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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.02.2005
Aktenzeichen: 1 W 203/03
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 55 Abs. 4
GmbHG § 55 Abs. 3 S. 2
Eine Barkapitalerhöhung entgegen § 5 Absatz 3 Satz 2 GmbHG um einen nicht durch 50,00 EUR teilbaren Betrag ist zulässig, wenn sie im Wege der Nennbetragserhöhung erfolgt und der Anpassung eines Geschäftsanteils auf einen durch 50,00 EUR teilbaren Betrag dient.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 203/03

In dem Handelsregisterverfahren betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2003 durch die Richterin am Kammergericht Dr. Rasch und die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Dr. Müther in der Sitzung am 8. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2003 und die Verfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 24. Oktober 2004 hinsichtlich lit. c) aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung unter Beachtung der nachfolgenden Gründe an das Amtsgerichts Charlottenburg zurückgegeben.

Gründe:

A.

Die Beteiligte ist seit dem 8. Dezember 1998 in das Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 5. November 2001 ist das Stammkapital der Gesellschaft auf Euro umgestellt und auf 25.580 EUR erhöht worden. Dieser Beschluss ist am 30. November 2001 in das Handelsregister eingetragen worden. Am 11. Oktober 2002 beschloss der nunmehr alleinige Gesellschafter u.a. die Erhöhung des Stammkapitals um 20 EUR auf 25.600 EUR. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 hat der Registerrichter darauf hingewiesen, dass die Kapitalerhöhung daran scheitere, weil die Stammeinlage nicht durch 50 EUR zu teilen sei. Hiergegen hat die Beteiligte mit Schriftsatz vom 14. November 2002 Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat die Beschwerde mit einem Beschluss vom 28. Januar 2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde vom 11. April 2003.

B.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch Erfolg. Die beschlossene Stammkapitalerhöhung kann in das Handelsregister eingetragen werden.

1. Das Landgericht ist zu Recht von einer zulässigen Beschwerde der Gesellschaft ausgegangen. Allerdings folgt dies nicht daraus, dass das Schreiben vom 24. Oktober 2004 als Zwischenverfügung anzusehen wäre, die bereits nach § 26 Satz 2 der Handelsregisterverordnung selbständig anfechtbar wäre. Denn eine Zwischenverfügung setzt voraus, dass ein behebbarer Mangel vorliegt. Ein derartiger Mangel ist aber bei dem vom Amtsgericht beanstandeten Verstoß gegen § 5 Absatz 3 GmbHG, der nach § 55 Absatz 4 GmbHG auch bei der Kapitalerhöhung zu beachten ist, nicht gegeben. Denn dieser Mangel, der das Registergericht nach § 57a GmbHG in Verbindung mit § 9c Absatz 1 Satz 1 GmbHG zu einer Ablehnung der Eintragung verpflichtet, ist nicht behebbar. Die Regelung in § 5 Absatz 3 GmbHG ist als zwingende Gesetzesnorm anzusehen, wobei ein Verstoß zur Nichtigkeit der Festsetzung führt (vgl. Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 5 Rn. 35). Diese Nichtigkeit kann nur durch eine Neuvornahme des Erhöhungsbeschlusses beseitigt werden (vgl. Scholz/Priester, GmbHG, 9. Aufl., § 54 Rn. 47). Dann aber stellt sich der Hinweis in der Verfügung vom 24. Oktober 2004 tatsächlich nur als mit der Beschwerde nicht angreifbare Meinungsäußerung dar (vgl. dazu OLG Köln Rpfleger 1978, 21; OLG Hamm Rpfleger 1973, 172; Müther, Praxis des Handelsregisters, 2003, § 15 Rn. 8; allgemein Keidel/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 19 Rn. 6). Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist aber gleichwohl als nach dem auch im Verfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. Keidel/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 19 Rn. 36) statthaft anzusehen, weil das Amtsgericht selbst von einer anfechtbaren Zwischenverfügung ausgegangen ist.

2. Das Landgericht hat die Beschwerde der Gesellschaft als unbegründet angesehen, weil sich aus der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nicht ergebe, welcher der von dem Alleingesellschafter gehaltenen Geschäftsanteile über 15.340 EUR und viermal 2.560 EUR um 20 EUR erhöht werde. Selbst wenn man den Beschluss dahin auslege, dass zunächst stillschweigend eine Zusammenlegung der Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil über 25.580 EUR erfolgt sei, verstoße der Kapitalerhöhungsbetrag gegen § 5 Absatz 3 Satz 2 GmbHG, der eine Teilbarkeit durch 50 EUR verlange.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Die Kapitalerhöhung scheitert nicht daran, dass nicht erkennbar wäre, welcher der mehreren Geschäftsanteile erhöht wird. Zu Recht ist das Landgericht dabei davon ausgegangen, dass ein zu erhöhender Geschäftsanteil bestimmt bezeichnet werden muss. Dies folgt hier schon daraus, dass die Kapitalerhöhung - zulässiger Weise (vgl. BGHZ 63, 116 = NJW 1975, 118) - im Wege der Nennwerterhöhung erfolgen soll, die besonderen Voraussetzungen unterliegt. Diese besonderen Voraussetzungen folgen daraus, dass eine Aufstockung nur dann als zulässig anzusehen ist, wenn eine Haftung der Rechtsvorgänger nicht in Betracht kommt, weil die alten Anteile entweder voll eingezahlt sind und eine Nachschusspflicht nicht besteht oder sich noch in der Hand der Gründer bzw. ihrer Gesamtrechtsnachfolger befinden (vgl. vgl. BGHZ 63, 116 = NJW 1975, 118; Scholz/Priester, aaO, § 55 Rn. 25; Müther, aaO, § 5 Rn. 155 jew. mwN). Die Notwendigkeit der Bestimmung des betroffenen Anteils ergibt sich aber auch daraus, dass das GmbH-Gesetz von bestimmten Geschäftsanteilen ausgeht, die auch bei einem Erwerb durch eine Person ihre Selbständigkeit behalten (§ 15 Absatz 2 GmbHG) und in ihrer jeweiligen Ausgestaltung, wie des Nennwertes (§ 5 Absatz 3 Satz 1 GmbHG), durchaus unterschiedlich sein können. Ein Verstoß gegen eine notwendige Bestimmung des betroffenen Anteils liegt aber nicht vor, weil - was auch das Landgericht erwogen, aber offen gelassen hat - von einer zumindest stillschweigenden Zusammenlegung der Anteile zu einem Anteil über 25.580 EUR auszugehen ist, der um 20 EUR erhöht werden soll. Dies ergibt sich aus der Fassung des Erhöhungsbeschlusses vom 11. Oktober 2002, in dem es heißt: "... wobei die Stammkapitalerhöhung nicht durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile (,) sondern durch Aufstockung des Nennbetrages des von uns gehaltenen Geschäftsanteiles erfolgt. Der Verein als alleiniger Gesellschafter wird zur Übernahme der Nennbetragserhöhung des Geschäftsanteils ... zugelassen." Diese Zusammenlegung ist auch wirksam, weil sie keiner besonderen Form bedarf und in dem Gesellschaftsvertrag in § 7 Absatz 1 ausdrücklich vorgesehen ist. Dabei kann offen bleiben, ob die dort genannte Zustimmung bestimmter Gremien notwendig war und auch vorlag. Denn das Fehlen dieser Zustimmung, wenn sie nicht ohnehin nur interne Wirkung haben sollte, macht die Zusammenlegung nicht unwirksam, weil der Beschluss durch den Alleingesellschafter getroffen wurde und damit wegen seiner nur punktuell wirkenden Satzungsdurchbrechung jedenfalls nicht nichtig war (vgl. dazu BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246; WM 1981, 1218, 1219). Darüber hinaus waren auch alle Geschäftsanteile eingezahlt. Eine Nachschusspflicht ist im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen, so dass auch eine Haftung der Rechtsvorgänger nicht in Betracht kommt.

b) Die Kapitalerhöhung um 20 EUR verstößt nicht gegen § 5 Absatz 3 Satz 2 GmbHG. Diese Vorschrift findet nicht nur im Rahmen der Gründung, sondern auch im Rahmen der Kapitalerhöhung nach § 55 Absatz 4 GmbHG Anwendung. Die Regelung betrifft aber entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht den Erhöhungsbetrag, sondern den Stammeinlagebetrag, der die Grundlage für einen selbständigen Geschäftsanteil darstellt, vgl. § 14 GmbHG. Sie gilt daher bei der Kapitalerhöhung durch eine Aufstockung des Nennwertes eines Geschäftsanteils nur für den dann erhöhten Nennwertbetrag. Dies ergibt sich daraus, dass im Rahmen der Gründung von jedem Gesellschafter nur eine Stammeinlage übernommen werden kann, so dass mit der Übernahme der Stammeinlage zugleich die Ausgestaltung des späteren Geschäftsanteils festgelegt ist. Eine Notwendigkeit zur Anwendung dieser Regelung auch im Fall der Aufstockung des Nennbetrags auf den Erhöhungsbetrages ergibt sich - wie letztlich auch das Amtsgericht in dem Schreiben vom 24. Oktober 2002 angenommen hat - nicht. Denn durch die Regelungen in § 5 GmbHG soll die Umlauffähigkeit der GmbH-Geschäftsanteile eingeschränkt werden und eine stärkere Bindung der Gesellschafter an die Gesellschaft erreicht werden als bei einer auf Aufnahme einer unbestimmten Vielzahl von Gesellschaftern ausgerichteten Aktiengesellschaft. Daher kommt es entscheidend auf die Ausgestaltung des Geschäftsanteils und nicht auf den Erhöhungsbetrag bei der Kapitalerhöhung an. Zu Recht hat das Amtsgericht auch darauf hingewiesen, dass die gesetzlich vorgesehenen Kapitalmaßnahmen, die die Bildung von Geschäftsanteilen ermöglichen, die lediglich durch 10 EUR teilbar sind, wie die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 57h Absatz 1 Satz 2 GmbHG), die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§ 58a Absatz 3 Satz 1 GmbHG), die hier gerade durch die Gesellschaft vorgenommene Umstellung des Stammkapitals auf Euro (§ 86 Absatz 1 Satz 4 GmbHG) oder die Kapitalerhöhung zum Zwecke der Verschmelzung (§ 55 Absatz 1 Satz 2 UmwG), die Herstellung von üblichen, durch 50 EUR teilbaren Geschäftsanteilen im Rahmen der Bar- oder Sachkapitalerhöhung nicht verhindern sollen. Eine Beschränkung der Gesellschafter auf eine der soeben genannten Kapitalmaßnahmen zur Glättung des Stammkapitals und der Geschäftsanteile ist auch aus Gläubigerschutzgründen nicht erforderlich. Danach war hier von der Zulässigkeit der Erhöhung um 20 EUR auszugehen, weil der durch die Aufstockung entstehende Geschäftsanteil den Anforderungen des § 5 Absatz 3 Satz 2 GmbHG genügt.

Dieser Entscheidung steht auch nicht die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1974 (BGHZ 63, 116 = NJW 1975, 118) entgegen. Denn der Bundesgerichtshof hatte dort nur die Frage zu entscheiden, ob eine Kapitalerhöhung um einen unter dem in § 5 Absatz 1 Alt. 2 GmbHG liegenden Betrag zu einer Aufstockung des Nennwertes eines bereits bestehenden Geschäftsanteils möglich ist oder ob jeweils bei der Kapitalerhöhung notwendiger Weise jeweils neue Geschäftsanteile zu bilden sind, die dann den Mindesteinlagebetrag erreichen müssen. Er hat nicht allgemein ausgesprochen, dass ein Erhöhungsbetrag in jedem Fall durch den Betrag nach § 5 Absatz 3 Satz 2 GmbHG teilbar sein muss. Aus diesem Grund ist auch eine Vorlage nach § 28 FGG nicht erforderlich.

3. Nach alldem sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Die Sache ist an das Amtsgericht Charlottenburg zur weiteren Bearbeitung der Anmeldung zurückzugeben.

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, § 13a Absatz 1 FGG.



Ende der Entscheidung

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