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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.09.2005
Aktenzeichen: (3) 1 Ss 229/05 (63/05)
Rechtsgebiete: AuslG, AufenthG


Vorschriften:

AuslG § 91
AufenthG § 95
Die Beherbergung eines Ausländers kann nur dann eine strafbare Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt darstellen, wenn sie die Tatbestandsverwirklichung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert hat (hier abgelehnt).
Geschäftsnummer: (3) 1 Ss 229/05 (63/05)

In der Strafsache gegen

wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz

hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 9. September 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. März 2005 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten durch Urteil vom 7. Dezember 2004 wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 35,--Euro verurteilt. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht durch Urteil vom 30. März 2005 verworfen. Die Revision, mit der der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat (vorläufigen) Erfolg.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils soll der Angeklagte Frau Y. im Bewusstsein, dass sich diese unerlaubt in Deutschland aufhielt, "im September 2002 Unterkunft in seiner Wohnung in der F.straße ... in Berlin" gewährt haben, "weil Y. keine Wohnung hatte und nicht wusste, wo sie sonst bleiben sollte." (UA S. 3) Durch diese Unterstützung habe er ihr ein erhöhtes Sicherheitsgefühl vermittelt. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. Zwar kann den Tatbestand der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt auch erfüllen, wer einem Ausländer Unterkunft gewährt, obwohl er weiß, dass sich dieser illegal in Deutschland aufhält. Dies allein genügt jedoch nicht, wenn der Ausländer in jedem Fall entschlossen gewesen wäre, seiner Ausreisepflicht zuwiderzuhandeln [vgl. BGH NStZ 1990, 443]. Die Beherbergung stellt nur dann eine strafbare Beihilfe dar, wenn sie die Tatbestandsverwirklichung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert hat [vgl. KG, Beschluss vom 4. Juli 2001 - (4) 1 Ss 263/00 (195/00) -]. Der Gehilfe muss daher den Haupttäter wenigstens in seinem schon gefassten Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt haben [vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 8]. Wirkt sich hingegen die Unterstützung bei der Tatbestandsverwirklichung nicht aus, ist auch keine strafbare Beihilfehandlung gegeben [vgl. KG a.a.O.]. Die Feststellungen des Urteils müssen daher erkennen lassen, ob und in welchem Umfang sich die Gewährung der Unterkunft auf den Tatentschluss von Frau Y. ausgewirkt hat. Dies gilt erst recht, wenn berücksichtigt wird, dass Frau Y. seit dem 23. August 1999 ohne Aufenthaltserlaubnis war und sich bis zum September 2002 schon drei Jahre illegal in Deutschland aufgehalten hatte, so dass die Annahme, die Gewährung von Unterkunft im September 2002 habe ihren Tatentschluss gefördert, nicht eben naheliegt.

Da zusätzliche Feststellungen nicht ausgeschlossen sind, hebt der Senat das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.

Ende der Entscheidung

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