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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.09.2004
Aktenzeichen: 1 W 153/03
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3
Anwaltliche Beweisgebühr für die Mitwirkung bei Aufnahme einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll des Gerichts in der Verhandlung über den Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 153/03

In Sachen

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts - Einzelrichter - hat auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 2.1.2003 - 27.0.873/02 - am 16.9.2004 beschlossen:

Tenor:

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden als nach dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 26.11.2002 von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattende Kosten weitere 563,76 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2002 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe:

Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Dem Antragsteller steht eine 10/10-Beweisgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO zu.

Der Antragsteller macht geltend: Die Beweisgebühr sei dadurch entstanden, dass der Justiziar der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 26.11.2002 eine eidesstattliche Versicherung zur Glaubhaftmachung der zuvor zu Protokoll erklärten, von der Gegenseite bestrittenen tatsächlichen Behauptung der Antragsgegnerin abgegeben und das Gericht diese ebenfalls ins Protokoll aufgenommen habe. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung könnten eidesstattliche Versicherungen als Mittel der Glaubhaftmachung zwar schriftlich eingereicht werden und lösten nach § 34 Abs. 1 BRAGO dann keine Beweisgebühr aus. Anders sei es aber, wenn das Gericht die Abgabe einer mündlichen eidesstattlichen Versicherung in der mündlichen Verhandlung anordnet. Diese Anordnung könne auch durch Entgegennahme der eidesstattlichen Versicherung erfolgen, was hier durch deren Protokollierung geschehen sei.

Dem ist das Landgericht nicht gefolgt. Aufgrund der Stellungnahme der Kammer, dass im Termin vom 26.11.2002 eine Beweisaufnahme nicht durchgeführt worden und der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung nicht entscheidungserheblich gewesen sei, hat die Rechtspflegerin die Voraussetzungen für das Entstehen einer Beweisgebühr verneint. Die Entgegennahme der eidesstattlichen Versicherung durch deren Protokollierung stelle keine Beweisaufnahme dar, da die Abgabe der mündlichen eidesstattlichen Versicherung nicht auf Veranlassung des Gerichts erfolgt und diese auch nicht bei Begründung der Entscheidung beweismäßig verwertet worden sei.

Die sofortige Beschwerde ist begründet:

§ 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO setzt für das Entstehen der Beweisgebühr die Vertretung an einem Beweisaufnahmeverfahren voraus. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung liegt nach nahezu einhelliger Auffassung eine Beweisaufnahme auch dann vor, wenn die als Beweismittel in diesem Verfahren zugelassene eidesstattliche Versicherung (§§ 294 Abs. 1, 920, 936 ZPO) von der in der Verhandlung anwesenden Beweisperson mündlich vor Gericht abgegeben wird (Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO § 31 Rn. 107; Hansens, BRAGO § 31 Rdn. 39; Hartmann, Kostengesetze, § 31 BRAGO Rn. 158 f; Senat, JurBüro 1980, 1673; OLG Hamburg JurBüro 1984, 399; OLG Koblenz MDR 1986, 329; OLG München JurBüro 1992, 324). Eines Beweisbeschlusses gemäß § 358 ZPO bedarf es in solchem Falle nicht. Die erforderliche Beweisanordnung des Gerichts ist in der Regel darin zu sehen, dass das Gericht die Erklärung gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO zu Protokoll genommen hat (v. Eicken a.a.O.; Hartmann a.a.O.; Senat a.a.O. m. w. N.).

Dem steht nicht entgegen, dass im Verfahren der einstweiligen Verfügung die Glaubhaftmachung zur Begründung des Antrags oder Widerspruchs gehört und die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Aufnahme daher durch die Prozessgebühr abgegolten ist (vgl. v. Eicken a.a.O. und § 34 Rn. 25; Schaich, AnwBl. 1977, 470). Denn dies betrifft nur den Fall der Aufnahme der eidesstattlichen Versicherung in einer gesonderten Urkunde, die alsdann vom Beweisführer dem Gericht vorgelegt wird. Dass in diesem Fall eine Beweisgebühr nicht entsteht, folgt aus § 34 Abs. 1 BRAGO. Ob auch bei Einreichung einer schriftlichen eidesstattlichen Versicherung eine Beweisaufnahme angenommen werden kann, wenn dem eine Anordnung des Gerichts zugrunde liegt, die über die bloße Entgegennahme des Schriftstücks hinausgeht (so OLG Hamburg MDR 2003, 478; anderer Ansicht OLG Frankfurt Rpfleger 1985, 326 mit zustimmender Anmerkung Schmidt; v. Eicken a.a.O. § 34 Rn. 9, 10), kann offenbleiben. § 34 Abs. 1 BRAGO entfaltet jedenfalls keine Sperrwirkung dahingehend, dass in den Fällen, in denen die Einreichung einer schriftlichen eidesstattlichen Versicherung genügen würde, in der "bloßen" Protokollierung der eidesstattlichen Versicherung keine die Entstehung der Beweisgebühr rechtfertigende Beweisaufnahme gesehen werden könnte. In der Protokollierung der Erklärung gemäß §§ 160 Abs. 3 Nr. 3, 294 Abs. 2 ZPO liegt nämlich, anders als in der Entgegennahme einer zu Beweiszwecken eingereichten Urkunde, eine eigenständige Beweistätigkeit des Gerichts (v. Eicken a.a.O. § 31 Rn. 107).

Allerdings dürfte es an der erforderlichen Beweisanordnung des Gerichts fehlen, wenn das Gericht lediglich zur Verfahrensbeschleunigung die eidesstattliche Versicherung der anwesenden Beweisperson unter Bezugnahme auf eine dem Gericht in schriftlicher Form vorliegende Aussage zu Protokoll nimmt (so OLG Düsseldorf, MDR 1981, 153 bei Nachholung der Glaubhaftmachung noch nicht bestrittenen Vortrags; OLG Hamburg MDR 1986, 330 und Landgericht Verden, Rpfleger 1985, 327 mit ablehnender Anmerkung Schmidt, bei Versicherung der Richtigkeit des schriftsätzlichen Vorbringens; s. a. v. Eicken a.a.O. § 34 Rn. 9). Wenn nämlich die Protokollierung lediglich der Nachholung der Glaubhaftmachung bereits schriftlich vorliegender Erklärungen oder des schriftsätzlichen Tatsachenvortrags dient, liegt darin lediglich eine gerichtliche Hilfestellung gemäß § 139 ZPO bei der Ergänzung des Parteivorbringens zur Begründung des Antrags oder Widerspruchs. So liegt der Fall hier aber nicht. Das Prozessgericht hat zwar ausweislich seiner Stellungnahme eine Beweisaufnahme nicht durchführen wollen, da es den Inhalt der eidesstattlichen Versicherung nicht für entscheidungserheblich hielt; dementsprechend ist es in den Entscheidungsgründen auf sie nicht eingegangen. Auf die Vorstellung des Gerichts, keinen Beweis erhoben zu haben, kommt es aber nicht an, wenn objektiv eine Beweisanordnung vorliegt (v. Eicken a.a.O. § 31 Rn. 90; Hansens a.a.O. § 31 Rn. 25).

Das ist hier deswegen zu bejahen, weil das Gericht zuvor den diesbezüglichen, von der Antragsgegnerin für erheblich gehaltenen Vortrag zu Protokoll genommen und der Antragsteller ihn zu Protokoll bestritten hatte. Wenn anschließend das Gericht die nochmals wörtlich formulierte Aussage des Zeugen Mnnn und deren Versicherung an Eides Statt gemäß §§ 160 Abs. 3 Nr. 4, 162 ZPO zu Protokoll genommen hat, so hat es damit auch die Verantwortung für die richtige Protokollierung der Aussage übernommen. Darin liegt die erforderliche Mitwirkung des Gerichts an einer Beweisaufnahme über streitige Tatsachen in der dem Verfahren der einstweiligen Verfügung angepassten Form (vgl. Senat a.a.O., Hansens a.a.O. Rn. 39).

Schließlich ist es auch unerheblich, dass das Gericht die eidesstattliche Versicherung nicht beweismäßig verwertet hat. Hierauf käme es nur im Falle der Beiziehung von Akten oder Urkunden ohne gerichtliche Beweisanordnung nach § 34 Abs. 2 BRAGO an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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