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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 31.07.2007
Aktenzeichen: 9 U 31/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 227 Abs. 1 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 9 U 31/07
31.07.2007
In Sachen
hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, den Richter am Kammergericht Bulling und den Richter am Kammergericht Damaske beschlossen:
Tenor:
Das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 16. Juli 2007 gegen die Richterin am Landgericht Dr. Znn wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Herausgabe von Gaststätteninventar, welches die Klägerin von der früheren Betreiberin der nunmehr von der Beklagten betriebenen Gaststätte im Rahmen eines Darlehens- und Sicherungsübereignungsvertrages zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs übereignet erhielt und nach der Übernahme des Betriebs der Gaststätte durch die Beklagte von dieser genutzt wird. Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe des Inventars verurteilt. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Den zunächst auf den 17. Juli 2007 anberaumten Termin hat die abgelehnte Richterin auf Antrag des Klägervertreters, gegen den der Beklagtenvertreter Einwände ausdrücklich nicht erhoben hatte, auf den 16. Juli 2007 verlegt, weil der Klägervertreter den ursprünglich anberaumten Termin wegen einer Terminskollision nicht hätte wahrnehmen können.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2007, zu dem das persönliche Erscheinen der Parteien nicht angeordnet worden war, hat der Beklagtenvertreter Vertagung beantragt, weil der Geschäftsführer der Beklagten zu dem Termin wegen eines dringend erforderlichen Krankenhausaufenthaltes nicht erscheinen konnte. Die abgelehnte Richterin hat den Vertagungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt:
" ... Die Verhinderung des Geschäftsführers der Beklagten, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet ist, stellt für sich genommen keinen erheblichen Grund dar. Rechtliches Gehör wird ihm im Anwaltsprozess durch die von seinem Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze und die Vertretung im Termin gewährt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Geschäftsführer gehindert war, seinen Prozessbevollmächtigten über den Verfahrensgegenstand zu informieren, so wie mit der Berufungsbegründung geschehen bzw. dass über den Vortrag in der Berufungsbegründung hinaus Erhebliches, Neues vorgetragen werden soll. ..."
Darauf hin hat der Beklagtenvertreter die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Ablehnung der beantragten Vertagung führe bei der Beklagten zur Besorgnis der Befangenheit, weil das, was nur der Geschäftsführer der Beklagten weiß, nicht gehört werden solle. Die Vertagung sei geboten gewesen, weil sie keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert hätte und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten keine Vollmacht gemäß § 141 Absatz 3 ZPO gehabt habe. Sie hätte einem Gebot der prozessualen Fairness entsprochen, auch weil der Gegenseite dasselbe gewährt worden sei. Eine Gleichbehandlung sei der Beklagten verwehrt worden, die Waffengleichheit sei beeinträchtigt. Auch müsse ein Vorurteil vorhanden sein, weil anders nicht zu erklären sei, warum in zweiter Instanz rechtzeitige richterliche Hinweise unterblieben seien. So wie bereits in erster Instanz solle die Feststellung der persönlichen Wahrnehmungen des Geschäftsführers der Beklagten ausgeschlossen werden.
Die abgelehnte Richterin hat zum Ablehnungsgesuch unter dem 16. Juli 2007 eine dienstliche Äußerung abgegeben, auf die Bezug genommen wird.
II.
Das zulässige Ablehnungsgesuch ist unbegründet.
Die Ablehnung der von der Beklagten beantragten Vertagung durch den Beschluss vom 16. Juli 2007 ist nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin zu rechtfertigen.
Eine Besorgnis der Befangenheit nach § 42 ZPO setzt objektive Gründe voraus, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 42, Rn. 9 mit weiteren Nachweisen). Solche Gründe sind vorliegend nicht gegeben.
Die Ablehnung einer beantragten Vertagung kann grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit begründen, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders ist es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (BGH NJW 2006, 2495; OLG Brandenburg, NJW-RR 1999, 1291; OLG Köln, NJW-RR 1997, 828). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Die plötzliche Erkrankung der nicht persönlich zum Termin geladenen und anwaltlich vertretenen Partei stellt nicht schlechthin einen erheblichen Grund im Sinne von § 227 Absatz 1 ZPO dar. Gerade im Anwaltsprozess werden die Rechte der anwaltlich vertretenen Partei, insbesondere das Recht auf Gehör in der mündlichen Verhandlung, durch die Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten ausreichend gewahrt. Erst dann, wenn aus einem konkret darzulegenden Grunde die Wahrnehmung dieser Rechte beeinträchtigt würde, läge ein zur Vertagung führender erheblicher Grund vor (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 227, Rn. 6; OLG Köln NJW-RR 1990, 1341 für die krankheitsbedingte Erschwerung der Möglichkeit, den Prozessbevollmächtigten ausreichend zu informieren).
Die Beklagte hat jedoch (auch im Ablehnungsverfahren) nicht vorgetragen, aus welchem Grunde die persönliche Anwesenheit des Geschäftsführers der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen sein soll. Eine Beeinträchtigung der sachgerechten Wahrnehmung der prozessualen Rechte der Beklagten durch die Abwesenheit des Geschäftsführers der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht ersichtlich (vgl. BVerwG NJW 1992, 4042). Mithin kann keine Rede davon sein, dass eine Vertagung offensichtlich geboten gewesen wäre.
Darauf, ob eine Vertagung keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, kommt es nach § 227 ZPO nicht an. Ebenso ist es unerheblich, ob der Prozessbevollmächtigte eine Vollmacht gemäß § 141 Absatz 3 ZPO hat. Diese hindert lediglich die Verhängung eines Ordnungsgeldes, wenn eine Partei, deren persönliches Erscheinen zu einem Termin angeordnet ist - was vorliegend nicht der Fall war -, nicht erscheint.
Damit fehlt es zugleich an einer Besorgnis der Befangenheit. Auch vom Standpunkt der Beklagten ist bei vernünftiger Betrachtung erkennbar, dass die Ablehnung der Vertagung in dieser Situation nicht gegen sie gerichtet war.
Auch der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung der Beklagten kann sich aus der Ablehnung der Vertagung nicht aufdrängen.
Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot ist vorliegend nicht gegeben. Ein solcher scheidet schon deshalb aus, weil es im bisherigen Verlauf des Rechtsstreits an einem Vertagungsantrag der Klägerin in einer vergleichbaren Situation fehlte. Zwar ist der zunächst auf den 17. Juli 2007 anberaumte Termin auf Antrag des Klägervertreters auf den 16. Juli 2007 verlegt worden, dies jedoch deshalb, weil der Klägervertreter vorgetragen hatte, den zunächst anberaumten Termin wegen einer Terminskollision nicht wahrnehmen zu können. Der Termin hätte an diesem Tage nicht durchgeführt werden können, wohingegen vorliegend der anberaumte Termin stattfand, während lediglich dem Geschäftsführer der Beklagten eine Teilnahme an diesem nicht möglich war. Die Beklagte war jedoch durch ihren Prozessbevollmächtigten ausreichend vertreten.
Auch im Übrigen gibt die Verfahrensgestaltung der Richterin keinen Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit. Soweit die Beklagte geltend macht, rechtzeitige richterliche Hinweise seien unterblieben, ist nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die Beklagte derartige
Hinweise des Gerichts vermisst hat. Soweit die Beklagte meint, wie in erster Instanz solle die Feststellung der persönlichen Wahrnehmungen des Geschäftsführers der Beklagten ausgeschlossen werden, sind auch hierfür Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Zum einen war die Beklagte nicht gehindert, Wahrnehmungen ihres Geschäftsführers schriftsätzlich in den Rechtsstreit einzuführen. Zum anderen ist nicht dargetan, welche erheblichen Wahrnehmungen des Geschäftsführers überhaupt hätten festgestellt werden sollen.
Ende der Entscheidung
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