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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: 1 W 176/07
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 19 Abs 1 S 1 Nr 2
RVG § 46 Abs 1
RVG § 48 Abs 1
RVG § 48 Abs 4 S 1
Ist Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt ohne Einschränkung beigeordnet worden, hat er gegen die Staatskasse Anspruch auf Vergütung der Auslagen, die durch die Teilnahme am Termin einer vom Prozessgericht angeregten "gerichtsnahen" Mediation entstehen (hier: Reisekosten und Abwesenheitsgeld).
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 176/07

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 17. Januar 2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergicht Sieveking, den Richter am Kammergericht Müller und die Richterin am Kammergericht Dr. Rieger am 31. März 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 56 Abs.2 S.1, 33 Abs.3 S.2 und 3 RVG), jedoch nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung ist zutreffend. Insbesondere hat die Beteiligte zu 1) gemäß § 45 Abs.1 RVG einen Anspruch gegen die Landeskasse auf Vergütung der durch die Teilnahme am Mediationstermin vom 17. Mai 2006 entstandenen Auslagen (Fahrtkosten i.H.v. 95,80 € gemäß Nr. 7004 VV RVG und Tage- und Abwesenheitsgeld i.H.v. 69,60 € gemäß Nr. 7005, 7008 VV RVG).

Der Vergütungsanspruch bestimmt sich gemäß § 48 Abs.1 RVG nach dem Beschluss des Landgerichts vom 4. Januar 2006, mit dem der Klägerin für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt und die Beteiligte zu 1) beigeordnet worden ist. Zu dem gerichtlichen Verfahren als Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs.1 und 2 RVG gehört auch die Teilnahme am Termin vom 17. Mai 2006, der im Rahmen einer sog. gerichtsnahen Mediation stattfand. Es kommt nicht darauf an, dass das Prozessgericht zuvor gemäß §§ 251 S.1, 278 Abs.5 ZPO das Ruhen des Verfahrens angeordnet hatte. Ebenso ist unerheblich, dass die Mediation erfolglos war und es demgemäß nicht zu einem Aufruf des Verfahrens und einer Güteverhandlung vor dem entsprechend §§ 278 Abs.5 S.1, 362 ZPO ersuchten Richter kam (vgl. dazu OLG Celle, OLGR 2009, 117 f.). Unabhängig davon, ob der ersuchte Richter bereits in der vorgeschalteten Mediationsverhandlung eine Aufgabe der Rechtsprechung wahrnimmt (vgl. OLG Rostock, AGS 2007, 124 ff.; 126 f.), ist jedenfalls die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten gebührenrechtlich Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens (vgl. OLG Hamm, NJW 2006, 2499; OLG Braunschweig, MDR 2007, 684 f.). Die gebührenrechtliche Zugehörigkeit zum Rechtsstreit setzt nämlich eine Beteiligung des Gerichts nicht voraus. Insbesondere kann der Prozessbevollmächtigte eine Terminsgebühr auch durch eine Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts verdienen, Vorbem. 3 Abs.3 VV RVG. Die Mitwirkung an der Mediationsverhandlung ist als Besprechung i.S.v. Vorbem. 3 Abs.3 VV RVG zu qualifizieren, da sie auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet ist; sie gehört auch als außergerichtliche Verhandlung gemäß § 19 Abs.1 S.1 und 2 Nr.2 RVG zum Rechtszug (OLG Braunschweig, a.a.O.; Gerold/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., § 19 Rn. 36, § 48 Rn. 46, VV Vorb. 3 Rn. 133). Gleiches gilt für die hierdurch verursachten Auslagen des Rechtsanwalts.

Ein Fall des § 17 Nr.7 lit.a oder d RVG liegt nicht vor. Abgesehen davon, dass das Mediationsverfahren dem gerichtlichen Verfahren nicht vorausgegangen ist, sind die beim Landgericht Berlin als Mediatoren tätigen Richter keine Gütestelle i.S.d. Vorschrift (vgl. Gerold/Müller-Rabe, a.a.O., VV Vorb. 3 Rn. 133). Demgemäß kommt auch § 48 Abs.4 S.1 RVG nicht zur Anwendung. Bei der Mitwirkung an einer Besprechung i.S.v. Vorbem. 3 Abs.3 VV RVG handelt es sich nicht um eine andere Angelegenheit, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängt, sondern um eine Tätigkeit im Rechtsstreit. Schließlich ergibt sich auch aus dem von der Beteiligten zu 2) herangezogenen Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden (NJW-RR 2007, 80 f.) nicht, dass die Wahrnehmung des Mediationstermins hier nicht von dem nach § 48 Abs.1 RVG maßgebenden Bewilligungsbeschluss gedeckt sei. In der Entscheidung geht es nicht um die Vergütung des nach § 121 Abs.1 ZPO beigeordneten Prozessbevollmächtigten, sondern um die Kosten eines dritten Rechtsanwalts, der als außergerichtlicher Mediator tätig werden sollte (§ 34 Abs.1 RVG).

Der Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 1) ist nicht gemäß § 46 Abs.1 RVG ausgeschlossen. Die Teilnahme an der Mediationsverhandlung war bereits deshalb sachgerecht, weil dieses Verfahren durch das Prozessgericht vorgeschlagen wurde und nach dem beigefügten Informationsblatt die Mitwirkung eines anwaltlichen Vertreters unabdingbar war.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs.2 S.2 und 3 RVG).

Ende der Entscheidung

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