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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 22.07.2003
Aktenzeichen: 1 VA 27/02
Rechtsgebiete: 4. DVOEheG, FamRÄndG, GG, ZPO


Vorschriften:

4. DVOEheG (Österreich) § 2
FamRÄndG Art. 7 § 1 Abs. 4
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 4 in der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung
1. Ein nach Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 2 FamRÄndG Antragsberechtigter kann gegen die Ablehnung des Feststellungsantrags durch die Landesjustizverwaltung gemäß Art. 7 § 1 Abs. 4 FamRÄndG auch dann die Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragen, wenn er den Erstantrag nicht gestellt hat (Aufgabe von Senat, FamRZ 1969, 96, 97).

2. Ein Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public international (hier § 328 Abs. 1 Nr. 4 in der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung) scheidet aus, wenn für den Betroffenen, dessen rechtliches Gehör verletzt worden ist, die Möglichkeit bestand, im Urteilsstaat binnen einer nach den gegeben Umständen noch als angemessen anzusehenden Frist ein Rechtsmittel einzulegen, und er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat.

3. Zur Anerkennung einer Entscheidung nach § 2 der 4. DVOEheG (Österreich), mit der auf Grund eines Trennungsurteils nach italienischem Recht die Scheidung einer Ehe ausgesprochen wird.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 VA 27/02

in der Ehescheidungsanerkennungssache

betreffend die Anerkennung des Scheidungsbeschlusses des Bezirksgerichts vom 18. August 1970 - 12 Nc 403/70-3 -

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf den Antrag der Beteiligten zu 3) auf gerichtliche Entscheidung gegen die Entscheidung der Beteiligten zu 4) vom 7. Oktober 2002 in der Sitzung vom 22. Juli 2003 beschlossen:

Tenor:

Die angefochtene Entscheidung wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Scheidung der Ehe des am 15. Februar 1927 geborenen und am 24. April 2000 verstorbenen und der Beteiligten zu 2) gemäß dem Beschluss des Bezirksgerichts (Österreich) vom 18. August 1970 - 12 Nc 403/70-3 - vorliegen.

Der Wert des Verfahrens vor dem Senat wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

Die von der Beteiligten zu 4) als Verwaltungsbehörde zu erhebende Gebühr wird auf 310 Euro bestimmt.

Gründe:

Der Antrag der Beteiligten zu 3) auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß Art. 7 § 1 Abs. 4 und 6 FamRÄndG zulässig.

Die Beteiligte zu 3) ist insoweit antragsberechtigt, obwohl sie den durch die Landesjustizverwaltung abgelehnten Antrag nach Art. 7 § 1 Abs. 3 FamRÄndG nicht selbst gestellt hat. Der Senat hat zwar bisher die Ansicht vertreten, dass gegen die Ablehnung des Feststellungsantrags nur derjenige die Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragen kann, der den Antrag gestellt hat (vgl. Senat, FamRZ 1969, 96, 97; ebenso Staudinger/Spellenberg, BGB, 13. Bearb., § 328 ZPO Rn. 740; Jansen, FGG, 2. Aufl., Art. 7 FamRÄndG Rn. 49). Er schließt sich jedoch nunmehr der Auffassung an, dass unter Antragsteller i.S. v. Art. 7 § 1 Abs. 4 FamRÄndG jeder zu verstehen ist, der gemäß Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 2 FamRÄndG berechtigt ist, den Erstantrag zu stellen (vgl. OLG Koblenz IPRax 1988, 359, 360 mit zustimmender Anmerkung Richter/Krzywon, IPRax 1988, 349; Reini, FamRZ 1969, 453, 456). Das beruht auf einem veränderten Verständnis des § 20 Abs. 2 FGG, der für die Auslegung heranzuziehen ist. Gemäß § 20 Abs. 2 FGG können auch diejenigen Antragsberechtigten eine abweisende Verfügung anfechten, die zwar den erstinstanzlichen Antrag nicht gestellt haben, ihn aber noch wirksam stellen könnten (BGHZ 120, 396, 398; Senat, Rpfleger 1990, 365, 366; Keidel/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 20 Rn. 51 m.w.N.). Diesen Personenkreis darauf zu beschränken, zunächst einen gleichlautenden Antrag zu stellen, wie er bereits zurückgewiesen worden ist, erscheint als Formalismus, der von Gesetzes wegen nicht veranlasst ist. Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie spricht in gleicher Weise für eine erweiternde Auslegung des Art. 7 § 1 Abs. 4 FamRÄndG. Die Beteiligte zu 3) ist gemäß Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 2 FamRÄndG berechtigt, den Erstantrag zu stellen, da ihre Rechtsverhältnisse als zweite Ehefrau des E Z durch die Anerkennung des Scheidungsbeschlusses vorteilhaft beeinflusst würden.

Auch ihr Rechtsschutzziel ist zulässig, denn die Beteiligte zu 3) beantragt sinngemäß, die Voraussetzungen für die Anerkennung des Scheidungsbeschlusses festzustellen. Soweit sie zusätzlich geltend macht, die Anerkennung dieses Beschlusses hänge nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab, stellt das eine unbeachtliche Hilfserwägung dar.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begründet.

Der Erstantrag ist gemäß Art. 7 § 1 Abs. 1 und 3 FamRÄndG zulässig. Die Vorschrift wird vorliegend nicht durch die EG-Verordnung Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 (EG-EheVO) verdrängt, nach der in einem Mitgliedstaat ergangene Statusentscheidungen ohne besonderes Verfahren anzuerkennen und für mögliche Feststellungsanträge in Deutschland die Familiengerichte zuständig sind (Art. 14 Abs. 1 bis 3 EG-EheVO i.V.m. § 51 AVAG). Denn gemäß Art. 42 EG-EheVO findet die Verordnung auf Verfahren, die vor ihrem In-Kraft-Treten eingeleitet worden sind, keine Anwendung. Das ist hier hinsichtlich des maßgeblichen Verfahrens vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien der Fall. Auch der Ausnahmetatbestand des Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 3 FamRÄndG ist nicht gegeben, da die Beteiligte zu 2) dem Entscheidungsstaat als italienische Staatsangehörige nicht angehört hat.

Die sachlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des österreichischen Scheidungsbeschlusses vom 18. August 1970 liegen vor. Ausländische Entscheidungen in Ehesachen sind im Verfahren der Justizverwaltung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG anzuerkennen, es sei denn, die Anerkennung ist nach den allgemeinen Bestimmungen oder nach einer vorrangigen zwischenstaatlichen Regelung ausgeschlossen. Eine solche ist nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Anerkennung richten sich hier nach § 328 ZPO in der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung. Für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist nach der Rechtsprechung des Senats das im Zeitpunkt des ausländischen Verfahrens geltende deutsche Zuständigkeits- und sonstige Anerkennungsrecht maßgebend (Senat, FamRZ 1988, 649; 1987, 603, 604); an dieser Auffassung hält der Senat entgegen der teilweise abweichenden Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW 1988, 2178) fest.

Die österreichische Entscheidung unterfällt ungeachtet ihrer Form und dem zu Grunde liegenden Verfahren § 328 ZPO a.F. Die Vorschrift erfasst alle gerichtlichen Entscheidungen, die nach deutschen Rechtsvorstellungen (lex fori) im Anerkennungsstaat als Zivilprozesssache einzuordnen wären, auch wenn sie im Entscheidungsstaat in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen sind. Damit sind Ehescheidungen stets nach § 328 ZPO zu prüfen (Staudinger/Spellenberg, a.a.O., § 328 ZPO Rn. 185; Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 16a Rn. 2a; Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl., § 328 Rn. 90 jew. m.w.N.). Mit dem Beschluss vom 11. August 1970 wird auch eine Scheidung ausgesprochen und nicht nur eine ausländische (italienische) Entscheidung anerkannt, um ihr in Österreich Geltung zu verleihen. Dem Beschluss kommt nämlich trotz seines eine Feststellung aussprechenden Wortlauts Gestaltungswirkung zu; das Eheband zwischen und der Beteiligten zu 2) wurde gelöst. Das ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 2 der 4. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vom 12. Oktober 1941 (4. DVOEheG, Dt. RGBl. 1941 I, 654). Danach kann eine Ehe, die unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden (getrennt) worden ist, auf Antrag des österreichischen Staatsangehörigen "im Sinne des Ehegesetzes geschieden", d.h. aufgelöst werden. Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen war hingegen in § 24 der 4. DVOEheG geregelt.

Die Anerkennungsvoraussetzungen des § 328 ZPO a.F. sind erfüllt. Mit Rücksicht auf den auf dem Beschluss des Bezirksgerichts vom 18. August 1970 befindlichen Vermerk vom 11. September 1970 ist davon auszugehen, dass der Beschluss rechtskräftig und damit anerkennungsfähig ist. Der Anerkennung des ausländischen Scheidungsbeschlusses steht § 328 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 606 ff. ZPO a.F. nicht entgegen. Danach muss das Gericht bei "spiegelbildlicher" Anwendung der deutschen internationalen zivilprozessualen Zuständigkeitsvorschriften international zuständig gewesen sein. Die aus § 606 ZPO a.F. abzuleitende internationale Zuständigkeit ist bei spiegelbildlicher Anwendung für das österreichische Gericht gegeben, weil E Z seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte (§ 606 Abs. 2 S. 1 ZPO a.F.). Eine entgegenstehende ausschließliche internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt vorliegend nicht in Betracht.

§ 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a.F. hindert die Anerkennung nicht, da die Vorschrift - anders als § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der seit dem 1. September 1986 geltenden Fassung - nur deutsche Beklagte erfasst. An diesem Inländerprivileg ist zwar während seiner Geltung Kritik geübt worden; eine ausdehnende Auslegung der Vorschrift ist wegen ihres klaren Wortlauts gleichwohl ausgeschlossen (BayObLGZ 1975, 374, 377; IP-Rspr. 1978, 437, 439). Auch bei Beschränkung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a.F. auf Deutsche kann der Versagung des rechtlichen Gehörs jedenfalls durch Zurückgreifen auf die Vorbehaltsklausel des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F. im erforderlichen Umfang Rechnung getragen werden.

Der Tatbestand des § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. ist nicht erfüllt; die Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO a.F.) ist gemäß Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 2 FamRÄndG nicht Voraussetzung für die Anerkennung.

Der Versagungsgrund des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F. ist ebenfalls nicht gegeben. Die Vorschrift bezweckt im Hinblick auf den Verzicht der inhaltlichen Nachprüfung (Verbot der revision au fond) ebenso wie die seit dem 1. September 1986 geltende Fassung den Schutz der Grundwerte und Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung (Vorbehalt des ordre public), weshalb auch die zu § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO n.F. ergangene Rechtsprechung herangezogen werden kann. Abzustellen ist nicht auf den nationalen ordre public, den die deutschen Gerichte gemäß Art. 6 EGBGB bei eigener Anwendung ausländischen Rechts zu beachten haben, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international. Dieser ist nur dann verletzt, wenn die ausländische Entscheidung im Ergebnis des konkreten Falles zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass eine Anerkennung nach deutschen Vorstellungen untragbar erscheint (vgl. BGHZ 138, 331, 334; Staudinger/Spellenberg, a.a.O., § 328 ZPO Rn. 493; Zöller/Geimer, a.a.O., jew.m.w.N.). Gegenstand der Überprüfung ist immer nur die konkrete einzelne Entscheidung. Das folgt schon daraus, dass nicht das vom ausländischen Richter angewandte materielle Recht oder Verfahrensrecht als solches überprüft wird (Staudinger/Spellenberg, a.a.O., § 328 ZPO Rn. 496). Auch kann eine Verletzung des ordre public allein am Ergebnis des anzuerkennenden ausländischen Urteils gemessen werden (BGHZ a.a.O.; 48, 327, 333; BayObLGZ 1967, 263, 266).

Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt i.S. v. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F. ein Verstoß gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes nicht vor. Im konkreten Ergebnis erscheint die Anerkennung der in der Entscheidung vom 18. August 1970 ausgesprochenen Ehescheidung nicht als untragbar. Insbesondere ist die auf der Grundlage des § 2 der 4. DVOEheG ergangene Entscheidung nicht von spezifisch nationalsozialistischen Wertvorstellungen geprägt. Die Vorschrift gilt bis heute in Österreich fort und steht dem Privilegierungsgedanken des Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB nahe, nach dem die Ehe eines deutschen Staatsangehörigen auch dann geschieden werden kann, wenn die Scheidung nach dem grundsätzlich zur Anwendung berufenen Recht nicht möglich ist. Die Ehescheidung nach mindestens sechzehnmonatiger legaler Trennungszeit widerspricht auch nicht den wesentlichen Grundsätzen des Eherechts (vgl. §§ 1565 ff. BGB); von einer erschlichenen Scheidung kann keine Rede sein.

Der Anerkennung steht nicht entgegen, dass das österreichische Scheidungsverfahren hier nach den gesetzlichen Bestimmungen als nichtstreitiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgestaltet ist, das durch einen formlosen Antrag des Ehemannes eingeleitet werden konnte, § 2 Abs. 2 der 4. DVOEheG i.V.m. § 4 des österreichischen Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (AußStrG). Im konkreten Fall erscheint es nach deutschen Rechtsvorstellungen nicht untragbar, dass der Entscheidung nicht ein Rechtsstreit zwischen den Eheleuten im ordentlichen Verfahren vorangegangen ist. Der Scheidungsausspruch hat vorliegend nämlich nicht die üblichen tief einschneidenden Folgen, weil die Ehe bereits mit Urteil des Tribunale die vom 9. April 1969 getrennt worden war. Zwar bewirkte ein Trennungsurteil nach italienischem Recht, das zum Entscheidungszeitpunkt die Möglichkeit der Eheauflösung nicht vorsah, keine Ehescheidung (vgl. BGH FamRZ 1994, 825, 826). Es bewirkte jedoch die Gütertrennung (Art. 191 des italienischen Codice civile - C.c.) und in ihm waren alle notwendigen Folgeentscheidungen mitzutreffen, wie die über das elterliche Sorgerecht einschließlich des Umgangsrechts, über Kindesunterhalt, über die Familienwohnung und über den Ehegattenunterhalt (Art. 150 ff. C.c.). Soweit die Ehegatten die Wirkungen eines Trennungsurteils durch übereinstimmende Erklärung oder versöhnliches Verhalten aufheben konnten (Art. 157 C.c.), wird diesem Umstand durch die Bestimmung in § 2 Abs. 3 der 4. DVOEheG Rechnung getragen; dem Scheidungsantrag ist nämlich nur stattzugeben, wenn feststeht, dass sich die Eheleute nicht wieder vereinigt haben. Die danach der feststellenden Entscheidung nach § 2 der 4. DVOEheG verbleibende Lösung des Ehebundes selbst ist kein derart schwerwiegender Eingriff in die Rechtsstellung der Beteiligten zu 2), dass nur ein streitiges Verfahren mit förmlicher Zustellung einer Klageschrift und mündlicher Verhandlung als rechtsstaatlich angesehen werden kann.

Ein beachtlicher Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht gegeben. Das Gebot des rechtlichen Gehörs gehört als tragender Rechtsgrundsatz des deutschen Verfahrensrechts zum deutschen ordre public international (vgl. BGHZ 141, 286, 297; 48, a.a.O., S. 330; BGH NJW 1997, 2051, 2052; OLG Frankfurt, OLGZ 1985, 257). Art. 103 Abs. 1 GG schützt das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit hatte, sich zu äußern, und die Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG), die verletzt ist, wenn einem Verfahrensbeteiligten nur die Rolle eines passiven Verfahrensobjekts eingeräumt wird. Maßgebend ist auch hier der tatsächliche Ablauf des konkreten Verfahrens (Staudinger/Spellenberg, a.a.O., § 328 ZPO Rn. 500, 560).

Für das Verfahren vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien lässt sich ein berücksichtigungsfähiger Verstoß gegen die genannten Grundsätze nicht feststellen, auch wenn die Beteiligte zu 2) durch das österreichische Gericht vor Erlass des Beschlusses vom 18. August 1970 nicht angehört worden ist. Insoweit kann dahin stehen, ob eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nur dann beachtlich ist, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass die ausländische Entscheidung auf ihr beruht (vgl. BayObLG, IP-Rspr. a.a.O., S. 441; Zöller/Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 159b; a.A. Staudinger/Spellenberg, a.a.O, § 328 Rn. 469, 562). Das erscheint hier ausgeschlossen, weil sich dem Vortrag der Beteiligten zu 2) entnehmen lässt, dass sie sich auch bei einer vorherigen Anhörung nicht an dem Verfahren beteiligt hätte, und sie zudem eine Vereinigung der Ehegatten nicht geltend macht, die aber gemäß § 2 der 4. DVOEheG allein als Scheidungshindernis in Betracht kommt.

Denn ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs kann im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nur geltend gemacht werden, wenn der Betroffene in dem Entscheidungsstaat alles Notwendige unternommen hat, um sich Gehör zu verschaffen, notfalls im Rechtsmittelweg. Ebenso wie bei der innerstaatlichen Anwendung des Art. 103 Abs. 1 GG muss die Partei, die von dem Verfahrensverstoß betroffen ist, alle ihr zur Verfügung stehenden und zumutbaren Rechtsbehelfe und Rechsmittel im erststaatlichen Verfahren ausgeschöpft haben (vgl. BVerfG 1988, 1462, 1464; BGH NJW 1997, a.a.O.; FamRZ 1990, 868, 869; OLG Saarbrücken, IPRax 1989, 37, 39; Zöller/Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 158; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Rn. 2774). Dem steht die zu § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F. ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 120, 305) nicht entgegen. Diese Entscheidung befasst sich nämlich allein mit der genannten Vorschrift, die zwar ein (verschärfter) Ausdruck des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (vgl. BayObLGZ 1978, 132, 133 zu § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a.F.), aber hinsichtlich des ordre public international nicht zwingend ist. Der Bundesgerichtshof hat lediglich entschieden, dass der Versagungsgrund des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gemäß seinem tatbestandlichen Wortlaut auch dann gegeben ist, wenn der Beklagte einen zulässigen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht eingelegt hat, da diese Möglichkeit der Verteidigung vor Erlass des Urteils prozessual nicht gleichwertig ist (vgl. BGHZ, a.a.O., S. 313 f.). Dass eine abweichende Rechtsfolge nicht gegen tragende deutsche Rechtsgrundsätze verstößt, ergibt sich schon aus dem in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs angeführten deutschniederländischen Zustellungsabkommen. Dieses regelt ausdrücklich, dass ein Zustellungsmangel unbeachtlich ist, wenn der Beklagte die Möglichkeit gehabt hat, im Urteilsstaat ein Rechtsmittel einzulegen.

Vorliegend hat es die Beteiligte zu 2) zurechenbar versäumt, sich durch die Einlegung eines Rechtsmittels Gehör zu verschaffen. Es war ihr zumutbar, gemäß § 9 Abs. 1 AußStrG Rekurs (Beschwerde) gegen den Beschluss vom 18. August 1970 einzulegen. Die Entscheidung enthielt eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung und die Beteiligte zu 2) beherrschte die deutsche Sprache, so dass Verständnisschwierigkeiten - die nicht geltend gemacht werden - ausscheiden. Der Gegenstand des Verfahrens ergab sich ohne weiteres aus dem Inhalt des Beschlusses. Das gilt auch, soweit das Geburtsdatum des E Z unzutreffend angegeben war; es handelt sich nur um eine auch für die Beteiligte zu 2) erkennbare offensichtliche Unrichtigkeit. Hinreichender Anlass für Zweifel an der Authentizität der förmlich zugestellten Entscheidung bestand nicht, denn die Ausfertigung enthält die erforderlichen Angaben zu dem entscheidenden Gericht nebst Geschäftsnummer; die Beteiligte zu 2) hätte sich jedenfalls vorsorglich an das österreichische Gericht wenden müssen. Die ab Zustellung des Beschlusses laufende Rechtsmittelfrist von 2 Wochen (§ 11 Abs. 1 AußStrG) kann als ausreichend angesehen werden, da sie mit deutschen Einlassungs-, Einspruchs- und Beschwerdefristen übereinstimmt (§§ 276 Abs. 1, 339 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO) und auch im Fall der Auslandszustellung für die Fristbestimmung nach § 274 Abs. 3 S. 2, § 339 Abs. 2 ZPO den Mindeststandard darstellt (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 274 Rn. 7; Prütting in Münchener Kommentar, ZPO, § 274 Rn. 14; § 339 Rn. 8). Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände blieb der Beteiligten zu 2) jedenfalls ausreichend Zeit für eine Äußerung, da eine Übersetzung der Entscheidung nicht erforderlich war und sonstige Hinderungsgründe, etwa durch Verzögerungen im Postverkehr zwischen Italien und Österreich, einen Grund für die Annahme des Rekurses nach Fristablauf (§ 11 Abs. 2 AußStrG) bzw. die Einsetzung in den vorigen Stand (§ 17 AußStrG) gegeben hätten. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung des Kammergerichts (NJW 1977, 1016) zu Grunde liegenden Fall, dass die Widerspruchsfrist von 3 Tagen zu kurz bemessen und ein Rechtsmittel ausgeschlossen war. Auch war vorliegend die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich (§ 5 AußStrG).

Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß Art. 7 § 1 Abs. 6 S. 4 FamRÄndG i.V.m. § 28 Abs. 2 und 3 FGG ist nicht geboten, weil die ausländische Entscheidung auch nach der vom Bayerischen Obersten Landesgericht vertretenen Rechtsauffassung anzuerkennen wäre. Versagungsgründe gemäß § 32.8 Abs. 1 Nr. 1 und 3 bis 5 ZPO n F. sind nicht gegeben. § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F. ist in keinem Fall anzuwenden, weil diese Vorschrift die Anerkennung gegenüber der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung - hinsichtlich der Person des Betroffenen - erschwert. Nach einhelliger und auch vom Bayerischen Obersten Landesgericht geteilter Meinung kann der deutsche Gesetzgeber die Anerkennungsvoraussetzungen jedenfalls nicht nachträglich rückwirkend einschränken (BGH FamRZ 1990, 1100, 1101; BayObLG, NJW 1988, a.a.O., S. 2179; Staudinger/Spellenberg, a.a O., § 328 ZPO Rn. 80; Zöller/Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 273).

Eine Kostenerstattungsanordnung nach der auch im Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG geltenden Vorschrift des § 13a Abs. 1 S. 1 FGG ist nicht zu treffen, weil keine dafür sprechenden besonderen Billigkeitsgesichtspunkte ersichtlich sind. Die Wertfestsetzung für das Verfahren vor dem Senat folgt aus § 30 Abs. 2 S. 1 KostO. Die weitere Nebenentscheidung beruht auf Art. 7 § 2 Abs. 1 und 2 S. 4 FamRÄndG.

Ende der Entscheidung

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