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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 18.06.2001
Aktenzeichen: 8 U 1142/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 634
BGB § 327
BGB § 571
BGB § 325
BGB § 636
ZPO § 97
ZPO § 711
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 1142/99

In dem Berufungsrechtsstreit

Verkündet am:

18. Juni 2001

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2001 durch die Richter am Kammergericht Blunck und Markgraf und die Richterin am Kammergericht Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Dezember 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Die am 10. Februar 1999 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 12. April 1999 am 9. April 1999 begründete Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 14. Dezember 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, das der Beklagten am 11. Januar 1999 zugestellt worden ist. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Die Beklagte verfolgt mit ihren auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter und begründet ihre Berufung wie folgt:

Die Klägerinnen seien nicht aktivlegitimiert. Auf Grund des Kaufvertrags vom 30.12.1997 seien die Schadensersatzansprüche bereits auf die Käuferin, die KG, K.u. Z GmbH & Co., übergegangen, und zwar auf Grund der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 6 und 14 des Kaufvertrages. Zum Beweis beziehe sie, die Beklagte, sich auf das Zeugnis des Dipl.-Kfm. M.

Die Klägerinnen hatten den Fertigstellungstermin vom 30. April 1999 nicht einhalten können, so dass sie, die Beklagte, gemäß §§ 636, 634, 327 BGB zum Rücktritt berechtigt gewesen sei. Hierzu reiche es aus, wenn die Fristüberschreitung drohe Bereits aus den im März 1999 aufgenommenen und vorgelegten Fotos ergebe sich die Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptung. Die Änderungen für die Firma hatten lediglich einen Monat in Anspruch genommen, da dieses Unternehmen beliebig wiederholbare Pläne vorliegen habe, nach denen verfahren werden könne. So sei dann auch die Eröffnung des Geschäftsbetriebes der Firma erst für September 1999 angekündigt worden.

Jedenfalls habe das im Beweissicherungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen bestätigt, dass der Fertigstellungstermin vom 30. April 1999 nicht hatte eingehalten werden können. Das von den Klägerinnen eingereichte Protokoll bezüglich der Übergabe des Objekts an die Firma vom 16. August 1999 sei lediglich zum Zwecke der Prozessführung geschaffen worden. Jedenfalls sei das Objekt zu diesem Zeitpunkt noch nicht abnahme- und gebrauchsfähig gewesen. Dies ergebe sich bereits aus dem eigenen Vorbringen der Klägerinnen im Schriftsatz vom 20.9.1999, worin diese selbst erklärt hätten, zu diesem Zeitpunkt noch in der Endphase der Fertigstellung zu sein. Die Firma habe ihren Geschäftsbetrieb auch erst am 12.10.1999 eröffnet. Die mangelnde Fertigstellung des Objekts zu diesem Zeitpunkt ergebe sich im Übrigen auch aus dem Bericht ihres, der Beklagten, Bauleiters vom 28. Oktober 1999, auf dessen Bericht verwiesen werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Dezember 1998, Aktenzeichen 12 O 562/98, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerinnen erwidern:

Sie seien aktivlegitimiert. Dem stehe auch nicht der Kaufvertrag vom 30.12.1997 entgegen. Darin sei kein Übergang der Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten vereinbart worden. Ein gesetzlicher Übergang derartiger vor Eigentumsumschreibung entstandener Schadensersatzansprüche komme nach § 571 BGB nicht in Betracht.

Die Beklagte habe auf Grund der Regelung in Ziffer 2.1 des Mietvertrages und Ziffer 3.2 des Nachtrags zum Mietvertrag im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 17.7.1998 kein Recht zum Rücktritt gehabt. Darüber hinaus fehle es an einer Fristsetzung, die nur entbehrlich gewesen wäre, wenn die Unmöglichkeit der Fertigstellung zum vorgesehenen Termin vom 30.4.1999 mit Sicherheit festgestanden hätte. Das Unterbleiben der Fertigstellung am 30.4.1999 sei jedenfalls kein Indiz für die Unmöglichkeit der Erfüllung der diesbezüglichen Verpflichtung aus dem Vertrag der Parteien, weil das Bauvorhaben wegen des Wegfalls des verbindlichen Fertigstellungstermins nach der unberechtigten Vertragsaufsage der Beklagten und der Notwendigkeit einer umfassenden Neuplanung nicht in der Weise betrieben worden sei, wie es hätte betrieben werden könne, wenn die Beklagte weiterhin als Mieterin zur Verfügung gestanden hätte. Danach sei die unberechtigte Vertragsaufsage durch die Beklagte für die spätere Fertigstellung des Bauvorhabens ursächlich. Der Bauzustand am 17. Juli 1998 hätte bei Ausschöpfung der gegebenen Möglichkeiten zur Konzentration und Beschleunigung, des Bauvorhabens eine Fertigstellung bis zum 30. April 1999 ermöglicht. Die dem entgegenstehende Ansicht des Sachverständigen werde schon durch das Übergabeprotokoll an die Firma vom 16. August 1999 widerlegt. Die dort als nicht fertiggestellt aufgeführten Flächen "Bürotrakt" und "Shopzone" lägen außerhalb der in dem Mietvertrag der Parteien vorgesehenen Flächen. Bei der Fläche "Fleischereibereich" handele es sich um eine Sonderausstattung auf Wunsch der Firma, die im ursprünglichen Mietvertrag mit der Beklagten nicht vorgesehen gewesen sei. Im Übrigen sei der Sachverständige auch von falschen Voraussetzungen ausgegangen. So sei im ersten Untergeschoss ein Estrich, dessen Fehlen der Sachverständige moniere, gar nicht geplant gewesen. Die genannte Stahlkonstruktion zur Aufnahme einer Zwischendecke sei eine Leichtbauunterkonstruktion zur Aufnahme der noch notwendigen Installationen und Wärmedämmung der Decke im ersten Untergeschoss gewesen. Die noch ausstehenden Arbeiten für die zweite Tiefgaragenzufahrt seien nicht relevant, weil diese Zufahrt erst auf Grund einer Forderung des neuen Mieters, der Firma geplant worden sei. Es treffe auch nicht zu, dass die Nutzungsänderung für die Firma auf Grund des Bauvorbescheides vom 7. Oktober 1998 genehmigungsfähig gewesen sei. Der Vorbescheid vom 7.10.1998 habe sich lediglich "auf die gestellte Einzelfrage" bezogen. Es heiße dort ausdrücklich, dass die Genehmigungsfähigkeit für das gesamte Objekt einschließlich baulicher Änderungen und Nutzungsveränderungen noch nicht beurteilt worden sei. Unzutreffend sei auch, dass der Rohbau bei unveränderter Erhaltung der Kubatur des Gebäudes entsprechend der Baugenehmigung vom 19. Mai 1998 habe fertiggestellt werden können. So sei beispielsweise eine Änderung des gesamten Aussteifungskonzeptes des Gebäudes erforderlich gewesen. Ferner sei im Foyerbereich die gesamte Zugangs- und Erschließungssituation für die Obergeschosse sowie für das Erdgeschoss zu verändern gewesen, ferner seien die Aufzugskerne von der Gebäudeaußenwand in das Gebäudeinnere zu versetzen gewesen. Darüber hinaus habe es weitere wesentliche rohbaurelevante Änderungen, von der Baugenehmigung vom Mai 1998 abweichend, gegeben. Aus alledem ergebe sich, dass die Umplanung und das höhere Ausstattungsniveau die Baufertigstellung um mehr als die vom Sachverständigen geschätzten vier Monate verzögert habe. Darüber hinaus habe es der Sachverständige unterlassen, die noch erforderliche Bauzeit auf Grund des Bauablaufplans zu bestimmen.

Im Übrigen habe die Beklagte vor Ausspruch ihres Rücktritts am 17. Juli 1998 mit keinem Wort erwähnt, Grund zur Besorgnis zu haben, das Mietobjekt werde nicht rechtzeitig fertiggestellt. Sie habe vielmehr ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen sich vom Vertrag zu lösen gewünscht, wie sich insbesondere aus ihrem Schreiben vom 30.6.1998 ergebe.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze und die eingereichten Unterlagen Bezug genommen. Ferner wird auf das im selbständigen Beweissicherungsverfahren auf Antrag der Beklagten während des Berufungsverfahrens eingeholte Gutachten des Sachverständigen vom 23. Juli 1999 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache nicht begründet.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass den Klägerinnen ein Schadensersatzanspruch wegen der unberechtigten Kündigungs- und Rücktrittserklärung der Beklagten vom 25. Juli 1997 zusteht. Der Anspruch ergibt sich aus § 325 BGB, weil die Beklagte nicht nur zu Unrecht sich von dem Bau- und Mietvertrag der Parteien losgesagt hat, sondern darüber hinaus auch, wie unstreitig ist, erklärt hat, am Vertrage nicht mehr festhalten zu wollen. Aus diesem Grunde war, wie das Landgericht zutreffend feststellt, die außerordentliche Kündigung der Klägerinnen vom 25.9.1998 begründet. Diese Kündigung hat das Mietverhältnis der Parteien beendet und damit zu einem Schaden der Klägerinnen geführt, der sich schon daraus ergibt, dass der mit dem Ersatzmieter vereinbarte Mietpreis geringer ist als der in dem Bau- und Mietvertrag der Parteien vereinbarte Mietpreis.

Die Einwände der Beklagten gegen die Aktivlegitimation der Klägerinnen im Hinblick auf den notariellen Kaufvertrag vom 30.12.1997 liegen neben der Sache. Eine Abtretung von Schadensersatzansprüchen ist in dem Vertrag nicht ausgesprochen worden, zumal diese auch bei Vertragsabschluss noch überhaupt nicht bestanden haben. Es wird von der Beklagten nicht dargetan, dass das Mietverhältnis gemäß § 571 BGB bereits auf die Erwerberin übergegangen war, als die fristlose Kündigung von den Klägerinnen vom 25.9.1998 ausgesprochen wurde. Insofern fehlt es an einem Vortrag, ob und wann die Erwerberin auf Grund des Kaufvertrags vom 30.12.1997 im Grundbuch eingetragen worden ist. Dies müsste die Beklagte ausdrücklich vortragen, wozu sie nach Grundbucheinsicht auch in der Lage wäre. An einem derartigen Vortrag fehlt es. Die Klägerinnen haben jedenfalls zuletzt mit Schriftsatz vom 13. Juli 1999 vortragen lassen, dass zu diesem Zeitpunkt die Erwerberin noch nicht im Grundbuch eingetragen war. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Der Aktivlegitimation der Klägerinnen steht auch nicht entgegen, dass zwischen diesen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht. Zwar ist seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (GE 2000, S. 276 ff.) davon auszugehen, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und dass sie in diesem Rahmen zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig ist. Daraus folgt aber nicht, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen nicht gleichwohl Schadensersatzansprüche im eigenen Namen geltend machen und Ersatz des Schadens an sich beanspruchen können.

Dem Schadensersatzanspruch könnte lediglich entgegenstehen, dass die Rücktrittserklärung der Beklagten vom 17.7.1998 berechtigt war, was Hauptstreitpunkt im Berufungsverfahren ist. Insofern gehen die Parteien zutreffend davon aus, dass der Beklagten nach den §§ 636, 634, 327 BGB ein Recht zum Rücktritt zugestanden hätte, sofern die Klägerinnen den "letzten Fertigstellungstermin" nach Ziffer 1.2 des Mietvertrages i.V. mit Ziffer 3.2 des Nachtrags zum Mietvertrag nicht eingehalten hätte bzw. zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Beklagten mit Sicherheit festgestanden hätte, dass der Fertigstellungstermin durch die Klägerinnen nicht hätte eingehalten werden können.

Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt, dass die Beklagte diese Voraussetzung nicht ansatzweise hinreichend dargetan habe. Letzteres ist auch nicht im Berufungsverfahren geschehen. Daran ändert auch nichts der Inhalt des im selbständigen Beweissicherungsverfahren während des Berufungsverfahrens eingeholten Gutachtens des Sachverständigen. Die Einholung dieses Gutachtens war überflüssig, weil es nicht darauf ankommt, ob der Fertigstellungstermin vom 30. April 1999 eingehalten worden wäre, sondern allein darauf, ob am 17. Juli 1998 zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Beklagten bereits feststand oder hinreichend wahrscheinlich war, dass der Fertigstellungstermin vom 30. April 1999 nicht eingehalten werden würde.

Selbst wenn das Gutachten des Sachverständigen gleichzeitig als weiteres Vorbringen der Beklagten zu werten wäre und davon auszugehen wäre, dass der Sachverständige stillschweigend seine Feststellungen auf den Zeitpunkt vom 17. Juli 1998 bezogen hatte, konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die pauschale Behauptung der Beklagten, die Klägerinnen hatten den Fertigstellungstermin vom 30. April 1999 nach dem Bautenstand am 17. Juli 1998 nicht einhalten können, bewiesen ist.

Die Beweiserhebung geht insoweit von der Voraussetzung aus, dass auf Grund des Bautenstandes bei Besichtigung durch den Sachverständigen am 25.5.1999 sichere Schlüsse auf die Beweisfrage, ob der Fertigstellungstermin vom 30.4.1999 nach dem Bau- und Mietvertrag der Parteien nach dem Bauzustand vom 17.7.1998 hätte eingehalten werden können, möglich sind. Dabei ist Folgendes zu beachten. Der Bautenzustand am 25.5.1999 kann lediglich ein Indiz für die diesbezügliche Beweisfrage sein. Dieses Indiz ist aber ungeeignet für die Beweisfrage, weil, wie die Klägerinnen zu Recht geltend machen, der Fortgang des Bauvorhabens durch die unberechtigte Vertragsaufkündigung der Beklagten erheblich beeinflusst worden ist. Dem hat der Sachverständige dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass er die durch die Nutzungsänderung auf Grund des neuen mit der Firma abgeschlossenen Mietvertrages entstandenen Verzögerungen herausrechnete. Selbst wenn dies möglich wäre und die diesbezüglichen Überlegungen des Sachverständigen richtig wären, wäre Voraussetzung, dass die Prämisse des Sachverständigen zutreffend ist, die Klägerinnen hätten das Bauvorhaben mit derselben Intensität wie vorher weiter betrieben. Hierzu hatten die Klägerinnen aber, wenn man von wirtschaftlichen Erwägungen absieht, nach der vertraglichen Gestaltung des Mietvertrages mit der Firma keinen Anlass mehr. Nach diesem Vertrag war kein bestimmter Fertigstellungstermin festgelegt. Vielmehr ist unter 2.2.2 in dem Mietvertrag mit der Firma lediglich bestimmt, dass der Übergabetermin vom Vermieter verbindlich festgelegt wird, und zwar dass der Termin acht Monate vorher angekündigt und drei Monate vorher schriftlich mitgeteilt werden müsse. Darüber hinaus ist festgelegt worden, dass eine Übergabe nicht zwischen dem 1. Oktober und 31. Januar eines Folgejahres stattfinden könne. Nach alledem konnten die Klägerinnen sich bei der weiteren Ausführung Zeit lassen, mussten jedenfalls nicht übermäßige Anstrengungen unternehmen, um einen bestimmten Fertigstellungstermin einzuhalten. Daran ändert auch nichts die Einschätzung des Sachverständigen, dass die Klägerinnen unter Beachtung der allgemeinen wirtschaftlichen Zwänge, die eine optimale Baudurchführung erforderten, die Rohbaufertigstellung unabhängig von der ausstehenden Genehmigung des zweiten Nachtrags zur Baugenehmigung zügig vorangetrieben hätten. Dies schließt der Sachverständige zu Unrecht lediglich aus der Rohbauabnahme für das zweite und dritte Obergeschoss vom 10.6.1999, die das Mietobjekt überhaupt nicht betraf und was auch den Innenausbau außer Betracht lässt.

Abgesehen davon ist die Schlussfolgerung im Gutachten hinsichtlich der fiktiven Fertigstellung des Objekts auch nicht ausreichend begründet worden. Die Ausführungen, wonach die Fertigstellung des Objekts unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen innerhalb von drei Monaten nach Besichtigung als unrealistisch einzuschätzen sei, wird lediglich mit den Ausbauleistungen in sehr geringem Umfang nach den Feststellungen des Sachverständigen unter Abschnitt D des Gutachtens begründet. Dabei finden sich aber keinerlei Ausführungen darüber, welchen zeitlichen Aufwand die Behebung der dort aufgeführten Mängel bzw. noch zu erbringenden Leistungen in Anspruch genommen hätte.

Es kommt hinzu, dass die diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten des Sachverständigen letztlich auch durch den tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse, nämlich der Übergabe des Objekts an die Firma am 16.8.1999, widerlegt worden sind. Die diesbezüglichen Einwände der Beklagten liegen neben der Sache. Die Beklagten machen nicht geltend, dass es sich bei dem vorgelegten Abnahmeprotokoll um eine Fälschung handelt. Ihre Einwände gegen das Protokoll sind, was die Echtheit angeht, unsubstantiiert. Es mag sein, dass das Protokoll nicht hinreichend ergibt, inwieweit das Bauobjekt zu diesem Zeitpunkt mangelfrei war. Dies kann aber keine entscheidende Rolle spielen, da für die Vergleichsberechnung lediglich die Fertigstellung eine Rolle spielen kann. Jedenfalls behauptet die Beklagte selbst nicht substantiiert, dass der Zustand bei Übergabe eine Abnahme ausgeschlossen hätte. Dem steht auch nicht der vorgelegte Bericht des Bauleiters vom 28.10.1999 entgegen. Denn zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Bauleiter war der Betrieb des Ersatzmieters, der Firma bereits eröffnet, so dass eine Fertigstellung insoweit nicht bezweifelt werden kann. Im Übrigen erscheint es durchaus realistisch, dass die Firma sich das Mietobjekt am 16.8.1999 hat übergeben lassen, um sodann am 12.10.1999 den Geschäftsbetrieb zu eröffnen. Denn zwei Monate waren sicherlich zur Einrichtung des Geschäftsbetriebes im Mietobjekt erforderlich. Diese Zeit hätte auch die Beklagte benötigt.

Im Hinblick hierauf bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob die übrigen Grundlagen des Gutachtens des Sachverständigen zutreffend sind und ob insbesondere der Sachverständige den zeitlichen Umfang der durch die Nutzungsänderung vorzunehmenden abändernden Arbeiten in der Planung und Bauausführung richtig eingeschätzt hat.

Es kommt noch hinzu, dass der Sachverständige nach seinen eigenen Ausführungen nicht alle möglichen Erkenntnismittel benutzt hat, um die erforderlichen Feststellungen zu treffen. So hat er selbst darauf hingewiesen, dass die Bestimmung der erforderlichen Bauzeit noch offener Leistungen in der Regel auf der Grundlage eines Bauablaufplans, der den folgerichtigen Gewerkeeinsatz unter Beachtung der gegenseitigen Gewährung einer ausreichenden Baufreiheit und die wirtschaftliche Dauer der Gewerkeleistungen enthalte, erfolge. Diese Methode hat der Sachverständige mit der Begründung nicht angewandt, dass ihm die Unterlagen in die vorhandenen Bauleistungsverträge und Leistungsverzeichnisse sowie in die Bauablaufpläne nicht vorgelegen hätten. Der Sachverständige hat aber nicht erklärt, dass ihm die Vorlage dieser Urkunden verweigert worden sei, was jedenfalls die Klägerinnen vorsorglich in Abrede gestellt haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO und § 711 ZPO. Nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO war die Beschwer der Beklagten im Urteil festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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