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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: (4) 1 Ss 211/09 (148/09)
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 261 |
KAMMERGERICHT Beschluss
Geschäftsnummer: (4) 1 Ss 211/09 (148/09)
In der Strafsache
wegen Betruges
hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 24. Juni 2009 beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 4. Februar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,00 € verurteil. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, so dass es des Eingehens auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts nicht bedarf.
1. Mit der erhobenen Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe sich bei der Urteilsfindung auf Urkunden bzw. Schriftstücke gestützt, die nicht ordnungsgemäß auf dem Wege der §§ 249, 256 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien, macht der Angeklagte geltend, das Amtsgericht habe seine Überzeugung nicht ausschließlich aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen und rügt damit einen Verstoß gegen § 261 StPO.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte dem Zeugen F------ als Vermieter neben einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung drei Lohnbescheinigungen der "T---- A---", bei der er nie beschäftigt war, zum Beweis seiner Bonität vorgelegt, um den Zeugen dazu zu bewegen, ihm eine Wohnung zu vermieten.
Ausweislich der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte selbst in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen. Seine Überzeugungsbildung bezüglich des dem Angeklagten vorgeworfenen Betrugstatbestandes hat das Amtsgericht wesentlich auf die gefälschten oder zumindest inhaltlich unrichtigen Lohnbescheinigungen der "T----- A---" gestützt. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls, dem im Hinblick auf die wesentlichen Förmlichkeiten der Verlesung einer Urkunde und der Augenscheinseinnahme auch eine negative Beweiskraft zukommt (vgl. BGH wistra 1992, 30; KG, Beschluss vom 8. August 1998 - 3 Ws (B) 423/98 - und OLG Celle, Beschluss vom 9. Dezember 2008 - 322 SsRs 284/08 [bei juris]), ist belegt, dass eine Verlesung der Lohnbescheinigungen nicht erfolgt ist. Damit hat das Landgericht Beweismittel, die tatsächlich nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, entgegen § 261 StPO zur gerichtlichen Überzeugungsbildung herangezogen, denn als Inbegriff der Hauptverhandlung darf nur das verwertet werden, was zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden ist (Meyer-Goßner, StPO, 51. A. § 261 Rdnr. 5; Thüring. OLG, Beschluss vom 17. Oktober 2007 - 1 Ss 252/07 - und OLG Celle a.a.O.[bei juris]). Die Generalstaatsanwaltschaft führt zu Recht aus, dass die Einführung der Bescheinigungen zwar auch durch einen - nicht zu protokollierenden - Vorhalt hätte erfolgen können, dies aber im vorliegenden Fall auszuschließen ist. Weder die gehörten Zeugen F---------- als Vermieter noch die Zeugen H---- - Hausleiter der Firma K---- -und B--- - Verwalter einer früheren Wohnung des Angeklagten konnten aus eigenem Wissen etwas dazu bekunden, ob die Lohnbescheinigungen der "T-------- A---" gefälscht oder inhaltlich unrichtig waren, weil weder aus den Urteilsgründen noch sonst ersichtlich ist, dass die Zeugen in einer Verbindung zu der "T---- A---" stehen.
Das Urteil kann auch auf diesem Verstoß beruhen (§ 337 StPO). Zwar hat der Angeklagte den Urteilsfeststellungen zufolge auch die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vorgelegt. Die Urteilsgründe belegen aber nicht, ob diese Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gefälscht oder inhaltlich unrichtig war.
2. Das angefochtene Urteil war daher mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen. Der von dem Angeklagten gewünschte Freispruch kommt nicht in Betracht, weil nicht auszuschließen ist, dass aufgrund der neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die den Schuldspruch des Betruges tragen. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Vorlage einer Gefälligkeitsmietschuldenfreiheitsbescheinigung erst dann den Tatbestand des Betruges erfüllen kann, wenn dem Angeklagten nachgewiesen wird, dass er bereits bei Vertragsschluss wusste, dass er die Miete nicht zahlen kann.
Ende der Entscheidung
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