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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.06.2001
Aktenzeichen: 1 W 1125/00
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 331
Eine Erörterung der Sache mit dem Gericht lässt bei Säumnis der Gegenpartei keine Erörterungsgebühr entstehen.
Kammergericht

1 W 1125/00 35 O. 221/99 LG Berlin

Beschluss

in Sachen

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 14. Dezember 1999 in der Sitzung vom 19. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1999 von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten anderweit auf nur 4.937,50 DM (in Worten: viertausendneunhundertsiebenunddreißig 50/100 Deutsche Mark) nebst 4% Zinsen seit dem 8. Dezember 1999 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 600 bis 700 DM zu tragen.

Gründe:

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig und begründet. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Prozesskammer des Landgerichts am 3. Dezember 1999 lediglich eine 5/10- Verhandlungsgebühr in Höhe von 632,50 DM, nicht aber eine 10/10 Erörterungsgebühr in Höhe von 1.265,-- DM entstanden. Der im angefochtenen Beschluss antragsgemäß festgesetzte Mehrbetrag von 632,50 DM ist daher abzusetzen.

Nach weitaus herrschender und vom Senat geteilter Auffassung setzt die Entstehung einer Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO voraus, dass bei der Erörterung der Sache in einem Verhandlungstermin beide Parteien anwaltlich vertreten sind bzw. Erklärungen abgeben können und daher eine streitige Verhandlung möglich ist (vgl. Senat JurBüro 1979, 1161; OLG Stuttgart JurBüro 1988, 1667; OLG München JurBüro 1990, 1459 m.zust.Anm. Mümmler; OLG Dresden NJW-RR 1997, 573; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 31 Rdn. 156; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 8. Aufl., § 31 Rdn. 83, jew.m.w.N.). Hieran hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest.

Der gegenteiligen Auffassung, nach der eine Erörterungsgebühr auch im Falle der Säumnis entstehen könne, kann weiterhin nicht gefolgt werden. Sie beruft sich im Wesentlichen auf den eine weitergehende Auslegung zulassenden Wortlaut und einen umfassender verstandenen Gesetzeszweck, der jegliche Erörterung der Sache mit dem Gericht auch bei Abwesenheit der Gegenpartei umfasse (vgl. LAG Köln JurBüro 1996, 356; Chemnitz AnwBl. 1988, 166; Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 31 BRAGO Rdn. 234).

Demgegenüber ist bei der Auslegung der Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO weiterhin entscheidend auf den Zweck der Schaffung der Erörterungsgebühr durch das Kostenänderungsgesetz 1975 abzustellen. Dieser bestand gerade nicht in der Einführung einer generellen Pauschalvergütung für die Terminswahrnehmung durch den Anwalt oder -- wie auch die Anrechnungsbestimmung des § 31 Abs. 2 BRAGO zeigt -- einer zusätzlichen Vergütung über die Verhandlungsgebühr hinaus. Es sollten lediglich Gebührennachteile ausgeglichen werden, die dadurch entstanden, dass das Gericht vor Antragstellung die Sache erörtern ließ und es anschließend nicht mehr zur Stellung streitiger Anträge kam. Bei Säumnis der gegnerischen Partei kann es zu einem solchen Ausfall nicht kommen. Auch hätte es der Anwalt dann in der Hand, durch Führung eines Meinungsaustausches mit dem Gericht anstelle der 5/10-Verhandlungsgebühr eine 10/10- Erörterungsgebühr zu verdienen (vgl. zu Vorstehendem auch Senat, München und Dresden a.a.O.).

Dabei wird nicht verkannt, dass -- wie der Kläger für den vorliegenden Fall geltend macht -- es im Einzelfall für den Anwalt einiger Mühewaltung bedürfen kann, das Gericht von der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage zu überzeugen, um ein Versäumnisurteil zu erwirken. Jedoch ist ein Ausgleich für solche Mühe durch § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO nicht vorgesehen, sondern es muss auch dann bei der 5/10- Verhandlungsgebühr für eine nichtstreitige Verhandlung gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1 Satz 1 BRAGO verbleiben.

Nach alledem ist der festgesetzte Betrag von 5.570,-- DM um 632,50 DM auf 4.937,50 DM zu verringern und der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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