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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.01.2005
Aktenzeichen: 8 U 212/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535 Abs. 1 Satz 2
BGB § 242
Zu den Voraussetzungen und Umfang des sog. vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 212/04

verkündet am : 17. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 17.01.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber und die Richterinnen am Kammergericht Spiegel und Dr. Henkel

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 4. Oktober 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

2. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers ist unbegründet.

Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte keinen Anspruch auf Unterbindung und Fortsetzung der Nutzung des linksseitigen Ladengeschäftes als Teppichgeschäft gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 242 BGB. Denn nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Verfügungskläger gegenüber der Verfügungsbeklagten auf den Konkurrenzschutz verzichtet hat.

a)

Es ist davon auszugehen, dass der Verfügungskläger sich gegenüber der Verfügungsbeklagten zunächst auf vertragsimmanenten Konkurrenzschutz berufen konnte. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Konkurrenzschutzes gehört es nach herrschender Meinung bei der Vermietung von Räumen zum Betrieb eines Geschäftes oder Gewerbes zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs, dass der Vermieter im selben Haus oder auf seinem angrenzenden Grundstück keinen Konkurrenzschutzbetrieb zulässt (BGH NJW 1979,1404; BGHZ 70,79; Bub/Treier/Kramer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III.B, Rdnr.1240 mit den dort angegebenen weiteren Rechtssprechungsnachweisen). Der sogenannte vertragsimmanente Konkurrenzschutz ist gegenüber dem vertraglich zugesicherten Konkurrenzschutz insoweit eingegrenzt, als der Vermieter nicht gehalten ist, dem Mieter jeglichen unliebsamen Wettbewerb fern zu halten. Vielmehr ist abzuwägen, inwieweit Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien der Schutz vor Konkurrenz geboten ist, um dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache auch weiterhin zu gewährleisten (Senatsurteil vom 17.01.2002 , KG-Report 2003,154; BGH NJW 1979,1404; Senatsurteil vom 21.10.2004 - 8 U 51/04 - unveröffentlicht). Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist im vorliegenden Fall der vertragsimmanente Konkurrenzschutz nicht durch die Vereinbarung vom 18. Februar 2002 überlagert mit der Folge, dass bei Beendigung der vertraglichen Vereinbarung zum 31. Dezember 2003 auch der vertragsimmanente Konkurrenzschutz entfiele. Denn die vertragliche Vereinbarung über Konkurrenzschutz tritt grundsätzlich neben dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleiteten vertragsimmanenten Konkurrenzschutz, wobei dieser eine Eingrenzung im o.g. Sinne erfährt. Durch die Vereinbarung eines vertraglichen Konkurrenzschutzes und deren späterer Aufhebung kann der Mieter nicht schlechter gestellt werden als sei eine Vereinbarung von vornherein nicht getroffen worden. Für ein solches Verständnis spricht auch der Wortlaut der Vereinbarung selbst. Hierin ist geregelt, dass "für den Fall, dass ein Konkurrenzschutz gewünscht wird für die Zeit bis eine Vermietung an andere Branchen getätigt werden kann" (Hervorhebg. d.d.Verf.) vom Kläger ein Nutzungsentgelt von 1.000,00 EUR gezahlt wird. Weiter ist geregelt, dass der Kläger sich für den Fall der "Vermietung an andere Branchen" bereit erklärt, innerhalb von vier Wochen den Laden vertragsgerecht zu räumen. Daraus ergibt sich, dass jedenfalls eine Vermietung nur an andere Branchen erfolgen sollte, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Verfügungsbeklagte an die gleiche Branche nicht vermieten darf. Die Verfügungsbeklagte war daher verpflichtet, dem Verfügungskläger Konkurrenzschutz zu gewähren.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten entfiel der Konkurrenzschutzanspruch auch nicht deswegen, weil sich in der unmittelbaren Umgebung eine Reihe von anderen Teppichgeschäften befinden. Hierdurch entfällt nicht der vom Vermieter zu gewährende Konkurrenzschutz in demselben Mietobjekt bzw. in dem unmittelbar angrenzenden Objekt (vgl. Senatsurteil vom 17.Januar 2002 - 8 U 353/01 -, a.a.O.). Im Übrigen hat die Verfügungsbeklagte nicht behauptet, dass diese Geschäfte bereits bei Anmietung der Räume im Jahre 1992 vorhanden gewesen sind. Denn der zuerst vorhandene Mieter genießt jedenfalls Konkurrenzschutz im Verhältnis zu den hinzukommenden (Bub/Treier/Kraemer, a.a.O., III.B, Rdnr.1243).

b)

Der Verfügungskläger hat aber gegenüber der Verfügungsbeklagten sein Einverständnis mit der Vermietung des linksseitigen Ladengeschäfts an einen anderen Teppichhändler erklärt und damit auf den Konkurrenzschutz verzichtet. Dies ist zur Gewissheit des Senats aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen nnnn bewiesen. Der Zeuge nnn hat angegeben, dass er mit dem Verfügungskläger in einem Gespräch am 20. April 2004, nach seinem Osterurlaub, darüber gesprochen habe, dass eine andere Mieterin für das linksseitigen Ladengeschäfts das dort beabsichtigte Cafe` nicht würde eröffnen können. Auf Nachfrage des Zeugen, ob der Verfügungskläger dieses Ladengeschäft wieder mieten wolle, habe der Verfügungskläger dies abgelehnt, weil er aus wirtschaftlichen Gründen den jetzigen Laden kaum aufrechterhalten könne. Weiter hat der Zeuge bekundet, dass er dem Verfügungskläger mitgeteilt habe, dass andere "Kollegen" sich für den Laden interessiert hätten und habe hier auch den Namen nnnnn erwähnt. Auf die Frage hin, ob der Verfügungskläger etwas gegen die Vermietung an nnnnn habe, habe der Verfügungskläger gesagt, " ihm ist es egal, weil er den Laden nur noch auf Zeit nutzen wolle". Ferner hat der Zeuge bekundet, dass er in einem weiteren Gespräch im Juni 2004 dem Verfügungskläger den Mietvertrag mit nnnn und nnnn gezeigt habe. Der Verfügungskläger habe gesagt, dass er Herrn nnnn kenne, dieser sei ein seriöser Geschäftsmann. Der Zeuge habe den Verfügungskläger nochmals gefragt , ob er, der Verfügungskläger, es sich anders überlegt habe und den Laden doch noch haben wolle. Dies habe der Verfügungskläger abgelehnt. Mit den anderen Mietern sei abgesprochen gewesen, dass ein Mietvertrag nur abgeschlossen werde, wenn der Verfügungskläger einverstanden sei. Der Senat hat keine Veranlassung an der Glaubwürdigkeit des Zeugen nnnn zu zweifeln. Er hat seine Aussage ruhig und sachlich gemacht. Er hat die Vorgänge im Zusammenhang und nachvollziehbar geschildert, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln. Der Zeuge konnte sich an Einzelheiten der Gespräche genau erinnern und stellte auch den Zusammenhang zur vom Verfügungskläger geäußerten Bitte um Mietreduzierung und Verzicht der Vermieterin auf die im Mietvertrag vereinbarten Kündigungsfristen dar. So habe der Verfügungskläger eine Mietreduzierung von 300,00 bis 500,00 EUR gewünscht. Aufgrund der mit den anderen Mietern vereinbarten günstigeren Miethöhe sei dann von der Vermieterin eine Reduzierung um 500,00 EUR zugesagt worden.

Dementsprechend teilte die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger im zeitlichen Zusammenhang zu den geführten Gesprächen mit Schreiben vom 18. Juni 2004 mit, dass sie mit der Reduzierung der Miete von 2.812,00 EUR auf 2.300,00 EUR ab dem 01. August 2004 einverstanden ist. Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat der Senat nicht außer acht gelassen, dass der Zeuge der Ehemann der Verfügungsbeklagten ist und damit auch ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Aufgrund des Gesamteindrucks konnte der Senat aber die hinreichende Überzeugung gewinnen, dass der Zeuge die Wahrheit gesagt hat. Die Aussage des Zeugen nnnnn ist indes nicht geeignet, die glaubhaften Bekundungen des Zeugen nnn zu erschüttern. Der Zeuge hat zwar ausgesagt, dass in dem Gespräch am 09. Juni 2004 nur allgemein über die wirtschaftliche Lage gesprochen worden ist und, dass das Geschäft nicht gut laufe, jedoch über Vermietung an einen anderen Teppichhändler nicht gesprochen worden sei. Er hat weiter angegeben, dass Herr nnnn zwar danach gefragt habe, ob er Herrn nnnn kenne, was er bejaht habe. Jedoch sei von "einer Vermietung an nnnnn nicht die Rede gewesen"; "den Vertrag habe er nicht gesehen". Die Aussage des Zeugen wirkte insgesamt nicht so sicher und flüssig. Der Zeuge meinte sich konkret daran erinnern zu können, dass das Gespräch am 09. Juni 2004 stattgefunden hat, ohne dafür eine nachvollziehbare Begründung geben zu können. Der Zeuge beschränkte sich zunächst nur darauf, die Behauptung des Verfügungsklägers, dass über Vermietung nicht gesprochen sei, zu bestätigen. Den eigentlichen Ablauf des Gesprächs, an dem er nach seiner Aussage auch selbst teilgenommen hat, schilderte er eher blass und unvollständig und machte Angaben zu Einzelheiten, wie die Frage der Mietreduzierung, erst nach ausdrücklicher Nachfrage. Dies mag daran liegen, dass der Zeuge sich wegen des Zeitablaufs an den genauen Gesprächsinhalt nicht mehr im einzelnen erinnern konnte. Es ist aber auch nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge nnnn ohne konkreten Grund nach dem anderen Teppichhändler nnnn gefragt haben soll, wie der Zeuge ausgesagt hat. Insgesamt konnte sich der Senat von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen nnnnn , der als Mitarbeiter des Verfügungsklägers in dessen Lager steht, daher nicht überzeugen.

Nach alledem ist ein Verfügungsanspruch nicht gegeben. Es kann daher für die Entscheidung dahingestellt bleiben, ob das Vorliegen eines Verfügungsgrundes zu bejahen gewesen wäre. Allerdings erscheint die Regelungsverfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile in einem solchen Falle dringend nötig (§ 940 ZPO), ohne dass dies abschließend zu beurteilen ist. Das Interesse eines von einem Konkurrenzbetrieb bedrohten Unternehmens geht regelmäßig dahin, die drohende Konkurrenz von vornherein bekämpfen zu können und sich nicht etwa nur mit Sekundäransprüchen wie z.B. Schadensersatzansprüchen zu begnügen (vgl. OLG Hamm ZMR 1991,295). Denn hier ist zu beachten, dass ohne die einstweilige Verfügung vollendete Tatsachen zu Lasten des Berechtigten geschaffen würden (OLG Hamm NJW-RR 1990,1236). Nichts anderes kann gelten, wenn der Konkurrenzbetrieb bereits aufgenommen worden ist und dadurch eine Wettbewerbsbeeinträchtigung jedenfalls droht oder bereits eingetreten ist. Den Berechtigten in diesem Falle auf das ordentliche Klageverfahren zu verweisen, könnte dazu führen, dass der Konkurrenzschutz schließlich ins Leere liefe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO. Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, findet die Revision nicht statt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).



Ende der Entscheidung

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