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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 1 W 173/07
Rechtsgebiete: GBO, ZPO, BGB


Vorschriften:

GBO § 19
GBO § 22
GBO § 29
GBO § 39
ZPO § 417
BGB § 1138
BGB § 1147
BGB § 1163
BGB § 1177
Zum Nachweis der Umwandlung einer brieflosen Fremdhypothek in eine Eigentümergrundschuld durch Vorlage eines rechtskräftigen Zivilurteils, in dem die Klage des eingetragenen Hypothekengläubigers auf Zahlung der Restkaufgelder und Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der Restkaufgeldhypotheken in das Wohnungseigentum abgewiesen wurde.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 172/07 1 W 173/07

In der Grundbuchsache

betreffend die im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Friedenau zu Blatt ... vereinigten, ehemals auf Blatt ... und ... verzeichneten Wohnungseigentumsrechte,

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der eingetragenen Eigentümer, eingelegt durch die Notarin Prof. Dr. ... , gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 01. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, die Richterin am Kammergericht Dr. Rieger und den Richter am Kammergericht Hinze in der Sitzung vom 19. Mai 2009 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 18.326,75 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 78 bis 80 GBO zulässige weitere Beschwerde, die die Notarin im Namen der nunmehr eingetragenen Eigentümer erhoben hat, hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Zurückweisung des Antrags auf Eintragung der Löschung der zugunsten des Beteiligten zu 2. eingetragenen Rechte in Abteilung III lfd. Nr. 3 durch das Grundbuchamt gebilligt und auch den Erlass einer Zwischenverfügung nicht für erforderlich gehalten.

1. Allerdings konnte die damals allein eingetragene Eigentümerin zu 1. die Löschung der gebuchten Rechte bewilligen - worin zugleich die Zustimmung nach § 27 Satz 1 GBO lag -, wenn es sich um Eigentümergrundschulden handelte. Ihre Voreintragung als Eigentümerin genügte nach § 39 GBO, wenn sie nachwies, dass die als Fremdhypothek gebuchten Rechte gemäß § 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB Eigentümergrundschulden geworden sind. Einer vorherigen, vom Eigentümer zu beantragenden Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 Abs. 1 GBO - wie das Landgericht angenommen hat - bedarf es dazu nicht (Demharter, GBO, 26. Aufl., § 39 Rn. 19; OLG Frankfurt ZfIR 2005, 254/257 m.w.N.). Der Eigentümer hat in diesem Falle jedoch darzulegen und gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen, dass das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung der Hypothek unrichtig geworden und dass eine Eigentümergrundschuld entstanden ist.

Dieser Nachweis kann jedoch nicht erbracht werden:

a) Hinsichtlich der von der Eigentümerin zu 1. - erst mit der weiteren Beschwerde - behaupteten Bezahlung der noch offenen Forderung des Beteiligten zu 2. in Höhe von 1.881,23 DM folgt dies bereits daraus, dass der nach § 29 Abs. 1 GBO erforderliche Nachweis durch löschungsfähige Quittung des Gläubigers oder durch öffentliche Urkunde nicht erbracht ist.

b) Im Übrigen wollen die Beschwerdeführer den Nachweis durch das vorgelegte Revisionsurteil des BGH vom 22. September 1994 - IX ZR 165/93 - in dem zwischen der Eigentümerin zu 1. und dem Beteiligten zu 2. geführten Rechtsstreit führen. Aus dem Urteil gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin als eingetragene Eigentümerin und persönliche Schuldnerin am 10. Oktober 1987 Zahlung mit befreiender Wirkung in Höhe von 33.962,77 DM auf die durch Buchhypotheken gesicherte Restkaufgeldforderung an die vermeintliche Pfändungsgläubigerin RDF geleistet habe, die Hypothekenforderungen somit erloschen und die eingetragenen Hypotheken gemäß §§ 1163 Abs. 1 Satz 2, 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB zu Eigentümergrundschulden geworden seien.

Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass der Beteiligte zu 2. seit dem 16. März 1988 als Gläubiger der Buchhypotheken, die ihm von der zuvor eingetragenen Gläubigerin Team Bauträger GmbH abgetreten wurden, eingetragen ist. Die Pfändung der Forderungen ist entgegen § 830 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht im Grundbuch eingetragen worden. Auch wenn die Zahlung an die RDF nach der rechtskräftigen Entscheidung des BGH gegenüber dem Beteiligten zu 2. wirksam war und zum Erlöschen der Forderung geführt hat, konnte der Beteiligte zu 2. die - nicht gemäß § 1184 Abs. 2 BGB gebuchten - Hypotheken gutgläubig erwerben, da ihm der Inhalt des Grundbuchs "auch in Ansehung der gesicherten Forderung" zur Seite steht, §§ 1138, 891, 892 BGB (Palandt/Bassenge, BGB § 1138 Rn. 6; RGZ 49, 6/8). Denn die Umwandlung in Eigentümergrundschulden wurde im Grundbuch nicht verlautbart und war dem Erwerber - soweit ersichtlich - auch nicht bekannt. Nach dem gutgläubigen Erwerb der im Grundbuch gebuchten Rechte war das Grundbuch nicht (mehr) unrichtig (RGZ 137, 95/98).

c) Allerdings ist die nach §§ 1138, 891 BGB für den eingetragenen Hypothekengläubiger auch in Ansehung der Forderung streitende Vermutung, diese habe (noch) Bestand, widerlegbar. Die auf § 1147 BGB gestützte Widerklage des Beteiligten zu 2. ist, wie aus der Revisionsentscheidung des BGH hervorgeht, rechtskräftig abgewiesen worden, da die Hypothekenforderung infolge der befreiend geleisteten Zahlung bereits vor der Abtretung an den Beteiligten zu 2. erloschen war. Diese Entscheidung beruht aber nicht auf der Unrichtigkeit der Buchung des dinglichen Rechts im Grundbuch, sondern auf der im Rechtsstreit erfolgten Widerlegung der Richtigkeitsvermutung hinsichtlich des Bestandes der gesicherten Forderung. Der Antrag der Widerklage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück (§ 1147 BGB) ist vom BGH verneint worden (UG S. 17/18), da der dortige Beklagte die hypothekarisch gesicherte Forderung, die bereits erloschen war, nicht hatte erwerben können. Die im Grundbuch eingetragenen Rechte stehen ihm nur als "forderungslose Fremdhypothek" (vgl. Palandt/Bassenge a.a.O.) zu, die einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 BGB nicht zu begründen vermag.

2. Verfahrensfehlerhaft hat das Landgericht aber nicht näher geprüft, ob dem Antrag auf Löschung der zu III. Nr. 3 eingetragenen Rechte nach § 22 Abs. 1 GBO stattzugeben war. Es meint, eine Berichtigung komme nur dahingehend in Betracht, dass die Rechte als Eigentümergrundschulden zu buchen seien, das sei aber nicht beantragt. Auch sei nur die vollständige Löschung der Rechte beantragt, die aber jedenfalls im Wege der Berichtigung nicht erfolgen könne. Damit wird das von den Beschwerdeführern verfolgte Ziel unzulässig verkürzt:

a) Da das Grundbuch das Bestehen zweier Hypotheken zu einem Nennwert von je 17.922,00 DM verlautbart, ist es unrichtig, sofern tatsächlich nur eine hypothekarisch gesicherte Restforderung in Höhe von 1.881,23 DM verblieben ist. Dann können die Beschwerdeführer vom Beteiligten zu 2. nach §§ 1138, 894 BGB die Zustimmung zur Berichtigung in der Weise verlangen, dass das vollständige bzw. teilweise Erlöschen der Forderungen im Grundbuch verlautbart wird. Da dies nach § 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge hätte, dass die Rechte - insoweit - als Eigentümergrundschulden zu buchen wären, konnte die eingetragene Eigentümerin zugleich deren Löschung bewilligen und beantragen (siehe Palandt/Bassenge a.a.O. Rn. 9).

b) Auch wenn der auf vollständige Löschung gerichtete Antrag unbegründet war, konnte er als teilbarer Antrag in dem Umfang aufrecht erhalten bleiben, in dem er begründet war. Das entsprach offenbar dem Begehren der Beschwerdeführer, deren Antrag daher nicht ohne weitere Prüfung in vollem Umfang zurückzuweisen war.

3. Die vom Senat nachzuholende Prüfung führt zum Ergebnis, dass das Landgericht zutreffend entschieden hat. Dem Löschungsbegehren kann ohne Bewilligung des Beteiligten zu 2. nicht entsprochen werden, § 19 GBO. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 22 GBO sind nicht durch öffentliche Urkunden gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nachgewiesen. Sie sind auch nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig, ohne dass es weiterer Ermittlungen gemäß § 12 FGG bedarf (vgl. Demharter a.a.O., § 29 Rn. 23).

a) Das von den Beschwerdeführern vorgelegte Revisionsurteil des BGH ist grundsätzlich geeignet, den zur Berichtigung erforderlichen Nachweis zu erbringen. Es handelt sich um eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 417 ZPO den vollen Beweis des Inhalts der in ihr getroffenen Entscheidung erbringt. Soweit es zum inhaltlichen Verständnis auch der Vorlage des mit der Sprungrevision angegriffenen Urteils des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 1996 - 29 O 65/93 - bedarf, haben die Beschwerdeführer eine beglaubigte Abschrift dieses Urteils allerdings erst im Verfahren der weiteren Beschwerde eingereicht. Das ist unschädlich, da das Landgericht die Vorlage dieser Urkunde hätte aufgeben müssen (vgl. Demharter a.a.O. § 13 Rn. 5, § 77 Rn. 25).

b) Die Beweiskraft der Urkunde genügt jedoch nicht, um den zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlichen Nachweis zu erbringen.

aa) Nach allgemeiner Meinung werden rechtskräftige Feststellungsurteile der Zivilgerichte in Grundbuchverfahren dann als bindend angesehen, wenn der Streit darum geht, wem ein frei übertragbares Recht zusteht, die Rechtskraft sich auf dieses Recht erstreckt und gegenüber allen am Grundbuchverfahren Beteiligten wirkt (OLG Jena, FGPrax 2001, 56 m.w.N.). Das Urteil, das eine positive Feststellungsklage als unbegründet abweist, stellt das Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses (§ 256 ZPO) mit Rechtskraftwirkung fest; dabei ist aus Entscheidungsformel und -gründen zu entnehmen, welches Rechtsverhältnis rechtskraftfähig verneint wird und in welchem Umfang (BayObLG Rpfleger 1995, 406 m.w.N.). Nur dieser rechtskräftige Ausspruch ist bindend, während die hierzu festgestellten Tatsachen und die daraus gezogenen rechtlichen Schlüsse als bloße Urteilselemente an der Rechtskraftwirkung nicht teilnehmen (vgl. BayObLG NJW-RR 1988, 547/549).

Mit dem Revisionsurteil hat der BGH das Rechtsmittel des Beklagten u.a. gegen die Abweisung seiner Widerklage auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der Restkaufgeldhypothek in das Wohnungseigentum zurückgewiesen; das Landgericht hatte der Widerklage zu 3. seiner Urteilsformel nur in Höhe von 1.881,23 DM stattgegeben. Die Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung enthält der Sache nach die Feststellung, dass der Kläger berechtigt ist, sein Recht durch Zwangsvollstreckung zu verwirklichen. Das Bestehen des Rechts wird damit positiv festgestellt. Aus der Abweisung der Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung folgt hingegen nur, dass der Kläger zur Befriedigung aus dem Grundstück nicht berechtigt ist, nicht aber, dass sein Recht nicht besteht (vgl. BGH LM Nr. 16 zu § 322 ZPO). Soweit der BGH das Bestehen des dinglichen Titels verneint hat, ist dies nur Vorfrage der getroffenen Sachentscheidung.

bb) Allerdings ist der Anspruch auf Herausgabe einer Schuldurkunde analog § 371 BGB, wie er nach dem Urteil des BGH der eingetragenen Eigentümerin zu 1. gegen den Beteiligten zu 2. rechtskräftig zuerkannt worden ist, nur gerechtfertigt, "wenn die Schuld mit Sicherheit erloschen ist oder von Anfang an nicht bestanden hat", was der BGH zu I.3 der Entscheidungsgründe des Revisionsurteils hinsichtlich der notariellen Urkunde 1ttt für festgestellt erachtet hat. Gleichwohl ist das Bestehen oder Nichtbestehen der Schuld nur eine Vorfrage für den Anspruch auf Herausgabe der Schuldurkunde und wird daher von der Rechtskraft des Urteils nicht erfasst. Das gleiche gilt für die Zurückweisung der Revision, soweit sie die Abweisung der Widerklage auf Zahlung der Restkaufgelder von 2 x 17.922,00 DM nebst Zinsen betraf. Auch für diesen Urteilsausspruch ist das Erlöschen der hypothekarisch gesicherten Forderung nur Vorfrage, deren Entscheidung keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. BGH NJW-RR 1988, 199; NJW 1995, 29, 93). Das zeigt die Begründung für die Abweisung der Widerklage: Nach den Ausführungen des BGH (UG S. 18) beruhte sie darauf, dass die dortige Klägerin als Drittschuldnerin schuldbefreiend an den Vollstreckungsgläubiger geleistet hatte und die Abtretung der hypothekarisch gesicherten Forderungen durch die frühere Gläubigerin Team an den dortigen Beklagten "ins Leere" ging. Das Landgericht hatte dagegen die Widerklage auf Bezahlung der Restkaufpreisforderung in Höhe von 1.881,23 DM - wegen des Bestehens eines vollstreckbaren Titels - für unzulässig, und nur im Übrigen für unbegründet gehalten.

c) Die in den Urteilen wiedergegebenen, den Entscheidungen zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen der Instanzgerichte nehmen - wie gesagt - an der Rechtskraft nicht teil und sind im Grundbuchverfahren nicht bindend. Auch der Tatbestand entfaltet keine über § 314 ZPO hinausgehende Beweiskraft. Da sich die Bindungswirkung auf das dortige Verfahren beschränkt, ist der im Tatbestand festgestellte oder als unstreitig dargestellte Sachverhalt auch nicht "bei dem Grundbuchamt offenkundig" im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO.

d) Zutreffend hat das Landgericht es nicht für ausreichend gehalten, den Beschwerdeführern im Wege der Zwischenverfügung aufzugeben, eine löschungsfähige Quittung des Zahlungsempfängers beizubringen. Mangels Eintragung der Pfändung im Grundbuch ist die RDF nicht als Berechtigte im Grundbuch ausgewiesen. Dass die eingetragene Eigentümerin an sie schuldbefreiend geleistet hat, ist in den vorgelegten Zivilurteilen nicht rechtskräftig festgestellt, sondern nur als Vorfrage bejaht worden.

e) Die Beschwerdeführer befinden sich nicht in einer Beweisnot, die es rechtfertigen würde, ihnen nach der Rechtsprechung des Senats (FGPrax 1997, 212 ff. = KGR Berlin 1998, 79 f.) Beweiserleichterungen zuzubilligen. Zwar ist der gegenwärtige Aufenthalt des Beteiligten zu 2. nicht bekannt, weshalb er auch nicht im Verfahren der weiteren Beschwerde angehört werden konnte. Den Beschwerdeführern ist jedoch zuzumuten, den Beteiligten zu 2. vor dem Prozessgericht auf Abgabe einer Berichtigungsbewilligung in Anspruch zu nehmen, wobei die Klage notfalls im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt werden könnte.

4. Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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