, seine minderjährigen Kinder in die von ihm gemietete Wohnung aufzunehmen. Der Umstand, dass die Beklagte bzw. deren gesetzliche Vertreter und die Mitarbeiter, deren sie sich zur Erfüllung der Mitarbeiter bedient hat, jedenfalls bis zum 14. April 2003, zu dem das zu den Akten gereichte Abmahnschreiben des Vaters der Kläger datiert, unstreitig keine positive Kenntnis davon hatten, dass die Kinder die Wohnung mitbewohnten, ist für das Bestehen der Verkehrssicherungspflicht als solcher unerheblich. Es reicht insoweit aus, dass für die Beklagte als Vermieterin die Möglichkeit erkennbar war und sie damit rechnen musste, dass Angehörige des Mieters mit den Mieträumen in Berührung geraten könnten (vgl. BGH NJW 1985, 489; NJW 1968, 885/887). Das ist bei der Aufnahme der nach Abschluss des Mietvertrages geborenen Kinder des Mieters ohne weiteres der Fall.

Jedoch ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger schon nicht plausibel, dass es sich bei dem behaupteten Befall der Wohnung mit Schimmelpilz, der, wie die Kläger nunmehr geltend machen, die alleinige Ursache ihrer asthmatischen Erkrankung sein soll, überhaupt um einen Mangel handelt, für den die Beklagte haftungsrechtlich einzustehen hat. Vielmehr liegt hier auch nach den Behauptungen der Kläger die Möglichkeit nahe, dass sich der behauptete Schimmelpilzbefall in der Wohnung, wie die Beklagte geltend macht, als Folge unzureichender Belüftung und Beheizung gebildet hat, also aufgrund eines vertragswidrigen Gebrauchs der Wohnung. Für eine Gesundheitsgefährdung oder Verletzung, die Folge eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mieträume durch den Mieter ist, hat der Vermieter aber haftungsrechtlich nicht einzustehen.

Unstreitig war die streitbefangene Wohnung jedenfalls vor dem Jahre 1999, solange sie noch von der ehemaligen Ehefrau des Vaters der Kläger mit bewohnt wurde, nicht mit Schimmelpilzen befallen. Nach den Behauptungen der Kläger ist Schimmelpilz in der Wohnung als Folge eines im Jahre 1999 aufgetretenen, von der Beklagten sogleich beseitigten Rohrbruchs entstanden, den die Beklagte allerdings bestritten hat. Selbst wenn man zugunsten der Kläger als richtig unterstellt, dass es den behaupteten Rohrbuch gegeben hat, hat im Regelfall das einmalige Eindringen von Nässe in Räume nicht bereits einen noch dazu nachhaltigen Befall von Wohnräumen mit Schimmelpilz zur Folge. Vielmehr trocknen Räume nach einem solchen Ereignis bei hinreichender Beheizung und Belüftung, die zu den vertraglichen Obliegenheiten des Mieters gehören, in aller Regel problemlos wieder. Die Kläger haben, obwohl die Beklagte geltend macht, ein Befall mit Schimmelpilz könne Folge unzureichender Beheizung und Belüftung der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung ohne Sonneneinstrahlung sein, nicht vorgetragen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise ihr Vater für eine ausreichende Beheizung und Belüftung der Wohnung insbesondere auch nach dem behaupteten Rohrbruch gesorgt hat.

Selbst wenn man aber unterstellen wollte, der Schimmelpilzbefall sei trotz ausreichender Beheizung und Belüftung der Räume als Folge des behaupteten Rohrbruchs aufgetreten, ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger nicht hinreichend, dass die Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber den Klägern schuldhaft verletzt hat. Eine schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht gegenüber den Klägern könnte hier lediglich dann vorliegen, wenn für die Beklagte eine von der Wohnung für ihre Nutzer ausgehende Gesundheitsgefährdung erkennbar gewesen wäre. Das ergibt sich aber aus dem Vorbringen der Kläger nicht hinreichend. Zwar behaupten die Kläger, ihr Vater habe ab August/September 1999 mehrfach im Büro der Beklagten vorgesprochen, den Schimmelpilzbefall gemeldet und Abhilfe verlangt. Jedoch ist das Vorbringen der Kläger insoweit nicht ausreichend, um die Annahme zu begründen, für die Beklagte bzw. deren Mitarbeiter sei eine von den Mieträumen für die Benutzer ausgehende Gesundheitsgefahr durch Schimmelpilz erkennbar gewesen.

Zum einen fehlt es an jedem Vortrag der Kläger, welchem Mitarbeiter der beklagten Wohnungsbaugesellschaft konkret der Vater der Kläger vor dem 14. April 2003, an dem die nunmehr vorliegende Erkrankung der Kläger bereits aufgetreten und unheilbar war, den behaupteten Schimmelpilzbefall gemeldet haben soll. Ein hinreichender Vortrag der Kläger setzt zwar nicht notwendig eine namentliche Benennung der Mitarbeiter der Beklagten voraus, mit denen der Vater der Kläger gesprochen haben soll, müsste aber zumindest so konkret sein, dass der Beklagten, die wegen einer schuldhaften Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nur im Falle eines ihr nach § 831 BGB zuzurechnenden Verschuldens ihrer Mitarbeiter haftet, eine Überprüfung und Erwiderung möglich ist. Nachdem die Beklagte konkret und unter Benennung von in Betracht kommenden Mitarbeitern eine Mitteilung vom Schimmelpilzbefall an diese bestritten hat, hätten die Kläger hierzu Näheres vortragen müssen, wozu sie auch im Beschwerdeverfahren hinreichend Gelegenheit erhalten haben.

Darüber hinaus fehlt es auch an jedem konkreten Vortrag der Kläger dazu, dass bei der behaupteten Meldung von intensivem Schimmelpilzbefall die Rede war, der die Mitarbeiter der Beklagten hätte veranlassen müssen, die Mieträume auf eine Gesundheitsgefährdung für ihre Bewohner zu überprüfen. Insoweit ist von Bedeutung, dass Schimmelpilzbefall in Mieträumen eine sehr häufig auftretende Erscheinung ist, die vielfach zu Differenzen zwischen Vermietern und Mietern führt und häufig auf unzureichende Beheizung und Belüftung durch die Mieter zurückzuführen ist. Auch ist nicht jeder Schimmelpilzbefall toxinbildend und damit gesundheitsgefährdend (vgl. dazu etwa KG Urteil vom 26.02.2004 - 12 U 1493/00 - KG Report Berlin 2004, 481 ff). Zwar ist der Vermieter, sofern ihm ein Befall von Wohnräumen mit Schimmelpilz gemeldet wird, in aller Regel zu einer Überprüfung der Ursache und auch, sofern der Schimmelpilzbefall trotz vertragsgemäßen Gebrauchs der Mieträume entstanden ist, zu dessen Beseitigung verpflichtet. Jedoch setzt eine zu einer deliktsrechtlichen Haftung führenden Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nach Auffassung des Senats zusätzlich voraus, dass der Mieter, in dessen Obhut sich die Mieträume befinden, den Vermieter davon unterrichtet, dass er nach Art und Umfang des Schimmelpilzbefalls auch gesundheitliche Belastungen befürchtet. Dazu, dass eine solche Unterrichtung der Beklagten oder auch nur ein Hinweis auf den behaupteten Umfang des Schimmelbefalls vor April 2003 erfolgt wäre, fehlt hier jeder Anhaltspunkt. Im vorliegenden Fall wäre insoweit insbesondere auch der Hinweis an die Beklagte zu erwarten gewesen, dass in den Mieträumen nunmehr Kleinkinder wohnten, die der Natur der Sache nach in Bezug auf Umweltbelastungen deutlich weniger widerstandsfähig sind als Erwachsene.

Unabhängig von Vorstehendem findet aber auch der deliktsrechtliche Schutz durch die Begründung von Verkehrssicherungspflichten ihrem Schutzzweck nach dort ihre Grenze, wo der Nutzer eines Gebäudes trotz Kenntnis konkreter Gefahren für seine Gesundheit oder sein Eigentum sein Nutzungsinteresse uneingeschränkt realisiert (vgl. etwa BGH NJW 1987, 1013 f). Für Minderjährige begrenzt die Verantwortung der Eltern aus dem Gedanken des Selbstschutzes die Verkehrssicherungspflicht. Der Verkehrssicherungspflichtige darf darauf vertrauen, dass die Eltern ein Mindestmaß an sorgfältiger Beaufsichtigung wahrnehmen (vgl. Staudinger/Hager, 13. Bearbeitung 1999, § 823 Rdn. E 45 m. w. N.). Im vorliegenden Fall hat der Vater der erst in den Jahren 1998 und 1999 geborenen Kläger diese über mehrere Jahre, nämlich seit 1999 in der streitbefangenen Wohnung wohnen lassen, obwohl die Wohnung nicht nur, wie unstreitig ist, aufgrund ihrer Lage im Erdgeschoss und ohne Sonneneinstrahlung kühl war, sondern darüber hinaus nach den Behauptungen der Kläger bereits seit 1999 in erheblichem Maße mit Schimmelpilz befallen war und die Kläger bereits ab 1999 unter ungewöhnlich häufigen Atemwegsinfekten litten. Diese waren nach den eingereichten ärztlichen Attesten ganz erheblich auch auf den Zustand der Wohnung zurückzuführen, insbesondere auf die in ihr herrschende Kühle und den vom Vater der Kläger jedenfalls gegenüber den später behandelnden Ärzten auch angegebenen Schimmelpilzbefall. Hiervon hat der Vater der Kläger der Beklagten jedoch erst im Jahre 2003 Mitteilung gemacht, nachdem die Kläger schon irreversibel an Asthma Bronchiale erkrankt waren. Dabei hätte es, das Vorbringen der Kläger betreffend den Schimmelpilzbefall als richtig unterstellt, vernünftigerweise spätestens Ende des Jahres 1999 nahegelegen, nicht nur die Beklagte unverzüglich nach Auftreten des Schimmelpilzbefalls unter eindringlichem Hinweis auf den Aufenthalt der Kleinkinder in der Wohnung von dem Schimmelpilz zu informieren, sondern die fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen einer Gesundheitsgefährdung zu erklären. Eine für die Gesundheit der Kläger zuträglichere Unterbringungsmöglichkeit für die beiden Kläger hätte sich schon auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt in Berlin in den Jahren ab 1999 bei entsprechenden Bemühungen des Vaters der Kläger ohne weiteres finden lassen. Zumindest aber hätte bereits damals der Vater der Kläger notfalls unter Einschaltung des Gesundheitsamtes oder Beschreitung des Klageweges bei der Beklagten auf die Beseitigung des Schimmelpilzes hinwirken müssen. Stattdessen hat der Vater der Kläger eine ihm gegenüber seitens der Beklagten im Jahre 2001 wegen Mietrückstandes erklärte fristlose Kündigung durch Einschaltung des Sozialamtes, das die Mietrückstände übernommen hat, unwirksam werden lassen und sich lediglich bei der Beklagten um eine andere Wohnung beworben. Wenn der Vater der Kläger diese aber in den ersten vier bzw. fünf Lebensjahre für vier Jahre in einer für den Aufenthalt von Kleinkindern jedenfalls nach dem Klägervortrag ganz offensichtlich ungeeigneten und gesundheitsgefährdenden Wohnung wohnen ließ, obwohl die Kläger ständig für derartige Wohnverhältnisse typische Erkrankungen zeigten und erst ausgezogen ist, nachdem die Erkrankung der Kinder bereits nicht mehr heilbar war, ist dies der Beklagten deliktsrechtlich nicht mehr zuzurechnen.

Auch ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß § 536 a Abs. 1 BGB in Verbindung § 253 Abs. 2 BGB in der derzeit geltenden Fassung scheidet aus. Zwar käme ein vertraglich begründeter Schmerzensgeldanspruch nach Inkrafttreten des Schadensrechtsänderungsgesetzes vom 19. Juli 2002 bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen in Betracht, soweit noch nach dem 31. Juli 2002 (vgl. die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) die Möglichkeit bestanden haben sollte, durch Beseitigung des von den Klägern geltend gemachten Befalls der streitbefangenen Wohnung mit Schimmelpilz eine Verschlimmerung der von den Klägern behaupteten Gesundheitsschäden zu verhindern (vgl. zum anwendbaren Recht bei pflichtwidrigem Unterlassen und zeitlichen Überschneidungen Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., Art. 229 EGBGB § 8 Rdn. 2 m. w. N.). Jedoch scheidet auch ein vertraglicher Anspruch hier schon deshalb aus, weil sich aus den Darlegungen der Kläger nicht ergibt, dass der Schimmelpilzbefall bei vertragsgemäßem Gebrauch der Wohnung durch den Vater der Kläger entstanden ist. Zudem müssen sich die Kläger das Verschulden ihres Vaters und gesetzlichen Vertreters an der Entstehung ihrer Erkrankung im Verhältnis zur Beklagten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, das so erheblich erscheint, dass die Zuerkennung eines jeglichen Schmerzensgeldes nach billigem Ermessen nicht angemessen erscheint.

Die Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) ist nicht zuzulassen, weil die Entscheidung des Senats weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (vgl. § 574 Abs. 2 ZPO).

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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