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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 04.08.2006
Aktenzeichen: 5 W 47/06
Rechtsgebiete: ZPO, MarkenG
Vorschriften:
ZPO § 93 | |
MarkenG § 55 Abs. 2 Nr. 1 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 5 W 47/06
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase und die Richter am Kammergericht Dr. Hess und Dr. Pahl am 04. August 2006
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird die Kostenentscheidung im "Anerkenntnisurteil" der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 4. Januar 2006 - 97 O 220/05 - geändert:
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 4.000,- Euro.
Gründe:
I.
Die gemäß § 99 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet, § 93 ZPO.
1.
Die Beklagte hat den Klageanspruch "sofort" anerkannt im Sinne des § 93 ZPO.
a)
Bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens kann der Beklagte den geltend gemachten Anspruch innerhalb der Klageerwiderungsfrist jedenfalls dann "sofort" im Sinne des § 93 ZPO anerkennen, wenn die Verteidigungsanzeige keinen auf eine Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag enthält (BGH, NSW § 93, BGH-intern, juris Rdn. 22). Die Erklärung des Anerkenntnisses erst in der Klageerwiderung führt dann weder zu einem weiteren prozessualen Aufwand noch zu weiteren Verfahrenskosten und die - flexible - Klageerwiderungsfrist wahrt dem Beklagten eine hinreichende Prüfungszeit (BGH, a.a.O.).
b)
Vorliegend enthielt die Verteidigungsanzeige der Beklagten im Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 keinen auf eine Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag.
Der Hinweis "Die Klageerwiderung erfolgt mit gesondertem Schriftsatz" kündigte einen Klageabweisungsantrag noch nicht einmal konkret an, sondern nur eine Stellungnahme zur Klage. Diese konnte auch in Form eines Anerkenntnisses erfolgen.
2.
Die Abmahnung war vorliegend auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
a)
Zur Vermeidung der Kostenbelastung nach § 93 ZPO ist der Kläger einer Löschungsklage wegen Nichtbenutzung (§ 55 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) grundsätzlich - wie allgemein im gewerblichen Rechtsschutz - gehalten, den Beklagten vor Klageerhebung zum Verzicht aufzufordern (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 55 Rdn. 18).
Dass dem Kläger im Fall einer vorprozessualen Verwarnung des Beklagten wegen Verfalls kein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zusteht (weil es an einem rechtswidrigen Störungszustand fehlt, vgl. BGH, GRUR 1980, 1074, 1075 - Aufwendungsersatz; Ingerl/Rohnke, a.a.O.), nötigt nicht zu einem Absehen von der Obliegenheit der vorprozessualen Abmahnung. Denn die fehlende Kostenlast des Beklagten ist insoweit Folge der eigentümlichen Ausgestaltung der Löschungsklage wegen Verfalls als Popularklage, bei der eine Löschungsverpflichtung für den Markeninhaber in der Regel erst in dem Moment entsteht, in dem ein Dritter die Befugnis aus § 55 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausübt (BGH, a.a.O., Aufwendungsersatz). Wenn auch die Abmahnlast in der Regel mit einem Kostenerstattungsanspruch verbunden ist (vgl. hierzu auch Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 1.44), gilt dies auch im Übrigen nicht ausnahmslos. So sind etwa grundsätzlich die Kosten einer verzugsbegründenden Erstmahnung nicht zu ersetzen (BGH, NJW 1985, 324; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 286 Rdn. 48), selbst wenn mit ihr eine vorprozessuale Abmahnung verbunden wäre. In seiner Entscheidung "Aufwendungsersatz" (a.a.O.) hat der BGH die fehlende Kostenerstattung bei den hier in Rede stehenden Löschungsklagen nicht auch damit gerechtfertigt, dass in diesen Verfahren ausnahmsweise von der Abmahnobliegenheit abgesehen werden könnte.
Darüber hinaus wäre der von der Klägerin postulierte "Wertungswiderspruch" bei einem generellem Absehen von der Abmahnobliegenheit vorliegend noch weit größer. Denn warum soll der rechtswidrige Störer durch das Abmahnerfordernis "geschützt" sein (wie regelmäßig im gewerblichen Rechtschutz), nicht aber ein Markeninhaber, der - wie vorliegend bis zur Klagezustellung - noch nicht einmal ein rechtswidriger Störer war.
b)
Die Abmahnung war hier auch nicht wegen des übrigen vorprozessualen Verhaltens der Beklagten entbehrlich, die die marken- und titelschutzrechtliche Zulässigkeit ihrer Kennzeichnung verteidigte. Denn um einen teilweisen Verfall der Marke der Beklagten ging es dabei noch nicht. Die Klägerin konnte daher auch nicht annehmen, ohne gerichtliche Hilfe werde die Beklagte in jedem Fall an dem verfallenen Teil der Marke festhalten.
II.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung ergehen gemäß § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, § 574 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO.
Die Frage eines sofortigen Anerkenntnisses im schriftlichen Vorverfahren ist nunmehr durch die genannte Entscheidung des BGH geklärt.
Das regelmäßige Erfordernis einer vorprozessualen Abmahnung bei Löschungsklagen wegen Verfalls ist in der neuen Rechtsprechung und Literatur nicht umstritten. Die Erwägung einer Differenzierung zwischen den einzelnen Löschungsklagen wird von Fezer (MarkenG, 3. Aufl., § 55 Rdn. 10) nicht näher erörtert. In der Entscheidung "Aufwendungsersatz" hat der BGH - wie erörtert - ebenfalls keinen Anlass für eine Hinweis gesehen, dass von dem Abmahnerfordernis wegen der Besonderheiten der Löschungsklage abgesehen werden könnte.
Ende der Entscheidung
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