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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 27 U 133/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 323 Abs. 5 Satz 2 |
2. Geringfügiger optischer Mangel, hier: bei frontaler Beleuchtung und intensiver Betrachtung leicht wahrnehmbare wellige und geringfügig schimmernde Schattierung an hochglänzender Küchenfront, berechtigt zur Minderung des Kaufpreises um 5%, nicht jedoch zur Rückgängigmachung des Kaufvertrages.
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 27 U 133/06
verkündet am: 29. März 2007
In dem Rechtsstreit
hat der 27. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 08. März 2007 durch den Richter am Kammergericht Schneider als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Juni 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, 36 O 85/05, teilweise geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 520,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 28. Oktober 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Auf die Darstellung tatsächlicher Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat nur bezüglich des erstmalig im Berufungsverfahren mit dem Hilfsantrag verfolgten Minderungsbegehrens und auch insoweit nur in geringem Umfange Erfolg.
Im Einzelnen gilt folgendes:
Der Senat teilt die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil in vollem Umfange. Der Kläger kann nicht die Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 2. August 2003 verlangen, weil die gelieferte Einbauküche nur einen unerheblichen, geringfügigen optischen Mangel aufweist. Somit liegt nur eine unerhebliche Pflichtverletzung auf Seiten der Beklagten vor, so dass ein Rücktrittsrecht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB nicht besteht.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt kein Verstoß gegen die Beschaffenheitsvereinbarung "hochglänzend weiße Fronten" der zu liefernden Küche vor, so dass die Erheblichkeit des Mangels nicht indiziert wird (vgl. dazu: Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 323, Rn. 32). Die Beklagte hat eine Küche mit Fronten "Hochglanz weiß" geliefert.
Der gerichtlich beauftragte Sachverständige Knnnn hat in seinem Gutachten vom 13. März 2006 ausgeführt, dass die Front der Einbauküche aus dem Trägermaterial MDF besteht und mit einer weißen, hochglänzenden Folie beschichtet ist. Nur bei intensiver Betrachtung und aus einem Abstand von ca. 2 bis 3 Metern und frontalem Lichteinfall seien an insgesamt 9 beschriebenen Stellen kreisartige, wellige und geringfügig schimmernde Schattierungen optisch wahrzunehmen. Der Sachverständige führte ein seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juni 2006 aus, der farbliche Gesamteindruck der Küchenfront sei für den unvorbereiteten Betrachter weiß hochglänzend. Erst durch die frontale -nach Auffassung des Sachverständigen extremen Lichtverhältnisse- Belichtung seien die Schattierungen zu erkennen. Auch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Runge hat bezüglich der in Augenschein genommenen Küchenfront (1 Tür) zu Protokoll genommen, dass bei Tageslicht, der künstlichen Beleuchtung im Gerichtssaal und auch bei Beleuchtung mittels einer Taschenlampe Flecken auf der Tür nicht zu erkennen waren.
Nach diesen Feststellungen geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon aus, dass ein optischer Mangel vorliegt. Dass dieser erst in Verbindung mit der als ungewöhnlich zu bezeichnenden, vom Kläger veranlassten frontalen Beleuchtung sichtbar wird, ist für die Bejahung eines Sachmangels unbeachtlich. Wenngleich auch von einem unbehebbaren Mangel auszugehen ist -der zweimalige Austausch der Fronten erbrachte keine Änderung-, geht der Senat dennoch von einem unerheblichen optischen Mangel aus. Auch unbehebbare Mängel können unerheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sein, wenngleich dies die Ausnahme sein dürfte (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 2005, 2235f. = MDR 2006, 442f.). Ausschlaggebend ist insoweit die Intensität der funktionellen und/oder ästhetischen Beeinträchtigung (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO.). Vorliegend handelt es sich alleine um eine geringfügige ästhetische Beeinträchtigung. Der Sachverständige Kliemann hat in seinem Gutachten diesbezüglich ferner ausgeführt, dass unter der frontalen Bestrahlung mit einem 500 Watt Halogenstrahler aus einem Abstand von ca. 2 bis 3 Metern der geübte Betrachter die beschriebenen Beanstandungen schwach erkennen kann. Ergänzend hat der Sachverständige vermerkt, aufgrund der kaum wahrzunehmenden Beanstandung hätten im Ortstermin keine aussagefähigen Fotos erstellt werden können. Der Sachverständige hat die nur unter besonderen Bedingungen sichtbaren leichten Schattierungen aus sachverständiger, also technischer Sicht, als unerheblich und nicht zu beanstanden bezeichnet und darauf hingewiesen, dass es für Oberflächen der vorliegenden Art keine Regelungen gibt, welche Beanstandungen zulässig sind oder nicht. Ergänzend hat der Sachverständige zur Beurteilung auf die DIN EN 438-1 Dekorative Schichtstoffpressplatten verwiesen und ausgeführt, dass zur Prüfung ein Abstand von 1,5 Metern bei herrschendem Nordlicht eingenommen wird. Bei diesen Bedingungen waren für den Sachverständigen an den strittigen Küchenfronten keine Beanstandungen sichtbar. Unter Berücksichtigung dieser Gegenheiten, dass eine ästhetische Beeinträchtigung nur unter besonderen Bedingungen zu verzeichnen ist, ist dieser Mangel nach Auffassung des Senats als unerheblich einzustufen, so dass die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers ausfällt und eine vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht gerechtfertigt erscheint.
Damit erweist sich die Berufung bezüglich der Anträge auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Ausbau und Rückgabe der Küche, auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit dem Ausbau und der Rücknahme in Verzug befinde sowie der ferner begehrten Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtlichen entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen, als unbegründet.
Soweit der Kläger weiterhin Ersatz von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 440,96 EUR verlangt, bleibt die Berufung ebenfalls erfolglos. Der Kläger hat mit anwaltlicher Hilfe die Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangt. Da dieses Verlangen aus den vorgenannten Gründen nicht berechtigt war, kommt ein Anspruch auf Ersatz der dafür angefallenen Anwaltskosten gleichfalls nicht in Betracht.
Gleichwohl ist der Kläger nicht rechtlos gestellt, da er gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB Minderung des Kaufpreises verlangen kann. Dieser erstmalig in der Berufung gestellte Anspruch ist gemäß § 533 ZPO zuzulassen, da die Klageänderung sachdienlich ist und auch auf die Tatsachen gestützt werden kann, die ohnehin zu Grunde zu legen sind. Allerdings hat die Berufung insoweit nur in geringem Umfange Erfolg, da das Minderungsverlangen des Klägers, der 50 % des Kaufpreises zurückverlangt, stark übersetzt ist. Auch hier ist zu beachten, dass es sich lediglich um eine geringfügige ästhetische Beeinträchtigung handelt. Der Senat schätzt den Minderwert gemäß § 287 ZPO auf lediglich 5 % des Kaufpreises von 10.400,00 EUR (nicht 10.750,00 EUR, wie vom Kläger angegeben). Hieraus errechnet sich ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 520,00 EUR.
Die auf den Minderungsbetrag zuerkannte Zinsforderung beruht auf den §§ 288 Abs. 1, 247 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Diese Vorschrift ist auch gegenüber einem Beklagten sinngemäß anwendbar (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 92, Rn. 11). Danach hat der Kläger die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn die Klage nur geringfügig Erfolg hat und die Forderung des Beklagten nach einer vollständigen Klageabweisung keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Dies ist vorliegend der Fall.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die darin genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Die vorliegende Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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