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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 1 W 123/08
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 20
BGB § 1913
1. Zur Beschwerdebefugnis einer in Liquidation befindlichen Aktiengesellschaft und ihrer - bekannten - Aktionäre gegen die Bestellung eines Pflegers für die hinsichtlich eines quotalen Anteils am Grundkapital unbekannten Anteilsinhaber.

2. Hat der Pfleger die Rechte der unbekannten Aktionäre im Rahmen der Liquidation gegenüber der Gesellschaft wirksam geltend gemacht, besteht kein Fürsorgebedürfnis für die Aufrechterhaltung der Pflegschaft mehr, wenn diese nur noch der Verhinderung der Verjährung von Ansprüchen dient.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 123/08

26.05.2009

In dem Verfahren betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 3 vom 12. Juli 2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 31. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking sowie die Richter am Kammergericht Hinze und Müller am 26. Mai 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 31. Mai 2007 - 83 T 629/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Wirkungskreis des Beteiligten zu 2 wird beschränkt auf die Geltendmachung eventueller Ansprüche gegen den Vorpfleger, Herrn Rechtsanwalt Dr. H E , P S 3 , 8 M .

Die darüber hinausgehende weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 sowie die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden zurückgewiesen.

Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren sowie im Verfahren der weiteren Beschwerde hat 1/10 die Beteiligte zu 1 und 4/10 die Beteiligte zu 2 zu tragen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 110.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 3 ist zulässig, insbesondere ist sie formgerecht durch deren Verfahrensbevollmächtigten erhoben worden, § 29 Abs. 1 S. 2 FGG. Die Beschwerdebefugnis folgt bereits aus der Verwerfung ihrer Erstbeschwerde als unzulässig durch das Landgericht (Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27, Rdn. 10).

II. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist unbegründet, die der Beteiligten zu 2 zum Teil begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Beschwerdeführer seien durch die Pflegerbestellung nicht unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt. Die Gesellschaft und die bekannten Gesellschafter hätten kein Recht, im eigenen Interesse zu verhindern, dass auch berechtigte Ansprüche und Mitwirkungsrechte der unbekannten Gesellschafter allein in deren vermutetem Interesse ausgeübt würden. Den bekannten Aktionären stehe auch kein Anwartschaftsrecht auf (anteilige) Auszahlung des Liquidationsüberschusses zu. Es sei immerhin möglich, wenn auch unwahrscheinlich, dass ein bisher unbekannter Aktionär seine Rechte am Liquidationsüberschuss geltend mache, womit ein Anspruch der bekannten Aktionäre erlöschen würde. Insoweit besäße die Beteiligte zu 3 bislang lediglich eine Hoffnung, die kein subjektives Recht darstelle, in das allein durch die Pflegerbestellung zum Zwecke der Vereinnahmung des Liquidationserlöses eingegriffen werde.

2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung, auf die das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO, nur zum Teil stand.

a) Die Beschwerde steht jedem zu, dessen Recht durch die angefochtene Verfügung beeinträchtigt ist, § 20 Abs. 1 FGG. Das ist der Fall, wenn die Rechtsstellung eines Beteiligten aufgehoben, beschränkt oder gemindert wird (Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 20, Rdn. 12). Bei der Beteiligten zu 1 ist das nicht der Fall.

aa) Grundsätzlich wird allein dadurch, dass für unbekannte Aktionäre einer Aktiengesellschaft ein Pfleger nach § 1913 BGB bestellt wird, weder in Rechte der Gesellschaft noch der Gesellschafter unmittelbar eingegriffen (vgl. OLG Hamm, DB 2002, 2428; OLG Schleswig, FGPrax 2000, 73, 74). Das wird vorliegend deutlich bei der Bestimmung des Wirkungskreises "Geltendmachung eventueller Ansprüche gegen den Vorpfleger". Dieser Wirkungskreis betrifft ausschließlich das Innenverhältnis der Pfleglinge zu dem vormaligen Pfleger und wirkt sich weder auf die Rechtsstellung der Gesellschaft noch ihrer bekannten Aktionäre aus.

bb) Die Verwerfung der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1 ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Durch die Anordnung der Pflegschaft mit dem Wirkungskreis Geltendmachung eventueller Ansprüche der unbekannten Aktionäre gegen die Beteiligte zu 1, insbesondere aus § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags, wird die Beteiligte zu 1 nicht in eigenen Rechten verletzt.

Mit diesem Wirkungskreis des Pflegers wird nicht in die Organkompetenz des Liquidators eingegriffen. Dabei kann dahinstehen, ob mit der Geltendmachung und einer Auszahlung des auf die unbekannten Aktionäre entfallenden Anteils am Liquidationsüberschuss die Prüfung der Legitimation dieser Aktionäre von dem Liquidator auf den Pfleger verlagert wird. Der Liquidator hat das nach der Berichtigung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbleibende Vermögen unter die Aktionäre nach deren Anteilen am Grundkapital zu verteilen, § 271 Abs. 1 und 2 AktG. Das Verfahren bestimmt er nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei die Legitimation der Aktionäre geboten ist (Riesenhuber, in: Schmidt/Lutter, AktG, §§ 271, 272, Rdn. 11). Diese Prüfung wird dem Liquidator durch die Pflegerbestellung aber nicht abgenommen. Zwar kommt die Prüfung der Legitimation der von dem Pfleger vertretenen Aktionäre nicht in Betracht. Das liegt aber in der Natur der Sache, weil diese unbekannt sind. An deren Stelle tritt aber der Pfleger gemäß §§ 1913 S. 1, 1915 Abs. 1 S. 1, 1793 Abs. 1 S. 1 BGB als gesetzlicher Vertreter, dessen Vertretungsmacht der Liquidator zu prüfen hat.

Die Beteiligte zu 1 ist auch nicht dadurch in eigenen Rechten verletzt, dass die Pflegerbestellung keine Beschränkung auf konkrete Aktionäre beinhaltet, sondern auf die unbekannten Anteilsinhaber von 1,4 % des Grundkapitals. Die Pflegschaft für unbekannte oder ungewisse Beteiligte gemäß § 1913 BGB ist Personen- und nicht Sachpflegschaft (Bienwald, in: Staudinger, BGB 2006, § 1913, Rdn. 2). Das schließt aber eine quotale Pflegerbestellung nicht aus, etwa wenn ungewiss ist, mit welcher Quote jemand an einem Nachlas beteiligt ist (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1913, Rdn. 2). Das hat das Vormundschaftsgericht hier berücksichtigt. Es steht außer Streit, dass die Aktionäre der Beteiligten zu 1 zu 98,6 % des Grundkapitals bekannt sind. Unbekannt sind also diejenigen, die die restlichen 1,4 % Anteile am Grundkapital halten. Die letzteren Aktionäre werden von dem Beteiligten zu 2 vertreten. Dabei musste auch keine Konkretisierung auf bestimmte Aktien erfolgen. Soweit die weitere Beschwerde dies für erforderlich hält übersieht sie, dass die für die Beteiligte zu 1 ursprünglich ausgegebenen Inhaberaktien mit Inkrafttreten des Entschädigungs- und Ausgleichsgesetzes (EALG) vom 27. September 1994 (BGBl. S. 2624) für kraftlos erklärt worden sind, Art. 11 Abs. 1 EALG. Darüber hinaus erfolgte auch die Restitution der Anteilsrechte der Erben von M R mit Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin vom 16. Februar 1994 bzw. die Zuordnung weiterer darüber hinausgehender Anteilsrechte an die Bundesrepublik Deutschland mit Bescheid des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. März 2004 nur quotal und nicht bezogen auf einzelne Aktien. Damit verblieb ein Aktienanteil in Höhe von 1,4 %, der bestimmten Aktionären nicht zugeordnet werden konnte und deren Inhaber demzufolge unbekannt sind. Die quotale Zuordnung von Aktienanteilen an teils bekannte, teils unbekannte Aktionäre genügte für die Zwecke der Liquidation der Beteiligten zu 1. Daraus folgt zugleich, dass der Beteiligte zu 2 als Pfleger der unbekannten Aktionäre deren Rechte aus § 271 AktG in Verbindung mit § 17 des Gesellschaftsvertrags gegenüber dem Liquidator geltend machen und der Liquidator dann zu Gunsten der Berechtigten gemäß § 17 Abs. 3 hinterlegen kann.

Etwas anderes kann die Beteiligte zu 1 auch nicht daraus herleiten, dass eine Gesellschaft bei Bestellung eines Notgeschäftsführers beschwerdebefugt sein soll (BayObLG, NJW-RR 1999, 1259, 1260). Ein solcher Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Ein Notgeschäftsführer nimmt die organschaftliche Stellung mit entsprechender Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers ein (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 29, Rdn. 7), kann also wirksam rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen, an die die Gesellschaft gebunden ist. Die Bestellung eines Pflegers für unbekannte Aktionäre einer Aktiengesellschaft hat keine solchen Folgen. Der Pfleger kann lediglich für die unbekannten Aktionäre, nicht aber für die Gesellschaft handeln.

cc) Anders liegt es bei der Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 3. Soweit dem Beteiligten zu 2 der Wirkungskreis Geltendmachung eventueller Ansprüche der unbekannten Aktionäre gegen die Beteiligte zu 1, insbesondere aus § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags, übertragen worden ist, wird die Beteiligte zu 3 durch die Pflegerbestellung in eigenen Rechten verletzt.

Allerdings ist es zutreffend, dass durch die Pflegerbestellung ein Anwartschaftsrecht der bekannten Aktionäre auf Auszahlung des auf die unbekannten Aktionäre entfallenden Anteils des Liqidationsüberschusses nicht beeinträchtigt worden ist. Ein Anwartschaftsrecht besteht dann, wenn von einem mehraktigen Erwerbstatbestand schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsstellung des Erwerbers gesprochen werden kann, die der Veräußerer nicht mehr einseitig zu zerstören vermag. Ein solches Anwartschaftsrecht besteht dann nicht, wenn der Bedingungseintritt noch von dem Verhalten eines anderen abhängt oder dieser den Rechtserwerb noch zu verhindern vermag (Bork, in: Staudinger, BGB, 2003, Vorbemerkung zu §§ 158-163, Rdn. 53f.). So ist es hier. Nach § 17 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags in seiner am 16. August 2000 geänderten Fassung haben die Aktionäre, die ihren Anspruch auf anteiligen Liquidationsüberschuss rechtzeitig geltend gemacht haben, nach Ablauf der fünfjährigen Ausschlussfrist zusätzlich einen Anspruch auf anteilige Auszahlung des verbleibenden Liquidationsguthabens. Dieser zusätzliche Anspruch hängt also davon ab, ob innerhalb der Ausschlussfrist weitere Aktionäre den Anspruch nach § 17 Abs. 2 geltend machen und ihren Anteil aus dem hinterlegten Liquidationsüberschuss ausgezahlt erhalten. Es handelt sich danach nicht um ein Anwartschaftsrecht, sondern allein um die Aussicht auf einen zusätzlichen Vermögenszuwachs, also eine tatsächliche Anwartschaft, die rechtlich noch nicht geschützt ist.

Unbeachtet hat es das Landgericht jedoch gelassen, dass es sich bei dem Recht auf den Liquidationsüberschuss um ein mitgliedschaftliches Vermögensrecht handelt. Dieses Recht wandelt sich mit Eintritt der Verteilungsvoraussetzungen in einen Auszahlungsanspruch um (Riesenhuber, a.a.O., Rdn. 8; Hüffer, AktG. 8. Aufl., § 271, Rdn. 2; Jannot/Hagemann, in: Henn/Frodermann/Jannot, Handbuch des Aktienrechts, 8. Aufl., 2. Kapitel, Rdn. 186). Dies betrifft nicht nur den Anteil, der der Beteiligten zu 3 ohnehin im Verhältnis zu allen Aktionären zusteht, sondern erstreckt sich auch auf den Anteil, der nach Ablauf der fünfjährigen Ausschlussfrist als Liquidationsguthaben verbleibt und nach § 17 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags auf diejenigen Aktionäre, die ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht haben, zu verteilen ist. Durch die Pflegerbestellung ist in dieses noch nicht in einen Zahlungsanspruch umgewandelte mitgliedschaftliche Vermögensrecht der Beteiligten zu 3 unmittelbar eingegriffen worden. Denn der Beteiligte zu 2 hatte nach seinem Wirkungskreis die Aufgabe, gerade die Rechte der unbekannten Aktionäre auf den Liquidationsüberschuss gegenüber der Beteiligten zu 1 geltend zu machen und damit die bis dahin bestehenden mitgliedschaftlichen Vermögensrechte der Beteiligten zu 3, soweit sie sich auf den verbleibenden Liquidationsüberschuss bezogen, zum Erlöschen zu bringen.

b) Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3 war ihm Rahmen ihrer Zulässigkeit auch begründet. Der Senat ist insoweit befugt, in der Sache zu entscheiden, weil die tatsächlichen Umstände geklärt sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 563 Abs. 3 ZPO.

Ist unbekannt oder ungewiss, wer bei einer Angelegenheit der Beteiligte ist, kann dem Beteiligten für diese Angelegenheit, soweit eine Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt werden, § 1913 S. 1 BGB. Diese Voraussetzungen lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts nicht vor. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bestand ein Fürsorgebedürfnis nicht mehr. Dabei kam es nicht darauf an, ob dies bei Bestellung des Beteiligten zu 2 noch anders gewesen ist, was zweifelhaft erscheint.

Das Vormundschaftsgericht hat das Fürsorgebedürfnis darin gesehen, dass die Ansprüche der unbekannten Aktionäre weiterhin der Geltendmachung durch den Pfleger als gesetzlichen Vertreter bedürfen. Dementsprechend hat der Beteiligte zu 2 die Ansprüche der von ihm vertretenen unbekannten Aktionäre gegenüber dem Liquidator klageweise geltend gemacht und so jedenfalls die fünfjährige Ausschlussfrist nach § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags gewahrt. Diese Rechtshandlung war auch wirksam. Ist eine Verfügung, durch die jemand die Fähigkeit oder die Befugnis zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts erlangt, ungerechtfertigt, so hat, sofern nicht die Verfügung wegen Mangels der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts unwirksam ist, die Aufhebung der Verfügung auf die Wirksamkeit der inzwischen von ihm oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtsgeschäfte keinen Einfluss, § 32 FGG. Die Aufhebung der Pflegschaftsanordnung durch das Beschwerdegericht wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Anordnung zurück (vgl. Baronin von König, in: Jansen, a.a.O., § 32, Rdn. 6). Auch die Beschränkung des Wirkungskreises nach Fortfall des Fürsorgebedürfnisses ändert nichts an der gesetzlichen Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 2 für die unbekannten Aktionäre bis dahin.

Aufgrund der wirksamen Geltendmachung der Ansprüche der unbekannten Aktionäre auf den anteiligen Liquidationsüberschuss sind deren Rechte ausreichend gesichert. Denn sie soll verhindern, dass die Regelung in § 17 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags hinsichtlich dieser Anteile nicht mehr zum Tragen kommt. Die durch die Geltendmachung seitens des Beteiligten zu 2 gewahrten Gläubigerrechte bedürfen entgegen der Ansicht des Amtsgerichts keiner weiteren Sicherung durch einen Pfleger. Sollten die geltend gemachten Ansprüche der unbekannten Aktionäre bei der Verteilung des Liquidationsguthabens missachtet werden und deren Anteil nach § 17 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags zur Verteilung gelangen, so begründete dies zwar Rückgewähransprüche aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG in Verbindung mit § 264 Abs. 3 AktG, auch kämen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Liquidator in Betracht (vgl. Hüffer, a.a.O., § 272, Rdn. 7). Zur Sicherung dieser Ansprüche bedarf es aber nicht der Bestellung eines Pflegers mit einem entsprechenden Wirkungskreis. Denn die Geltendmachung dieser Ansprüche kommt erst in Betracht, wenn sich ein bisher unbekannter Aktionär gemeldet und sein Recht nachgewiesen hat. Dann aber liegt ein Tätigwerden für ihn nicht mehr im Wirkungskreis des Pflegers

Allerdings droht den bislang unbekannten Aktionären die Verjährung ihrer Gläubigerrechte nach drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB (vgl. Riesenhuber, a.a.O., Rdn. 12). Dies kann jedoch ein Fürsorgebedürfnis auch für diesen Zeitraum nicht begründen. Durch die Verjährungsvorschriften hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit dem Schuldnerschutz und dem Rechtsfrieden der Vorrang vor den Gläubigerrechten zu geben ist. Die Bestellung eines Pflegers zur Verhinderung des Eintritts der Verjährung stünde im Gegensatz zu dieser im Gesetz zum Ausdruck gebrachten Wertung des Gesetzgebers.

Vor diesem Hintergrund kam es auf die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung vom 16. August 2000, mit dem § 17 des Gesellschaftsvertrags geändert wurde, auch nicht an (vgl. hierzu aber bereits RGZ 7, 32, 34). Mit dieser Regelung wurde die bei Inhaberaktien entsprechend § 801 BGB geltende 30jährige Ausschlussfrist auf fünf Jahre verkürzt (vgl. Riesenhuber, a.a.O., Rdn. 12). Innerhalb dieser Frist hat der Beteiligte zu 2 aber die Ansprüche der unbekannten Aktionäre geltend gemacht.

Schließlich kann ein Fürsorgebedürfnis auch nicht damit begründet werden, es sei den unbekannten Aktionären auf Grund des langen Zeitablaufs nicht zumutbar, zur Wahrung ihrer Interessen die Veröffentlichungsblätter der Gesellschaft zu studieren. Vielmehr ist dies grundsätzlich von Aktionären zu verlangen und vorliegend sind auch keine Besonderheiten zu erkennen. Selbst Rückübertragungsansprüche nach §§ 3 und 6 VermG unterlagen einer Ausschlussfrist, § 30a VermG, ohne dass hier regelmäßig für unbekannte Berechtigte ein Pfleger zu bestellen war. Nichts anderes kann deshalb für solche Aktionäre gelten, die von Maßnahmen nach § 1 VermG gar nicht betroffen waren.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 S. 2 FGG. Bei der Wertfestsetzung folgt der Senat den Ausführungen des Landgerichts.

Ende der Entscheidung

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