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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: (3) 1 Ss 455/08 (136/08)
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 132 |
KAMMERGERICHT Beschluss
Geschäftsnummer: (3) 1 Ss 455/08 (136/08)
In der Strafsache
wegen Missbrauchs von Titeln
hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 8. Dezember 2008 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. August 2008 aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Missbrauchs von Titeln zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25,00 Euro verurteilt. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, hat Erfolg.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte gehört einer mehrere hundert Personen umfassenden Interessengruppe an, die den rechtlichen Bestand der Bundesrepublik Deutschland und die Geltung ihrer Gesetze wegen angeblichen Verstoßes gegen völker- und besatzungsrechtliche Regelungen in Abrede stellt. Nach Auffassung des Angeklagten besteht ein so genanntes Zweites deutsches Reich in den Grenzen von 1937. Er sei als Mitglied einer Kommissarischen Reichsregierung tätig, die ihren provisorischen Sitz in Berlin-Zehlendorf habe.
Nachdem dem Angeklagten im Rahmen eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens die Fahrerlaubnis entzogen worden war, richtete er am 10. Mai 2007 ein Schreiben an den Polizeipräsidenten in Berlin, in dem er die sofortige Rücksendung seines Führerscheines forderte. Der Briefkopf dieses Schreibens lautete wie folgt:
Staat 2. Deutsches Reich
Kommissarisches Ministerium des Inneren
M--------- S------ B-------
Ministerialrat -
Provisorischer Amtssitz
--------------------.
Das Schreiben trug die Unterschrift des Angeklagten und darunter den Namen des Angeklagten mit dem Zusatz Ministerialrat.
Diese Feststellungen rechtfertigen die Verurteilung des Angeklagten wegen Missbrauchs von Titeln im Sinne des § 132 StGB nicht. Der Angeklagte hat in den vom Landgericht festgestellten Sachverhalten keine inländischen oder ausländischen Amtsbezeichnungen im Sinne dieses Straftatbestandes geführt. Zwar ist die in seinem Schreiben verwendete Bezeichnung "Ministerialrat" isoliert betrachtet eine tatsächlich existierende Amtsbezeichnung, jedoch hat diese nur Verwendung im unmittelbaren Zusammenhang mit der vom Angeklagten in Anspruch genommenen Eigenschaft als Mitglied des "kommissarischen Ministeriums des Inneren" gefunden.
Tatbestandsmäßig i.S.d. § 132 a StGB ist ein Verhalten aber nur dann, wenn die Führung einer Amtsbezeichnung unter Umständen erfolgt, die geeignet sind, einen falschen Eindruck zu erwecken (vgl. von Bubnoff in Leipziger Kommentar, StGB 11. Aufl., § 132 a Rdn. 24; OLG Dresden NJW 2000, 2519, 2520), wobei auch der Schutzzweck der Norm heranzuziehen ist (vgl. BGHSt 31, 61, 62). Sinn und Zweck des § 132 a StGB ist der Schutz der Allgemeinheit in die Lauterkeit der Titelführung, die gegenüber Inhabern von Amtsbezeichnungen und hieraus resultierenden besonderen Funktionen anders reagieren und damit Hochstaplern, die den Anschein besonderer Vertrauenswürdigkeit erwecken, leichter in die Hände fallen könnte (vgl. BGHSt 36, 277, 279; von Bubnoff, a.a.O., § 132 a Rdn. 2; Fischer, StGB 55. Aufl., § 132 a Rdn. 2 - jeweils m.w.N. -). Nach dem Sinngehalt der Norm ist daher eine den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende restriktive Auslegung geboten (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2005 - (3) 1 Ss 11/05 (9/05) m.w.N.).
In dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt ist es offenkundig, dass ein "kommissarisches Ministerium des Inneren eines "zweiten Deutschen Reichs" und damit ein in dieser Funktion tätiger "Ministerialrat" nicht existent sind und daher eine etwaige Autorität von staatlicher Seite überhaupt nicht verliehen worden sein kann. Die Gefahr einer Verwechslung mit einer existierenden Amts- oder Dienstbezeichnung und einer dahingehenden Irrtumserregung i.S.d. § 132 a Abs. 2 i.V.m. § 132 a Abs. 1 Nr. 1 StGB bestand in dem festgestellten Sachverhalt daher nicht. Allerdings erfasst § 132 a Abs. 2 StGB auch ausgedachte Bezeichnungen, die auch aus einer Kombination von real existierendem Titel und hinzugefügtem wahrheitswidrigen Bestandteil bestehen können, dies jedoch nur dann, wenn sie von einem Durchschnittsempfänger unter den gegebenen Umständen als echte Amtsbezeichnungen verstanden werden können (vgl. Senat a.a.O. m.w.N.). Da das Schreiben an den Polizeipräsidenten in Berlin gerichtet war, dessen zuständigem Mitarbeiter sich die Unglaubhaftigkeit der in Anspruch genommenen Bezeichnung in ihrer Gesamtheit bei verständiger Würdigung sofort als Phantasiegebilde erschließen musste, war von diesem Adressaten zu erwarten, dass er die vom Angeklagten benutzte Bezeichnung zutreffend ohne nähere Prüfung als reine "Erfindung" einordnen kann.
Das angefochtene Urteil ist daher wegen einer Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den durch das Landgericht festgestellten Sachverhalt aufzuheben. Ergänzende Feststellungen, welche den dem Angeklagten zur Last gelegten Gesetzesverstoß belegen könnten, erscheinen ausgeschlossen. Der Angeklagte ist demnach durch den Senat freizusprechen (§ 354 Abs. 1 StPO).
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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