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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: (3) 1 Ss 545/08 (2/09)
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 199 |
KAMMERGERICHT Beschluss
Geschäftsnummer: (3) 1 Ss 545/08 (2/09)
In der Strafsache
wegen Beleidigung
hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 23. Januar 2009 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. September 2008 im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten am 31. März 2008 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von vierzig Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht durch Urteil vom 3. September 2008 mit der Maßgabe verworfen, dass ihm gestattet wird, die Geldstrafe in monatlichen Raten zu je 40 Euro zu bezahlen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat lediglich hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches (vorläufig) Erfolg.
1. Soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet ist es nach § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2. Der Rechtsfolgenausspruch hingegen hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass die Urteilsausführungen nicht erkennen lassen, ob die Strafkammer die in § 199 StGB für den Fall wechselseitiger Beleidigungen geregelte Möglichkeit gesehen hat, den Angeklagten für straffrei zu erklären.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hatte dieser im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht Hohenschönhausen über eine Gebührenforderung der von ihm in seinem Scheidungsverfahren konsultierten Rechtsanwälte für andere hörbar dem diese vertretenden Zeugen V---- gegenüber geäußert: "Einmal Jude, immer Jude! Ihr kriegt keinen Cent von mir, scheiß Juden! Du Fotze, man sieht sich immer zweimal im Leben." Als er auch danach mit seinen Beschimpfungen nicht aufhörte, ließ sich der Zeuge V---- dazu hinreißen, den 150 kg schweren Angeklagten als "dickes fettes Schwein" zu bezeichnen. Mit diesem Ausspruch hat der Zeuge auf die vorangegangenen ehrverletzenden Äußerungen des Angeklagten unmittelbar erwidert, so dass die Strafkammer auch ohne entsprechenden Antrag des Angeklagten von Amts wegen gehalten war, die Möglichkeit zu prüfen, ob dieser nach § 199 StGB für straffrei zu erklären ist. Denn der Anwendung des § 199 StGB steht nicht entgegen, dass die nachfolgende Beleidigung - wegen der Rücknahme des Strafantrages durch den Angeklagten - strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden kann, noch kommt es auf die zeitliche Abfolge der Beleidigungen an, sondern entscheidend ist allein, dass es sich um wechselseitige, d.h. unmittelbar aufeinander folgende, in einem spezifischen Zusammenhang stehende Beleidigungen handelt [vgl. Fischer, StGB 56. Aufl., § 199 Rdn. 2, 4]. Dementsprechend kann auch derjenige, auf dessen Beleidigung der Beleidigte mit einer ebensolchen reagiert hat, nach § 199 StGB für straffrei erklären, weil er - so die ratio legis - mit der ihn beleidigenden Erwiderung bereits eine Art "Strafe" erhalten hat, die eine weitere Bestrafung überflüssig machen kann [vgl. Lenckner in Schönke-Schröder, StGB 27. Aufl., § 199 Rdn. 1 m.w.N.]. Das Gericht hat daher von Amts wegen in einer Gesamtbewertung aller die Tat und den Täter betreffenden Umstände nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob durch die korrespondierende Tat der Strafzweck bereits erreicht ist, und es einer weiteren Bestrafung nicht mehr bedarf.
Inwieweit dies vorliegend geschehen ist, lassen die Urteilsausführungen nicht erkennen. Ausdrücklich wird die Möglichkeit der Straffreierklärung nach § 199 StGB nicht angesprochen und auch aus den Strafzumessungserwägungen lässt sich nicht folgern, dass die Strafkammer sie abgelehnt haben könnte. Denn es fehlt jeglicher Anhaltspunkt, dass der Umstand der wechselseitigen Beleidigung überhaupt Eingang in die Zumessungserwägungen gefunden hat.
3. Der Senat hebt daher das Urteil hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches auf und verweist die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
Ende der Entscheidung
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