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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.04.2005
Aktenzeichen: 7 U 136/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 814
BGB § 1093
ZPO § 533
Ist das Eigentum des Klägers ist mit dem Wohnrecht des Beklagten dinglich belastet, hat er die Lasten des Grundstückes als Alleineigentümer auch allein zu tragen. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die Parteien im Begleitschuldverhältnis eine Übernahme verbrauchabhängiger oder auch nicht verbrauchabhängiger Kosten durch den Berechtigten vereinbaren, was ggf. auch konkludent erfolgen kann.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 136/04

Verkündet am: 29. April 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Renner und Steinecke auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3. Juni 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin - 27 O 42 / 04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 978,60 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 18. August 2004 zu zahlen.

Die weitere Widerklage (Feststellung) wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz haben der Beklagte 15 % und der Kläger 85 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge, des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin Bezug genommen, das dem Kläger am 17. Juni 2004 zugestellt worden ist. Der Kläger hat gegen das Urteil am 8. Juli 2004 Berufung eingelegt und diese am 17. August 2004 begründet.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 18. Juni 2004 zugestellte Urteil am 16. Juli 2004 Berufung eingelegt und diese am 13. August 2004 begründet.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten aufgrund seines Wohnrechts die anteilige Beteiligung an sämtlichen Kosten für das Haus im Zeitraum von 1998 bis 2002 in Höhe von 10.136,82 €. Es handelt sich um einen Differenzbetrag zu den vom Beklagten teilweise bereits geleisteten Zahlungen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung und im Wege der Widerklage (negative Feststellungsklage) beantragt, festzustellen, dass er nicht verpflichtet sei auf die noch nicht rechtshängige Heizkostenabrechnung 2002/2003 vom 17. November 2003 Zahlungen zu leisten.

Das Landgericht hat zwischen den nutzungsabhängigen Kosten (Müllabfuhr, BEWAG, Wasser, Hausreinigung, Heizung, Schornsteinfeger und Drehtorwartung - Beteiligung des Beklagten) und den nutzungsunabhängigen Kosten (Straßenreinigung, Schneebeseitigung, Versicherungen und Grundsteuer - keine Beteiligung des Beklagten) differenziert und 3.189,52 Euro nebst Zinsen zugesprochen.

Dabei hat das Landgericht zu Gunsten des Beklagten auch berücksichtigt, dass er die Wohnung seit dem 10. Februar 2000 nicht mehr nutzt. An den Heizkosten müsse sich der Beklagte aber ebenso wie an den geschätzten Warmwasserkosten beteiligen. Die Wohnung werde nach wie vor geheizt, was zwischen den Parteien auch unstreitig ist.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den Anspruch auf Bezahlung der nutzungsunabhängigen Kosten weiter.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 6.947,30 Euro nebst (im Einzelnen differenzierter) Zinsen (vgl. Bl. 106 d. A.) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen und im Wege einer in zweiter Instanz erstmals erhobenen (weiteren) Widerklage den Kläger zu verurteilen, an ihn 978,60 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Er wehrt sich nicht dagegen, dass er die sonstigen verbrauchsabhängigen Kosten zu tragen hat, die das Landgericht mit seinen bereits geleisteten Zahlungen verrechnet hat, wendet sich mit seiner Berufung aber gegen die Verpflichtung zur Zahlung der weiteren Heiz- und Warmwasserkosten und verlangt im Wege der Widerklage Zahlung des vom Landgericht zu seinen Gunsten ermittelten Überschusses für die sonstigen verbrauchsabhängigen Kosten in Höhe von 978,60 €. Die erstinstanzlich erhobene Widerklage verfolgt er nicht weiter.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und die neu erhobene Widerklage abzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Parteien sind als selbständige Rechtsmittel zulässig.

I. Berufung des Klägers (weitere 6.947,30 Euro)

In der Sache hat das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg, denn dem Kläger stehen gegen den Beklagten weder aus Gesetz noch aus Vertrag die geltend gemachten (weiteren) Forderungen zu, soweit sie nicht bereits vom Landgericht festgestellt und verrechnet worden sind und nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sind. Insoweit folgt der Senat den Gründen des angefochtenen Urteils, dass der Kläger von dem Beklagten als dinglichem Wohnrechtsberechtigten jedenfalls nicht anteiligen Ersatz der nicht verbrauchsabhängigen Kosten verlangen kann.

1. Für einen solchen Anspruch gibt es im Gesetz keine Grundlage. Anderes folgt auch nicht aus der vom Kläger verlangten "zeitgemäßen" Auslegung des § 1093 BGB, denn grundsätzlich ist das Wohnrecht unentgeltlich zu gewähren (vergleiche hierzu: BayObLG NJW-RR 1993, 283). Der Kläger kann sich auch nicht auf die von ihm herangezogene Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (NJW-RR 1994, 1359) stützen, denn diese setzt sich nur mit der hier nicht zu entscheidenden Frage auseinander, ob die Übernahme der Verbrauchskosten durch den Eigentümer als Nebenleistung im Grundbuch eingetragen werden kann.

Hinzu tritt hier, dass dem Beklagten mit notarieller Urkunde vom 27. April 1989 ausdrücklich ein unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt worden ist. Das Eigentum des Klägers ist mit dem Wohnrecht des Beklagten dinglich belastet und grundsätzlich hat er deshalb die Lasten des Grundstückes als nunmehriger Alleineigentümer auch allein zu tragen. Das mag vor der Teilungsversteigerung anders gewesen sein, weil sich aus der von den Ehefrauen der Parteien gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Verpflichtung zur anteiligen Tragung der nicht verbrauchsabhängigen Kosten ergeben haben könnte. Diese Geschäftsgrundlage ist aber mit der Auflösung der GbR entfallen.

2. Zwar ist es ohne weiteres möglich, dass die Parteien im Begleitschuldverhältnis eine Übernahme solcher (auch nicht verbrauchabhängiger) Kosten durch den Berechtigten vereinbaren, was auch konkludent erfolgen kann. Hierzu fehlt es aber an einem nachvollziehbaren Vortrag des Klägers. Allein dass der Beklagte auf die erteilten Abrechnungen Zahlungen erbracht hat, reicht hierzu nicht aus, denn diese sind ja gerade geringer ausgefallen, als vom Kläger verlangt, was Grundlage des vorliegenden Streites der Parteien ist. Die Parteien hatten gar nicht erkannt, dass diese Frage nach der Ersteigerung des Eigentums durch den Kläger einer Regelung bedurfte, sodass einzelnen Zahlungen insoweit auch kein Erklärungswert beigemessen werden kann.

3. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Kostentragungspflicht hinsichtlich der verbrauchsabhängigen Kosten für die Zeit verneint hat, in der der Beklagte die Wohnung nicht mehr genutzt hat. Dabei ist es ohne Bedeutung, wie der Kläger ggf. seine Abrechnung mit den anderen Mietern gestaltet.

4. Zutreffend hat das Landgericht auch den in der Abrechnungsperiode 10/00 - 9/01 auf 140,39 Euro geschätzten Warmwasserverbrauch nicht zugesprochen, denn der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass und warum er zu einer solchen Schätzung berechtigt gewesen sein soll. Hierzu hätte er wenigstens wiederholte und ernsthafte Versuche darlegen müssen, den Beklagten zur Ermöglichung des Ablesens der Meßeinheit zu bewegen, was nicht erfolgt ist. Es fehlt ein substanziierter Vortrag, wann er den Beklagten aufgefordert haben will, ihm Zutritt zu den Ableseeinrichtungen zu gewähren. Die Schätzung des Verbrauchs kann, wenn sie überhaupt zulässig sein soll, nur in Ausnahmefällen erfolgen. Auch hätte der Kläger dann die Grundlage seiner Schätzung darlegen müssen, was ebenfalls nicht erfolgt ist.

II. Berufung des Beklagten

Das Rechtsmittel des Beklagten hat in vollem Umfang Erfolg.

1. Heiz- und Warmwasserkosten (3.189,52 Euro)

Der Kläger kann von dem Beklagten für die streitbefangenen Abrechnungsperioden keine (weiteren) Heizkosten erstattet verlangen, denn die Abrechnungen sind offensichtlich schon deshalb fehlerhaft, weil der Kläger den Anteil der Heizenergie, der über die Meßeinrichtung des Beklagten erfaßt aber dem Mieter Rnnnn zugute kam, nicht konkret erfaßt hat und für eine Schätzung weder deren Voraussetzungen noch deren Grundlage im Einzelnen dargelegt hat.

Wie der Kläger auf die Auflage des Senates vom 1. März 2005 im Schriftsatz vom 30. März 2005 unstreitig gestellt hat, befindet sich in der Wohnung des Beklagten eine weitere Meßeinheit, die diesen Verbrauch erfaßt, die aber nicht abgelesen worden ist. Dieser Vortrag des Beklagten war zu berücksichtigen, denn dieses hatte er bereits in erster Instanz so vorgetragen und in der Berufungsinstanz nur noch präzisiert. Hinzu tritt, dass dieser Vortrag inzwischen unstreitig ist.

Die Klage war insoweit endgültig abzuweisen. Zwar ist die Forderung ohne Heizkostenabrechnung grundsätzlich nicht fällig (BGH NJW 1982, 573, 574). Vorliegend hat der Kläger aber Heizkostenabrechnungen mit den Anlagen K 5 ff. vorgelegt. Der Beklagte hat diese Rechnungen auch geprüft und sie als falsch zurückgewiesen, weil insbesondere der Zwischenzähler im Kinderzimmer seiner Wohnung nicht abgelesen worden ist. Damit geht es nicht mehr um die Fälligkeit der Forderung, sondern um die sachliche Richtigkeit. Im Ergebnis hat der Kläger die Höhe der zu erstattenden Heizkosten nicht schlüssig dargetan.

2. Widerklage (978,60 Euro)

Die Widerklage ist nach § 533 ZPO zuzulassen, denn sie ist sachdienlich und zieht nur die Konsequenzen aus dem Zahlenwerk des angefochtenen Urteils. Aus den bereits dargelegten Gründen ist sie auch ohne weiteres begründet, denn der Kläger ist hinsichtlich dieses Betrages nach dem bisherigen Stand der Abrechnungen überzahlt. § 814 BGB steht dieser Forderung schon aus den vom Landgericht dargelegten Gründen nicht entgegen. Der Beklagte hatte keine positive Kenntnis davon, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet war. Zumindest hätte er nach der "Parallelwertung in der Laiensphäre" wissen müssen, dass er auf eine nicht geschuldete Leistung gezahlt. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch der Senat von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweicht.

Ende der Entscheidung

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