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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.08.2005
Aktenzeichen: 3 Ws 59/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, RpflG, RVG, BRAGO


Vorschriften:

BGB § 247
StPO § 154a Abs. 1
StPO § 304 Abs. 3
StPO § 311 Abs. 2
StPO § 464b Satz 3
ZPO § 103 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
RpflG § 11 Abs. 1
RpflG § 21 Nr. 1
RVG § 14
RVG § 14 Abs. 1
RVG § 14 Abs. 1 Satz 1
RVG § 14 Abs. 1 Satz 4
BRAGO § 12 Abs. 1
BRAGO § 12 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 3 Ws 59/05

In der Strafsache

wegen sexueller Nötigung u. a.

hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 9. August 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts B. M. wird der Beschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Berlin vom 31. Januar 2005 dahin abgeändert, daß die dem Rechtsanwalt zu erstattenden notwendigen Auslagen des teilweise Freigesprochenen in Höhe von 549,14 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 8. Dezember 2004 festgesetzt werden; die weitergehende Beschwerde wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen; die Gebühr und die notwendigen Auslagen der Staatskasse werden um die Hälfte ermäßigt; die Hälfte der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Landeskasse Berlin.

Der Beschwerdewert beträgt 971,88 Euro.

Gründe:

Der Beschwerdeführer hat aufgrund der - schon unter der Geltung des RVG verfügten - Beiordnung vom 10. Juli 2004 den früheren Angeklagten verteidigt. Diesem war mit vor dem Landgericht Berlin erhobener Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin zur Last gelegt worden, zum einen am 9. Juli 2004 nach dem Einstieg über den Balkon in die Wohnung einer ihm bekannten Frau diese dort sexuell genötigt und zugleich körperlich mißhandelt zu haben und zum andern sich schon ein Jahr zuvor im Juli 2003 in ihrer Wohnung der sexuellen Nötigung zu ihrem Nachteil schuldig gemacht zu haben. Am zweiten Verhandlungstag der am 31. August und 8. September 2004 durchgeführten Hauptverhandlung hat das Landgericht den von der Staatsanwaltschaft vor der Anklageerhebung ausgeschiedenen Vorwurf des Hausfriedensbruchs im Zusammenhang mit dem Geschehen vom 9. Juli 2004 wieder in das Verfahren einbezogen und allein deswegen den damaligen Angeklagten zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen und entschieden, daß insoweit seine notwendigen Auslagen der Landeskasse Berlin zur Last fallen. Das Urteil ist rechtskräftig. Den Auslagenerstattungsanspruch hat der teilweise Freigesprochene dem Beschwerdeführer abgetreten.

Durch den angefochtenen Beschluß hat die Rechtspflegerin des Landgerichts - mangels Vorliegens einer Kostengrundentscheidung nach Bruchteilen (§ 464d StPO) - anhand der Differenztheorie (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl., § 465, Rdn. 8, 9) über die sich auf den Teilfreispruch beziehenden Kosten der Verteidigung befunden, die der Beschwerdeführer als zu erstattende Auslagen festzusetzen beantragt hat. Er wendet sich dagegen, daß sie im Ansatz der einheitlichen Verteidigergebühr für die Verteidigung insgesamt, von der ausgehend der auf den Freispruch entfallende, erstattungsfähige Teil der Verteidigungskosten festgestellt wird, die von ihm zugrunde gelegten Ausgangsgebühren nach dem RVG in sämtlichen Positionen unterschritten hat. In der Gegenüberstellung bietet sich dazu folgendes Bild (Beträge in Euro; HG = Höchstgebühr; MG = Mittelgebühr):

 Gebührenart: Antrag:Festgesetzt:
Grundgebühr (VV Nr. 4100, 4101)375,00 (HG)202,50 (MG)
Verfahrensgebühr (VV Nr. 4104, 4105)312,50 (HG)154,17 (MG -10%)
Verfahrensgebühr (VV Nr. 4112, 4113)337,50 (HG)188,75 (MG)
Haftprüfungsterminsgeb. (VV Nr. 4102, 4103)171,25 (MG)119,91 (MG -30%)
Hauptverhandlungsterminsgebühren (VV Nr. 4114, 4115)  
31. August 2004470,00 (HG -20%)328,75 (MG)
8. September 2004587,50 (HG)328,75 (MG)
Gesamtsumme 2.253,75 1.322,83

Die Unterschreitung der in dem Festsetzungsantrag zugrunde gelegten Ausgangsgebühren, die sich insgesamt auf 930,92 Euro beläuft, führte dazu, dass sich bei der Berechnung des auf den Freispruch entfallenden, erstattungsfähigen Teils einschließlich der Umsatzsteuer eine Minderung um 971,88 Euro ergab.

Die nach §§ 304 Abs. 3, 311 Abs. 2, 464b Satz 3 StPO, §§ 103 Abs. 2 Satz 1, 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 ZPO, §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts als nunmehrigen Inhabers des Kostenerstattungsanspruchs des teilweise Freigesprochenen hat zum Teil Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet.

1. Hinsichtlich der beiden Verfahrensgebühren (Tätigkeit bis Eingang der Anklageschrift VV Nr. 4104, 4105; Tätigkeit im ersten Rechtszug vor der Strafkammer VV Nr. 4112, 4113) und der Terminsgebühr für die Teilnahme an dem Haftprüfungstermin am 30. Juli 2004 (VV Nr. 4102, 4103) greift die Beschwerde voll durch. Insoweit ist die Rechtspflegerin unberechtigt von dem Gebührenansatz des beschwerdeführenden Rechtsanwalts, der Höchstgebühr bei den Verfahrensgebühren und der Mittelgebühr bei der Terminsgebühr für die Teilnahme an dem Haftprüfungstermin, abgewichen. Der Gebührenansatz in dem Festsetzungsantrag ist insoweit verbindlich.

Bei Rahmengebühren - wie hier gemäß § 14 RVG in Rede stehend - obliegt die Bestimmung der Gebühren nämlich im Einzelfall dem Rechtsanwalt. Er hat sie unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu treffen. Ist diese Gebühr von einem Dritten zu erstatten - so wie hier teilweise von der Staatskasse - ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung allerdings nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Das ist - in Fortführung der ständigen Rechtsprechung der Strafsenate des Kammergerichts zu der inhaltsgleichen Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO - der Fall, wenn sie um 20% oder mehr von der Gebühr abweicht, die sich unter Berücksichtigung aller in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungsgrundlagen ergibt. Diese Gestaltung liegt hinsichtlich der Verfahrensgebühren und der Gebühr für den Haftprüfungstermin nicht vor.

Die in Rede stehenden Gebühren sind in dem Festsetzungsantrag - die Verfahrensgebühren mit dem Höchstsatz und die Haftprüfungsterminsgebühr mit dem Mittelwert - zwar zu hoch angesetzt worden. Doch erreicht die Überschreitung noch nicht die Grenze zur Unbilligkeit, was dem Gebührenansatz die Verbindlichkeit beläßt.

Bei der Feststellung der angemessenen Gebühr nach § 14 Abs. 1 RVG ist - ebenso wie früher im Rahmen des § 12 Abs. 1 BRAGO - eine Abwägung aller Umstände, d. h. der gebührenerhöhenden und -mindernden vorzunehmen. Dabei ist jeweils von der Mittelgebühr auszugehen.

Was die Verfahrensgebühren angeht, ist hier ein weit die Mittelgebühr überschreitender Ansatz in einer bei 10 bis 15% unter der Höchstgebühr liegenden Größenordnung gerechtfertigt. Denn die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ragte durch einen besonderen Umstand, nämlich die hochgradige Schwerhörigkeit des Freigesprochenen weit über das Mittelmaß hinaus. Gerade in dem vorbereitenden, auf die Hauptverhandlung zuführenden Stadium, das die Verfahrensgebühren abdecken, ist die Kommunikation des Verteidigers mit seinem Mandanten zur Erarbeitung der optimalen Verteidigungsstrategie von grundlegender Bedeutung. Die Verständigungsprobleme durch hochgradige Schwerhörigkeit des Mandanten erschweren die Entwicklung des Verteidigungskonzepts, bei der es ganz wesentlich auf mündlichen Austausch ankommt, in beträchtlichem Maße.

Das tatsächliche Vorliegen der schwerhörigkeitsbedingten Verständigungsschwierigkeiten in den in Rede stehenden Verfahrensabschnitten ist durch Hinweise im dem Urteil des Landgerichts vom 8. September 2004 gesichert. Dort heißt es unter den Feststellungen zur Person (LG UA S. 3): "In dem Zeitraum 1996/1997 erlitt der Angeklagte einen Hörsturz. Er ist seitdem stark schwerhörig; ohne Hörgerät, über das er in den letzten Monaten nicht verfügte, ist eine Verständigung mit ihm nur unter großen Schwierigkeiten möglich." Ferner verlautet im Rahmen der Beweiswürdigung (LG UA S. 18): "Hierbei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass sich aufgrund der starken Hörbehinderung des Angeklagten, die in der Hauptverhandlung die Verwendung eines speziellen Hörgerätes für ihn und die Benutzung eines Mikrofons erforderlich machte, weil eine Verständigung anders mit ihm kaum möglich gewesen wäre, nicht feststellen lässt, dass er beim Klopfen an der Wohnungstür die Worte der Polizeibeamten und bei dem ersten Teil seiner Flucht ihre Rufe "Halt, stehenbleiben, Polizei", hörte."

Was die Gebühr für die Teilnahme an dem Haftprüfungstermin angeht, ist, wenn auch die in dem Festsetzungsantrag angesetzte Mittelgebühr zu hoch gegriffen ist, doch ein Ansatz in der Größenordnung von 10 bis 15% unterhalb der Mittelgebühr gerechtfertigt. Dass die Gebühr für Terminsteilnahme außerhalb der Hauptverhandlung im vorbereitenden Verfahren und in jedem Rechtszug für die Teilnahme an jeweils bis zu drei Terminen nur einmal entsteht, besagt aus der Sicht des Senats nicht generell, dass in Fällen mit nur einem einzigen Haftprüfungstermin, wie dem vorliegenden, wegen des Zurückbleibens hinter der Dreimaligkeit nur eine entsprechend weit unterhalb des Mittelwerts liegende Gebühr gerechtfertigt ist, wenn der eine Termin nur durchschnittliches Format hatte (dahin tendierend aber Schneider in Gebauer/Schneider, RVG 2. Aufl., S. 1438 Rdn. 11). Der Senat sieht das Gewicht der Bestimmung mehr bei ihrer gesetzgeberisch gewollten Funktion liegen, zu verhindern, dass Termine nur aus Gebühreninteresse des Rechtsanwalts herbeigeführt werden (vgl. Burhoff, RVG, C. Kommentar, Nr. 4102 VV Rdn. 43). Bei der Bemessung der Höhe der Gebühr sind demnach die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die sich aus der Terminsdauer ergebende zeitliche Beanspruchung, wobei nicht ausgeschlossen ist, unter Umständen auch bei nur einem Termin von durchschnittlicher Aufwändigkeit die Mittelgebühr für gerechtfertigt zu erachten (vgl. Burhoff, Nr. 4102 VV Rdn. 49, 51).

Hier ist die Dauer, die in dem Protokoll nicht ausgewiesen ist, als eher unterdurchschnittlich zu veranschlagen, zumal der Haftprüfungsantrag in dem Termin zurückgenommen worden ist. Hinsichtlich der Schwerhörigkeit ist anzunehmen, dass ihr mit den technischen Möglichkeiten im Sitzungssaal zufriedenstellend begegnet werden konnte, zumal es sich ausweislich der Terminsbestimmung und der Ladungen um den Saal handelte, in dem später auch die Hauptverhandlung durchgeführt wurde. Alles zusammengenommen rechtfertigt einen Ansatz um 10 bis 15 % unter dem Mittelwert.

Wegen der Überschreitung der angemessenen Gebührenwerte nur in einer Größenordnung unterhalb der rechnerischen Schwelle zur Unbilligkeit sind die Verfahrensgebühren und die Haftprüfungsterminsgebühr in voller Höhe wie in dem Antrag angesetzt der Berechnung des zu erstattenden Gebührenanteils zugrunde zu legen.

2. Hinsichtlich der Terminsgebühr für den zweiten Hauptverhandlungstag am 8. September 2004 greift die Beschwerde nur teilweise durch. Diese Gebühr ist mit der Höchstgebühr, die mit dem Festsetzungsantrag geltend gemacht ist, in einem die Grenze zur Unbilligkeit überschreitenden Umfang überhöht, sie ist jedoch nicht so niedrig festzusetzen wie in dem angefochtenen Beschluß mit der Festlegung auf den Mittelwert geschehen. Sie ist mit einem Betrag in Höhe der Mittelgebühr zuzüglich 20% angemessen bestimmt.

Die angefochtene Bewertung wird dem Ausmaß der zeitlichen Beanspruchung des Verteidigers nicht ausreichend gerecht. Angesichts der Terminsdauer von 6 Stunden und 26 Minuten ist sie als überdurchschnittlich und die Überschreitung der Mittelgebühr um den vorgenannten Aufschlag rechtfertigend anzusehen. Wenn auch beim Wahlverteidiger anders als beim Pflichtverteidiger Längenzuschläge (VV Nr. 4110, 4111, 4116, 4117, 4122, 4123, 4128, 4129, 4134, 4135) nicht vorgesehen sind, so geben doch die Zeitstufen, die bezüglich des Pflichtverteidigers festgelegt sind, Hilfestellung für die Einordnung im Gebührenrahmen nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. Burhoff, Vorbemerkung 4 Rdn. 59). Hier von Belang ist VV Nr. 4116, wonach der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt, wenn er mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor der Strafkammer teilnimmt, eine Zusatzgebühr erhält. Das spricht dafür, auch beim Wahlverteidiger in einer 5 Stunden überschreitenden Terminsteilnahme eine überdurchschnittliche Inanspruchnahme zu erblicken, die sich in der Höhe des Gebührenansatzes niederschlägt (vgl. Burhoff, Vorbemerkung 4 Rdn. 61).

Dass die Hauptverhandlung an dem betreffenden Tage von 12 Uhr 54 bis 15 Uhr 44 unterbrochen war, vermag im vorliegenden Falle nichts an der Bewertung zu ändern. Der Rechtsanwalt war gleichwohl durch die Sache in Anspruch genommen und der Wahrnehmung seiner übrigen Geschäfte entzogen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich um eine schon vorab zu erwartende und in ihrer Länge von vornherein absehbare Pause gehandelt hat, auf die sich der Rechtsanwalt im Voraus hätte einstellen und die er für anderweitige berufliche Aufgaben hätte nutzen können. Der in VV Teil 4 Vorbemerkung 4 Absatz 3 Satz 2 festgelegte Fall des Anfallens einer Vergütung, ohne daß es zur Entfaltung der eigentlichen Tätigkeit gekommen ist, nämlich in der Situation, dass der Anwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet, wovon er auch nicht in Kenntnis gesetzt worden war, spricht dafür, dass es gesetzeskonform ist, auch Pausen, die nicht sinnvoll anderweitig nutzbar sind, nicht zum gebührenrechtlichen Nachteil gereichen zu lassen (zur Behandlung von Pausen vgl. auch Burhoff, Vorbemerkung 4 Rdn. 63; Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG 9. Aufl., VV Teil 4 Abschnitt 1 Rdn. 64).

3. Erfolglos bleibt die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Ansatz der Grundgebühr und den der Terminsgebühr für den ersten Hauptverhandlungstag am 31. August 2004 richtet.

Der Ansatz des Höchstsatzes für die Grundgebühr durch den Beschwerdeführer ist unverbindlich, weil die Grenze zur Unbilligkeit deutlich überschreitend. Die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall ist hier mit der Mittelgebühr angemessen vergütet. Mochte auch die Bedeutung der Sache für den Beschuldigten von überaus hohem Gewicht sein, ist doch, wie schon von der Rechtspflegerin des Landgerichts zutreffend herausgestellt, wesentlich, dass die Sache nach Umfang und rechtlichem Schwierigkeitsgrad nichts Herausragendes an sich hatte. Der Aktenumfang war gering - bei Einsichtnahme durch den Verteidiger am 16. Juli 2004 ein Band von 70 Blatt -, das zugrundeliegende Geschehen und die Beweismittel waren überschaubar und der rechtliche Schwierigkeitsgrad hielt sich in Grenzen. Dafür ist nicht mehr als die festgesetzte Mittelgebühr angemessen.

Unverbindlich, weil die Grenze zur Unbilligkeit überschreitend, ist auch der Ansatz der Terminsgebühr für den ersten Hauptverhandlungstag durch den Beschwerdeführer. Der Termin hatte nach seiner Dauer von 4 Stunden und 54 Minuten und seinem Schwierigkeitsgrad nichts an sich, was ihn über das Durchschnittsübliche in einer erstinstanzlichen Strafkammersache hinaushob. Zutreffend hat die Rechtspflegerin dementsprechend die Mittelgebühr angesetzt.

4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich in der Zusammenschau folgende Festsetzung der Höhe des Verteidigungsaufwands insgesamt:

 Grundgebühr (VV Nr. 4100, 4101)202,50 (MG)
Verfahrensgebühr (VV Nr. 4104, 4105)312,50 (HG)
Verfahrensgebühr (VV Nr. 4112, 4113)337,50 (HG)
Haftprüfungsterminsgeb. (VV Nr. 4102, 4103)171,25 (MG)
Hauptverhandlungsterminsgebühren (VV Nr. 4114, 4115)  
31. August 2004328,75 (MG)
8. September 2004394,50 (MG)
Gesamtsumme 1.747,00

Gegenüber der angegriffenen Festsetzung des Gesamtverteidigungsaufwands mit 1.322,83 Euro bedeutet dies eine Besserstellung um 424,17 Euro von den insgesamt mit der Beschwerde erstrebten 930,92 Euro Heraufsetzung.

5. Der Berechnung des auf den freisprechenden Teil entfallenden Verteidigungsaufwands hat die Rechtspflegerin des Landgerichts zugrunde gelegt, daß der Teilfreispruch mit einer Quote von 90% zu bewerten ist. Das führt auf der Grundlage der durch die sofortige Beschwerde erzielten vorstehenden Festsetzung zu einem sich auf 90% von 1.747,00 Euro belaufenden Betrag, mithin 1.572,30 Euro. Darauf sind 90% der 1.221,00 Euro Pflichtverteidigergebühren, also 1.098,90 Euro, anzurechnen, die dem Verteidiger bereits zugeflossen sind. Danach verbleibt ein offener Betrag von 473,40 Euro zu Gunsten des beschwerdeführenden Rechtsanwalts. Diese Summe erhöht sich um die darauf entfallende anteilige 16%ige Umsatzsteuer auf 549,14 Euro als den als erstattungsfähig festzusetzenden Endbetrag.

Die Verzinsung ab dem Tag der Anbringung des Festsetzungsantrags ergibt sich aus § 464b Satz 3 StPO in Verbindung mit § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Der Senat, der, weil im Kostenfestsetzungsverfahren kein Verbot der Schlechterstellung gilt (vgl. Meyer-Goßner, § 464b StPO Rdn. 8), die von der Rechtspflegerin vorgenommene Bemessung der auf den Teilfreispruch entfallenden Quote des Verteidigungsaufwands mit 90% auch auf etwaige Überhöhung zu überprüfen hatte, konnte dem Landgericht in dem Ansatz folgen. Die Kostengrundentscheidung trägt ihn.

Das Landgericht hat den Angeklagten erkennbar sowohl von dem Vorwurf der auf 2003 datierten Sexualstraftat als auch von demjenigen betreffend die Sexualstraftat von 2004 freigesprochen. Das umfaßt das weitaus überwiegende Schwergewicht der Vorwürfe und ist mit 90% angemessen bewertet. Die Quote entspricht der als authentisch einzuschätzenden Interpretation durch den Strafkammervorsitzenden, der auf Anfrage der Rechtspflegerin des Landgerichts die Aufteilung im Verhältnis ca. 10:1 als angemessen bezeichnet hat.

Die Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs im Zusammenhang mit dem Vorfall von 2004 steht nicht entgegen. Dass das Landgericht insoweit Tatidentität mit eben dem Geschehen zugrunde gelegt hat, auf das sich der der Vorwurf der Sexualstraftat gründete, und insofern den Angeklagten nicht freigesprochen, sondern ein und dieselbe Tat nur rechtlich abweichend abgeurteilt hat, ist nicht anzunehmen. Vielmehr hat es erkennbar einen Teil der ihm durch die Anklage zur Urteilsfindung unterbreiteten Tat im prozessualen Sinne (vgl. Meyer-Goßner, § 264 StPO Rdn. 1ff.), der als Hausfriedensbruch zu dem Vorwurf des Sexualdelikts als in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehend einzustufen ist und insoweit daneben Raum für den Freispruch von dem Vorwurf des Sexualdelikts ließ, in das Verfahren wieder einbezogen. Dass die Staatsanwaltschaft von Tateinheit ausgegangen ist, was sich daran ablesen läßt, dass sie den Hausfriedensbruch in der Anklagebegleitverfügung unter Bezugnahme auf § 154a Abs. 1 StPO ausgeschieden hat, fällt nicht ins Gewicht. Das Verhältnis der während eines Hausfriedensbruchs begangenen weiteren Straftaten, so auch von Sexualdelikten, zu dem Hausfriedensbruch ist in höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich als dasjenige der Tatmehrheit gesehen worden (vgl. BGHSt 18, 29, 32f.). Da hier kein ausnahmsweise die Annahme von Tateinheit rechtfertigendes Bindeglied zu ersehen ist, drängt sich auf, dass sich das Landgericht, wenn auch nicht ausdrücklich klargestellt, so doch faktisch auf den Boden des höchstrichterlich vertretenen Grundsatzes gestellt hat.

Die von dem Rechtsanwalt in den Festsetzungsantrag mit aufgenommenen Pauschalbeträge in Höhe von jeweils 20,00 Euro für zum einen Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (VV Nr. 7002) und zum andern 40 Kopien (VV Nr. 7000) konnten unberücksichtigt bleiben, ebenso wie schon vor dem Landgericht geschehen, ohne dass der Beschwerdeführer dies angegriffen hat. Es hat ersichtlich in diesen Positionen, und dies auch nachvollziehbar, Auslagen erblickt, die auch dann entstanden wären, wenn der Angeklagte von herein nur wegen der Straftat angeklagt worden wäre, wegen der er letztlich auch verurteilt worden ist.

6. Nach alldem konnte die sofortige Beschwerde nur teilweise zum Erfolg führen. Es liegt eine Beschwerde mit dem Ergebnis eines verhältnismäßig dicht an 50% heranreichenden Teilerfolgs vor.

Erwirkt hat der Beschwerdeführer die Heraufsetzung des Erstattungsbetrags um 442,83 Euro (90% des Differenzbetrages, um den der Senat den Gesamtverteidigungsaufwand höher bemessen hat als das Landgericht, zuzüglich 16% Umsatzsteuer). Erstrebt hatte er demgegenüber die Heraufsetzung des Erstattungsbetrags um 971,88 Euro (90% des Differenzbetrags von 930,92 Euro, um den das Landgericht seinen Ansatz des Gesamtverteidigungsaufwands gekürzt hat, zuzüglich 16% Umsatzsteuer).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 Satz 1 und Abs. 4 StPO.

Der Beschwerdewert entspricht der als erstattungsfähig geltend gemachten Gebührensumme, deren zusätzliche Festsetzung der Beschwerdeführer begehrt hat, zuzüglich der zugehörigen Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer).

Ende der Entscheidung

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