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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 30.06.2006
Aktenzeichen: 1 AR 6/06
Rechtsgebiete: FGG, AufenthG, FEVG


Vorschriften:

FGG § 5
AufenthG § 106 Abs. 2 Satz 2
FEVG § 10 Abs. 1
Zur Bindungswirkung von Abgabebeschlüssen bei der Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 FGG.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 AR 6/06

In der Freiheitsentziehungssache

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die Vorlage des Amtsgerichts Schöneberg vom 26. Juni 2006 am 30. Juni 2006 beschlossen:

Tenor:

Örtlich zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Hnnnn .

Gründe:

Das Kammergericht ist gemäß § 106 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), § 3 Satz 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG), § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG zur Entscheidung des zwischen dem Amtsgericht Snnnnn und dem Amtsgericht Hnnnn bestehenden Streits über die örtliche Zuständigkeit berufen, weil gemeinsames oberes Gericht der streitenden Gerichte der Bundesgerichtshof ist und das zuerst mit der Sache befasste Amtsgericht Snnnnn zum Bezirk des Kammergerichts gehört.

Als örtlich zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Hnnnn zu bestimmen. Ursprünglich war das Amtsgericht Snnnnn für die Anordnung der Abschiebungshaft zuständig, weil sich der Betroffene in Bnnn aufhielt und in Haft genommen wurde (§ 4 Abs. 1 FEVG). Nachdem der Betroffene am 9. Mai 2006 in die JVA Hnnnn -Lnnnnn verbracht worden war und am 15. Mai 2006 einen Antrag auf Aufhebung der Abschiebungshaft gestellt hat, hat das Amtsgericht Snnnnn von der Möglichkeit nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG Gebrauch gemacht, wonach das Verfahren an das Amtsgericht des Haftortes abgegeben werden kann, wenn über die Fortdauer der Abschiebungshaft zu entscheiden ist. Danach ist nunmehr das Amtsgericht Hnnnn örtlich zuständig. Der Abgabebeschluss nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist bindend, was im Gesetzestext dadurch zum Ausdruck kommt, dass das Amtsgericht durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet (OLG Düsseldorf, FGPrax 1995, 168; BayObLG OLGZ 1999, 57 - 59).

Die Bindungswirkung von Abgabebeschlüssen ist auch im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 FGG zu beachten (OLG Düsseldorf, FGPrax 1995, 168; vgl. auch Senat, Rechtspfleger 2001, 33 f und OLGZ 1968, 472, 475 zu § 73 Abs. 2 Satz 2 FGG). Es ist dabei nicht zu prüfen, ob das Amtsgericht Snnnnn zu Recht davon ausgegangen ist, dass mit dem Antrag auf Aufhebung der Haft nach § 10 Abs. 1 FEVG über die Fortdauer der Haft im Sinne von § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zu entscheiden ist (so AG Moers vom 20.2.2001 - 15 XIV 13/01.B zitiert in Melchior, online Kommentar unter www.abschiebungshaft.de, Stichwort: Abgabe nach § 103 Abs. 2 Satz 2 AuslG) oder ob unter einer solchen Entscheidung nur eine Entscheidung über die Verlängerung der Abschiebungshaft zu verstehen ist (so AG Hannover, Nds. Rpfleger 2005, 94 m. w. N.).

Umstände, die den Abgabebeschluss des Amtsgerichts Snnnnn vom 24. Mai 2006 als unwirksam und deshalb nicht bindend erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Dies wäre nur der Fall, wenn die Entscheidung offensichtlich die in § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eingeräumte Verweisungskompetenz überschreiten und deshalb der gesetzlichen Grundlage entbehren würde (OLG Düsseldorf, FGPrax 1995, 168; BayObLG 1999, 57 - 59). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein, weil die beteiligten Amtsgerichte lediglich um die rechtlich zutreffende Auslegung des Begriffs einer "Entscheidung über die Fortdauer der Haft" streiten. Die vom Amtsgericht Snnnnn vorgenommen Auslegung des Begriffs "Fortdauer" ist dabei keineswegs willkürlich. Sie liegt sogar nahe, weil die Ablehnung einer Aufhebung der Abschiebungshaft zugleich die Fortdauer der Abschiebungshaft bedeutet. Im Übrigen spricht für diese Auslegung auch die Zweckmäßigkeit, die Grund für die Abgabemöglichkeit nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist. Denn eine persönliche Anhörung durch das Gericht, die auch vor der Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung der Abschiebungshaft geboten sein kann (vgl. Marschner/Volckarts Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., § 10 FEVG Rdnr. 2) ist für das Gericht am Haftort leichter durchzuführen. Aus diesem Grunde hat die Beteiligte zu 2. auch die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Hnnnn beantragt.



Ende der Entscheidung

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